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Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten vom 9. November 2020 über interne Vorschriften zur Beschränkung bestimmter Rechte betroffener Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten

DIE EUROPÄISCHE BÜRGERBEAUFTRAGTE —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (1), insbesondere auf Artikel 25,

nach Konsultation des Europäischen Datenschutzbeauftragten,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Europäische Bürgerbeauftragte ist befugt, Verwaltungsuntersuchungen, Vordisziplinar-, Disziplinar- und Dienstenthebungsverfahren gemäß dem Statut der Beamten der Europäischen Union und den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Union, so wie diese in der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates (2) (im Folgenden „Statut“) niedergelegt sind, sowie gemäß der Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten vom 4. November 2004 über die Annahme von Durchführungsbestimmungen für Verwaltungsuntersuchungen und Disziplinarverfahren durchzuführen. Falls erforderlich, meldet die Europäische Bürgerbeauftragte Fälle auch an das OLAF.

(2)

Die Bediensteten der Europäischen Bürgerbeauftragten sind verpflichtet, potenziell rechtswidrige Handlungen, einschließlich Betrug oder Korruption, zum Nachteil der Interessen der Union zu melden. Die Bediensteten sind auch verpflichtet, Verhaltensweisen zu melden, die mit der Ausübung beruflicher Pflichten im Zusammenhang stehen und eine schwerwiegende Verletzung der Pflichten von Beamten der Union darstellen könnten. Dies wird durch die Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten über interne Vorschriften für die Meldung von Missständen (Whistleblowing) vom 20. Februar 2015 geregelt.

(3)

Die Europäische Bürgerbeauftragte hat eine Strategie eingeführt, um tatsächliche oder potenzielle Fälle von Mobbing oder sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern und sie wirksam zu bekämpfen, wie dies in ihrer Entscheidung vom 18. Dezember 2017 vorgesehen ist. Mit der Entscheidung wurde ein formloses Verfahren eingeführt, nach dem sich mutmaßliche Opfer von Mobbing oder Belästigung an die „Ethikkorrespondenten“ der Europäischen Bürgerbeauftragten und/oder an den Vermittlungsausschuss wenden können.

(4)

Die Europäische Bürgerbeauftragte kann außerdem Untersuchungen zu möglichen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften für EU-Verschlusssachen (im Folgenden „EU-VS“) durchführen.

(5)

Die Europäische Bürgerbeauftragte unterliegt hinsichtlich ihrer Tätigkeiten sowohl internen als auch externen Audits.

(6)

Im Zusammenhang mit solchen Verwaltungsuntersuchungen, Audits und Ermittlungen arbeitet die Europäische Bürgerbeauftragte mit anderen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zusammen.

(7)

Die Europäische Bürgerbeauftragte kann mit nationalen Behörden von Drittländern und internationalen Organisationen auf deren Ersuchen oder aus eigener Initiative zusammenarbeiten.

(8)

Die Europäische Bürgerbeauftragte kann auch mit Behörden der EU-Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen oder aus eigener Initiative zusammenarbeiten.

(9)

Die Europäische Bürgerbeauftragte führt Untersuchungen zu mutmaßlichen Missständen bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union durch, mit Ausnahme des Gerichtshofs der Europäischen Union in Ausübung seiner Rechtsprechungsbefugnisse. In diesem Zusammenhang ist es möglich, dass die Europäische Bürgerbeauftragte die Vertraulichkeit personenbezogener Daten in den von den Parteien im Rahmen der Untersuchungen erlangten Dokumenten wahren muss. Außerdem könnte es erforderlich sein, dass die Europäische Bürgerbeauftragte die Rechte und Freiheiten von Beschwerdeführern oder anderen Beteiligten schützt.

(10)

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhebt und verarbeitet die Europäische Bürgerbeauftragte Informationen und verschiedene Kategorien personenbezogener Daten, darunter Daten zur Identifizierung natürlicher Personen, Kontaktdaten, berufliche Zuständigkeiten und Aufgaben, Angaben zu Verhalten und Leistungen auf privater und beruflicher Ebene sowie Finanzdaten. Die Europäische Bürgerbeauftragte ist die für die Verarbeitung Verantwortliche.

