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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 2569/2006/WP gegen die Europäische Kommission


Straßburg, den 19. Juli 2007

Sehr geehrter Herr N.,

am 22. Juli 2006 reichten Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde wegen nicht fristgerechter Bezahlung Ihrer Arbeit als Expertengutachter für die Generaldirektion Forschung („GD Forschung”) der Kommission ein. Am 11. und 15. August sowie am 12. und 18. September 2006 ließen Sie mir weitere Informationen zu Ihrer Beschwerde zukommen.

Am 25. September 2006 leitete ich die Beschwerde an den Präsidenten der Kommission weiter. Die Kommission übermittelte die englische Fassung ihrer Stellungnahme am 22. Dezember 2006 und eine Übersetzung ins Deutsche am 12. Januar 2007. Ich leitete sie am 19. Januar 2007 an Sie weiter, setzte Sie jedoch davon in Kenntnis, dass ich die Kommission um eine zusätzliche Stellungnahme bis zum 28. Februar 2007 gebeten hatte, da mir aufgefallen war, dass sie zu zwei Ihrer Vorwürfe nicht Stellung genommen hatte.

Am 2. März 2007 bat die Kommission um eine Verlängerung der Frist bis zum 31. März 2007. Ich gewährte diese Verlängerung. Die Kommission übermittelte die englische Fassung ihrer zusätzlichen Stellungnahme am 26. März 2007 und eine Übersetzung ins Deutsche am 29. März 2007. Am 17. April 2007 leitete ich diese an Sie weiter und lud Sie ein, Anmerkungen zu machen, die Sie am 25. Mai 2007 übermittelten.

Mit dem vorliegenden Schreiben möchte ich Sie nun über die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen informieren.


DIE BESCHWERDE

Hintergrund

Der Beschwerdeführer arbeitete als unabhängiger Experte für die Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission („GD Forschung”). Dabei war er mit der Bewertung im Zusammenhang von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen unter dem Sechsten Rahmenprogramm befasst.

Am 4. Juli 2006 wandte er sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten und erhob den Vorwurf, die Kommission habe eine Zahlung von etwa 4.000 EUR zu seinen Gunsten, die am 3. Juli 2006 fällig gewesen wäre, nicht geleistet (Beschwerde 2267/2006/AE). Am 8., 19. und 20. Juli 2006 machte der Beschwerdeführer weitere Angaben zu diesem Fall. Da die Kommission ihm gegenüber jedoch angegeben hatte, dass sie ihre Zahlung in Kürze (Mitte August) vornehmen werde, und der Bürgerbeauftragte keinen Grund sah, die Einhaltung dieser Frist anzuzweifeln, vertrat er die Auffassung, dass für die Einleitung einer Untersuchung keine ausreichenden Gründe vorlagen.

In einem weiteren Schreiben vom 22. Juli 2006 berichtete der Beschwerdeführer von zwei weiteren Fällen, in denen die Kommission es seinen Angaben nach versäumt hatte, ihn fristgerecht zu bezahlen. Da dieses Schreiben neue Vorwürfe enthielt, wurde es als neue Beschwerde (Beschwerde 2569/2006/WP) registriert.

Am 11. August 2006 schickte der Beschwerdeführer eine weitere E-Mail mit Einzelheiten zu den drei Fällen. Er erläuterte und erweiterte seine Vorwürfe und Forderungen. Der Beschwerdeführer erinnerte daran, dass die Kommission im Zusammenhang mit einer früheren Beschwerde, die er beim Bürgerbeauftragten ebenfalls wegen Zahlungsverzögerungen eingereicht hatte, (Beschwerde 1266/2005/MF) erklärt hatte: „[i]n May 2005, the Commission took measures summarised in an action plan to accelerate the payment to experts. As a result of these measures, the Commission has now reduced significantly the time taken to pay the experts participating in proposals evaluation.” Der Bürgerbeauftragte hatte daraus geschlossen, dass die Kommission Schritte zur Beilegung der Angelegenheit unternommen hatte und den Fall abgeschlossen. Der Beschwerdeführer vertrat allerdings die Auffassung, dass sich nun gezeigt habe, dass die Kommission sowohl ihn als auch den Bürgerbeauftragten gravierend getäuscht habe, da sich an ihrer Zahlungsdisziplin seither nichts geändert habe. Zur Stützung seiner Ansicht führte der Beschwerdeführer eine Reihe anderer Beschwerden an den Bürgerbeauftragten im Zusammenhang mit Zahlungsverzögerungen bei der Kommission auf, in denen der Bürgerbeauftragte zu dem Schluss gekommen war, dass die Kommission Schritte zur Beilegung der Angelegenheit unternommen habe(1).

