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Empfehlungsentwurf des Europäischen Bürgerbeauftragten an die Europäische Kommission in der Beschwerdesache 1368/2004/GG

(In Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz 6 des Statuts des Europäischen Bürgerbeauftragten (1))

DIE BESCHWERDE

Einführung

Die vorliegende Beschwerde steht mit einer anderen Beschwerde (Beschwerdesache 402/2004/GG) in Zusammenhang, die vom gleichen Beschwerdeführer – einem deutschen Unternehmen – eingereicht wurde.

Beschwerdesache 402/2004/GG

Am 3. August 1999 unterzeichnete die Kommission einen Dienstleistungsvertrag mit dem deutschen Unternehmen RRI (Rhein-Ruhr Ingenieur-Gesellschaft mbH) als dem federführenden Unternehmen eines Konsortiums, zu dem der Beschwerdeführer gehörte. In dem Vertrag ging es um die Bereitstellung zweier EU-Sachverständiger ‑ eines Ko-Direktors und eines Finanz-/Verwaltungsmanagers – für die fachliche Unterstützung des EU-China Liaoning Integrated Environment Project (LIEP), Los A: Management of the Programme Office and Environmental Awareness Project. Herr W., ein vom Beschwerdeführer angestellter Sachverständiger, wurde im September 2000 zum Finanz-/Verwaltungsmanager ernannt. Gemäß einem im September 2001 unterzeichneten Addendum zum Vertrag wurde Herr W. als stellvertretender Ko-Direktor eingesetzt.

Am 15. September 2003 teilte die Delegation der Kommission in Peking RRI mit Einschreiben mit, dass sie sich zu einer Vertragskündigung gemäß Artikel 15 des Vertrags entschieden habe, weil der stellvertretende Ko-Direktor seine durch das Addendum Nr. 2 geänderten Aufgaben nicht erfüllt habe. Die Kommission verwies auf zwei Schreiben vom 6. Juni 2002 bzw. 30. Juni 2003, in denen sie darauf hingewiesen hatte, dass die vom Beschwerdeführer erbrachten Dienstleistungen nicht zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen seien, und gewarnt hatte, dass sie das von RRI geführte Konsortium als vertragsbrüchig ansehen werde, wenn der stellvertretende Ko-Direktor seine Pflichten nicht wahrnehme.

Mit Schreiben vom 22. September 2003 wandte sich RRI gegen diese Entscheidung und ersuchte die Kommission um eine genauere Begründung. In ihrem Antwortschreiben vom 26. September 2003 wies die Delegation darauf hin, dass der stellvertretende Ko-Direktor unter anderem für die „Beschaffung und Auftragsvergabe“ zuständig gewesen sei. Diese Pflichten habe der Sachverständige des Beschwerdeführers nicht wahrgenommen.

Am 10. November 2003 richtete RRI ein weiteres Schreiben an die Delegation. In ihrem Antwortschreiben vom 18. November 2003 gab die Delegation keine weitere Begründung für ihren Beschluss, den Vertrag zu beenden.

Infolge der Kündigung des Vertrags über technische Hilfe sah sich der Beschwerdeführer gezwungen, den Arbeitsvertrag mit Herrn W. zu kündigen. Dieser reichte dagegen Klage vor dem Arbeitsgericht in Bonn (Deutschland) ein. Im Rahmen dieses Verfahrens musste der Beschwerdeführer offenbar detaillierte Informationen über die angebliche Ablehnung von Aufgaben durch Herrn W. vorlegen.

In der Beschwerde 402/2004/GG machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass die Kommission keine ausreichend präzisen Informationen über die Gründe für die Beendigung des Vertrags über technische Hilfe vorgelegt habe.

Der Bürgerbeauftragte beschloss die Durchführung einer Untersuchung. Daher übermittelte er die Beschwerde an die Kommission mit der Bitte um Stellungnahme. Diese Stellungnahme wurde an den Beschwerdeführer weitergeleitet, um ihm Anmerkungen zu ermöglichen. Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse gelangte der Bürgerbeauftragte zu der Auffassung, dass die Kommission ausreichend präzise Informationen über ihre Gründe für die Vertragskündigung gegeben hatte und somit kein Missstand in der Verwaltungstätigkeit vorlag, was die Vorwürfe des Beschwerdeführers betraf. Daher wurde der Fall mit der Entscheidung vom 12. August 2004 abgeschlossen(2).

Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 19. März 2004

In seiner Beschwerde hatte der Beschwerdeführer erwähnt, dass er am gleichen Tag, an dem er an den Bürgerbeauftragten geschrieben hatte (5. Februar 2004), bei der Kommission gemäß Verordnung Nr. 1049/2001 einen Antrag auf Akteneinsicht bezüglich der Kündigung des Vertrages gestellt habe.

Mit einem weiteren Schreiben vom 19. März 2004 teilte der Beschwerdeführer dem Bürgerbeauftragten mit, dass dieser Antrag am 26. Februar 2004 abgelehnt worden sei, dass am 4. März 2004 ein Zweitantrag gestellt worden sei und dass die Ablehnung der Akteneinsicht durch die Kommission in die Untersuchung des Bürgerbeauftragten einbezogen werden sollte.