(11)

Gemäß der Verordnung (EU) 2018/1725 (im Folgenden „die Verordnung“) ist die Europäische Bürgerbeauftragte daher verpflichtet, die betroffenen Personen über diese Verarbeitungstätigkeiten zu unterrichten und deren Rechte als betroffene Personen zu wahren.

(12)

Die Europäische Bürgerbeauftragte muss diese Rechte gegebenenfalls mit den Zielen von Verwaltungsuntersuchungen, Audits, Ermittlungen und Gerichtsverfahren in Einklang bringen. Außerdem könnte es möglich sein, dass sie die Rechte einer betroffenen Person gegen die Grundrechte und Grundfreiheiten anderer betroffener Personen abwägen muss. Zu diesem Zweck hat die Europäische Bürgerbeauftragte gemäß Artikel 25 der Verordnung die Möglichkeit, unter strengen Voraussetzungen die Anwendung der Artikel 14 bis 22, 35 und 36 sowie des Artikels 4 der Verordnung, insofern dessen Bestimmungen den in den Artikeln 14 bis 20 vorgesehenen Rechten und Pflichten entsprechen, zu beschränken. Sofern diese Beschränkungen nicht in einem auf der Grundlage der Verträge erlassenen Rechtsakt vorgesehen sind, ist es erforderlich, interne Vorschriften zu erlassen, die die Europäische Bürgerbeauftragte zur Beschränkung der betreffenden Rechte berechtigen.

(13)

So könnte es für die Europäische Bürgerbeauftragte zum Beispiel in der Vorphase einer Verwaltungsuntersuchung oder während der eigentlichen Verwaltungsuntersuchung, vor einer etwaigen Verfahrenseinstellung oder im Vordisziplinarverfahren erforderlich sein, die Informationen zu beschränken, die der betroffenen Person über die Verarbeitung ihrer personenbezogen Daten mitgeteilt werden. Unter bestimmten Umständen könnte die Mitteilung solcher Informationen die Fähigkeit der Europäischen Bürgerbeauftragten, die Untersuchung wirksam durchzuführen, erheblich beeinträchtigen; beispielsweise wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person Beweise vernichten oder potenzielle Zeugen beeinflussen könnte, bevor diese vernommen werden. Außerdem muss die Europäische Bürgerbeauftragte unter Umständen die Rechte und Freiheiten von Zeugen und von anderen beteiligten Personen schützen.

(14)

Es könnte erforderlich sein, die Anonymität von Zeugen oder Hinweisgebern zu wahren, die darum gebeten haben, ihre Identität nicht preiszugeben. In solchen Fällen könnte die Europäische Bürgerbeauftragte beschließen, die Auskunft über die Identität, die Aussagen und die sonstigen personenbezogenen Daten solcher Personen zu beschränken, um deren Rechte und Freiheiten zu schützen.

(15)

Es könnte notwendig sein, vertrauliche Informationen zu schützen, die eine/n Bedienstete/n betreffen, die/der sich im Zusammenhang mit einem Verfahren wegen Mobbings oder Belästigung an die Ethikkorrespondenten der Europäischen Bürgerbeauftragten und/oder an den Vermittlungsausschuss gewandt hat. In solchen Fällen könnte es für die Europäische Bürgerbeauftragte erforderlich sein, die Auskunft über die Identität, die Aussagen und die sonstigen personenbezogenen Daten des mutmaßlichen Opfers, des mutmaßlichen Täters und anderer Beteiligter zu beschränken, um die Rechte und Freiheiten aller Beteiligten zu schützen.

