You have a complaint against an EU institution or body?

Available languages: 
  • Deutsch

Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 70/2001/GG gegen das Europäische Parlament


Strassburg, 25. Juni 2001

Sehr geehrte Frau L.,

am 15. Januar 2001 haben Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten Beschwerde gegen das Europäische Parlament betreffend dessen Behandlung Ihrer Bewerbung für das Auswahlverfahren EUR/C/148/98 eingelegt.

Ich habe die Beschwerde am 24. Januar 2001 an das Europäische Parlament weitergeleitet. Am 17. April 2001 übermittelte das Europäische Parlament seine Stellungnahme, die ich am 19. April 2001 an Sie weiterreichte mit der Bitte um Anmerkungen, falls Sie dies wünschten. Sie übersandten mir Ihre Anmerkungen zur Stellungnahme des Europäischen Parlaments am 17. Mai 2001.

Mit diesem Schreiben möchte ich Sie nun über das Ergebnis der hierzu vorgenommenen Prüfung unterrichten.


DIE BESCHWERDE

Die Beschwerdeführerin bewarb sich im Januar 1999 für das vom Europäischen Parlament ("EP") ausgeschriebene Auswahlverfahren EUR/C/148/98. Am 10. Mai 1999 wurde sie davon in Kenntnis gesetzt, dass der von ihr ausgefüllte Bewerbungsfragebogen eingegangen war, der Prüfungsausschuss jedoch seine Arbeit noch nicht hatte aufnehmen können. Die Beschwerdeführerin würde jedoch auf dem Laufenden gehalten werden. Ferner wurde ihr empfohlen, von weiteren Kontaktaufnahmen zum EP abzusehen, um die Abwicklung des Verfahrens in der Verwaltung nicht zu verzögern.

Die Beschwerdeführerin trat im November 2000 eine Tätigkeit als Auxiliaire beim EP an. Dann setzte sie sich mit der Dienststelle Auswahlverfahren in Verbindung, um zu erfahren, wie weit das Auswahlverfahren gediehen sei, für das sie sich beworben hatte. Daraufhin wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie nicht zu den Prüfungen zugelassen worden war, weil sie die erforderlichen Nachweise nicht beigebracht hatte. Dem EP zufolge war die Beschwerdeführerin in einem am 26. Oktober 1999 versandten Schreiben entsprechend informiert worden. Eine Kopie dieses Schreibens wurde ihr übermittelt.

Die Beschwerdeführerin trug vor, dass sie dieses Schreiben nicht erhalten hatte. Als sie jedoch beim EP Einwände erhob, wurde ihr mitgeteilt, dass das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war. Sie erhielt Einsicht in ihr Dossier, das den Bewerbungsfragebogen, aber nicht die Befähigungsnachweise über ihre Berufserfahrung enthielt.

In ihrer Beschwerde an den Bürgerbeauftragten behauptete die Beschwerdeführerin, dass sie die entsprechenden Unterlagen ihrer Bewerbung beigelegt hatte, räumte aber ein, dass es ihr nicht möglich sei, dies zu beweisen. Die Beschwerdeführerin argumentierte jedoch, dass sie ihre Berufserfahrung auf dem Bewerbungsfragebogen detailliert angegeben hatte. Ferner verwies sie darauf, dass sie ihrer Bewerbung für ein anderes Auswahlverfahren (das von der Kommission ausgeschriebene Auswahlverfahren COM/B/1/98) die dafür benötigten Unterlagen beigelegt hatte und dass die ihr von bisherigen Arbeitgebern ausgestellten Referenzen zeigten, dass sie stets gewissenhaft vorgehe. Die Beschwerdeführerin gab außerdem an, dass sie aufgrund des Inhalts der Empfangsbestätigung, die ihr am 10. Mai 1999 vom EP zugesandt worden war, von der Vollständigkeit ihrer Bewerbung ausgehen musste.

Die Beschwerdeführerin erhob in ihrer Beschwerde im Wesentlichen folgende Vorwürfe:

(1) Das EP habe ihr zu Unrecht die Teilnahme an dem Auswahlverfahren versagt, da sie die erforderlichen Unterlagen eingereicht hatte.

(2) Sie hätte in jedem Fall auf der Grundlage der im Bewerbungsformular enthaltenen Angaben zugelassen werden sollen.

(3) Das EP hätte den Brief, in dem es sie darüber informierte, dass sie nicht zugelassen worden war, per Einschreiben versenden sollen.

DIE UNTERSUCHUNG

Die Beschwerde wurde dem Europäischen Parlament zur Stellungnahme zugesandt.