Da die nach Verordnung Nr. 1049/2001 geltende Frist für die Bearbeitung des Zweitantrages durch die Kommission (15 Arbeitstage nach Registrierung) noch nicht abgelaufen war, als der Beschwerdeführer dieses Schreiben übersandte, teilte ihm der Bürgerbeauftragte mit, dass er diesen weiteren Beschwerdepunkt noch nicht prüfen könne. Der Beschwerdeführer könne jedoch dieses Ersuchen nach dem Ablauf der Frist nochmals stellen.

Die vorliegende Beschwerde

Mit Schreiben vom 3. Mai 2004 erneuerte der Beschwerdeführer seine Beschwerde bezüglich der Frage der Akteneinsicht und teilte mit, dass der Zweitantrag am 26. April 2004 abgelehnt worden sei. Dieses Schreiben wurde daher als neue Beschwerde registriert (Beschwerdesache 1368/2004/GG).

Bei ihrer Entscheidung hatte die Kommission die Unterlagen drei Kategorien zugeordnet. Während die Schriftstücke der ersten beiden Kategorien (1. Vertragsunterlagen, 2. Schriftwechsel über die Ausführung des Vertrags) genau aufgelistet waren, wurde die Kategorie Nr. 3 nur allgemein umschrieben („verschiedene Schriftwechsel, vor allem E-Mails, zwischen einzelnen Personen im Zusammenhang mit der Ausführung des Vertrags“). Die Kommission erklärte, dass es nicht möglich sei, die Frage des Zugangs nur in Bezug auf bestimmte Antragsteller zu prüfen, da ein Dokument, das freigegeben wird, dem öffentlichen Bereich angehöre und somit für jedermann zugänglich sei.

Die Kommission stellte zunächst fest, dass der Beschwerdeführer bereits über die Schriftstücke aus den ersten beiden Kategorien verfügen müsse, und merkte zur Gesamtheit der Schriftstücke Folgendes an:

Die Dokumente enthielten Informationen geschäftlicher Art über die betreffenden Gesellschaften, Sachverständigen und Einzelpersonen. Der Freigabe dieser Dokumente stehe daher Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung entgegen, wonach der Zugang zu verweigern ist, wenn durch die Verbreitung der Schutz der geschäftlichen Interessen beeinträchtigt würde.

Darüber hinaus würde durch die Verbreitung der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen beeinträchtigt. Dies gelte insbesondere für Schriftstücke, die die Namen von bestimmten Personen (bei einigen Schriftstücken sogar ihre Lebensläufe) enthalten. Deshalb finde ferner die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b genannte Ausnahmeregelung Anwendung.

Ein teilweiser Zugang könne nicht gewährt werden, da alle Informationen, die diese Dokumente im Zusammenhang mit der Ausführung des Vertrags enthalten, unter die Notwendigkeit des Schutzes der geschäftlichen Interessen der betreffenden Personen fielen. Die Kommission erklärte, es gebe keinerlei Hinweise, die zu dem Schluss führen könnten, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Freigabe vorliege.

Der Beschwerdeführer räumte in seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten ein, dass ihm die Unterlagen aus den ersten beiden Kategorien in der Tat vorlägen, jedoch keines der Schriftstücke aus der dritten Kategorie. Er betonte, dass er keinerlei Interesse an Unterlagen bezüglich Dritter habe, sondern allein an Unterlagen, welche die Kündigung seines "eigenen" Vertrages beträfen. Die Begründung der Kommission, die Privatsphäre und Integrität von Herrn W. müsse geschützt werden, sei grotesk. Die Kommission habe sich in der Kündigung des Vertrags auf das angebliche Fehlverhalten von Herrn W. berufen und somit seine Integrität weitaus stärker in Frage gestellt, als es jede Akteneinsicht vermöge.

Darüber hinaus führte der Beschwerdeführer an, dass die Kommission mit ihrer Auslegung der Verordnung Nr. 1049/2001 diese ad absurdum führe, weil bei den weitaus meisten Dokumenten persönliche oder geschäftliche Belange Dritter berührt würden.

Somit machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass die Kommission mit ihrer Ablehnung der Anträge auf Akteneinsicht vom 5. Februar 2004 und 4. März 2004 gegen die Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen habe. Der Beschwerdeführer forderte, dass die Kommission Zugang zu den fraglichen Dokumenten gewähren solle.

DIE UNTERSUCHUNG

Die Stellungnahme der Kommission

In ihrer Stellungnahme merkte die Kommission Folgendes an:

Der veränderte Aufgabenbereich von Herrn W. sei in einem Addendum zum Vertrag niedergelegt worden. Herr W. habe seine neuen Verantwortlichkeiten jedoch niemals wahrgenommen, möglicherweise, weil sein Arbeitsvertrag mit dem Konsortium nicht geändert wurde, um den neuen Bedingungen Rechnung zu tragen. Die Delegation der Kommission in Peking habe versucht, diese Angelegenheit mit dem Konsortium zu klären, aber nie eine klare Antwort erhalten. Diese Situation habe zu Beschwerden des neu eingestellten Ko-Direktors und des chinesischen Direktors geführt. Schließlich habe die Kommission beschlossen, den Vertrag zu kündigen.

