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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1076/97/(OV)PD gegen die Europäische Kommission
Decision
Case 1076/97/OV - Opened on Tuesday | 24 February 1998 - Decision on Thursday | 03 September 1998
Sehr geehrter Herr G.,
am 15. November and 18. Dezember 1997 legten Sie Beschwerden beim Europäischen Bürgerbeauftragten ein. Die Beschwerden waren gegen Volkswagen in Deutschland, Pon's Automobielhandel B.V. (den holländischen Importeur von Volkswagen), und die Europäische Kommission (GD IV) gerichtet. Am 6. Februar 1998 sandten Sie einen dritten Brief, welcher anscheinend Volkswagen und Pon's betraf. Sie beklagten sich über die genannten Unternehmen in einem vierten Brief vom 14. Februar 1998, aus dem hervorging, daß Sie verlangten, es sollen gegen diese Firmen Maßnahmen ergriffen werden.
Ihre Beschwerden betrafen grundsätzlich Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln im Automobilsektor, deren Sie Volkswagen and Pon's bezichtigten. Außerdem waren Sie der Meinung, daß die Kommission verpflichtet ist, Maßnahmen gegen diese Firmen zu ergreifen, damit den Verstößen ein Ende gesetzt wird: Eine Pflicht welche die Kommission versäumt, da sie Ihrer Meinung nach untätig ist.
In meinem Schreiben vom 24. Februar 1998 informierte ich Sie, daß ich mich laut Art. 2.1 des Statuts des Europäischen Bürgerbeauftragten nicht mit den Beschwerden gegen Volkswagen und Pon's befassen konnte, da diese Firmen keine Gemeinschaftsinstitutionen oder -organe sind.
In dem gleichen Schreiben teilte ich Ihnen mit, daß Ihre Beschwerde gegen die Kommission zulässig ist, und daß ich sie an die Kommission weitergeleitet hatte. Ich informierte Sie ebenfalls, daß ich eine Beschwerde von Herrn Frank Röwe erhalten hatte (Beschwerde 829/22.8.96/FDR/D/PD), der an der gleichen Adresse wie Sie wohnt. Da die Beschwerde von Herrn Röwe offenbar weitgehend die gleiche Angelegenheit wie Ihre betraf, sandte ich Ihnen die Stellungnahme der Kommission zu Herrn Röwes Beschwerde, mit der Bitte um Ihre Bemerkungen dazu. Am 9. März 1998 sandten Sie mir Ihre Bemerkungen.
Mit dem vorliegenden Schreiben möchte ich Ihnen die Ergebnisse der von mir angestellten Untersuchungen mitteilen. Dabei möchte ich mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, daß die Behandlung Ihrer Beschwerde wesentlich mehr Zeit erforderte als erwartet.
BESCHWERDE
Der Ihrer Beschwerde zugrundeliegende Sachverhalt läßt sich wie folgt zusammenfassen: Es hat sich herausgestellt, daß die von deutschen Autoherstellern produzierten Autos in Deutschland häufig teurer sind als in bestimmten anderen Mitgliedstaaten, beispielsweise in Dänemark, in den Niederlanden und in Finnland. Aufgrund dieser Tatsache kommt es vor, daß in Deutschland wohnhafte Verbraucher sich an Autohändler in anderen Mitgliedstaaten wenden, um dort ihren Wagen zu kaufen. Dabei treffen sie anscheinend bisweilen auf Hindernisse, wie beispielsweise eine glatte Weigerung, Autos an in Deutschland wohnhafte Verbraucher zu verkaufen, übermäßig lange Lieferzeiten oder künstlich überhöhte Preise.
Sie waren der Auffassung, daß die Weigerung oder die Abneigung, Autos an Verbraucher zu verkaufen, weil sie in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft sind, den Wettbewerbsregeln der Europäischen Gemeinschaft zuwiderlaufen. Da ihrer Meinung nach die Kommission gegenüber diesen Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht untätig war, reichten Sie die Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten ein.