(16)

Für die Europäische Bürgerbeauftragte könnte es beispielsweise notwendig sein, die Informationen, die sie einer in einer Beschwerde oder in Untersuchungsdokumenten genannten betroffenen Person über die Verarbeitung von deren personenbezogenen Daten zur Verfügung stellt, während der Untersuchung mutmaßlicher Missstände bei der Tätigkeit eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union zu beschränken. Die Mitteilung solcher Informationen könnte die Fähigkeit der Europäischen Bürgerbeauftragten, die Untersuchung wirksam durchzuführen, erheblich beeinträchtigen, wenn beispielsweise die Gefahr besteht, dass die betreffende Person die Untersuchung behindern könnte. Außerdem muss die Europäische Bürgerbeauftragte unter Umständen die Rechte und Freiheiten des Beschwerdeführers oder anderer Beteiligter schützen.

(17)

Die Europäische Bürgerbeauftragte sollte solche Beschränkungen nur vornehmen, wenn sie den Wesensgehalt der Grundrechte und Grundfreiheiten achten, unbedingt notwendig sind und eine in einer demokratischen Gesellschaft verhältnismäßige Maßnahme darstellen. Die Europäische Bürgerbeauftragte sollte begründen, warum die Beschränkungen gerechtfertigt sind.

(18)

Nach dem Grundsatz der Rechenschaftspflicht sollte die Europäische Bürgerbeauftragte Aufzeichnungen über die von ihr vorgenommenen Beschränkungen führen.

(19)

Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, die die Europäische Bürgerbeauftragte im Rahmen ihrer Aufgaben mit anderen Organisationen austauscht, sollte eine wechselseitige Konsultation zwischen der Europäischen Bürgerbeauftragten und diesen Organisationen über etwaige Gründe für die Vornahme von Beschränkungen sowie die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen erfolgen, es sei denn, dies würde die Tätigkeiten der Europäischen Bürgerbeauftragten gefährden.

(20)

Gemäß Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung ist der Verantwortliche verpflichtet, die betroffenen Personen über die wesentlichen Gründe für die Beschränkung und über ihr Beschwerderecht beim Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) zu unterrichten.

(21)

Die Europäische Bürgerbeauftragte kann die Unterrichtung der betroffenen Person über die Gründe für die Beschränkung gemäß Artikel 25 Absatz 8 der Verordnung zurückstellen, unterlassen oder ablehnen, wenn die Unterrichtung die Wirkung der angewendeten Beschränkung zunichtemachen würde. Die Europäische Bürgerbeauftragte sollte im Einzelfall prüfen, ob die Unterrichtung über die Beschränkung deren Wirkung aufheben würde.

(22)

Die Europäische Bürgerbeauftragte sollte die Beschränkung aufheben, sobald die sie rechtfertigenden Voraussetzungen nicht länger gegeben sind, und das Vorliegen dieser Voraussetzungen regelmäßig überprüfen.

(23)

Zur Gewährleistung des größtmöglichen Schutzes der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen sowie gemäß Artikel 44 Absatz 1 der Verordnung sollte der Datenschutzbeauftragte frühzeitig über alle möglicherweise angewandten Beschränkungen konsultiert werden und überprüfen, ob diese mit der vorliegenden Entscheidung im Einklang stehen.

(24)

Artikel 16 Absatz 5 und Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung sehen Ausnahmen vom Recht der betroffenen Personen auf Unterrichtung und Auskunft vor. Soweit diese Ausnahmen Anwendung finden, ist es für die Europäische Bürgerbeauftragte nicht erforderlich, eine auf dieser Entscheidung beruhende Beschränkung vorzunehmen —

HAT FOLGENDES BESCHLOSSEN:

Artikel 1- Gegenstand und Anwendungsbereich

(1) Mit dieser Entscheidung werden Vorschriften in Bezug auf die Bedingungen festgelegt, unter denen die Europäische Bürgerbeauftragte die Anwendung der Artikel 4, 14 bis 22, 35 und 36 gemäß Artikel 25 der Verordnung beschränken darf.

(2) Das Büro der Europäischen Bürgerbeauftragten wird als Verantwortlicher durch die Europäische Bürgerbeauftragte vertreten.