Der Antrag auf Zugang habe sich auf den hauptsächlich per E-Mail geführten Schriftwechsel zwischen anderen an der Durchführung des Programms beteiligten Personen bezogen, aus dem hervorgehe, dass Herr W. seinen neuen Verantwortlichkeiten aufgrund der Ausweitung seines Aufgabenbereichs gemäß den geänderten Vertragsbedingungen nicht wahrnahm. Die Offenlegung dieser Schreiben würde Herrn W. als Einzelnen schädigen. Sie würde sowohl seine Privatsphäre als auch seine geschäftlichen Interessen im Zusammenhang mit seiner Situation auf dem Arbeitsmarkt beinträchtigen. Die Kommission sehe sich verpflichtet, Herrn W.’s geschäftliche Interessen zu schützen, nicht die irgendeiner anderen Partei. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass Herr W. für die Nichteinhaltung der neuen Vertragsbedingungen verantwortlich sei. Seine Weigerung, die neuen Aufgaben zu übernehmen, könne auf sein Vertragsverhältnis mit RRI bzw. dem Beschwerdeführer zurückzuführen sein.

Sobald ein Dokument für einen Antragsteller freigegeben werde, gelange es in den öffentlichen Bereich und sei auch jedem anderen Antragsteller zur Verfügung zu stellen. Es sei offensichtlich, dass die Dokumente, zu denen der Beschwerdeführer Zugang begehrt, nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt sind. Der Zweck des Antrags bestehe darin, die Dokumente in Gerichtsverfahren gegen Herrn W. zu nutzen. Dies habe nichts zu tun mit der Transparenz und dem öffentlichen Interesse an der Verbreitung von im Besitz der Organe befindlichen Dokumenten.

Aus den oben genannten Gründen erhalte die Kommission ihre Entscheidung aufrecht, die von dem Beschwerdeführer beantragten Dokumente nicht offen zu legen. Die Dokumente könnten allein aufgrund eines Gerichtsbeschlusses, in dem ihre Vorlage angeordnet wird, einem Gericht zur Verfügung gestellt werden.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seiner Stellungnahme erhielt der Beschwerdeführer seine Beschwerde aufrecht und merkte Folgendes an:

Die Vermutung der Kommission, dass der Grund für das Verhalten von Herrn W. in seinem angeblich unzureichenden Arbeitsvertrag mit dem Beschwerdeführer liegen könne, stelle eine haltlose Spekulation dar. Er (der Beschwerdeführer) habe gegenüber der Kommission bereits am 11. April 2002 nach Rücksprache mit Herrn W. bestätigt, dass sich Letzterer seiner veränderten Pflichten sehr wohl bewusst sei. Dennoch sei der Antrag auf zumindest auszugsweise Einsicht in die „mission reports“ zu dem Projekt, die die Vorwürfe gegen Herrn W. belegen könnten, abgelehnt worden. Am 5. Februar 2003 habe das Konsortium wie von der Delegation verlangt Folgendes bestätigt: „Please notice that the contractual agreement between Mr. [W.] and [the complainant] cannot provoke any project obstacles.“

Der Beschwerdeführer erklärte, er sei aufgrund der Haltung der Kommission in der Frage der Akteneinsicht zu dem Schluss gelangt, dass die Kündigung des relevanten Vertrags aufgrund der angeblichen Untätigkeit von Herrn W. nicht rechtmäßig war. Daher ersuche er den Bürgerbeauftragten, diese Frage in seine Untersuchungen einzubeziehen. In diesem Zusammenhang trug der Beschwerdeführer vor, es sei befremdlich, dass sich die Kommission aufgrund der Beschwerden des neu eingestellten Ko-Direktors und des chinesischen Direktors zur Kündigung des Vertrages entschlossen habe. Bei dem neuen Ko-Direktor handele es sich um einen Mitarbeiter eines mit dem Konsortium im Wettbewerb stehenden Unternehmens.

Weitere Untersuchungen

Die sorgfältige Prüfung der Stellungnahme der Kommission und der Anmerkungen des Beschwerdeführers ergab, dass weitere Untersuchungen erforderlich waren.

Ersuchen um zusätzliche Auskünfte und eine ergänzende Stellungnahme

Der Bürgerbeauftragte ersuchte daher die Kommission, (1) zu erläutern, warum es für die Bearbeitung von Anträgen durch die Kommission nach der Verordnung Nr. 1049/2001 relevant sein sollte, dass der Beschwerdeführer die Dokumente, zu denen er Zugang begehrt, in einem Gerichtsverfahren zu benutzen beabsichtigt, und (2) ihm eine Liste der unter die Kategorie Nr. 3 fallenden Dokumente vorzulegen, in der für jedes Dokument oder für jede Gruppe von Dokumenten diejenige(n) der in der Verordnung Nr. 1049/2001 niedergelegte(n) Ausnahme(n) angegeben wird (werden), aufgrund derer die Kommission der Ansicht ist, dass dem Beschwerdeführer kein Zugang gewährt werden kann.

Darüber hinaus ersuchte der Bürgerbeauftragte die Kommission, eine Stellungnahme zu der zusätzlichen Behauptung des Beschwerdeführers vorzulegen, wonach die Kündigung des relevanten Vertrags aufgrund der angeblichen Untätigkeit von Herrn W. nicht rechtmäßig gewesen sei.

Die Antwort der Kommission

In ihrer Antwort merkte die Kommission Folgendes an:

Zur Frage des Zugangs zu Dokumenten

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 müsse ein Antragsteller keine Gründe angeben, wenn er den Zugang zu Dokumenten fordert. Daher sei das Interesse des Antragstellers in dieser Hinsicht nicht relevant. Was die Kommission gemeint habe, sei, dass die Absicht des Beschwerdeführers, die Dokumente in einem anhängigen Gerichtsverfahren zu nutzen, nicht als ein vorrangiges öffentliches Interesse an der Verbreitung betrachtet werden könnte, das gegenüber dem Erfordernis überwiegen würde, die geschäftlichen Interessen der Gegenpartei in jenem Verfahren zu schützen.