UNTERSUCHUNG
Die Stellungnahme der Kommission
In ihrer Stellungnahme erklärte die Kommission folgendes:
- "1. Vorgeschichte
- Die Angelegenheit betrifft angebliche Behinderungen von Parallelausfuhren neuer Kraftfahrzeuge aus bestimmten Mitgliedstaaten. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1475/95(1) der Kommission darf ein Hersteller und/oder sein Importeur nicht die Freiheit eines Endverbrauchers (und/oder eines zuvor von diesem Verbraucher schriftlich bevollmächtigten Vermittlers) beschränken, ein neues Kraftfahrzeug von einem beliebigen Vertragshändler auf dem Binnenmarkt zu erwerben. Das Recht des Verbrauchers beinhaltet zwar keine Verpflichtung des Verkäufers zum Verkauf, jedoch kann ein Verkäufer den Kaufantrag eines Verbrauchers nicht unter Hinweis auf dessen in einem anderen Mitgliedstaat befindlichen Wohnsitz ablehnen oder einen höheren Preis fordern. Andererseits kann ein Hersteller Maßnahmen dagegen unternehmen, daß seine Händler an Nichtvertragshändler oder an sogenannte "Graumarkt-Verkäufer" verkaufen, die die Fahrzeuge anschließend weiterveräußern.
- 2. Sachverhalt
- Der Schriftverkehr zwischen Herrn Röwe und der für Wettbewerbsfragen zuständigen Generaldirektion der Kommission begann im August 1994, als sich Herr Röwe über angebliche Behinderungen beim Kauf eines Kraftfahrzeugs der Marke BMW in Dänemark beschwerte.
- Die Kommission erhielt in der Folgezeit weitere Schreiben über andere Hersteller, wie Audi, Volkswagen/Audi (VAG), Mercedes-Benz, General Motors/Opel und Ford, mithin über alle großen deutschen Kraftfahrzeughersteller. Herr Röwe behauptete, Parallelausfuhren aus Dänemark und vor allem aus Finnland würden von ihnen behindert. Ferner verwies er auf bestimmte Fälle in Spanien, den Niederlanden und Italien.
- 3. Von der Kommission ergriffene Maßnahmen
- In dem erstgenannten, das Verhalten von BMW in Dänemark betreffenden Fall reagierte die Kommission noch im selben Monat, d.h. im August 1994. Im Oktober 1994 teilte Herr Röwe der Kommission mit, das Problem sei dank ihrer Intervention gelöst.
- Der nächste Fall betraf Audi in Dänemark. Der diesbezügliche Schriftwechsel zwischen Herrn Röwe und der Kommission begann im September 1995. Im Oktober sandte die Kommission ein Auskunftsersuchen an Audi und erklärte Herrn Röwe in Schreiben vom Oktober und November 1995, sie könne nicht als Vermittler für Endverbraucher auftreten. Zugleich wies sie auf die besondere Situation in Dänemark hin. Es könne sein, daß die dortigen Händler aufgrund der Steuerpolitik in bestimmten Fällen nicht an Gebietsfremde verkaufen.
- Im April 1996 beschwerte sich Herr Röwe, VAG (Volkswagen und Audi) behindere den Kauf von Kraftfahrzeugen in Dänemark und Finnland. Die Kommission antwortete Herrn Röwe im selben Monat und erklärte, sie werde im Falle eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, verwies dabei jedoch erneut auf die besondere Steuerlage in den beiden Mitgliedstaaten. Außerdem erhielt die Kommission Kopien des im Mai 1995 zwischen Volkswagen und Herrn Röwe in derselben Angelegenheit geführten Schriftwechsels.
- Im Mai 1996 erhob Herr Röwe Beschuldigungen gegen Ford in Finnland. Die Kommission leitete im Juni 1996 ein förmliches Beschwerdeverfahren ein und sandte Ford ein Auskunftsverlangen. Im selben Monat und nach einem Schreiben von Herrn Röwe an Kommissionsmitglied Van Miert erklärte die Kommission dem Beschwerdeführer eingehend ihre allgemeine Auffassung zu den verschiedenen von ihm aufgeworfenen Fragen(2).
