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Rede des Europäischen Bürgerbeauftragten, Herr Jacob Söderman an das Europäische Parlament zu seinem Jahresbericht für 2001, Straßburg, 26. September 2002
Speech - Speaker Jacob SÖDERMAN - City Strasbourg - Country France
Herr Präsident, werte Mitglieder des Europäischen Parlaments!
Am 1. September 1995, hat das Büro des Europäischen Bürgerbeauftragten mit seiner Arbeit begonnen. Von dann bis zum 15. September 2002 hat das Büro 10.535 Beschwerden erhalten, von denen 10.437 untersucht worden sind. Ungefähr 30 % waren innerhalb des Mandats des Europäischen Bürgerbeauftragten.
Wir haben 1.385 vollständige Untersuchungen durchgeführt, von denen 19 Untersuchungen aus eigenen Initiative waren. 1.149 dieser Fälle betrafen die Kommission, 137 Fälle betrafen die Verwaltung des Europäischen Parlaments, 53 betrafen den Rat, und 12 betrafen die Europäische Investitionsbank.
Die Ergebnisse betrachtend, wurden 345 Fälle von der Institution beigelegt, nachdem sie vom Bürgerbeauftragten auf die Beschwerde aufmerksam gemacht worden war.
In 206 Fällen wurde eine kritische Bemerkung gemacht. In 48 Fällen führte die Untersuchung zu einem Empfehlungsentwurf oder zu einem Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung welche in meisten Fällen zu einem Erfolg für den Beschwerdeführer führten.
In sechs Fällen wurde ein Sonderbericht dem Europäischen Parlament vorgelegt. In vier dieser Fälle hat das Parlament die Empfehlungen des Bürgerbeauftragten unterstützt. Die restlichen zwei Streitsachen sind noch anhängig.
In 659 Fällen ergab eine gründliche Untersuchung des Bürgerbeauftragten keinen Missstand in der Verwaltungstätigkeit der Institution.
Wenn Fälle außerhalb des Mandats liegen, versuchen wir immer, den Beschwerdeführer mit einem Rat sich an ein anders Organ zu wenden, behilflich zu sein. In 2.293 Fällen haben wir dem Beschwerdeführer empfohlen sich an einen Nationalen oder Regionalen Bürgerbeauftragten zu wenden oder eine Petition an ein Nationales oder Regionales Parlament zu richten. In 884 Fällen wurde dem Beschwerdeführer geraten eine Petition dem Europäischen Parlament vorzulegen und in 913 Fällen sich an die Europäische Kommission zu wenden.
Kritische StimmenIm Laufe der Jahre habe sich kritische Stimmen erhoben, es wurde behauptet dass der Europäische Bürgerbeauftragte nicht bekannt genug ist und dass die Ergebnisse für Bürger unzulänglich sind, weil die Institutionen weder kooperieren, noch ihrer Verpflichtungen zu einer guten Verwaltung nachgehen.
Einige kritische Stimmen haben gleichfalls vorgeschlagen, dass das Mandat zu eng ist, und dass der Europäische Bürgerbeauftragte auch auf Gemeinschaftsrechts bezogene Beschwerden behandeln sollte, wo immer Gemeinschaftsrecht in der Union angewendet wird. Der Bürgerbeauftragte sollte auch eine Tribüne der Völker sein, immer bereit die Ungerechtigkeit zu verurteilen, wo immer sie vorkommt.
Bekanntheitsgrad des BürgerbeauftragtenTatsächlich ist der Europäische Bürgerbeauftragte sicher eine der bekanntesten Ombudsmanninstitutionen der Welt. Unsere Informationskampagne ist in 12 Sprachen und wendet sich an 350 Millionen Bürger und Bewohner der 15 Mitgliedstaaten. Um über unsere Arbeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, haben wir jeden Mitgliedstaat besucht, Pressekommuniqués herausgegeben, informative Broschüren veröffentlicht und verteilt, viele Vorträge gehalten und an zahlreichen Seminaren teilgenommen.