Die Kategorie Nr. 3 der Dokumente, zu denen der Beschwerdeführer Zugang begehrt, umfasse 16 Schriftstücke(3). Die Offenlegung dieser Dokumente würde den Schutz „der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten“ beeinträchtigen (Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1049/2001). Die Offenlegung solcher Daten könne nur dann erfolgen, wenn die Bedingungen für die Behandlung personenbezogener Daten erfüllt seien, die in der Verordnung Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr(4) niedergelegt sind. Artikel 8 Buchstabe b dieser Verordnung verlange, dass ein Antragsteller die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachweist und dass für das Organ kein Grund zur der Annahme besteht, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten.

Zur zusätzlichen Behauptung des Beschwerdeführers

Der Dienstleistungsvertrag, in dem es um die Bereitstellung von zwei EU-Sachverständigen (einem Ko-Direktor und einem Finanz-/Verwaltungsmanager) ging, sei am 3. August 1999 unterzeichnet worden. Am 8. September 2000 habe RRI angekündigt, dass der Finanz-/Verwaltungsmanager der EU aufgrund familiärer Gründe bis Ende Oktober 2000 ausscheiden müsse, und habe Herrn W. als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Die Kommission sei damit einverstanden gewesen.

Im Zusammenhang mit der Ernennung eines neuen Ko-Direktors habe die Kommission RRI mit Schreiben vom 10. August 2001 vorgeschlagen, den Status und die Verantwortlichkeiten von Herrn W. anzuheben. RRI sei damit einverstanden gewesen, was am 3. September 2001 zur Unterzeichnung eines Addendums (Addendum Nr. 2) zum Dienstleistungsvertrag geführt habe. In diesem Addendum sei der Aufgabenbereich des Finanz-/Verwaltungsmanagers in sehr detaillierter Weise ausgeweitet worden; so finde sich (in Artikel 1.2.2 der Terms of Reference) die Bestimmung „er teilt sich die Zeichnungsberechtigung mit dem chinesischen Direktor (u. a. in Bezug auf Aspekte der Beschaffung, Anfragen für Transfers, Verwaltung von Konten und Verträgen)“. Zu den ihm übertragenen Verantwortlichkeiten und Aufgaben habe die „Zuständigkeit für Beschaffung und Auftragsvergabe“ gezählt. Eine weitere wichtige Aufgabe habe darin bestanden, „ad interim den Ko-Direktor und den Teamleiter zu vertreten“ (Artikel 4.1 der Terms of Reference). Der Finanz-/Verwaltungsmanager (Herr W.) sei somit tatsächlich zum stellvertretenden Ko-Direktor geworden und der Betrag für sein Gehalt sei erhöht worden.

Am 2. April 2002 habe die Kommission eine schriftliche Beschwerde an RRI gerichtet, wonach Herr W. seine neuen Verantwortlichkeiten und Aufgaben nicht erfüllte. Gemäß Artikel 6 des Vertrages sei RRI für die Kommunikation im Zusammenhang mit dem Vertrag der alleinige Ansprechpartner gewesen. Am 6. Juni 2002 seien diese Beschwerden erneut geäußert worden. Die Situation habe sich jedoch nicht geändert.

Am 30. Januar 2003 sei RRI von der Kommission erneut gewarnt worden, dass ein Vertragsbruch vorliege, wenn sich an der Situation nichts ändere. In seinem Antwortschreiben vom 5. Februar 2003 habe RRI versichert, die Angelegenheit zu klären, sobald Herr W. aus seinem Urlaub zurück sei. Die Situation habe sich jedoch nicht geändert, und Herr W. habe weiterhin jede neue Verantwortung abgelehnt. Die Delegation habe weiterhin Beschwerden von allen betroffenen Parteien (vom chinesischen Ko-Direktor und vom EU-Ko-Direktor) erhalten, die sich gezwungen sahen, die zusätzliche Arbeitsbelastung zu übernehmen.

Am 15. September 2003 habe die Delegation den Vertrag gemäß Artikel 15 des Vertrages gekündigt.

Abschließend erklärte die Kommission, dass sie der Ansicht sei, in Einklang mit den Bestimmungen des Vertrages zwischen ihr und dem unter der Leitung der RRI stehenden Konsortiums gehandelt zu haben.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen hob der Beschwerdeführer hervor, dass von den acht Dokumenten, die im Jahre 2003 erstellt wurden und unter die Kategorie Nr. 3 fallen, immerhin sechs Dokumente vom EU-Ko-Direktor stammten, der Mitarbeiter eines mit der RRI im Wettbewerb stehenden Unternehmens sei. Sollten die Dokumente tatsächlich private Informationen enthalten, so stelle er es der Kommission anheim, diese Stellen in den Dokumenten unkenntlich machen. Was jedoch Herrn W. angehe, so sei dieser im Rahmen des fraglichen Vertrags nicht als Privatperson, sondern als angestellter Mitarbeiter des Beschwerdeführers tätig gewesen.