- Ab Mai 1996 erhielt die Kommission von Herrn Röwe weitere Schreiben, diesmal mit Beschwerden über Mercedes-Benz, und zwar in Finnland und Spanien. Die Schreiben in bezug auf Finnland beantwortete die Kommission im Oktober und November 1996 und diejenigen zum spanischen Markt, die sie im September und Oktober 1996 erhalten hatte, im November 1996.
- Im Juni 1996 erhob Herr Röwe weitere Beschuldigungen, diesmal in bezug auf das Verhalten von General Motors /Opel auf dem dänischen und finnischen sowie - einem späteren Schreiben zufolge - dem niederländischen Markt. Die Kommission antwortete im Juli 1996 unter Bezugnahme auf das förmliche Beschwerdeverfahren gegen Ford in Finnland, und versicherte Herrn Röwe, daß die notwendigen verfahrensrechtlichen Schritte unternommen würden.
- Die Kommission schrieb Herrn Röwe im Juli und August 1996 und teilte ihm mit, alle den finnischen Markt betreffenden Fälle (d.h. in bezug auf Mercedes-Benz, Ford, General Motors/Opel und VAG) seien zu einem einzigen förmlichen Beschwerdeverfahren zusammengefaßt worden, weil das Problem offenbar mit dem finnischen Kfz-Besteuerungswesen zusammenhänge. Die Kommission teilte Herrn Röwe ferner mit, bezüglich der von Ford in Finnland betriebenen Preispolitik würden die erforderlichen Nachprüfungen vorgenommen.
- Die Kommission hat Herrn Röwe ihre diesbezügliche Auffassung in ihren verschiedenen Antworten wiederholt ausführlich dargelegt. In seinem vorgenannten Schreiben vom 28. Juni 1996 betonte Kommissionsmitglied Karel Van Miert insbesondere, daß die Kommission verpflichtet ist, auf die Einhaltung der Verordnung Nr. 1475/95 und der Wettbewerbsregeln zu achten. Er erklärte, die Kommission werde im Falle eines Verstoßes nicht zögern, unter Berücksichtigung ihrer Prioritäten die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Andererseits könne es nicht Aufgabe der Kommission sein, einzelnen Personen bei der Durchsetzung ihrer individuellen Rechte (bzw. ihrer "Partikularinteressen") behilflich zu sein. Dafür seien schließlich die nationalen Gerichte zuständig. Herr Van Miert versprach Herrn Röwe jedoch, die Kommission werde in Einklang mit ihren Grundsätzen vorgehen, sofern ihrer Auffassung nach ausreichende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln vorliegen. Die Beurteilung jedoch, ob diese Anhaltspunkte für den Beweis eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln ausreichen, ist von der Kommission zu treffen.
- Die von der Kommission hierbei angewandten Grundsätze wurden vom Gericht erster Instanz anerkannt(3). Das Gericht stellte vor allem fest, daß die Kommission als Verwaltungsbehörde im öffentlichen Interesse zu handeln hat. Demzufolge muß die Kommission bei der Beurteilung der Vordringlichkeit eines Falles das diesbezügliche öffentliche Interesse sowie auch ihre verwaltungsmäßigen Ressourcen berücksichtigen. Außerdem wird die Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die innerstaatlichen Gerichte durch das Vorliegen einer Gruppenfreistellung - wie in diesem Falle - erleichtert.
- 4. Weitere Maßnahmen der Kommission
- In den insgesamt 30 Schreiben, die Herr Röwe seit 1994 an die Kommission geschickt hat, beschwert er sich über das Verhalten der sechs größten deutschen Kraftfahrzeughersteller (BMW, Audi, Volkswagen, Ford, Mercedes-Benz und General Motors/Opel) sowie ihrer Importeure in fünf anderen Mitgliedstaaten, hauptsächlich in Dänemark und Finnland, aber auch in Spanien, den Niederlanden und Italien.
- Zwar scheint Herr Röwe nicht in jedem Fall das in seiner jeweiligen Beschwerde angegebene Kraftfahrzeug tatsächlich kaufen zu wollen, aber er besteht darauf, daß er als Verbraucher grundsätzlich das Recht habe, sich ein Kraftfahrzeug dort zu kaufen, wo er will. Dies ist in der Tat ein wichtiger, in der Verordnung festgelegter Grundsatz.