In einer E-Mail vom 15. August 2006 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Kommission ihre selbst gesetzte Frist für die Zahlung im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Beschwerde 2267/2006/AE nicht eingehalten habe, so dass er den am 3. Juli 2006 fällig gewordenen Betrag immer noch nicht erhalten habe.

Am 12. September 2006 unterrichtete der Beschwerdeführer den Bürgerbeauftragten, dass er schließlich am 29. August 2006 die am 3. Juli 2006 fällige Zahlung erhalten hatte, 57 Tage nach Ablauf der Zahlungsfrist. Allerdings habe die Kommission es versäumt, ihm Verzugszinsen zu überweisen. Der Beschwerdeführer teilte dem Bürgerbeauftragten mit, dass er im Zusammenhang mit dem zweiten Fall, den er in seinem Schreiben vom 22. Juli 2006 angesprochen hatte, nur die Antwort erhalten habe, dass die Zahlung „hoffentlich in den nächsten Wochen kommt”. In dem dritten Fall, für den die Zahlung noch ausstand, sei er gefragt worden, auf welches seiner Konten das Geld überwiesen werden solle, obwohl er diese Frage zuvor schon geklärt hatte. Der Beschwerdeführer forderte, dass angesichts des Zeitaufwands und der zusätzlichen Kosten, die ihm entstanden seien, ihm nunmehr nicht nur Verzugszinsen, sondern auch ein voller zusätzlicher Tagessatz von 450 EUR für die beiden noch ausstehenden Zahlungen zugestanden werden solle.

In einer weiteren E-Mail vom 18. September 2006 informierte der Beschwerdeführer den Bürgerbeauftragten, dass die Kommission ihn am 15. September 2006 gebeten habe, die Einzelheiten seiner Bankverbindung zu bestätigen. Er habe geantwortet, dass diese Bestätigung sich bereits in den Unterlagen der Kommission befinde und bereits zweifach im Mai und im August 2006 überprüft worden sei. Außerdem habe die Kommission eine veraltete Postanschrift benutzt, obwohl die restliche Korrespondenz der Kommission an die richtige Adresse zugestellt worden sei.

Zusammengefasst erhob der Beschwerdeführer folgende Vorwürfe:

(1) Die Kommission habe in Bezug auf die folgenden Aufträge ihre Zahlungen nicht fristgerecht geleistet:

(a) CT-EX2002B010783-105 („Science shops“);

(b) CT-EX2002B010783-106 („Science weeks“); and

(c) CT-EX2002B010783-107 („Descartes-Preis für Wissenschaftskommuni-kation“).

(2) Die Kommission habe seine Erkundigungen in Bezug auf diese Zahlungen nicht angemessen beantwortet.

(3) Die Kommission habe ihn unnötigerweise aufgefordert, seine Bankverbindungen zu bestätigen, und sie habe mit veralteten persönlichen Daten gearbeitet.