Die Einsichtnahme in die Akte der Kommission

Am 22. Februar 2005 nahmen die Dienststellen des Bürgerbeauftragten Einsicht in die Akte der Kommission. Dabei wiesen die Mitarbeiter des Bürgerbeauftragten darauf hin, dass die Kommission die Schriftstücke in den Akten als vertraulich betrachteten und deshalb keine Kopien angefertigt werden würden. Auf eine diesbezügliche Frage der Mitarbeiter des Bürgerbeauftragten entgegneten die bei der Einsichtnahme anwesenden Vertreter der Kommission, dass die Kommission weiterhin der Auffassung sei, der Zugang zu den fraglichen Schriftstücken müsse auf der Grundlage des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b und des Artikels 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 verweigert werden, auch wenn lediglich die erste dieser beiden Ausnahmen in dem Schreiben der Kommission vom 2. Dezember 2004 erwähnt worden war.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

An den Beschwerdeführer wurde eine Kopie des Prüfungsprotokolls mit der Bitte um Anmerkungen weitergeleitet.

In seinen Anmerkungen erklärte der Beschwerdeführer, dass seine Auffassung unverändert bleibe. Er frage den Bürgerbeauftragten, da dieser nun Einsicht in die relevanten Dokumente hatte, (1) ob diese Dokumente hinreichende Anhaltspunkte enthielten, dass die Kündigung des Vertrages berechtigterweise erfolgt sei, (2) ob die in diesen Dokumenten möglicherweise enthaltenen Vorwürfe hätten entkräftet oder ausgeräumt werden können, wenn die Kommission den Zugang zu diesen Dokument frühzeitig gewährt hätte, (3) ob die Dokumente persönliche Informationen über Dritte enthielten und ob die Kommission hinreichend berücksichtigt habe, dass Herr W. als Angestellter des Beschwerdeführers tätig war, (4) ob es Sachgründe und Rechtsgrundlagen dafür gebe, dass die Dokumente als vertraulich eingestuft wurden, (5) ob die Kommission berücksichtige, dass die Einstufung von Dokumenten als „vertraulich“ der Einsichtnahme nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 nur entgegensteht, soweit es sich um Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit, der Verteidigung oder militärische Belange handelt, und (6) ob es Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Kommission versuche, Missstände in der Verwaltung oder eine unzulässige Einflussnahme von Wettbewerbern zu verschleiern.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Einleitende Bemerkungen

1.1 Die vorliegende Beschwerde wurde von einem deutschen Unternehmen eingereicht. Im Jahre 1999 schloss die Kommission einen Dienstleistungsvertrag mit dem deutschen Unternehmen RRI (Rhein-Ruhr Ingenieur-Gesellschaft mbH) als dem federführenden Unternehmen eines Konsortiums, zu dem der Beschwerdeführer gehört. In dem Vertrag ging es um die Bereitstellung zweier EU-Sachverständiger, eines Ko-Direktors und eines Finanz-/Verwaltungsmanagers, für ein Projekt in China. Herr W., ein vom Beschwerdeführer angestellter Sachverständiger, wurde im September 2000 zum Finanz-/Verwaltungsmanager ernannt. Gemäß einem im September 2001 unterzeichneten Addendum (Addendum Nr. 2) zum Vertrag wurde Herr W. tatsächlich als stellvertretender Ko-Direktor eingesetzt. Am 15. September 2003 teilte die Delegation der Kommission in Peking RRI mit, dass sie sich zu einer Vertragskündigung entschieden habe, weil der stellvertretende Ko-Direktor seine durch das Addendum Nr. 2 geänderten Aufgaben nicht erfüllt habe. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer bei der Kommission einen Antrag auf Einsichtnahme in die Unterlagen, die als Grundlage für diese Kündigung gedient hatten. Dieser Antrag wurde von der Kommission abgelehnt.

1.2 In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten vom Mai 2004 machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass die Kommission mit ihrer Ablehnung der Anträge auf Akteneinsicht gegen die Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission(5).

1.3 In seinen Anmerkungen zur Stellungnahme der Kommission hinsichtlich dieser Beschwerde erhob der Beschwerdeführer den zusätzlichen Vorwurf, dass es nicht rechtmäßig gewesen sei, den relevanten Vertrag aufgrund des Verhaltens von Herrn W. zu kündigen. Der Bürgerbeauftragte beschloss, diesen Vorwurf in seine Untersuchungen einzubeziehen, und ersuchte die Kommission um eine ergänzende Stellungnahme.

1.4 Schließlich nahm der Bürgerbeauftragte Einsicht in die Akten der Kommission. In seinen Anmerkungen zu dem Prüfungsprotokoll fragte der Beschwerdeführer den Bürgerbeauftragten, (1) ob diese Dokumente hinreichende Anhaltspunkte enthielten, dass die Kündigung des Vertrages berechtigterweise erfolgt sei, (2) ob die in diesen Dokumenten möglicherweise enthaltenen Vorwürfe hätten entkräftet oder ausgeräumt werden können, wenn die Kommission den Zugang zu diesen Dokument frühzeitig gewährt hätte, (3) ob die Dokumente persönliche Informationen über Dritte enthielten und ob die Kommission hinreichend berücksichtigt habe, dass Herr W. als Angestellter des Beschwerdeführers tätig war, (4) ob es Sachgründe und Rechtsgrundlagen dafür gebe, dass die Dokumente als vertraulich eingestuft wurden, (5) ob die Kommission berücksichtige, dass die Einstufung von Dokumenten als vertraulich der Einsichtnahme nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 nur entgegenstehe, soweit es sich um Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit, der Verteidigung oder militärische Belange handelt, und (6) ob es Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Kommission versuche, Missstände in der Verwaltung oder eine unzulässige Einflussnahme von Wettbewerbern zu verschleiern.