Artikel 2- Beschränkungen

(1) Die Europäische Bürgerbeauftragte kann die Anwendung der Artikel 14 bis 22, 35 und 36 sowie des Artikels 4, insofern dessen Bestimmungen den in den Artikeln 14 bis 20 vorgesehenen Rechten und Pflichten entsprechen, wie folgt beschränken:

a)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstaben b, c, f, g und h der Verordnung bei der Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen, Vordisziplinar-, Disziplinar- und Dienstenthebungsverfahren gemäß Artikel 86 und Anhang IX des Statuts und gemäß der Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten vom 4. November 2004 über die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen und Disziplinarverfahren sowie bei der Meldung von Verdachtsfällen an das OLAF;

b)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass Bedienstete der Europäischen Bürgerbeauftragten Sachverhalte vertraulich melden können, von denen sie annehmen, dass es sich um schwerwiegende Unregelmäßigkeiten handelt, so wie dies in der Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten vom 20. Februar 2015 über interne Vorschriften für die Meldung von Missständen (Whistleblowing) festgelegt ist;

c)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass Bedienstete der Europäischen Bürgerbeauftragten in der Lage sind, sich im Rahmen eines Verfahrens wegen Mobbings oder Belästigung im Sinne der Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten über eine Strategie zur Verhütung von Belästigung und zum Schutz vor Belästigung im Büro der Bürgerbeauftragten an die Ethikkorrespondenten und/oder den Vermittlungsausschuss zu wenden;

d)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstaben c, g und h der Verordnung, bei der Durchführung interner Audits bezüglich der Tätigkeiten oder der Abteilungen der Europäischen Bürgerbeauftragten;

e)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstaben c, d, g und h der Verordnung, wenn anderen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union Unterstützung geleistet oder Unterstützung von ihnen erhalten wird oder mit ihnen im Rahmen von Tätigkeiten gemäß den Buchstaben a bis d des vorliegenden Absatzes sowie gemäß Dienstgütevereinbarungen, Absichtserklärungen und Kooperationsvereinbarungen zusammengearbeitet wird;

f)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstaben c, g und h der Verordnung, wenn nationalen Behörden von Drittländern und internationalen Organisationen auf deren Ersuchen oder aus eigener Initiative Unterstützung geleistet oder Unterstützung von ihnen erhalten oder mit ihnen zusammengearbeitet wird;

g)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstaben c, g und h der Verordnung, wenn nationalen Behörden von Mitgliedstaaten der Union auf deren Ersuchen oder aus eigener Initiative Unterstützung geleistet oder Unterstützung von ihnen erhalten und mit ihnen zusammengearbeitet wird;

h)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, die in Dokumenten enthalten sind, welche von den Parteien oder Streithelfern im Zusammenhang mit Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union erlangt wurden;

i)

gemäß Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung bei der Durchführung von Untersuchungen bezüglich mutmaßlicher Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union im Einklang mit Artikel 228 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie dem Statut und den Durchführungsbestimmungen des Bürgerbeauftragten.

(2) Jede Beschränkung muss den Wesensgehalt der Grundrechte und Grundfreiheiten achten und eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellen.

(3) Bevor Beschränkungen vorgenommen werden, ist deren Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit im Einzelfall zu prüfen. Beschränkungen sind auf das zur Erreichung ihres Zwecks unbedingt erforderliche Maß zu begrenzen.

(4) Zu Rechenschaftszwecken erstellt die Europäische Bürgerbeauftragte Aufzeichnungen über die Gründe für die vorgenommenen Beschränkungen, die angewandten Rechtsgrundlagen gemäß Absatz 1 sowie das Ergebnis der Notwendigkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung. Diese Aufzeichnungen sind Teil eines Registers, das dem Europäischen Datenschutzbeauftragten auf Anfrage zur Verfügung gestellt wird. Die Europäische Bürgerbeauftragte erstellt regelmäßig Berichte über die Anwendung von Artikel 25 der Verordnung.

(5) Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, die die Europäische Bürgerbeauftragte im Rahmen ihrer Aufgaben von anderen Organisationen erhält, konsultiert sie diese Organisationen über mögliche Gründe für die Vornahme von Beschränkungen sowie die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der betreffenden Beschränkungen, es sei denn, dies würde die Tätigkeiten der Europäischen Bürgerbeauftragten gefährden.