Eine der effektivsten Wege, mit solch einem großen Publikum zu kommunizieren ist das Internet. Etwa 2.500 Internet Seiten enthalten Links zur Homepage des Europäischen Bürgerbeauftragten, und fast 42 % der Beschwerden werden heutzutage elektronisch unterbreitet, viele von ihnen über das online Beschwerdeformular.
Die stabile Zunahme der Anzahl der Beschwerden ist der beste Beweis, dass der Bürgerbeauftragte immer bekannter wird. Fast 200 neue Beschwerden werden monatlich erhalten, eine Zunahme von nahezu 300 % im Vergleich zum ersten vollständigen Arbeitsjahr, 1996.
Ergebnisse für die BürgerDie Ergebnisse der Arbeit des Bürgerbeauftragten für die europäischen Bürger sind auch eindrucksvoll. Es werden nicht nur Entschädigungen in Einzelfällen erreicht, sondern auch bedeutende Verbesserungen in der allgemeinen Arbeitsweise der Institutionen. Für drei dieser Errungenschaften bedarf es einer speziellen Erklärung.
Zuerst überzeugten wir die Institutionen und Organe, einschließlich der Europäischen Zentralbank und Europol, Regeln zum öffentlichen Zugang zu ihren Dokumenten anzunehmen. Diese Regeln bleiben in Kraft und sind ein wertvolle Ergänzung zur Verordnung über öffentlichen Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission.
Zweitens veranlasste eine Untersuchung aus eigener Initiative 17 Institutionen und Organe, einen Kodex über gute Verwaltungspraxis anzunehmen, welcher auf einen vom Bürgerbeauftragten vorgeschlagenen Entwurf basierte. Nach einem Sonderbericht nahm das Europäische Parlament letztes Jahr eine revidierte Version des Entwurfs des Bürgerbeauftragten als den Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis an. Wir haben diese verbesserte Ausgabe des Kodexes in den Institutionen und an die europäischen Staatsbürger, deren Rechte zu einer guten Verwaltung der Kodex verkörpert, weitgehend verteilt. Auf die Aufforderung des Parlaments hin, wenden wir den Kodex an um zu entscheiden ob Missstände in der Verwaltungstätigkeit feststehen oder nicht.
Die dritte Errungenschaft betrifft die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die in Nizza im Dezember 2000 proklamiert wurde. Der Bürgerbeauftragte schlug zuerst die Idee vor, dass die Charta das Recht auf gute Verwaltung beinhalten sollte. Dies wurde von der Konvention aufgenommen und als Artikel 41 in die Charta einbezogen.
Der Bürgerbeauftragte hat auch die vollständige und korrekte Anwendung der Charta gefördert. Den Bürgern wurde von den Unionsinstitutionen feierlich erklärt dass die Charta ihrer Grundrechte enthält. Der Bürgerbeauftragte betrachtet deshalb Unterlassung, jene Rechte in den eigenen Aktivitäten der Institutionen zu respektieren, als einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit.
Außerdem enthalten die Vorschläge des Bürgerbeauftragten an die Konvention über die Zukunft von Europa die Idee, dass die Charta rechtsverbindlich sein sollte, wo immer Gemeinschaftsrecht angewendet wird.
Kooperation von Seiten der Institutionen und OrganeIm Gegensatz zu dem was von Kritikern erwähnt wird, verdienen die Institutionen und Organe Annerkennung für ihre überwiegend kooperative Haltung gegenüber den Bürgerbeauftragten. Sie haben, in der Regel, ordnungsgemäß, vollständig und prompt auf die Untersuchungen des Bürgerbeauftragten geantwortet. Sie sind stets bereit gewesen die einvernehmlichen Lösungen und Empfehlungsentwürfe des Bürgerbeauftragten anzunehmen.
