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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 2654/2006/PB gegen die Europäische Kommission


Straßburg, den 6. September 2007

Sehr geehrter Herr M.,

am 4. August 2006 reichten Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde ein, die Ihren Erst- und Zweitantrag gemäß Verordnung 1049/2001 an die Europäische Kommission betraf. Am 14. September 2006 sandten Sie mir ein weiteres Schreiben, in dem Sie im Wesentlichen Ihre Beschwerde bestätigten.

Am 20. September 2006 leitete ich die Beschwerde an den Präsidenten der Europäischen Kommission weiter. Die Kommission übermittelte am 18. Dezember 2006 ihre Stellungnahme, die ich an Sie mit der Bitte um Anmerkungen weiterleitete. Sie übersandten Ihre Anmerkungen am 26. Januar 2007.

Mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen mitteilen.


DIE BESCHWERDE

Mit Schreiben vom 6. Juni 2006 wandte sich der Beschwerdeführer an (i) den Präsidenten der Europäischen Kommission und (ii) Kommissar Verheugen und beantragte - ausdrücklich gemäß Verordnung 1049/2001 - Zugang zu „zwei Gutachten aus dem Jahre 2006 der Sachverständigen Jansen und Schuster, welche sich mit der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, bzw. dem Zustand der Justiz jeweils im Beitrittskandidatenland Bulgarien befassen“ (Zitat aus dem Beschwerdebrief).

Da er keine Antwort erhielt, stellte der Beschwerdeführer einen Zweitantrag, auf den er bis zur Einreichung der gegenständlichen Beschwerde ebenfalls noch keine Antwort erhalten hatte.

Der Beschwerdeführer erhob zusammengefasst folgende Vorwürfe:

  1. Die Kommission habe seinen Zweitantrag nicht entsprechend Verordnung 1049/2001 bearbeitet(1).
  2. Die Kommission habe konkret eine Zusicherung nicht eingehalten, die sie anlässlich seiner vorherigen Beschwerde 1798/2004/PB gegeben hatte(2).

DIE UNTERSUCHUNG

Die Stellungnahme der Kommission

In ihrer Stellungnahme zu der Beschwerde trug die Kommission zusammengefasst Folgendes vor:

Aufgrund eines administrativen Fehlers habe die Generaldirektion Erweiterung den Zweitantrag des Beschwerdeführers erst am 15. September 2006 beantwortet. Die Kommission bedauere diese Verzögerung. Die Antwort sei in der falschen Annahme erstellt worden, dass Herr M. keinen gültigen Erst- und Zweitantrag auf Zugang zu Dokumenten gestellt hatte. Leider habe diese Antwort nicht den Zuständigkeitskriterien gemäß Artikel 4 des Beschlusses 2001/937(3) entsprochen, so dass sie nicht als Zweitentscheidung im Sinne der Verordnung Nr. 1049/2001 zu werten sei. Dieser administrative Fehler sei mit Schreiben der Generalsekretärin vom 6. November 2006 korrigiert worden(4).

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zugang zu den Dokumenten sei zwar in der ersten Antwort verwaltungstechnisch nicht einwandfrei behandelt worden. Dies sei jedoch durch das oben genannte Schreiben der Generalsekretärin korrigiert worden, in dem sie dem Beschwerdeführer ausführlich erläutert habe, warum die Kommission ihm den Zugang zu den gewünschten Dokumenten verwehrt. Die Kommission bedauere, dass es bei der Bearbeitung des Antrags des Beschwerdeführers zu einer Verzögerung kam.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen zur Stellungnahme der Kommission führte der Beschwerdeführer aus, dass die Kommission die fehlerhafte Bearbeitung seiner Anträge im Grunde eingeräumt habe. Der von der Kommission angeführte administrative Fehler sei jedoch auf Ebene einer Referatsleiterin geschehen und nicht etwa auf „unterster Ebene“. Deshalb sollte seines Erachtens schon von einem Missstand gesprochen werden.

Ferner beanstandete der Beschwerdeführer die Begründung der Kommission für die Ablehnung des Zugangs zu dem beantragten Dokument. Deshalb wurden seine Anmerkungen als eigenständige neue Beschwerde registriert (0349/2007/PB). Die vorliegende Untersuchung bezieht sich lediglich auf die oben genannten spezifischen Vorwürfe, die vom Bürgerbeauftragten ursprünglich in seine Untersuchung einbezogen wurden.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Vorwurf der Nichtbearbeitung von Zugangsanträgen und der Nichteinhaltung einer Zusage

1.1 Der Beschwerdeführer trug vor, dass die Kommission seinen Zweitantrag nicht entsprechend Verordnung 1049/2001 bearbeitet habe(5). Ferner machte er geltend, dass die Kommission konkret eine Zusicherung nicht eingehalten habe, die sie anlässlich seiner vorherigen Beschwerde 1798/2004/PB gegeben hatte(6).

