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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1144/2000/GG gegen das Europäische Parlament


Strassburg, den 18. September 2001

Sehr geehrter Herr W.,

am 14. September 2000 erhoben Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde gegen das Europäische Parlament, die das neue Beurteilungs- und Bewertungssystem des Europäischen Parlaments sowie auf der Grundlage dieses Systems in Ihrem Fall getroffene Entscheidungen betrifft.

Am 26. Oktober 2000 habe ich die Beschwerde mit der Bitte um Stellungnahme an das Europäische Parlament weitergeleitet; das Parlament legte seine Stellungnahme zu Ihrer Beschwerde am 1. Februar 2001 vor; ich habe Ihnen diese dann zusammen mit einer von meinen Dienststellen erstellten deutschen Übersetzung am 26. Februar 2001 verbunden mit der Aufforderung übermittelt, Anmerkungen dazu vorzunehmen, falls Sie dies wünschen. Am 28. März 2001 übermittelten Sie mir Ihre Anmerkungen zu der Stellungnahme des Parlaments.

Am 9. April 2001 richtete ich ein Schreiben an das Europäische Parlament mit der Bitte um weitere Informationen zu Ihrer Beschwerde. Das Europäische Parlament übersandte mir am 19. Juni 2001 seine Antwort, die ich am 26. Juni 2001 mit der Aufforderung, des weiteren dazu Stellung zu nehmen, an Sie weitergeleitet habe. Am 11. Juli 2001 übersandten Sie mir Ihre Anmerkungen zu dem Antwortschreiben des Europäischen Parlaments.

Hiermit möchte ich Sie nun über das Ergebnis dieser Prüfung unterrichten.


DIE BESCHWERDE

1999 führte das Europäische Parlament neue Bestimmungen für die Beurteilung und die Beförderung seiner Beamten und Bediensteten ein. Am 8. März 1999 nahm das Präsidium des Europäischen Parlaments die "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts für die Beamten und Artikel 15 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten (Beurteilungsberichte)" an. Nach Angabe des Beschwerdeführers enthielt die Version dieses Dokuments, die an die Beamten und Bediensteten des Parlaments verteilt wurde, des weiteren folgende Dokumente: 1.) ein Formblatt für den Beurteilungsbericht, 2.) ein Dokument mit dem Titel "Anweisungen zu Beförderung und Laufbahnplanung" und/oder ein Dokument mit dem Titel "Anweisungen für das Verfahren der Erstellung der Beurteilungsberichte" und 3.) einen provisorischen Zeitplan für die Erstellung der Beurteilungsberichte und das Beförderungsverfahren 1999. Am 1. September 1999 setzte der Generalsekretär des Europäischen Parlaments die Beamten und Bediensteten des Europäischen Parlaments davon in Kenntnis, dass er auf der Grundlage der "Anweisungen zu Beförderung und Laufbahnplanung" zwei Pakete von Bestimmungen verabschiedet habe, um das neue Beurteilungssystem durchzusetzen, nämlich die "Dispositions pour la mise en oeuvre du nouveau système de promotion" (Bestimmungen über die Durchführung des neuen Beförderungssystems) und die "Instructions relatives à la procédure d'attribution des points de promouvabilité" (Anweisungen betreffend das Verfahren der Zuweisung von Beförderungspunkten). Diese Dokumente waren der Note des Generalsekretärs beigefügt.

Der Beschwerdeführer ist A5-Beamter in der Generaldirektion III des Parlaments. Offensichtlich hatte er Probleme mit seinem Abteilungsleiter. Gemäß dem Beschwerdeführer sind bei der Verwaltungstätigkeit dieses Beamten Missstände aufgetreten, die Anfang 1999 Gegenstand eines Sonderberichts des vom Generalsekretär eingesetzten Referats "Interne Organisation" wurden. Der Beschwerdeführer machte geltend, dass er zur Erstellung dieses Berichts habe beitragen müssen und dass diese Tatsache ausschlaggebend dafür gewesen sei, dass der betreffende Abteilungsleiter daraufhin einen Beurteilungsbericht (Zeitraum 1997-1998) erstellt habe, in dem sehr negative Bemerkungen über ihn enthalten waren. Eine Kopie dieses Beurteilungsberichts war der Beschwerde als Anlage beigefügt. Offensichtlich wurden diese negativen Bemerkungen vom Direktor der Generaldirektion III aber wieder gestrichen, woraufhin sich der Abteilungsleiter weigerte, diesen Beurteilungsbericht zu unterzeichnen.