1.5 Anzumerken ist, dass die Aufgabe des Bürgerbeauftragten nicht in der Beantwortung spezifischer Fragen der Beschwerdeführer, sondern in der Prüfung von Vorwürfen über Missstände in der Verwaltungstätigkeit besteht. Auf keinen Fall kann der Bürgerbeauftragte hypothetische Fragen wie die zweite Frage des Beschwerdeführers beantworten. Die meisten anderen Fragen scheinen sich jedoch auf die Vorwürfe zu beziehen, die Gegenstand dieser Untersuchung sind. Daher wird die Untersuchung des Bürgerbeauftragten zu diesen Vorwürfen auch Antworten auf diese Fragen geben.

1.6 Der Bürgerbeauftragte hält es jedoch für angebracht, noch einmal die Sachverhalte klarzustellen, auf die sich offenbar die vierte und die fünfte Frage des Beschwerdeführers beziehen. Der im Prüfprotokoll enthaltene Hinweis auf den „vertraulichen“ Charakter der Schriftstücke sollte verdeutlichen, dass der Bürgerbeauftragte den Standpunkt der Kommission zur Kenntnis genommen hatte, wonach der Beschwerdeführer keinen Zugang zu den relevanten Schriftstücken erhalten sollte. Die Verwendung dieses Ausdrucks durch den Bürgerbeauftragten bedeutet nicht, dass die Kommission weitere Argumente vorgebracht hätte, um ihre Ansicht zu stützen, dass keine Offenlegung der Dokumente erfolgen sollte. Was den Verweis des Beschwerdeführers auf Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 angeht, so sollte zur Kenntnis genommen werden, dass diese Bestimmung für „sensible“ Dokumente (und nicht für „vertrauliche“ Dokumente) gilt.

2 Vorwurf der unrechtmäßigen Vertragskündigung

2.1 In seinen Anmerkungen zur Stellungnahme der Kommission trug der Beschwerdeführer vor, dass es nicht rechtmäßig gewesen sei, den Vertrag aufgrund des Verhaltens von Herrn W. zu kündigen.

2.2 Die Kommission erläuterte, dass es in dem Dienstleistungsvertrag um die Bereitstellung zweier EU-Sachverständiger, eines Ko-Direktors und eines Finanz-/Verwaltungsmanagers, gegangen sei und dass im Jahre 2000 Herr W. zum Finanz-/Verwaltungsmanagers ernannt worden sei. Im September 2001 sei ein Addendum zum Vertrag unterzeichnet worden. In diesem Addendum sei der Aufgabenbereich des Finanz-/Verwaltungsmanagers beträchtlich ausgeweitet worden; so finde sich in Artikel 1.2.2 der Terms of Reference die Bestimmung „er teilt sich die Zeichnungsberechtigung mit dem chinesischen Direktor (u. a. in Bezug auf Aspekte der Beschaffung, Anfragen für Transfers, Verwaltung von Konten und Verträgen)“. Zu den Herrn W. übertragenen Verantwortlichkeiten und Aufgaben habe die „Zuständigkeit für Beschaffung und Auftragsvergabe“ gezählt. Eine weitere Aufgabe habe darin bestanden, „ad interim den Ko-Direktor und den Teamleiter zu vertreten“ (Artikel 4.1 der Terms of Reference).

Am 2. April 2002 habe die Kommission eine schriftliche Beschwerde an RRI gerichtet, wonach Herr W. seine neuen Verantwortlichkeiten und Aufgaben nicht erfüllt habe. Am 6. Juni 2002 seien diese Beschwerden erneut geäußert worden. Die Situation habe sich jedoch nicht geändert.

Am 30. Januar 2003 sei RRI von der Kommission erneut gewarnt worden, dass ein Vertragsbruch vorliege, wenn sich an der Situation nichts ändere. In seinem Antwortschreiben vom 5. Februar 2003 habe RRI versichert, die Angelegenheit zu klären, sobald Herr W. aus seinem Urlaub zurück sei. Die Situation habe sich jedoch nicht geändert, und Herr W. habe weiterhin jede neue Verantwortung abgelehnt. Die Delegation habe weiterhin Beschwerden von allen betroffenen Parteien (vom chinesischen Ko-Direktor und vom EU-Ko-Direktor) erhalten, die sich gezwungen sahen, die zusätzliche Arbeitsbelastung zu übernehmen.

Die Kommission erklärte, dass ihre Entscheidung, den Vertrag gemäß Artikel 15 desselben zu kündigen, daher rechtmäßig gewesen sei.

2.3 Bevor sich der Bürgerbeauftragte diesem Vorwurf zuwendet, möchte er hervorheben, dass er zur Untersuchung des Verhaltens von Herrn W. nicht befugt ist. Deshalb geht es bei seiner Untersuchung lediglich um die Frage, ob die Entscheidung der Kommission, den Vertrag aufgrund des Verhaltens von Herrn W. zu kündigen, rechtmäßig war oder nicht.