Artikel 3- Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen

(1) Die Bewertungen der sich aus der Anwendung von Beschränkungen ergebenden Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen sowie die Angaben zur Geltungsdauer dieser Beschränkungen sind im Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten einzutragen, das von der Europäischen Bürgerbeauftragten gemäß Artikel 31 der Verordnung geführt wird. Außerdem sind sie in den einschlägigen Datenschutz-Folgenabschätzungen gemäß Artikel 39 der Verordnung zu vermerken.

(2) Bei jeder Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Beschränkung berücksichtigt die Europäische Bürgerbeauftragte die möglichen Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person.

Artikel 4- Garantien und Speicherfristen

(1) Die Europäische Bürgerbeauftragte sieht Garantien vor, die verhindern, dass personenbezogene Daten, die Beschränkungen unterliegen oder unterliegenden könnten, Missbrauch, unrechtmäßigem Zugang oder unrechtmäßiger Übermittlung ausgesetzt sind. Diese Garantien umfassen technische und organisatorische Maßnahmen und werden erforderlichenfalls in den internen Entscheidungen, Verfahren und Durchführungsbestimmungen der Europäischen Bürgerbeauftragten im Einzelnen angegeben. Die Garantien beinhalten:

a)

eine klare Definition der Rollen, Zuständigkeiten und Verfahrensschritte;

b)

gegebenenfalls eine sichere elektronische Umgebung, die verhindert, dass elektronische Daten unrechtmäßig oder versehentlich unbefugten Personen zugänglich gemacht oder übermittelt werden;

c)

gegebenenfalls die sichere Speicher und Bearbeitung von Papierdokumenten;

d)

die ordnungsgemäße Überwachung der Beschränkungen und die regelmäßige Überprüfung ihrer Anwendung.

Die in Buchstabe d genannten Überprüfungen sind mindestens alle sechs Monate durchzuführen.

(2) Beschränkungen werden aufgehoben, sobald die Umstände, die sie rechtfertigen, nicht mehr gegeben sind.

(3) Die personenbezogenen Daten werden gemäß den geltenden Speicherungsvorschriften der Europäischen Bürgerbeauftragten gespeichert, die in den gemäß Artikel 31 der Verordnung geführten Datenschutzverzeichnissen festzulegen sind. Nach Ablauf der Speicherfrist werden die personenbezogenen Daten gemäß Artikel 13 der Verordnung gelöscht, anonymisiert oder in Archive übertragen.

Artikel 5- Mitwirkung des Datenschutzbeauftragten

(1) Jede Beschränkung der Rechte betroffener Personen gemäß dieser Entscheidung ist unverzüglich dem Datenschutzbeauftragten der Europäischen Bürgerbeauftragten mitzuteilen. Der Datenschutzbeauftragte erhält vollen und uneingeschränkten Zugang zu allen Aufzeichnungen und Dokumenten, die den zugrunde liegenden sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang betreffen.

(2) Der Datenschutzbeauftragte der Europäischen Bürgerbeauftragten kann die Überprüfung einer vorgenommenen Beschränkung verlangen. Die Europäische Bürgerbeauftragte informiert ihren Datenschutzbeauftragten schriftlich über das Ergebnis der Überprüfung.

(3) Die Europäische Bürgerbeauftragte dokumentiert die Mitwirkung des Datenschutzbeauftragten bei der Anwendung von Beschränkungen sowie die dem Datenschutzbeauftragten mitgeteilten Informationen.

Artikel 6- Unterrichtung betroffener Personen über Beschränkungen ihrer Rechte

(1) In die auf der Website der Europäischen Bürgerbeauftragten veröffentlichten Datenschutzhinweise wird ein Abschnitt aufgenommen, in dem die betroffenen Personen allgemein darüber informiert werden, dass ihre Rechte gemäß Artikel 2 Absatz 1 beschränkt werden können. Die Informationen sollten sich darauf beziehen, welche Rechte beschränkt werden können, aus welchen Gründen die Beschränkungen vorgenommen werden können und für welche Dauer sie gelten können.