Im Dezember 1999 erhielt der Beschwerdeführer zwei Computerausdrucke, die zeigten, dass ihm auf der Grundlage des neuen Beförderungssystems des Europäischen Parlaments für den Beurteilungszeitraum der Jahre 1997 und 1998 jeweils ein Beförderungspunkt (von maximal drei möglichen Punkten) zugeteilt worden war. Daraufhin rief der Beschwerdeführer den Beurteilungsausschuss des Europäischen Parlaments an, der den Generalsekretär des Europäischen Parlaments in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2000 davon in Kenntnis setzte, dass das vom Europäischen Parlament verfolgte Verfahren seines Erachtens mangelhaft sei. In einer Mitteilung vom 15. Februar 2000 informierte der Generalsekretär des Europäischen Parlaments den Beschwerdeführer darüber, dass er Anweisungen für eine Neufassung seines Beurteilungsberichts erteilt habe.

Am 17. Februar 2000 reichte der Beschwerdeführer aufgrund des drohenden Fristablaufs für die Einreichung einer internen Beschwerde dennoch eine Beschwerde gemäß Artikel 90 des Statuts ein. In dieser Beschwerde kritisierte er die Entscheidung hinsichtlich der ihm zugewiesenen Beförderungspunkte und stellte darüber hinaus die Rechtsgültigkeit der neuen Beurteilungs- und Beförderungsbestimmungen in Frage. Der Beschwerdeführer fügte an, dass die von ihm gerügten Missstände auf dreierlei Weise abgestellt werden könnten, damit er nicht weiter beschwert sei: Wenn er entweder den Beamten gleichgestellt würde, die für die fraglichen Jahre die jeweils höchste Punktzahl erhalten hatten, oder den Beamten gleichgestellt würde, auf die aus laufbahnrechtlichen Gründen das Punktesystem nicht mehr angewendet werde oder schließlich wenn das neue System und die zugrunde liegende Regelung von Anfang an für ungültig erklärt würden.

Aufgrund des Ausbleibens einer Antwort auf diese Beschwerde wandte der Beschwerdeführer sich an den Bürgerbeauftragten. In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten stellte er im wesentlichen folgende drei Behauptungen auf:

  1. Die Entscheidung des Europäischen Parlaments über die ihm für 1997 und 1998 zugewiesenen Beförderungspunkte sei falsch gewesen.
  2. Die neuen Beurteilungs- und Beförderungsbestimmungen des Europäischen Parlaments seien nicht rechtsgültig.
  3. Der Beschluss des Europäischen Parlaments, seinen Abteilungsleiter zum Erstbeurteilenden zu benennen, stelle einen Missstand dar.

Zur Untermauerung seiner zweiten Behauptung führt der Beschwerdeführer folgende Argumente an: 1.) Keine der Durchführungsbestimmungen (insbesondere die "Anweisungen zu Beförderung und Laufbahnplanung" und die "Anweisungen für das Verfahren der Erstellung der Beurteilungsberichte"), die zusammen mit oder nach den "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts für die Beamten und Artikel 15 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten (Beurteilungsberichte)" veröffentlicht und vom Präsidium des Europäischen Parlaments am 8. März 1999 angenommen wurden, finde eine Grundlage in dem besagten Präsidiumsbeschluss, und keine dieser Bestimmungen sei gemäß Artikel 110 des Statuts erlassen worden, dem zufolge nämlich zuvor der Statutsbeirat hätte angehört werden müssen; 2.) das neue System für die Erstellung von Beurteilungsberichten des Parlaments verstoße gegen den Grundsatz der Legalität, und zwar weil es nicht bestimmt genug sei und weil es im Widerspruch zum "Leitfaden für die Beurteilung 1999" stehe, dem zufolge die Beurteilungen nicht in Zahlen auszudrücken sind; 3.) das neue Beurteilungssystem des Parlaments sei rechtswidrig, da es sich rückwirkend auf bereits abgelaufene Beurteilungszeiträume beziehe; 4.) das neue Bewertungssystem verstoße gegen Artikel 45 des Beamtenstatuts, da keine Abwägung der Verdienste der Beamten stattgefunden habe; 5.) das neue Beurteilungssystem sei bezüglich der Zuteilung von Beförderungspunkten rechtswidrig, weil es a) keinerlei Rechtsgrundlage besitze, b) weil es gegen das Prinzip der Rechtssicherheit und das Verbot der rückwirkenden Schlechterstellung eines Beamten verstoße, c) weil es gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes sowie d) gegen das Prinzip der Gleichbehandlung - vor allem durch die Kontingentierung der Punkte je Besoldungsgruppe - verstoße und 6.) weil angesichts der Zahl von Bestimmungen, Anweisungen und Mitteilungen das neue System des Parlaments in punkto Beurteilungsbericht und Zuweisung von Beförderungspunkten nicht transparent genug sei.