2.4 Der Bürgerbeauftragte weist darauf hin, dass der Beschwerdeführer nicht bestreitet, dass die Verantwortlichkeiten von Herrn W. durch das oben erwähnte Addendum zu dem Vertrag angehoben wurden und dass zu diesen Aufgaben die „Zuständigkeit für Beschaffung und Auftragsvergabe“ zählte.

2.5 Der Bürgerbeauftragte hat Einsicht in die Akten der Kommission zu diesem Fall genommen. Aus den eingesehenen Schriftstücken geht hervor, dass Herr W. offenbar tatsächlich annahm, er habe keine Zuständigkeiten für den Bereich „Beschaffung und Auftragsvergabe“, und dass daher verschiedene Aufgaben in diesem Bereich von anderen an der Projektdurchführung beteiligten Personen erledigt werden mussten. Der Beschwerdeführer betonte, dass einige der relevanten Dokumente vom EU-Ko-Direktor stammen, der Mitarbeiter eines mit RRI im Wettbewerb stehenden Unternehmens ist. Dazu ist jedoch anzumerken, dass die betreffenden Dokumente auch Nachrichten von Herrn W. selbst enthalten, deren Inhalt ebenfalls die Auffassung der Kommission stützt.

2.6 In Anbetracht dessen und unter Berücksichtigung der Bemühungen der Kommission um die Lösung dieses Problems erscheint der Standpunkt der Kommission plausibel. Somit ist kein Missstand in der Verwaltungstätigkeit festzustellen, was die Kündigung des Vertrags durch die Kommission anbelangt.

3 Bedenken gegen die Verweigerung der Akteneinsicht

3.1 Im Februar 2004 hatte der Beschwerdeführer bei der Kommission einen Antrag auf Einsicht in die Akten bezüglich der Kündigung des Vertrags gestellt. Dieser Antrag wurde von der Kommission abgelehnt. In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten trug der Beschwerdeführer vor, dass die Kommission mit ihrer Ablehnung gegen die Verordnung Nr. 1049/2001 verstoßen habe. Er erklärte, dass sich seine Beschwerde lediglich auf die dritte der drei Kategorien von Schriftstücken beziehe, die die Kommission in diesem Zusammenhang festgelegt hatte. Laut Beschreibung der Kommission handelt es sich dabei um „verschiedene Schriftwechsel, vor allem E-Mails, zwischen einzelnen Personen im Zusammenhang mit der Ausführung des Vertrags“.

3.2 In ihrer Stellungnahme vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Offenlegung dieser Schreiben Herrn W. als Einzelnen schädigen würde, weil dies sowohl seine Privatsphäre als auch seine geschäftlichen Interessen im Zusammenhang mit seiner Situation auf dem Arbeitsmarkt beeinträchtigen würde. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass Herr W. für die Nichteinhaltung der neuen Vertragsbedingungen persönlich verantwortlich sei. Seine Weigerung, die neuen Aufgaben zu übernehmen, könne auf sein Vertragsverhältnis mit RRI bzw. dem Beschwerdeführer zurückzuführen sein.

3.3 In ihrer Antwort auf das Ersuchen des Bürgerbeauftragten um weitere Auskünfte wies die Kommission darauf hin, dass die relevante Kategorie von Dokumenten 16 Schriftstücke umfasse. Die Kommission brachte vor, dass die Offenlegung dieser Dokumenten den Schutz „der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten“ beeinträchtigen würde (Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1049/2001). Die Offenlegung solcher Daten könne nur dann erfolgen, wenn die Bedingungen für die Behandlung personenbezogener Daten erfüllt seien, die in der Verordnung Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr(6) niedergelegt sind. Artikel 8 Buchstabe b dieser Verordnung verlange, dass ein Antragsteller die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachweist und dass für das Organ kein Grund zur der Annahme besteht, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten. Anlässlich der Einsichtnahme in die Akten stellte die Kommission klar, sie sei weiterhin der Auffassung, dass ihre Entscheidung auch aufgrund von Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 gerechtfertigt sei.

3.4 Der Bürgerbeauftragte kann jedoch dem Standpunkt der Kommission in Bezug auf Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht zustimmen. Zunächst ist anzumerken, dass sich die relevanten Dokumente auf die Durchführung eines von der EU finanzierten Projekts beziehen. Herr W. gehörte zu den Personen, die zu eben diesem Zwecke eingestellt wurden. Deshalb ist nur schwer nachvollziehbar, warum die Offenlegung der Dokumente über die Durchführung dieses Projekts den Schutz der „Privatsphäre“ und der „Integrität“ von Herrn W. beeinträchtigen würde. Ferner weist der Bürgerbeauftragte darauf hin, dass die relevanten Dokumente – wie bereits festgestellt (siehe Punkt 2.4) – lediglich das Argument der Kommission bekräftigen, Herr W. sei nicht all seinen vertraglich festgelegten Verantwortlichkeiten nachgekommen. Da die Kommission diesen Punkt bereits in ihrer Stellungnahme – einem öffentlich zugänglichen Dokument – angebracht hat, ist schwer verständlich, wie die Offenlegung der relevanten Dokumente das Recht von Herrn W. auf Privatsphäre und Integrität weiter beeinträchtigen könnte. Doch ganz abgesehen davon, ob das Recht von Herrn W. auf Privatsphäre und Integrität durch die Offenlegung der Dokumente verletzt werden könnte, ist der Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass die Kommission die Möglichkeit des teilweisen Zugangs – z. B. durch die Freigabe von Fassungen der Schriftstücke, in denen der Name von Herrn W. unkenntlich gemacht wurde – nicht hinreichend geprüft hat.