Die Stellungnahme des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament nahm mit folgenden Anmerkungen Stellung:

Die im Mai 1999 versandte Empfangsbescheinigung habe nicht den Zweck gehabt, unaufmerksame Bewerber auf ihre möglichen Versäumnisse aufmerksam zu machen. Allerdings wurden die Bewerber in dieser Bescheinigung darauf hingewiesen, dass sie die Dienststelle des EP von möglichen Änderungen bei ihrer Anschrift unterrichten sollten. Die Beschwerdeführerin sei dem nicht nachgekommen, da sie das EP nicht informiert habe, als sich ihr Name später änderte.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 1999 habe der Prüfungsausschuss die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis gesetzt, dass ihre Bewerbung nicht zugelassen worden war, da sie die Belege zum Nachweis der geforderten Berufserfahrung nicht beigefügt hatte. Dieses Schreiben sei nicht von der Post an die zuständige Dienststelle des EP zurückgeschickt worden. Der Prüfungsausschuss habe nur über mit der Bewerbung eingereichte Unterlagen befinden können. Deshalb hätten die von der Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde an den Bürgerbeauftragten eingereichten Bescheinigungen nicht berücksichtigt werden können.

Das Schreiben der Dienststelle Auswahlverfahren sei an den gleichen Namen und die gleiche Anschrift der Beschwerdeführerin wie das vorhergehende gerichtet gewesen, das die Beschwerdeführerin erhalten habe. Erst am 16. November 2000 habe die Beschwerdeführerin der Dienststelle des EP mitgeteilt, dass sie 1999 geheiratet und sich folglich ihr Name geändert hatte. Diese Namensänderung könnte die Tatsache erklären, dass sie das Schreiben vom 26. Oktober 1999 nicht erhalten hatte. In der Bekanntgabe des Auswahlverfahrens seien die Bewerber jedoch angewiesen worden, das EP von derartigen Veränderungen zu unterrichten. Es habe der Beschwerdeführerin obgelegen, ihre Namensänderung bekannt zu geben und sich über den Stand des Auswahlverfahrens zu informieren.

Schreiben zu Auswahlverfahren seien in der Vergangenheit per Einschreiben versandt worden. Diese Praxis habe aber wegen etlicher Probleme aufgegeben werden müssen. In einigen Mitgliedstaaten seien die Aufbewahrungsfristen von Einschreibesendungen zu lang gewesen, als dass die EP-Dienststelle hätte versuchen können, die Bewerber auf andere Weise zu erreichen, wenn die entsprechenden Schreiben zurückkamen. Zudem habe es administrative (zusätzlicher Arbeitsanfall) und finanzielle Gründe für diese Entscheidung gegeben, wenn man bedenkt, dass eine Einschreibesendung 100 LUF mehr kostet als ein einfacher Brief.

Gemäß dem Leitfaden für Bewerber in Auswahlverfahren könnten sich Bewerber nicht darauf berufen, zu einem anderen Auswahlverfahren zugelassen worden zu sein.

Anmerkungen der Beschwerdeführerin

In ihren Anmerkungen erhielt die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde aufrecht. Sie machte geltend, dass ihre Namensänderung im Oktober 1999 nicht der Grund dafür gewesen sei, dass ihr das Schreiben des EP nicht zugestellt wurde, denn sie erhalte nach wie vor Post auf ihren früheren Namen. Die Beschwerdeführerin erkannte an, dass das EP versuche, den administrativen und finanziellen Mehraufwand zu beschränken, bestand aber darauf, dass es Maßnahmen ergreife, um sicherzustellen, dass Mitteilungen des Prüfungsausschusses die Bewerber auch tatsächlich erreichen.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Nichtzulassung der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von Befähigungsnachweisen

1.1 Die Beschwerdeführerin bewarb sich Januar 1999 für das vom Europäischen Parlament ("EP") ausgeschriebene Auswahlverfahren EUR/C/148/98. Das EP wies die Bewerbung mit der Begründung zurück, dass die Beschwerdeführerin nicht die zum Nachweis der geforderten Berufserfahrung notwendigen Unterlagen eingereicht habe. Die Beschwerdeführerin behauptet, sie habe diese Unterlagen ihrer Bewerbung beigelegt.

1.2 Das Europäische Parlament behauptet, dass die betreffenden Unterlagen in der Bewerbung der Beschwerdeführerin nicht enthalten waren.

1.3 Der Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass die Beschwerdeführerin nicht genügend Beweise zur Bestätigung ihrer Behauptung vorgelegt hat, sie habe die betreffenden Unterlagen mit ihrer Bewerbung eingereicht. Die am 10. Mai 1999 vom Europäischen Parlament versandte Empfangsbescheinigung bestätigt lediglich, dass dort die von der Beschwerdeführerin eingereichte Bewerbung eingegangen war. Sie sagt nichts darüber aus, ob diese Bewerbung vollständig war.