DIE UNTERSUCHUNG

Stellungnahme des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament mache in seiner Stellungnahme geltend, dass die vom Beschwerdeführer gemäß Artikel 90 eingereichte Beschwerde niemals der Anstellungsbehörde übermittelt worden sei. Außerdem seien der Beurteilungsbericht des Beschwerdeführers für die Jahre 1997 und 1998 gemäß der Entscheidung des Generalsekretärs vom 15. Februar 2000 neu erstellt worden, und der Beschwerdeführer habe den neuen Beurteilungsbericht am 19. September 2000 abgezeichnet.

Das Europäische Parlament setzte den Bürgerbeauftragten ferner davon in Kenntnis, dass es seine Entscheidung betreffend die den Beschwerdeführer zuzuweisenden Beförderungspunkte überprüft habe. Mit seiner Entscheidung vom 1. Februar 2001 habe der Generalsekretär dem Beschwerdeführer für das Jahr 1997 und das Jahr 1998 jeweils zwei Beförderungspunkte zugewiesen.

Unter diesen Umständen hielt das Europäische Parlament die Probleme des Beschwerdeführers bezüglich seines Beurteilungsberichtes und seiner Beförderungspunkte für 1997 und 1998 für gelöst.

Anmerkungen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer erhielt in seinen Anmerkungen seine Beschwerde aufrecht. Er informierte den Bürgerbeauftragten darüber, dass der Beschluss des Europäischen Parlaments, ihm für 1997 und für 1998 jeweils zwei Beförderungspunkte zuzuweisen, seines Erachtens zwar einen Schritt in die richtige Richtung darstelle, dass er aber erst dann zufriedengestellt sein würde, wenn ihm das Parlament für die besagten beiden Jahre und für das Jahr 2000 jeweils die Höchstzahl von drei Beförderungspunkten zuweise und er somit seine Beförderung nach A4 erhalten habe. Der Beschwerdeführer machte weiter geltend, dass er den neugefassten Beurteilungsbericht, den er zum ersten Mal vorgelegt bekommen habe, als er die Stellungnahme des Parlaments zu seinem Fall erhielt, nicht abgezeichnet habe.

Der Beschwerdeführer vertrat ferner die Ansicht, dass das Europäische Parlament seine Argumente als korrekt akzeptiert habe, da es diese nicht weiter kommentiert hätte.

Weitere Untersuchungen
Auskunftsersuchen

Nachdem er die Anmerkungen des Beschwerdeführers erhalten hatte, hielt es der Bürgerbeauftragte für nötig, um weitere Informationen nachzusuchen, um die Beschwerde weiter bearbeiten zu können. Daher ersuchte er das Europäische Parlament um Stellungnahme zu 1.) der Beschwerde des Beschwerdeführers, wonach die Benennung seines unmittelbaren Vorgesetzten als Erstbeurteilender einen Missstand darstelle und 2.) der Behauptung, die "Anweisungen zu Beförderung und Laufbahnplanung", die zusammen mit den am 8. März 1999 vom Präsidium angenommenen "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen" veröffentlicht wurden, seien nicht in dem letztgenannten Präsidiumsbeschluss erfasst und auch nicht in Einklang mit Artikel 110 des Statuts angenommen worden.