- Jahrelang haben viele Verbraucher den Kommissionsdienststellen in zahlreichen Schreiben über Hindernisse berichtet, auf die sie bei ihren Bemühungen gestoßen sind, ein Kraftfahrzeug in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Wohnsitzes zu erwerben. Oftmals können derartige Probleme durch eine bloße förmliche Kontaktaufnahme der Kommissionsdienststellen mit dem betreffenden Hersteller zur Zufriedenheit der Beschwerdeführer gelöst werden. Es gibt aber auch schwierigere Fälle, namentlich wenn eine Vielzahl von Beschwerden vorliegt und die Kommission zur Einleitung eines förmlichen Verfahrens gezwungen ist. Oftmals ist es dann sehr schwierig, ausreichende Beweise für einen tatsächlichen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln zu finden, so daß die erforderlichen Ermittlungen sehr aufwendig sind.
- Zum Beispiel unternahm die Kommission im Oktober 1995 bei Volkswagen und Audi in Deutschland, bei Autogerma - ihrem gemeinsamen italienischen Importeur - sowie einer Reihe norditalienischer Vertragshändler eine Nachprüfung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung des Rates Nr. 17/62 (Sache V/35, 733/F2 - Volkswagen/Audi). Diese Nachprüfung erfolgte aufgrund einer großen Anzahl einzelner Beschwerden, die die Kommission insbesondere von österreichischen, deutschen und französischen Verbrauchern erhalten hatte, die sich über Schwierigkeiten beim Kauf von Volkswagen-und Audi-Fahrzeugen in Italien beklagten. Im November 1996 teilte die Kommission in einer Pressemitteilung mit, sie habe im Oktober 1996 Volkswagen und Audi eine Mitteilung der Beschwerdepunkte in bezug auf die mutmaßliche Behinderung von Parallelausfuhren in Italien übermittelt(4). In derselben Pressemitteilung erläuterte die Kommission auch die Rolle der nationalen Gerichte in bezug auf Einzelbeschwerden im Zusammenhang mit der Verordnung Nr. 1475/95.
- Aufgrund von u.a. von Herrn Röwe erhobenen Beschwerden übermittelte die Kommission im Oktober 1996 vier Kraftfahrzeugherstellern (Volkswagen, Audi, Mercedes-Benz und Opel) ein förmliches Auskunftsersuchen zu ihrer Preispolitik auf dem finnischen Markt. Im Juli 1996 hatte die Kommission eine ähnliche Aufforderung an Ford und gleichzeitig eine Anfrage an die finnische Wettbewerbsbehörde gerichtet(5), um Auskünfte über die in Finnland bei der Wiederausfuhr von Kraftfahrzeugen betriebene Preispolitik zu erhalten. Im November 1996 lagen der Kommission Antworten der betreffenden Kraftfahrzeughersteller vor. Vorbehaltlich einer abschließenden Beurteilung dieser Antworten ist nicht auszuschließen, daß die Angelegenheit eher innerhalb des allgemeinen Rahmens der Steuerharmonisierung zu sehen ist, der über den Anwendungsbereich der Wettbewerbspolitik hinausgeht.
- Darüber hinaus wurden und werden weitere Maßnahmen ergriffen, um zu prüfen, ob angebliche Behinderungen von parallelen Kraftfahrzeugausfuhren aus bestimmten Mitgliedstaaten vorliegen.
- 5. Schlußfolgerung
- Wie bereits gesagt, erhält die Kommission laufend zahlreiche Schreiben von Verbrauchern und Einzelpersonen zum Thema des Kfz-Vertriebs in der Europäischen Union. Die für die Anwendung der Wettbewerbsregeln in diesem Bereich zuständigen Kommissionsdienststellen verwenden auf die Bearbeitung und Prüfung dieser Beschwerden viel Zeit und Mittel und sind auch den von Herrn Röwe seit 1994 erhobenen Beschwerden mit erheblichem Aufwand in angemessener Weise nachgegangen.
- Insofern hält die Kommission die von Herrn Röwe vorgebrachte Behauptung, die Kommission sei untätig geblieben bzw. die von ihr ergriffenen Maßnahmen seien ungeeignet, für unbegründet."
Der Kommentar des Beschwerdeführers
In Ihrem Kommentar haben Sie Ihre Beschwerde aufrecht erhalten.
Sonstige Fakten
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die Kommission alljährlich einen Bericht über die Wettbewerbspolitik veröffentlicht. In ihrem Bericht über das Jahr 1996 erklärte die Kommission in den Ziffern 54 - 55 in bezug auf den Kraftfahrzeugsektor folgendes:
- "..Ein Hauptgrundsatz [der Verordnung Nr. 1475/95] ist die Freiheit der europäischen Verbraucher, ein neues Kraftfahrzeug in der Europäischen Union direkt oder über einen hierzu autorisierten Vermittler zu beziehen. Vertragsbestimmungen, die diese Freiheit durch den Hersteller, den Lieferanten oder ein anderes Unternehmen innerhalb des Vertriebsnetzes einschränken, stehen auf einer schwarzen Liste und sind automatisch nichtig. Bei derartigen Verstößen können die Verbraucher vor den nationalen Gerichten Klage erheben, die im Gegensatz zur Kommission leichter einstweilige Verfügungen erlassen und Schadensersatz zuerkennen können. Die Kommission kann allerdings tätig werden, wenn Unternehmen aufgrund wettbewerbshemmender Vereinbarungen oder Praktiken durch Einschränkung des Parallelhandels nationale Märkte von anderen Märkten abschneiden. Es wird daran erinnert, daß die Kommission in ihren Untersuchungen über Preisunterschiede, die sie zweimal jährlich anstellt, zu dem Ergebnis gekommen war, daß die Kraftfahrzeugpreise in der Gemeinschaft immer noch stark voneinander abweichen. Da Preisunterschiede der stärkste Anreiz für den Parallelhandel ist, versuchen die Endverbraucher in zunehmendem Maße ein Fahrzeug in den Mitgliedstaaten zu erwerben, wo die Preise und anderen Verkaufsbedingungen am günstigsten sind.
- Seit Anfang 1994 hat die Kommission zahlreiche Beschwerden von Endverbrauchern erhalten, die beim Kauf eines Kraftfahrzeuges außerhalb des eigenen Mitgliedstaats erhebliche Schwierigkeiten hatten. Daraufhin hat sie Nachprüfungen durchgeführt, um herauszufinden, ob einige Kraftfahrzeughersteller zusammen mit ihren italienischen Vertragspartnern eine Strategie entwickelt hatten, um deutsche, französische und insbesondere österreichische Endverbraucher daran zu hindern, ein Fahrzeug in Italien zu günstigen Bedingungen zu kaufen und auf diese Weise von den Vorteilen des Binnenmarkts zu profitieren. Die Kommission hat anhand der im Laufe ihrer Nachprüfungen gesammelten Unterlagen vorläufig festgestellt, daß die betreffenden Unternehmen eine derartige Strategie verfolgt haben. Deswegen hat sie im Oktober zwei Kraftfahrzeugherstellern Beschwerdepunkte mitgeteilt. Sie beschuldigt diese Hersteller des Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln und gibt ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine endgültige Entscheidung in dieser Sache wird für 1997 erwartet.
- Die Kommission mußte sich aber nicht nur mit Beschwerden wegen des italienischen Marktes, sondern auch mit Beschwerden von Endverbrauchern befassen, die andere Mitgliedstaaten betrafen (wie Dänemark, Finnland, Schweden, die Niederlande und Spanien), wo die Vertriebshändler entweder den Kauf durch Nichtgebietsansässige ablehnten oder nur zu einem höheren Preis verkaufen wollten oder den Endverbrauchern bzw. den in ihrem Namen tätigen Vermittlern bestimmte Auflagen machten. Andere Beschwerden wiederum betrafen Vertriebshändler, die sich weigerten, Herstellergarantien für aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Fahrzeuge einzulösen. Einige dieser Fälle wurden durch aktives Tätigwerden der Kommission geregelt, andere hingegen machten weitere Nachprüfungen bei den Herstellern bzw. ihren Importeuren notwendig."
Gemäß dem üblichen Verfahren nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zum Bericht der Kommission an. In dieser Entschließung, die im ABl. 1997 C 358, S. 55, veröffentlicht ist, erklärt das Parlament u.a. folgendes:
- "Das Europäische Parlament bedauert das Fehlen eines echten Binnenmarkts für den Vertrieb und die Wartung von Kraftfahrzeugen, wie dies aus zahlreichen Beschwerden von Verbrauchern hervorgeht; es fordert die Kommission auf, ein für allemal einen freien Markt zu garantieren, auf dem die Verbraucher problemlos ein Auto außerhalb ihres eigenen Mitgliedstaates kaufen können und auf dem es keine Behinderung des Parallelhandels gibt."
Außerdem ist zu bemerken, daß die Kommission im Januar 1998 eine Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln durch Volkswagen erlassen hat, in der diese Gesellschaft mit einer Geldbuße von 102 Mio ECU belegt wurde. Diese Entscheidung ist in ABl. 1998 L 124, S. 60, veröffentlicht. In der Pressemitteilung, die die Kommission nach der Annahme der Entscheidung herausgab, wird folgendes festgehalten:
- "In seinem Kommentar zu der Entscheidung erklärte Herr Van Miert, die Kommission werde nicht zögern, die erforderlichen Maßnahmen gegen Kraftfahrzeughersteller zu ergreifen, die sich nicht an die Verordnung [Nr. 1475/95] über den Handel mit Kraftfahrzeugen halten...
- Die Höhe der Geldbuße sei ein Hinweis darauf, daß die Kommission derartige Praktiken nicht dulden werde und daß sie mit der gleichen Entschlossenheit gegen andere Hersteller, die eine Marktabschottung betrieben, vorgehen werde."
ENTSCHEIDUNG
1. Es muß noch einmal darauf hingewiesen werden, daß Ihre Beschwerde im wesentlichen nur eine Behauptung vorbrachte, nämlich daß die Kommission gegenüber Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht im Kraftfahrzeugssektor untätig ist. Aus der Stellungnahme der Kommission und aus dem oben zitierten Jahresbericht über die Wettbewerbspolitik ergibt sich, daß die Kommission gemeldete Verstöße untersucht hat, und daß sie auf die Einhaltung der Regeln in dem Sektor achtet. Außerdem geht aus den öffentlichen Erklärungen des zuständigen Kommissars hervor, daß die Kommission nicht zögern wird, die notwendigen Maßnahmen gegen Kraftfahrzeughersteller zu treffen, die die anwendbaren Regeln nicht einhalten.
Aufgrund dieser Erkenntnisse hält es der Europäische Bürgerbeauftragte nicht für gerechtfertigt, zu behaupten, daß die Kommission untätig ist.
Schlußfolgerung
2. Die Untersuchungen des Europäischen Bürgerbeauftragten in bezug auf diese Beschwerde haben keinen Mißstand in der Verwaltung der Kommission ergeben. Daher hat der Bürgerbeaufragte die Akte geschlossen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Jacob Söderman
Kopie:
Herrn Santer, Präsident der Europäischen Kommission
Herrn Eeckhout, Generalsekretariat der Europäischen Kommission
(1) Fußnote der Kommission: "Verordnung (EG) Nr. 1475/95 der Kommission vom 28. Juni 1995 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge, ABl. Nr. L 145 vom 29.6.1995, S. 25. Der Wortlaut dieser Verordnung ist in der diesem Schreiben als Anhang I beigefügten Informationsbroschüre enthalten. Diese Verordnung hat die Verordnung (EWG) Nr. 123/85 der Kommission ersetzt."
(2) Das vorgenannte Schreiben vom 28. Juni 1996.
(3) Fußnote der Kommission: "Rechtssache T-24/90 - Automec Srl/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Urteil des Gerichts erster Instanz vom 18. September 1992."
(4) Fußnote der Kommission: "Presseerklärung von Kommissionsmitglied Karel Van Miert vom 6.12.1995."
(5) Fußnote der Kommission: "Presseerklärung von Kommissionsmitglied Karel Van Miert vom 6.12.1995."
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