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Rede des Europäischen Bürgerbeauftragten, Herrn Jacob Söderman, vor dem Europäischen Konvent, Brüssel, 8. November 2002
Speech - Speaker Jacob SÖDERMAN - City Brussels - Country Belgium
Herr Präsident !
Ich möchte mich gerne denjenigen anschließen, die Sie zu der Vorlage eines vorläufigen Entwurfs für einen Verfassungsvertrag beglückwünscht haben. Diese Initiative ermöglicht es, eine nützlichere Debatte über die dem Konvent vorliegenden wichtigen Themen zu führen.
Der vorläufige Entwurf enthält zu Recht einen Artikel über die Unionsbürgerschaft. Die Unionsbürgerschaft wurde durch den Vertrag von Maastricht im Jahre 1993 geschaffen. Unter den neuen Rechten befand sich auch ein Rechtsbehelf, nämlich das Recht, sich in Fällen von Missständen in der Verwaltungstätigkeit der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft an einen Bürgerbeauftragten zu wenden.
Dem lag die Idee zugrunde, eine offenere, verantwortlichere und dienstleistungsorientiertere Verwaltung zu fördern und dadurch die Beziehungen zwischen der europäischen Verwaltung und den Bürgern zu verbessern.
Die Einrichtung des Bürgerbeauftragten wurde in Europa erfunden. Sie stellt einen der größten verfassungsrechtlichen Erfolge unserer Zeit dar und hat Eingang in alle Kontinente und weit über 100 Länder gefunden, und dies unter verschiedenen Bezeichnungen wie etwa Parliamentary Commissioner for Administration im Vereinigten Königreich, Médiateur de la République in Frankreich, Defensor del Pueblo in Spanien, Parlamentets ombudsmand in Dänemark und Beauftragter für den Schutz der Bürgerrechte in Polen. In den meisten Mitgliedstaaten der Union und in allen zehn Staaten, deren Beitritt zur Union für das Jahr 2004 erwartet wird, gibt es einen Bürgerbeauftragten.
Im Laufe der vergangenen sieben Jahre habe ich weit über 10 000 Beschwerden von Bürgern behandelt, die eine Vielzahl von Themen betrafen. Ich betone gerne, dass die Europäische Kommission und die anderen Organe und Einrichtungen gut mit uns zusammengearbeitet und uns dadurch geholfen haben, gute Ergebnisse für viele Beschwerdeführer zu erzielen, wie etwa den Zugang zu einem Dokument, die Beilegung einer Vertragsstreitigkeit, eine Antwort auf ein Schreiben, die Möglichkeit der Teilnahme an einer Ausschreibung oder den Abbau von Diskriminierungen.
Diese Tätigkeit umfasste auch Fortschritte allgemeinerer Natur, zu denen Regeln über den Zugang von Dokumenten, ein Kodex für gute Verwaltungspraxis und die Umsetzung der Grundrechtecharta - einschließlich des in ihr vorgesehenen Rechtes auf gute Verwaltung - in die Praxis gehören.
Wir haben auch ein Verbindungsnetz mit den Bürgerbeauftragten und Petitionsausschüssen in den Mitgliedstaaten und den Beitrittskandidaten geschaffen, um das gute Funktionieren eines außergerichtlichen Rechtsbehelfs für Bürger zu fördern, die sich mit Schwierigkeiten bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts konfrontiert sehen.
Herr Präsident !
Der Zweck eines ersten vorläufigen Entwurfs besteht darin, die Debatte zu fokussieren und anzuregen und es zu ermöglichen, Versehen und Irrtümer zu korrigieren. Ich würde daher gerne vorschlagen, dass der nächste Entwurf eine Bestimmung enthalten sollte, die in klaren Worten auf dieses gut funktionierende Bürgerrecht - das Recht, sich beim Bürgerbeauftragten zu beschweren - verweist. Dies würde im Einklang mit den nationalen Verfassungen der meisten der heute hier vertretenen Staaten stehen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Anhang: Möglicher, in den vorgeschlagenen Artikel 5 des Verfassungsvertrags aufzunehmender Text:
Das Europäische Parlament ernennt einen Bürgerbeauftragten. Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, den Bürgerbeauftragten im Fall von Missständen bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Union, mit Ausnahme des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.
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