Antwort des Parlaments

Das Parlament machte in seiner Antwort folgende Anmerkungen hierzu:

Gemäß Artikel 3 des Beschlusses des Präsidiums des Europäischen Parlaments vom 8. März 1999 betreffend die Annahme der "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts", wird der Beurteilungsbericht eines Beamten der Laufbahngruppe A vom unmittelbaren Vorgesetzten erstellt und von zwei Beurteilenden abgezeichnet. Der erste Beurteilende ist der Vorgesetzte der Laufbahngruppe A3-A4 oder der Direktor der Laufbahngruppe A2, dem der Beurteilte unterstellt ist. Er wird auf der Grundlage der Dienststelle und der Laufbahngruppe benannt, dem die zu beurteilenden Beamten bzw. Bediensteten angehören. Der Endbeurteilende ist der Generaldirektor oder ein von ihm benannter Direktor. Im vorliegenden Fall wurde Herr C. als unmittelbarer Vorgesetzter und erster Beurteilender benannt und Frau L., Direktorin der zuständigen Generaldirektion, als Endbeurteilende. Diese Benennungen wurden also in Einklang mit den geltenden Bestimmungen vorgenommen. Was die Behauptungen des Beschwerdeführers bezüglich seines Abteilungsleiters anbetrifft, so sei anzumerken, dass die Dienststellen tatsächlich einen Bericht über die Arbeitsweise der Dienststelle Bürgerpost ausgearbeitet hätten. Die in diesem Bericht enthaltenen Schlussfolgerungen stünden allerdings in keinerlei Zusammenhang mit den behaupteten Missständen, die der Beschwerdeführer seinem Vorgesetzten angelastet hatte.

Das Präsidium des Europäischen Parlaments habe am 8. März 1999 die "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts" angenommen. Aus der letzten Seite dieser Bestimmungen gehe eindeutig hervor, dass das für den Beurteilungsbericht zu benutzende Formblatt sowie die "Anweisungen für das Verfahren der Erstellung der Beurteilungsberichte" diesem Beschluss als Anlagen beigefügt waren. Die "Anweisungen zur Beförderung und Laufbahnplanung" seien ebenfalls am 8. März 1999 vom Präsidium angenommen worden. Sowohl die "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts" als auch die "Anweisungen zur Beförderung und Laufbahnplanung" seien den Beamten und Bediensteten in einer Note des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 24. März 1999 übermittelt worden.

Die "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts" enthielten eine eindeutige Bezugnahme auf die Stellungnahme des Statutsbeirats und die Anhörung des Personalrates. Der Statutsbeirat habe seine positive Stellungnahme (171/99) zu dem Entwurf mit Schreiben vom 3. Februar 1999 abgegeben. Es treffe zu, dass der Statutsbeirat nicht um Stellungnahme zu den "Anweisungen zur Beförderung und Laufbahnplanung" ersucht worden sei. Artikel 110 des Statuts sehe jedoch nur eine Konsultation des Statutsbeirats vor, wenn es um die allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu diesem Statut gehe. Daraus folge im Umkehrschluss, dass dieses Verfahren nicht auf andere Arten interner Bestimmungen anwendbar sei. Ferner sehe Artikel 45 Absatz 4 im letzten Satz eindeutig vor: "Jedes Organ erlässt gegebenenfalls nach Artikel 110 allgemeine Durchführungsbestimmungen zu den Absätzen 3 und 4". Beförderungen von Beamten seien jedoch in Artikel 45 Absatz 1 und 2 geregelt. Daraus folge wiederum, dass diese Bestimmung es den Organen der Gemeinschaft ermögliche, auf der Grundlage dieser Absätze Bestimmungen zu verabschieden, ohne das in Artikel 110 des Statuts festgelegte Verfahren befolgen zu müssen. Auf jeden Fall sei aber der Personalrat des Europäischen Parlaments konsultiert worden, bevor das Präsidium seinen Beschluss vom 8. März 1999 gefasst habe, was auch in der Einleitung der "Anweisungen zur Beförderung und Laufbahnplanung" eindeutig erwähnt worden sei.

Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, dass das Parlament eine andere Person zu seinem Erstbeurteilenden hätte benennen können. Angesichts der in der Beschwerde beschriebenen Vorkommnisse hätte der unmittelbare Vorgesetzte keinesfalls auch der erste Beurteilende sein dürfen. Der Beschwerdeführer ersuchte den Bürgerbeauftragten darum, nun den Sonderbericht hinzuzuziehen, der von dem zuständigen Referat des Parlaments erstellt worden war.

Dem Beschwerdeführer zufolge waren das für die Erstellung der Beurteilungsberichte erforderliche Formblatt und die "Anweisungen für das Verfahren der Erstellung der Beurteilungsberichte" dem vom Präsidium des Parlaments am 8. März 1999 angenommenen Beschluss über die "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts" nicht als Anlage beigefügt. Der Beschwerdeführer machte geltend, dass die Auslegung des Parlaments von Artikel 45 und 110 des Beamtenstatuts nicht korrekt sei. Seiner Auffassung nach hätte der Statutsbeirat konsultiert werden müssen. Artikel 110 sei eine allgemeine Bestimmung betreffend die Gesamtheit der Bestimmungen des Beamtenstatuts. Artikel 45 Absatz 4 erlaube keinen Umkehrschluss, da diese Bestimmung erst kürzlich in das Beamtenstatut eingefügt worden sei. Die "Anweisungen zur Beförderung und Laufbahnplanung" müssten in jedem Fall als nichtig betrachtet werden, da sie nicht mit Artikel 45 des Beamtenstatuts übereinstimmten, sondern vielmehr ein neues, mit diesem Statut unvereinbares Element darstellten.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Entscheidung des Europäischen Parlaments betreffend die dem Beschwerdeführer für 1997 und 1998 zuzuweisenden Beförderungspunkte

1.1 Dem Beschwerdeführer wurde für 1997 und 1998 jeweils ein Beförderungspunkt (von maximal drei möglichen Beförderungspunkten) zugewiesen. Er macht geltend, dass diese Entscheidung nicht korrekt gewesen sei, da er auf der Grundlage des Beurteilungsberichts für diesen besagten Zeitraum gefasst wurde, bei dem es Unregelmäßigkeiten gegeben hatte.

1.2 Das Europäische Parlament weist darauf hin, dass in der Zwischenzeit sowohl der Beurteilungsbericht als auch seine Entscheidung hinsichtlich der Beförderungspunkte revidiert worden seien. Infolge dessen waren dem Beschwerdeführer jeweils zwei Beförderungspunkte für 1997 und 1998 zugewiesen worden.

1.3 Der Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass in Anbetracht des Beschlusses des Europäischen Parlaments zur Erhöhung der Anzahl der Beförderungspunkte nur dann noch von einem Missstand die Rede sein könnte, wenn der Beschwerdeführer berechtigt wäre (so wie er behauptet), die Höchstzahl von drei Beurteilungspunkten für die betreffenden Jahre zugewiesen zu bekommen. Nach Auffassung des Bürgerbeauftragten hat der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen, dass dies der Fall war.

1.4 Der Beschwerdeführer macht in seinen Anmerkungen geltend, dass er auch für das Jahr 2000 drei Beurteilungspunkte hätte zugewiesen bekommen müssen. Er schlägt dem Parlament offenbar ferner vor, ihn nach A4 zu befördern. Diese zusätzlichen Beschwerdepunkte sind als von den ursprünglichen Beschwerdepunkten getrennte Beschwerdepunkte zu betrachten und werden deswegen hier nicht geprüft.

1.5 Was den ersten Beschwerdepunkt des Beschwerdeführers anbetrifft, so ist auf der Grundlage der oben gemachten Feststellungen kein Missstand bei der Tätigkeit des Europäischen Parlaments ersichtlich.

2 Die neuen Bestimmungen des Europäischen Parlaments betreffend Beurteilungsberichte und Beförderungen

2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass das neue Beurteilungs- und Beförderungssystem des Europäischen Parlaments rechtswidrig ist.

2.2 Zur Untermauerung seiner zweiten Behauptung führt der Beschwerdeführer folgende Argumente an: 1.) Keine der Durchführungsbestimmungen (insbesondere die "Anweisungen zu Beförderung und Laufbahnplanung" und die "Anweisungen für das Verfahren der Erstellung der Beurteilungsberichte"), die zusammen mit oder nach den "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts für die Beamten und Artikel 15 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten (Beurteilungsberichte)" veröffentlicht und vom Präsidium des Europäischen Parlaments am 8. März 1999 angenommen wurden, finde eine Grundlage in dem besagten Präsidiumsbeschluss, und keine dieser Bestimmungen sei gemäß Artikel 110 des Statuts erlassen worden, dem zufolge nämlich zuvor der Statutsbeirat hätte angehört werden müssen; 2.) das neue System für die Erstellung von Beurteilungsberichten des Parlaments verstoße gegen den Grundsatz der Legalität, und zwar weil es nicht bestimmt genug sei und weil es im Widerspruch zum "Leitfaden für die Beurteilung 1999" stehe, dem zufolge die Beurteilungen nicht in Zahlen auszudrücken sind; 3.) das neue Beurteilungssystem des Parlaments sei rechtswidrig, da es sich rückwirkend auf bereits abgelaufene Beurteilungszeiträume beziehe; 4.) das neue Bewertungssystem verstoße gegen Artikel 45 des Beamtenstatuts, da keine Abwägung der Verdienste der Beamten stattgefunden habe; 5.) das neue Beurteilungssystem sei bezüglich der Zuteilung von Beförderungspunkten rechtswidrig, weil es a) keinerlei Rechtsgrundlage besitze, b) weil es gegen das Prinzip der Rechtssicherheit und das Verbot der rückwirkenden Schlechterstellung eines Beamten verstoße, c) weil es gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes sowie d) gegen das Prinzip der Gleichbehandlung - vor allem durch die Kontingentierung der Punkte je Besoldungsgruppe - verstoße und 6.) weil angesichts der Zahl von Bestimmungen, Anweisungen und Mitteilungen das neue System des Parlaments in punkto Beurteilungsbericht und Zuweisung von Beförderungspunkten nicht transparent genug sei.

2.3 Das Europäische Parlament hat zu dem ersten dieser Argumente Stellung genommen. Es weist darauf hin, dass sowohl das Standardformblatt, das für die Beurteilungsberichte zu benutzen ist, als auch die "Anweisungen für das Verfahren der Erstellung der Beurteilungsberichte" den am 8. März 1999 angenommenen "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts" als Anlage beigefügt gewesen seien. Das Europäische Parlament vertritt ferner die Auffassung, dass bezüglich der "Anweisungen zur Beförderung und Laufbahnplanung" der Statutsbeirat nicht konsultiert werden musste, da Artikel 110 des Statuts eine Konsultation des Statutsbeirats nur vorsehe, wenn es sich um allgemeine Durchführungsbestimmungen zu diesem Statut handele. Nach Auffassung des Parlaments folgt aus Artikel 45 Absatz 4 letzter Satz des Statuts im Umkehrschluss, dass dieses Verfahren nicht auf andere Bestimmungen anwendbar sei, die auf der Grundlage von Artikel 45 Absatz 1 und 2 erlassen wurden. Dessen ungeachtet aber sei der Personalrat des Europäischen Parlaments gehört worden, bevor das Präsidium seinen Beschluss vom 8. März 1999 verabschiedet habe.

2.4 Was das erste Argument des Beschwerdeführers anbetrifft, ist der Bürgerbeauftragte der Auffassung, dass der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen hat, dass das Formblatt für die Beurteilungsberichte und die "Anweisungen für das Verfahren der Erstellung der Beurteilungsberichte" den am 8. März 1999 angenommenen "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts" nicht als Anlagen beigefügt waren. Außerdem dürfte der Text, den der Generalsekretär des Europäischen Parlaments am 24. März 1999 an die Beamten und Bediensteten verteilt hat, belegen, dass die beiden Dokumente diesen allgemeinen Durchführungsbestimmungen beigefügt waren.

2.5 In Bezug auf Artikel 110 des Statuts hat das Europäische Parlament erklärt, dass es den darin verankerten Erfordernissen - d.h. Anhörung des Personalrats und des Statutsbeirats - hinsichtlich der "Allgemeinen Durchführungsbestimmungen betreffend die Anwendung von Artikel 43 des Statuts", angenommen am 8. März 1999, entsprochen habe, dass aber seines Erachtens dieser Artikel nicht auf andere Vorschriften wie die "Anweisungen zur Beförderung und Laufbahnplanung" anwendbar sei. Der Bürgerbeauftragte hält den vom Europäischen Parlament vertretenen Standpunkt für vertretbar und mit dem Statut vereinbar. Es sollte aber an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die höchste Instanz betreffend die Auslegung des Gemeinschaftsrechts der Gerichtshof ist.

2.6 Was die übrigen Argumente des Beschwerdeführers (2-6) anbetrifft, so erscheint es nützlich, darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass das Parlament nicht dazu Stellung genommen hat, keinesfalls bedeutet, dass es diese Argumente akzeptiert hat. Was den Inhalt der Argumente anbetrifft, so ist der Bürgerbeauftragte der Auffassung, dass der Beschwerdeführer nicht genügend Nachweise zur Untermauerung seiner Beschwerdepunkte angeführt hat.

2.7 Was den zweiten Beschwerdepunkt des Beschwerdeführers anbetrifft, so ist auf der Grundlage der oben gemachten Feststellungen kein Missstand bei der Tätigkeit des Europäischen Parlaments ersichtlich.

3 Die Entscheidung des Europäischen Parlaments, den unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers als Erstbeurteilenden vorzusehen

3.1 Der Beschwerdeführer erklärt, es sei mit einer ordnungsgemäßen Verwaltung unvereinbar, dass das Parlament seinen unmittelbaren Vorgesetzten als Erstbeurteilenden für seinen Beurteilungsbericht benannt habe. Er macht geltend, dass diese Benennung ohne vorherige Bekanntgabe erfolgt sei. Seiner Auffassung nach war die Benennung ferner aufgrund der Tatsache rechtswidrig, dass die Arbeitsweise dieses besagten Vorgesetzten Gegenstand eines Sonderberichts war, der von dem vom Generalsekretär eingesetzten Referat "Interne Organisation" Anfang 1999 ausgearbeitet wurde, und zu dessen Erstellung er (der Beschwerdeführer) wesentlich beigetragen hatte.

3.2 Das Parlament ist der Auffassung, dass die Benennung des unmittelbaren Vorgesetzten als Erstbeurteilenden in Einklang mit den geltenden Vorschriften geschehen sei. Es weist ferner darauf hin, dass der vom Beschwerdeführer erwähnte Bericht sich in keiner Weise auf angebliche Fehler seines Vorgesetzten beziehe.

3.3 Der Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass die Benennung des unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers als Erstbeurteilenden mit den geltenden Bestimmungen in Einklang steht. Diese Bestimmungen sehen nämlich vor, dass der Abteilungsleiter oder der Direktor, dem der zu beurteilende Beamte unterstellt ist, als Erstbeurteilender zu benennen ist. Aus heutiger Sicht wäre es wohl in der Tat besser gewesen, wenn das Parlament den unmittelbaren Vorgesetzten des Beschwerdeführers nicht als Erstbeurteilenden benannt hätte, vor allem, wenn man die Probleme bedenkt, die diese Benennung nach sich gezogen hat. Dennoch hat der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen, dass das Parlament zur besagten Zeit gewusst hat oder hätte wissen müssen, dass die Benennung dieser Person derartige Probleme nach sich ziehen würde.

3.4 Aufgrund dieser Umstände sind, was die dritte Behauptung des Beschwerdeführers angeht, ebenfalls keine Missstände bei der Tätigkeit des Europäischen Parlaments feststellbar.

4 Schlussfolgerung

Auf der Grundlage der Prüfung dieser Beschwerde durch den Bürgerbeauftragten ist kein Missstand bei der Tätigkeit des Europäischen Parlaments festzustellen. Der Bürgerbeauftragte schließt diese Akte daher.

Die Präsidentin des Europäischen Parlaments wird ebenfalls von dieser Entscheidung unterrichtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Jacob SÖDERMAN