3.5 Generell könnte die Haltung der Kommission im vorliegenden Fall so verstanden werden, dass immer dann, wenn der Name einer Person (der ja zu den personenbezogenen Daten zählt) in einem Dokument der Kommission auftaucht, eine Freigabe dieses Dokuments nur erfolgen kann, wenn der Antragsteller gemäß Artikel 8 Buchstabe b der Verordnung Nr. 45/2001 die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachgewiesen hat. Da die meisten Dokumente Namen enthalten, würde durch diese Auslegung das Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten – ein Grundrecht, das in Artikel 42 der Europäischen Charta der Grundrechte verankert ist – weitgehend seines Inhalts beraubt. Dabei ist insbesondere der Hinweis von Bedeutung, dass ein Antragsteller gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 keine Gründe angeben muss, wenn er Zugang zu Dokumenten eines Gemeinschaftsorgans begehrt. Die Auffassung der Kommission, dass bei der Beantragung der Einsichtnahme in ein Dokument, das einen Namen enthält, die Notwendigkeit der Übermittlung dieses Namens nachgewiesen werden muss, ist mit dieser Bestimmung schwerlich vereinbar.

3.6 Zur Ausräumung jeglicher Zweifel möchte der Bürgerbeauftragte betonen, dass er ebenfalls die Auffassung vertritt, dass sich eine Gemeinschaftseinrichtung aufgrund des notwendigen Schutzes der Privatsphäre einer Person veranlaßt sehen kann, den Namen des/der Betreffenden nicht offen zu legen, wenn Zugang zu einem Dokument beantragt wird, in dem er enthalten ist. Nach Ansicht des Bürgerbeauftragten muss jedoch eine solche Entscheidung unter Beachtung der individuellen Gegebenheiten und unter gebührender Berücksichtigung der Tatsache getroffen werden, dass Ausnahmeregelungen zum Recht auf Zugang eng auszulegen sind. Darüber hinaus ist er der Meinung, dass in solchen Fällen die Möglichkeit der Gewährung eines teilweisen Zugangs besonders sorgfältig geprüft werden muss.

3.7 Des Weiteren berief sich die Kommission auf Artikel 4 Absatz 2 erster Spiegelstrich der Verordnung Nr. 1049/2001, wonach der Zugang verweigert werden kann, wenn durch die Freigabe der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person beeinträchtigt würde. In diesem Zusammenhang ist die Aussage der Kommission hervorzuheben, sie müsse die geschäftlichen Interessen von Herrn W. schützen und nicht die irgendeiner anderen Partei. Allerdings sind die geschäftlichen Interessen von Herrn W., die die Kommission angeblich schützen möchte, schwer auszumachen. Wie bereits erwähnt, bestätigen die betreffenden Dokumente lediglich das Argument der Kommission, Herr W. sei nicht allen seinen vertraglich festgelegten Verantwortlichkeiten nachgekommen. Da die Kommission diesen Punkt bereits in ihrer Stellungnahme – einem öffentlich zugänglichen Dokument – angebracht hat, ist schwer verständlich, wie die Offenlegung der relevanten Dokumente die mutmaßlichen geschäftlichen Interessen von Herrn W. weiter beeinträchtigen könnte. Zudem sei auf die Aussage der Kommission verwiesen, sie habe keinen Grund anzunehmen, dass Herr W. für die Nichteinhaltung der neuen Vertragsbedingungen persönlich verantwortlich sei. In Anbetracht dessen ist es noch schwerer einzusehen, wie die Offenlegung der Dokumente die geschäftlichen Interessen von Herrn W. unterlaufen könnte.

3.8 In Anbetracht der obigen Darlegungen ist der Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass die Kommission keine plausible Erklärung für die Verweigerung des Zugangs zu den betreffenden Schriftstücken gegeben hat. Dies stellt einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit dar.

4 Schlussfolgerungen

In Anbetracht dessen richtet der Bürgerbeauftragte gemäß Artikel 3 Absatz 6 des Status des Bürgerbeauftragten folgenden Empfehlungsentwurf an die Kommission:

Der Empfehlungsentwurf

Die Kommission sollte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zugang zu Dokumenten nochmals prüfen.

Die Kommission und der Beschwerdeführer werden von diesem Empfehlungsentwurf in Kenntnis gesetzt. Gemäß Artikel 3 Absatz 6 des Status des Bürgerbeauftragten muss die Kommission bis zum 31. Juli 2005 eine ausführliche Stellungnahme übermitteln. Die ausführliche Stellungnahme könnte in einer Bestätigung der Entscheidung des Bürgerbeauftragten und einer Beschreibung der Maßnahmen bestehen, die zur Umsetzung des Empfehlungsentwurfs ergriffen werden.

Straßburg, 29. April 2005

 

P. Nikiforos DIAMANDOUROS


(1) Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten, ABl. L 113 vom 9.3.1994, S. 15.

(2) Die Entscheidung liegt auf der Website des Bürgerbeauftragten vor (http://www.ombudsman.europa.eu).

(3) Die Kommission legte eine Auflistung dieser Dokumente vor.

(4) ABl. 2001 L 8, S. 1.

(5) ABl. 2001 L 145, S. 43.

(6) ABl. 2001 L 8, S. 1.