1.4 Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin bei einem anderen Auswahlverfahren alle benötigten Unterlagen eingereicht hat und offenbar eine zuverlässige Person ist, ändert nichts an der Schlussfolgerung, dass die Beschwerdeführerin nicht nachzuweisen vermochte, dass sie die betreffenden Unterlagen ihrer Bewerbung für die Teilnahme am Auswahlverfahren EUR/C/148/98 beigefügt hat.

1.5 Ausgehend davon liegen hinsichtlich des ersten Beschwerdepunkts keine Anhaltspunkte für einen Missstand in der Verwaltung auf seiten des Europäischen Parlaments vor.

2 Nichtzulassung der Beschwerdeführerin wegen Angaben auf dem Bewerbungsformular

2.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Europäische Parlament hätte sie auf der Grundlage der im Bewerbungsformular enthaltenen Angaben für das Auswahlverfahren zulassen sollen.

2.2 Das Europäisches Parlament erwidert, dass der Prüfungsausschuss nur über mit der Bewerbung eingereichte Unterlagen befinden könne und mit der Bewerbung keine Unterlagen eingereicht worden seien, aus denen hervorging, dass die Beschwerdeführerin über die notwendige Berufserfahrung verfügte.

2.3 Der Bürgerbeauftragte ist der Ansicht, dass der Standpunkt des Europäischen Parlaments angemessen erscheint und den Bestimmungen des Auswahlverfahrens zu entsprechen scheint.

2.4 Ausgehend davon liegen im Hinblick auf den zweiten Beschwerdepunkt der Beschwerdeführerin keine Anhaltspunkte für einen Missstand in der Verwaltung auf seiten des Europäischen Parlaments vor.

3 Nichtversendung von Mitteilungen als Einschreibesendung

3.1 Die Beschwerdeführerin trägt vor, das Europäische Parlament hätte sein Schreiben vom 26. Oktober 1999, in dem ihre Bewerbung abgelehnt wurde, per Einschreiben versenden sollen.

3.2 Das Europäische Parlament erwidert, dass in der Vergangenheit Schreiben mit Bezug auf Auswahlverfahren per Einschreiben versandt worden seien, dass diese Praxis aber wegen etlicher Probleme habe aufgegeben werden müssen. In diesem Zusammenhang weist das Europäische Parlament u. a. darauf hin, dass eine Einschreibesendung 100 LUF mehr kostet als ein einfacher Brief.

3.3 Der Bürgerbeauftragte hält es für sehr bedauerlich, dass das Schreiben des Europäischen Parlaments vom 26. Oktober 1999 die Beschwerdeführerin offenbar nicht erreicht hat. Die Argumente, die das Europäische Parlament vorgetragen hat, um zu rechtfertigen, warum solche Schreiben als einfache und nicht als eingeschriebene Briefe versandt werden, leuchten jedoch ein. In der Tat wären die finanziellen Folgen offenbar erheblich, würde man die Sendungen in allen Fällen per Einschreiben versenden. Der Bürgerbeauftragte ist ferner der Auffassung, dass Bewerber stets die Möglichkeit haben, sich nach dem Stand des Auswahlverfahrens zu erkundigen, wenn sie einige Zeit nichts vom Prüfungsausschuss gehört haben. Es trifft zu, dass den Bewerbern in der Empfangsbescheinigung des Europäischen Parlaments angeraten wird, dies nicht zu tun, doch besteht kein Verbot derartiger Kontaktaufnahmen in Fällen wie dem vorliegenden. Abschließend möchte der Bürgerbeauftragte noch hinzufügen, dass es natürlich angebracht wäre, die gegenwärtige Praxis des EP zu überdenken, sollte sich herausstellen, dass noch mehr solche Schreiben ihren Bestimmungsort nicht erreichen.

3.4 Im Lichte dieser Erwägungen liegen im Hinblick auf den dritten Vorwurf der Beschwerdeführerin keine Anhaltspunkte für einen Missstand in der Verwaltung auf seiten des Europäischen Parlaments vor.

4 Schlussfolgerung

Ausgehend von den Untersuchungen des Europäischen Bürgerbeauftragten zu dieser Beschwerde ergaben sich keine Anhaltspunkte für einen Missstand in der Verwaltung auf seiten des Europäischen Parlaments. Daher schließt der Bürgerbeauftragte diese Akte.

Die Präsidentin des Europäischen Parlaments wird von dieser Entscheidung ebenfalls unterrichtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Jacob SÖDERMAN