Der Beschwerdeführer stellte folgende Forderungen auf:

  1. Die Kommission solle die zwei ausstehenden Beträge unverzüglich auszahlen.
  2. Die Kommission solle in Bezug auf alle drei Aufträge Verzugszinsen zahlen.
  3. Um den Beschwerdeführer für seinen Zeitaufwand und die zusätzlichen Kosten zu entschädigen, solle die Kommission ihm einen weiteren vollen Tagessatz für Expertengutachter (450 EUR) für jeden der beiden Aufträge zahlen, für die die Zahlungen noch ausstehen.
  4. Die Kommission solle erklären, warum sie in ihrer Stellungnahme zu der Beschwerde 1266/2005/MF falsche Angaben hinsichtlich der Maßnahmen gemacht habe, die sie ergriffen habe, um das Problem der verspäteten Zahlungen zu lösen.
  5. Zu bestimmten Zeiten veranlasse die Kommission besonders viele Evaluationen. Sie solle daher erklären, warum sie für diese Zeiten keine Maßnahmen treffe, um die zügige Bezahlung der Evaluatoren gemäß den anwendbaren Regelungen zu garantieren, wie zum Beispiel eine Urlaubssperre oder die Einstellung von zusätzlichem Personal.
  6. Die Kommission solle Evaluatoren vorausbezahlte Reisetickets zur Verfügung stellen.
  7. Die Kommission solle die Hotelzimmer für Evaluatoren buchen und direkt bezahlen.
  8. Die Generaldirektion Haushalt der Kommission solle sofort Maßnahmen treffen, um das Problem der verspäteten Zahlungen zu lösen.

DIE UNTERSUCHUNG

Die Herangehensweise des Bürgerbeauftragten

Der Beschwerdeführer hatte sich in Bezug auf seine fünfte Forderung offenbar nicht direkt an die Kommission gewandt. Da dieser Forderung somit nicht die geeigneten administrativen Schritte bei dem betroffenen Organ vorausgegangen waren, wie es Artikel 2 Absatz 4 des Statuts des Europäischen Bürgerbeauftragten vorschreibt, vertrat der Bürgerbeauftragte die Auffassung, dass er diese Forderung nicht in seine Untersuchung einbeziehen konnte.

Der Bürgerbeauftragte stellte fest, dass der Beschwerdeführer seine Forderungen (6) bis (8) bereits in seiner Beschwerde 1266/2005/MF vorgebracht hatte. Sie wurden jedoch seinerzeit nicht vom Bürgerbeauftragten untersucht, da der Beschwerdeführer vorher nicht die geeigneten administrativen Schritte unternommen hatte. Da es keine Hinweise darauf gab, dass er in der Zwischenzeit solche Schritte unternommen hatte, vertrat der Bürgerbeauftragte die Auffassung, dass er auch diesen Forderungen nicht nachgehen konnte.

Der Bürgerbeauftragte ersuchte die Kommission daher um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen und den Forderungen (1) bis (4) des Beschwerdeführers.

Die Stellungnahme der Kommission

In ihrer Stellungnahme erklärte die Kommission, dass unabhängige Experten, die im Zuge von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des Sechsten Rahmenprogramms unterbreitete Vorschläge bewerten sollen, ein Muster-Bestellungsschreiben erhalten, das im Anhang zu den Leitlinien für die Verfahren zur Bewertung und Auswahl von Vorschlägen(2) enthalten ist. Die finanziellen Bedingungen dieser Bewertungstätigkeit in Bezug auf Reise- und Aufenthaltskosten sowie das Honorar für die geleisteten Dienste seien in dem Bestellungsschreiben und dessen Anhängen genau festgelegt. Das Bestellungsschreiben enthalte keine Einzelheiten zu Zahlungsfristen oder Zinsen. Für die Zahlungen gelte automatisch Artikel 106 der Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung(3), der wie folgt lautet:

„Zahlungsfristen und Verzugszinsen

1. Die Zahlung der geschuldeten Beträge erfolgt innerhalb einer Frist von höchstens 45 Kalendertagen, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Registrierung eines zulässigen Zahlungsantrags bei der hierzu ermächtigten Dienststelle des zuständigen Anweisungsbefugten (...).

(...)

5. Nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Fristen kann der Zahlungsempfänger binnen zwei Monaten nach Eingang der verspäteten Zahlung (...) Zinsen verlangen..."

Die Kommission erklärte, dass sie daher nicht automatisch Zinsen zahle, sondern nur auf einen entsprechenden Antrag des Gläubigers.