Probleme sind lediglich in einer kleinen Anzahl von Fällen entstanden. In einem Fall, hinsichtlich des Zugangs zu Informationen, wies die Kommission den Empfehlungsentwurf des Bürgerbeauftragten zurück und weigerte sich auch eine Entschließung des Europäischen Parlaments, welche den Bürgerbeauftragten unterstützte, folge zu leisten. Ich bedauere, dass dieser Fall Teil einer allgemeineren Tendenz zu sein scheint, wonach Datenschutzregeln missbraucht werden um das Engagement für Transparenz zu missachten.
Die meisten der Institutionen und Organe haben auch einen Kodex für gute Verwaltungspraxis verabschiedet. Ich kann nicht verstehen, warum der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. September 2001, die ein europäisches Verwaltungsgesetz fordert, nicht Folge geleistet wird.
Meiner Meinung nach könnte nur ein einheitlicher Satz von Regeln, die für alle Institutionen und Organe gelten, die Beziehungen der Union zu ihren Bürgern verbessern.
Ich bedauere auch, dass das Beamtenstatut die überholte Anforderung auf vorherige Genehmigung für Veröffentlichungen von Beamten, aufrechterhält. Die wenigen Beamten, die unfaire und ungenaue Kritik veröffentlichen möchten, werden dieser Regel wahrscheinlich nicht entsprechen. Dieses System wird wahrscheinlicher eine große Mehrheit, die auf eine genaue und positive Art schreiben würde, entmutigen.
Das Mandat des BürgerbeauftragtenIch gebe zu, dass das Mandat des Europäischen Bürgerbeauftragten begrenzt ist. Ich habe durchweg die Ansicht vertreten, dass ein Netz von Ombudsleuten und Petitionsausschüssen die die Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten überwachen, erforderlich ist. Wir haben solch ein Netz entwickelt, um Informationen zu teilen, Ratschläge zu erteilen und um sicher zu stellen dass Beschwerden an die zuständigste Stelle gelangen.
Weitere Entwicklungen des Netzes könnten der Kommission als Hüterin der Verträge von Nutzen sein; die Kommission könnte dann ihre Kräfte auf die wesentliche Fragen konzentrieren. Ich bin offen für weitere Diskussionen, um ein System festzulegen, in dem viele Beschwerden über Vertragsverletzungen wirksam von Ombudsleuten und Petitionsausschüssen in den Mitgliedstaaten behandelt werden könnten.
Die Bürger werden nie richtig an die Europäische Union glauben, es sei denn, dass das Gemeinschaftsrecht auf allen Ebenen der Union respektiert wird.
Herr Präsident!
Zukünftig könnte das Gemeinschaftsrecht in den Mitgliedstaaten die Charta der Grundrechte beinhalten. Das Netz von Ombudsleuten und Petitionsausschüssen in den Mitgliedstaaten könnte auch eine wesentliche Rolle bei der Überwachung der korrekten Anwendung der Charta spielen.
Wenn keine Lösung in einer normalen Untersuchung durch einen Ombudsmann gefunden werden kann, wäre der Europäische Bürgerbeauftragte bereit die Verantwortung für das Verweisen von Fällen über Grundrechte an den Gerichtshof zu übernehmen.
Ich hoffe, dass die Vertreter des Europäischen Parlaments in der Konvention über die Zukunft von Europa, diese Vorschläge hinsichtlich des Netzes von Ombudsleuten und Petitionsausschüssen und hinsichtlich des Mandats des Europäischen Bürgerbeauftragtees, unterstützen werden.
Schließlich möchte ich mich bei allen Institutionen und Organe, die wirksam mit dem Bürgerbeauftragte zum Nutzen europäischer Staatsbürger zusammengearbeitet haben, bedanken.
Ich möchte auch dem Europäischen Parlament und seinem Petitionsausschuss für ihren guten Rat und gute Unterstützung danken. Spezieller Dank gebührt dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herr GEMELLI und dem diesjährigen Berichterstatter über den Jahresbericht des Bürgerbeauftragten, Herr WYN. Ich begrüße ihre Vorschläge für eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Bürgerbeauftragten und dem Petitionsausschuss, welche hoffentlich zu einem konkreten Ergebnis zu Gunsten der europäischen Staatsbürger führen wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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