1.2 Wie der Beschwerdeführer in seinen Anmerkungen ausführte, hat die Kommission im Grunde eingeräumt, dass die Vorwürfe des Beschwerdeführers berechtigt waren. Außerdem äußerte die Kommission in ihrer Stellungnahme Bedauern über den begangenen administrativen Fehler und verwies auf ein Schreiben, das die Generalsekretärin im Verlauf dieser Untersuchung an den Beschwerdeführer gerichtet hatte. Darin hatte die Kommission (a) den administrativen Fehler erklärt, (b) den Namen des für den Fehler verantwortlichen Beamten genannt, (c) sich ausdrücklich für den Fehler entschuldigt und (d) dem Beschwerdeführer eine ausführliche Begründung für die Ablehnung des Zugangs zu den beantragten Dokumenten gegeben.

1.3 In Anbetracht dessen erscheint eine weitere Untersuchung und Prüfung der Vorwürfe des Beschwerdeführers nicht gerechtfertigt.

Der Bürgerbeauftragte vertraut darauf, dass die Kommission angemessene Maßnahmen ergriffen hat, um ein derartiges Fehlverhalten künftig zu vermeiden.

2 Schlussfolgerung

Aus den in Punkt 1.2 dieser Entscheidung erläuterten Gründen hält der Bürgerbeauftragte eine weitere Untersuchung und Prüfung der Vorwürfe des Beschwerdeführers nicht für gerechtfertigt. Der Bürgerbeauftragte schließt den Fall daher ab.

Der Präsident der Europäischen Kommission wird ebenfalls von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS


(1) Ursprünglich war der Untersuchungsgegenstand wie folgt formuliert: „Die Kommission hat den Erst- und Zweitantrag vom 6. Juni bzw. 16. Juli 2006 nicht entsprechend Verordnung 1049/2001 bearbeitet.“ Dies wurde dem Beschwerdeführer bei Eröffnung der Untersuchung mitgeteilt. Allerdings stimmen die von der Kommission detailliert aufgeführten Daten der betreffenden Schreiben (von denen der Beschwerde keine Kopien beilagen), die der Beschwerdeführer nicht angefochten hat, nicht genau mit den Datumsangaben des Beschwerdeführers überein. In Anbetracht der Informationen und Anmerkungen, die ihm im Zuge dieser Untersuchung zugingen, hielt es der Bürgerbeauftragte für angebracht, das Vorbringen wie oben umzuformulieren.

(2) Bei dieser Beschwerdesache hatte der Bürgerbeauftragte die folgende weitere Anmerkung gemacht:

Der Beschwerdeführer bat den Bürgerbeauftragten, die Aufmerksamkeit der Kommission auf Artikel 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission zu lenken, wonach die Kommission verpflichtet ist, Empfangsbescheinigungen zuzusenden und die Antragsteller über voraussichtliche Verzögerungen bei der Bearbeitung ihrer Anträge auf Zugang zu Dokumenten zu informieren.

Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass der Kommission bekannt ist, dass diese Verpflichtungen in diesem Fall nicht eingehalten wurden. Der Bürgerbeauftragte vertraut darauf, dass die Kommission in Zukunft die erforderlichen Anstrengungen unternehmen wird, die zur Einhaltung dieser Verpflichtungen vonnöten sind.

Die Kommission antwortete am 3. Juni 2005 auf die weitere Anmerkung, die sie akzeptierte. Sie erklärte, dass sie in Fällen, in denen nicht klar ist, ob ein Schreiben ein Auskunftsersuchen oder einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten enthält, künftig sicherstellen werde, dass der betreffenden Person regelmäßig eine Empfangsbestätigung zugeht.

(3) Artikel 4 des Beschlusses enthält folgende Bestimmung:

Behandlung von Zweitanträgen

Gemäß Artikel 14 der Geschäftsordnung der Kommission wird die Entscheidungsbefugnis über Zweitanträge dem Generalsekretär übertragen. Betrifft der Zweitantrag allerdings Dokumente im Zusammenhang mit in Artikel 2 Absätze 1 und 2 des Beschlusses 1999/352/EG, EGKS, Euratom vorgesehenen, von dem OLAF durchgeführten Maßnahmen, wird die Entscheidungsbefugnis dem Direktor des OLAF übertragen.

Die Generaldirektion oder der Dienst unterstützen das Generalsekretariat bei der Erarbeitung der Entscheidung.

Die Entscheidung wird durch den Generalsekretär oder den Direktor des OLAF nach Zustimmung des Juristischen Dienstes getroffen.

Der Bescheid wird dem Antragsteller schriftlich, gegebenenfalls in elektronischer Form, übermittelt und weist ihn auf sein Recht hin, beim Gericht erster Instanz Klage zu erheben oder beim Europäischen Bürgerbeauftragten Beschwerde einzulegen.

(4) In diesem Schreiben wurde der Zweitantrag des Beschwerdeführers gemäß Verordnung 1049/2001 (abschlägig) beantwortet und der begangene Fehler wie auch hier in der Stellungnahme der Kommission erläutert. Ferner hieß es darin: „Die vorliegende Entscheidung korrigiert diesen administrativen Fehler, für den wir uns entschuldigen möchten.“ Konkret wurde erklärt, der administrative Fehler sei dadurch zustande gekommen, dass ein namentlich genannter Beamter das Schreiben des Beschwerdeführers, dass seine Anträge auf Dokumentenzugang enthielt, irrtümlich ausgelegt habe.

(5) Vgl. Fußnote 1.

(6) Siehe Fußnote 2.