(2) Betroffene Personen sind von der Europäischen Bürgerbeauftragten einzeln, schriftlich und unverzüglich über die gegenwärtigen oder künftigen Beschränkungen ihrer Rechte zu unterrichten. Die Europäische Bürgerbeauftragte unterrichtet die betroffenen Personen über die wesentlichen Gründe für die Beschränkung, über das Recht betroffener Personen, sich an den Datenschutzbeauftragten zu wenden, um gegen die Beschränkung vorzugehen, sowie über ihr Recht, beim Europäischen Datenschutzbeauftragten Beschwerde einzulegen.

(3) Solange die Unterrichtung über die Gründe für die Beschränkung und über das Recht auf Einlegung einer Beschwerde beim Europäischen Datenschutzbeauftragten die Wirkung der Beschränkung zunichtemachen würde, kann sie von der Europäischen Bürgerbeauftragten zurückgestellt, unterlassen oder abgelehnt werden. Die Beurteilung, ob dies gerechtfertigt wäre, erfolgt auf Einzelfallbasis. Sobald die Unterrichtung die Wirkung der Beschränkung nicht mehr zunichtemachen würde, ist die betroffene Person von der Europäischen Bürgerbeauftragten zu unterrichten.

Artikel 7- Benachrichtigung der von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten betroffenen Person

(1) Ist die Europäische Bürgerbeauftragte gemäß Artikel 35 Absatz 1 der Verordnung zur Benachrichtigung über eine Datenschutzverletzung verpflichtet, kann sie in Ausnahmefällen die Benachrichtigung ganz oder teilweise beschränken. Die Europäische Bürgerbeauftragte dokumentiert die Gründe für die Beschränkung, die Rechtsgrundlage gemäß obigem Artikel 2 sowie die Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Beschränkung. Der Vermerk ist dem Europäischen Datenschutzbeauftragten zum Zeitpunkt der Meldung der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten mitzuteilen.

(2) Sind die Gründe für die Beschränkung nicht mehr gegeben, benachrichtigt die Europäische Bürgerbeauftragte die von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten betroffene Person, wobei die Hauptgründe für die Beschränkung anzugeben sind und auf das Recht der betroffenen Person, beim Europäischen Datenschutzbeauftragten Beschwerde einzulegen, hinzuweisen ist.

Artikel 8- Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation

(1) In Ausnahmefällen ist es der Europäischen Bürgerbeauftragten möglich, das Recht auf Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation im Sinne von Artikel 36 der Verordnung zu beschränken. Derartige Beschränkungen müssen der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) genügen.

(2) Beschränkt die Europäische Bürgerbeauftragte das Recht auf Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation, unterrichtet sie die betroffene Person in der Antwort auf deren Anfrage über die wesentlichen Gründe für diese Beschränkung sowie über das Recht der betroffenen Person, beim Europäischen Datenschutzbeauftragten Beschwerde einzulegen.

(3) Solange die Unterrichtung über die Gründe für die Beschränkung und über das Recht auf Einlegung einer Beschwerde beim Europäischen Datenschutzbeauftragten die Wirkung der Beschränkung zunichtemachen würde, kann sie von der Europäischen Bürgerbeauftragten zurückgestellt, unterlassen oder abgelehnt werden. Die Beurteilung, ob dies gerechtfertigt wäre, erfolgt auf Einzelfallbasis. Sobald die Unterrichtung die Wirkung der Beschränkung nicht mehr zunichtemachen würde, ist die betroffene Person von der Europäischen Bürgerbeauftragten zu unterrichten.

Artikel 9- Inkrafttreten

Diese Entscheidung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Straßburg, den 9. November 2020

Die Europäische Bürgerbeauftragte

Emily O’REILLY


(1) ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39.

(2) Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (ABl. L 56 vom 4.3.1968, S. 1).

(3) Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37).

Entscheidung der Europäischen Bürgerbeauftragten vom 9. November 2020 über interne Vorschriften zur Beschränkung bestimmter Rechte betroffener Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten