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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 255/2007/PB gegen die Europäische Kommission


Straßburg, den 11. Juli 2008

Sehr geehrter Herr X,

am 20. Januar 2007 reichten Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde gegen die Europäische Kommission ein im Zusammenhang mit einem an die Kommission gerichteten Antrag auf Zugang zu Dokumenten.

Am 20. März 2007 leitete ich die Beschwerde an den Präsidenten der Kommission weiter. Die Kommission übermittelte ihre Stellungnahme am 13. September 2007. Ich beschloss, weitere Untersuchungen einzuleiten, und informierte Sie entsprechend am 28. September 2007. Am 22. Januar 2008 übermittelte die Kommission ihre zusätzliche Stellungnahme zu meinen Nachfragen. Ich leitete die ursprüngliche und die zusätzliche Stellungnahme der Kommission mit der Bitte an Sie weiter, Ihre Anmerkungen dazu anzubringen. Sie übermittelten Ihre Anmerkungen am 3. Februar 2008.

Mit diesem Schreiben möchte ich Sie nun über die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen informieren.


DIE BESCHWERDE

Am 23. Oktober 2006 stellte der Beschwerdeführer gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001(1) bei der Kommission einen Antrag auf Zugang zu der von Irland beim Europäischen Gerichtshof eingereichten Klageschrift zur Nichtigkeitserklärung der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG(2) (Rechtssache C-301/06 Irland/Rat der Europäischen Union, Europäisches Parlament(3)).

Am 16. November 2006 wies die Kommission den Antrag zurück. Noch am gleichen Tage stellte der Beschwerdeführer einen Zweitantrag.

Am 8. Dezember verlängerte die Kommission (auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001) die Frist für ihre Antwort bis zum 9. Januar 2007.

Am 9. Januar 2007 informierte die Kommission den Beschwerdeführer, dass sie mehr Zeit für die Übersetzung ihrer Antwort auf den Zweitantrag des Beschwerdeführers benötige. Die Kommission wies darauf hin, dass der Beschwerdeführer gemäß Artikel 8 Absatz 3(4) der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 das Recht habe, beim Gericht erster Instanz Klage zu erheben und/oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzulegen. Gleichzeitig erklärte sie, dass sie dem Beschwerdeführer so rasch wie möglich eine abschließende Entscheidung zukommen lassen wolle.

Am 20. März 2007 leitete der Bürgerbeauftragte­ seine Untersuchungen zu folgendem Vorwurf ein:

Der Beschwerdeführer behauptet, die Kommission habe es unterlassen, ihn fristgerecht über ihre Entscheidung betreffend seinen Zweitantrag zu unterrichten(5).

DIE UNTERSUCHUNG

Die Stellungnahme der Kommission

In ihrer Stellungnahme räumte die Kommission die Verzögerung ein, die bei der Bearbeitung des Antrags des Beschwerdeführers auf Dokumenteneinsicht durch die Arbeitsbelastung ihrer zuständigen Dienststellen entstanden war, und sprach ihr Bedauern aus. Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten entschuldigte sich die Kommission in ihrer zusätzlichen Stellungnahme ausdrücklich für die Verzögerung.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ging in seinen Anmerkungen(6) nicht auf die Frage der Verzögerung ein.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Zu dem Vorwurf, die Kommission habe es unterlassen, den Beschwerdeführer fristgerecht über ihre Entscheidung betreffend seinen Zweitantrag zu unterrichten

1.1 Am 23. Oktober 2006 stellte der Beschwerdeführer gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001(7) bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Zugang zu der von Irland beim Europäischen Gerichtshof eingereichten Klageschrift in der Rechtssache C-301/06(8). Am 16. November 2006 wies die Kommission den Antrag zurück. Noch am gleichen Tage stellte der Beschwerdeführer gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag. Am 8. Dezember verlängerte die Kommission (auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001) die Frist für ihre Antwort bis zum 9. Januar 2007. Am 9. Januar 2007 informierte die Kommission den Beschwerdeführer, dass sie mehr Zeit für die Übersetzung ihrer Antwort auf den Zweitantrag des Beschwerdeführers benötige. Die Kommission wies darauf hin, dass der Beschwerdeführer gemäß Artikel 8 Absatz 3(9) der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 das Recht habe, beim Gericht erster Instanz Klage zu erheben und/oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzulegen. Gleichzeitig erklärte sie, dass sie dem Beschwerdeführer so rasch wie möglich eine abschließende Entscheidung zukommen lassen wolle.

1.2 Der Beschwerdeführer behauptete, die Kommission habe es unterlassen, ihn fristgerecht über ihre Entscheidung betreffend seinen Zweitantrag zu unterrichten.

1.3 Im Verlauf der Untersuchung zu dieser Beschwerde räumte die Kommission die Verzögerung in der Bearbeitung des Zweitantrags des Beschwerdeführers ein und entschuldigte sich dafür. Der Beschwerdeführer ging in seinen Anmerkungen nicht weiter auf diese Frage ein.

1.4 Vor diesem Hintergrund erachtet es der Bürgerbeauftragte nicht für erforderlich, dem Vorwurf des Beschwerdeführers weiter nachzugehen.

2 Schlussfolgerung

Auf der Grundlage der Untersuchungen im Zusammenhang mit dieser Beschwerde erachtet es der Bürgerbeauftragte nicht für erforderlich, dem Vorwurf des Beschwerdeführers weiter nachzugehen. Der Bürgerbeauftragte schließt den Fall deshalb ab.

Der Präsident der Kommission wird von dieser Entscheidung ebenfalls unterrichtet.

WEITERE ANMERKUNGEN

Die Kommission erklärte die in diesem Fall aufgetretene Verzögerung mit der hohen Arbeitsbelastung ihrer zuständigen Dienststelle. Im Verlauf der zu dieser Beschwerde durchgeführten Untersuchungen traten auch Verzögerungen bei der Antwort der Kommission auf die Nachfragen des Bürgerbeauftragten auf. Es zeigte sich, dass die Verzögerungen zum Großteil den Arbeiten des zuständigen Dienstes an der Reform der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 geschuldet waren. In einem Schreiben an die Kommission bedauerte der Bürgerbeauftragte diese Verzögerungen. Er ersuchte die Kommission, ihn über die spezifischen und konkreten Maßnahmen zu informieren, die sie ergreifen werde, um sicherzustellen, dass die besagte Reform sie nicht davon abhalten werde, die Fristen im Zusammenhang mit Anträgen auf Zugang zu Dokumenten und mit sich daran anschließenden Beschwerden einzuhalten.

Die Kommission antwortete dem Bürgerbeauftragten darauf, dass sie Maßnahmen zur Umstrukturierung der für die Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten zuständigen Dienststelle beschlossen habe. Als Erstes habe sie beschlossen, neues Personal für diese Dienststelle einzustellen. Eine freie Stelle sei bereits besetzt und das Einstellungsverfahren für eine zweite Stelle eingeleitet worden. Außerdem würden künftig die Anfragen des Bürgerbeauftragten von zwei Personen bearbeitet werden. Schließlich sei zur Beschleunigung der Bearbeitung von Anträgen ab Eingang bei dem Organ ein neues Ad-hoc-Verfahren für die Registrierung neuer Zweitanträge eingeführt worden. Die Kommission äußerte sich zuversichtlich, dass diese Umstrukturierung schon bald positive Ergebnisse zeitigen werde.

Der Bürgerbeauftragte begrüßt die Entscheidung der Kommission zur Ergreifung der genannten Maßnahmen, die dem Zweck der Behebung von Unzulänglichkeiten im System der Kommission für die Behandlung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten zum Teil dienlich sein könnten.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS


(1) Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145 vom 30.5.2001, S. 43).

(2) ABl. L 105 von 2006, S. 54.

(3) Klage, eingereicht am 6. Juli 2006, ABl. C 237 von 2006, S. 5.

(4) „Antwortet das Organ nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist, gilt dies als abschlägiger Bescheid und berechtigt den Antragsteller, nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des EG-Vertrags Klage gegen das Organ zu erheben und/oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzulegen.“

(5) Die Untersuchung erstreckte sich ebenfalls auf die Forderung, dass die Kommission ihn von ihrer Entscheidung über seinen Zweitantrag unterrichten solle. Tatsächlich übermittelte die Kommission ihre Antwort am 19. März 2007, wodurch die Forderung hinfällig wurde. Der Inhalt der Antwort der Kommission führte zu einer neuen Beschwerde an den Bürgerbeauftragten (819/2007/PB). Die Entscheidung über den Fall wurde am gleichen Tag veröffentlicht wie diese.

(6) In seinen Anmerkungen ging der Beschwerdeführer auf inhaltliche Fragen im Zusammenhang mit der ähnlich gelagerten vorgenannten Rechtsache 819/2005/PB ein, zu der er seinerzeit von der Kommission die Stellungnahme erhalten hatte.

(7) Siehe Fußnote 1.

(8) Siehe Fußnote 3.

(9) „Antwortet das Organ nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist, gilt dies als abschlägiger Bescheid und berechtigt den Antragsteller, nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des EG-Vertrags Klage gegen das Organ zu erheben und/oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzulegen.“