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Anmerkungen der Kommission zur Initiativuntersuchung des Europäischen Bürgerbeauftragten, Fallnummer: OI/1/2009/GG
Correspondence - Date Thursday | 28 May 2009
Case OI/1/2009/GG - Opened on Tuesday | 17 February 2009 - Decision on Tuesday | 08 February 2011
1. Hintergrund
In seinen vorherigen Initiativuntersuchungen, die jeweils am 16.2.2001 und 20.6.2008 abgeschlossen wurden, hat sich der Bürgerbeauftragte bereits mit der Frage der verspäteten Zahlungen der Kommission befasst.
In seiner Entscheidung vom 20. Juni 2008 stellte der Bürgerbeauftragte fest, dass viele der von der Kommission in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen sowie insbesondere diejenigen Maßnahmen, die zu Änderungen der Verordnung 2342/2002 geführt haben, offenbar noch relativ jungen Datums waren und es daher verfrüht wäre, ihre Auswirkungen auf die Situation zu bewerten. Nach Ansicht des Bürgerbeauftragten bestand das beste Vorgehen darin, die Untersuchung abzuschließen und Anfang 2009, sobald Zahlen zur Leistung der Kommission in diesem Bereich im Jahr 2008 vorliegen, eine neue Initiativuntersuchung zu eröffnen. Auf der Grundlage dieser Zahlen könne der Bürgerbeauftragte dann darüber befinden, ob die Kommission alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um Fälle von Zahlungsverzug zu verhindern, oder ob weitere Maßnahmen notwendig seien. (Punkt 1.9).
Aus diesem Grund hat der Bürgerbeauftragte wie angekündigt am 17. Februar 2009 eine dritte Initiativuntersuchung eröffnet, um zu ermitteln, ob weitere Probleme im Zusammenhang mit verspäteten Zahlungen zu beheben sind. Der Bürgerbeauftragte hat insbesondere um folgende Angaben gebeten:
- Statistische Daten zur Anzahl und zum prozentualen Anteil verspäteter Zahlungen, zur Verzugsdauer, zu den betroffenen Summen, zu den Fällen, in denen Verzugszinsen gezahlt worden sind, und zur Anzahl der Gläubiger, die Anspruch auf Verzugszinsen haben (siehe Abschnitt 2.1 weiter unten),
- Ergebnisse der bereits von der Kommission ergriffenen Maßnahmen, um die Ursachen für verspätete Zahlungen zu ermitteln und zu beheben, insbesondere im Anschluss an die Einführung von automatischen Verzugszinsen bei Beträgen über 200 Euro, wie in Artikel106 Absatz 5 der Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung[1] vorgesehen (siehe Abschnitt 2.2 weiter unten),
- weitere Maßnahmen, die die Kommission möglicherweise bereits ergriffen hat (siehe Abschnitt 2.3 weiter unten).
2. Antwort der Kommission
2.1. Im Jahre 2008 hat die Kommission bei ihren Zahlungen mit Blick auf Anzahl und Wert sowie auf die durchschnittliche Verzugsdauer ein vergleichbares Niveau aufzuweisen. Die folgende Tabelle gibt zusammengefasst Auskunft darüber, wie sich im Jahre 2008 die Situation bei den nach Ablauf der Fristen geleisteten Zahlungen darstellte. Als Grundlage wurden Daten aus dem Rechnungsführungssystem der Kommission (ABAC) verwendet. Die bereits für die Jahre 2005 und 2007 veröffentlichten Daten dienen dem Vergleich:
2005 |
2007 |
2008 |
|
Anteil der verspäteten Zahlungen (zahlenmäßig) |
42,74 % |
22,57 % |
22,67 % |
Anzahl der verspäteten Zahlungen (wertmäßig) |
17,48 % |
11,52 % |
13,95 % |
Durchschnittlicher Verzug[2] |
49,13 Tage |
47,98 Tage |
47,45 Tage |
Was die Zahlung von Verzugszinsen anbelangt, so hat die Kommission 2008 mehr Forderungen erhalten und musste höhere Zinszahlungen leisten als in den Jahren 2005-2007.
2005 |
2007 |
2008 |
|
Anzahl der Zinsforderungen wegen Zahlungsverzugs |
149, d. h. 0,11 % |
136, d. h. 0,16 % |
173, d. h. 0,19 % |
Höhe der Zinszahlungen wegen Zahlungsverzugs |
230 736,58 € |
378 211,57 € |
576 027,10 € (512 830,79 € auf Anforderung + 63 196,31 € ohne Anforderung) |
2.2. Eine Reihe von Maßnahmen, die bereits in den vergangenen Jahren sowohl auf Verwaltungs- als auch auf Legislativebene ergriffen wurden, um Zahlungsverzug zu vermeiden, und die in der Antwort der Kommission auf die zweite Untersuchung des Bürgerbeauftragten aufgeführt sind, haben zwar zu einer deutlichen Reduzierung des Anteils der verspäteten Zahlungen beigetragen, jedoch bestehen nur geringe Unterschiede zwischen der Situation in den Jahren 2008 und 2007. Es muss allerdings festgestellt werden, dass ein Großteil der verschiedenen Maßnahmen, die sich mit dem Problem des Zahlungsverzugs befassen sollen, langfristig ausgelegt sind. Sie werden sich daher erst schrittweise auswirken. So gilt beispielsweise der geänderte Artikel 106 Absatz 5 der Durchführungsbestimmungen ab dem 1. Januar 2008. Für Verträge oder Finanzhilfevereinbarungen/ ‑entscheidungen, die vor dem 1. Januar 2008 geschlossen wurden, müssen Verzugszinsen aber nach wie vor beantragt werden. Diese Neuerung wird sich also erst dann vollständig auswirken, wenn die Mehrzahl der laufenden Verträge oder Finanzhilfevereinbarungen und -entscheidungen erst nach dem 1.Januar 2008 abgeschlossen wurde.
2.3. Die Kommission ist sich der Notwendigkeit der Einhaltung von Zahlungsfristen bewusst und vertritt nach wie vor die Auffassung, dass insbesondere in diesen schwierigen Zeiten der Wirtschaftskrise angesichts der Tatsache, dass alle Mittelempfänger, besonders aber KMU und NRO, stärker auf die Zahlungen angewiesen sind, weitere Bemühungen vonnöten sind. Aus diesem Grund hat die Kommission am 8. April 2009 eine Mitteilung mit dem Titel ‚Vereinfachung der Haushaltsvorschriften und Straffung der Ausführung des Haushaltsplans als Beitrag zur Gesundung der Wirtschaft'[3] angenommen, die sie dem Bürgerbeauftragten zur Kenntnisnahme übermittelt hat. Diese Mitteilung konzentriert sich auf den Teil des Haushalts, den die Kommission direkt ausführt (zentrale Mittelverwaltung). Die Kommissiondienststellen werden beauftragt, einen weiteren Schritt zu machen und folgende freiwillige Maßnahmen zu ergreifen (ohne vorherige Überarbeitung der Rechtsvorschriften und ohne Änderung laufender Verträge oder Finanzhilfevereinbarungen/ ‑entscheidungen):
- Leistung der ersten Vorfinanzierungszahlungen (die bei Unterzeichnung des Vertrags, der Finanzhilfevereinbarung oder -entscheidung geleistet werden, keiner weiteren Prüfung unterliegen und an keine weiteren Bedingungen geknüpft sind) in weniger als 20 Kalendertagen zwischen dem Abschluss des Vertrags, der Finanzhilfevereinbarungen oder -entscheidung und der Belastung des Bankkontos der Kommission[4]. Vorfinanzierungszahlungen machen wertmäßig gesehen etwa ein Drittel aller Zahlungen aus.
- Kürzere Zahlungsfristen allgemein (also für ‚Verlängerungen von Vorfinanzierungen', Zwischen- und Abschlusszahlungen, die nach Abschluss einer Projektphase und nach Billigung der entsprechenden Berichte und Nachweise erfolgen). Die Kommission wird für sämtliche Zahlungen eine 30-Tage-Frist anstatt der derzeitigen 45-Tage-Frist (bei Finanzhilfen) vorgeben.
- Verstärkte Verwendung von Pauschalbeträgen (Festbeträgen) und Pauschaltarifen (Prozentsatz der Einheitskosten), um zeitaufwändige und umständliche Prüfungen für standardisierte Aktionen/Kosten zu vermeiden[5].
Auf der Grundlage dieser Mitteilung will die Kommission ferner die Leistungen ihrer Dienststellen stärker beobachten. Erstens wird der Rechnungsführer der Kommission damit beauftragt, die Fortschritte, die bei der Durchführung und Umsetzung der reduzierten Fristen erzielt werden, zu verfolgen und zu koordinieren. Anhand der Informationen über die nicht fristgerechten Zahlungen im letzten Quartal des Jahres 2009 wird er eine erste Bilanz ziehen. Zweitens wird diese Bilanzierung, die bereits in den jährlichen Tätigkeitsberichten und im jährlichen Synthesebericht dargelegt ist, noch umfassender und dynamischer als bisher gestaltet, da fortan die Generaldirektoren und Dienststellenleiter die Leistungen ihrer Generaldirektionen/Dienststellen präsentieren und gegebenenfalls kommentieren müssen.
Aus den oben genannten Neuerungen lässt sich deutlich ablesen, dass sich die Kommission dem Problem des Zahlungsverzugs mit aller Entschlossenheit anzunehmen gedenkt und ihre Dienststellen umfassend über die Notwendigkeit unterrichtet hat, bei der Einhaltung der Zahlungsfristen in den
[1] Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 478/2007 der Kommission vom 23. April 2007 (ABl. L 111 vom 28.4.2007, S. 13).
[2] Netto-Fristen.
[3] SEK(2009) 477/5.
[4] Anstelle von 30 Kalendertagen, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Registrierung eines zulässigen Zahlungsantrags bei Dienstleistungs- oder Lieferaufträgen, oder gar 45 Tagen in anderen Fällen gemäß Artikel 106 der Durchführungsbestimmungen. Wegen der Sachzwänge im Zusammenhang mit dem Haushaltsabschluss und der Freigabe von Übertragungen wird der Zeitraum zwischen dem 15. Dezember und dem 15. Januar hierbei ausgenommen. Verzugszinsen werden weiterhin auf der Grundlage der vorschriftsmäßigen Fristen in Artikel 106 Absatz 5 der Durchführungsbestimmungen berechnet.
[5] Artikel 181 der Durchführungsbestimmungen.
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