Zu der ersten Forderung des Beschwerdeführers

Die Kommission wies darauf hin, dass die Zahlung für die Bestellung im Rahmen der „Science shops“ am 29. August 2006 auf dem Konto des Beschwerdeführers eingegangen sei.

Für die Bestellung im Rahmen der „Science weeks“ habe der Beschwerdeführer die erforderlichen Unterlagen am 16. Juni 2006 vorgelegt. Während der Sommerferienzeit habe die Kommission jedoch ein großes Arbeitsaufkommen zu bewältigen gehabt, und die Zahlung habe sich zusätzlich durch die Umverteilung von Haushaltslinien infolge der Umstrukturierung der GD Forschung, die am 1. Oktober 2006 wirksam wurde, verzögert. Konkret habe dies bedeutet, dass diese Linien technisch nicht für Finanzvorgänge verfügbar gewesen seien. Die Zahlung sei am 25. Oktober 2006 vorgenommen worden, so dass die 45-Tage-Frist um 86 Tage überschritten worden sei.

Im Zusammenhang mit der Bestellung im Rahmen des „Descartes-Preises” stellte die Kommission fest, dass der Beschwerdeführer die erforderlichen Unterlagen am 8. Juli 2006 eingereicht habe. Die Zahlung sei am 4. Oktober 2006 erfolgt. Die 45 Tage-Frist sei dabei um 52 Tage überschritten worden.

Zu der zweiten Forderung des Beschwerdeführers

Zu der Forderung des Beschwerdeführers, ihm sollten Zinsen bezahlt werden, räumte die Kommission ein, dass dem Beschwerdeführer Zinsen zustünden. Allerdings habe sich die Zahlung von Zinsen für die drei Bestellungen des Beschwerdeführers infolge der Umstrukturierung der GD Forschung und der Neuverteilung der Haushaltslinien verzögert. In allen drei Fällen sei am 25. Oktober 2006 eine Zinszahlung ergangen(4).

Zu der dritten Forderung des Beschwerdeführers

Zu der Forderung des Beschwerdeführers, ihm solle eine Entschädigung für den Zeitaufwand und die entstandenen Kosten gezahlt werden, brachte die Kommission vor, dass in den Bestellungsschreiben für Expertengutachter außer der Zahlung von Zinsen keine Entschädigung für verspätete Zahlungen vorgesehen sei.

Zu der vierten Forderung des Beschwerdeführers

Die Kommission wies die Behauptung kategorisch zurück, sie hätte in ihrer Stellungnahme zu einer früheren Beschwerde an den Bürgerbeauftragten falsche Angaben gemacht, was ihre Maßnahmen zur Lösung des Problems der Zahlungsverzögerungen angeht.

Sie wies darauf hin, dass der Aufgabenbereich der GD Forschung dazu führe, dass sie häufig auf Experten zur Bewertung von Projekten zurückgreife. Jährlich wickle sie rund 22.000 Zahlungen an Experten mit Bestellungsschreiben ab. Die GD nehme dabei eine zweifache Aufgabe wahr: (i) Zum einen müsse sie Sach- und Humanressourcen bestmöglich nutzen, um ihren vertraglichen Verpflichtungen gemäß der Haushaltsordnung fristgerecht nachzukommen, und (ii) zum anderen müsse sie alle Finanzangaben genauestens prüfen und alles daran setzen, um die wirtschaftliche Verwaltung europäischer Steuergelder sicherzustellen.

Die Kommission gab an, dass die Maßnahmen, die sie im Rahmen des im Mai 2005 angenommenen Aktionsplans ergriffen habe, eine Beschleunigung der Zahlungen an die Experten bewirkt hätten. Sie werde aber nicht in ihren Bemühungen nachlassen, etwaige strukturelle Mängel, die Zahlungsverzögerungen zur Folge haben könnten, zu beheben. Deshalb habe die GD Forschung Anfang Oktober 2006 eine interne Prüfung ihrer administrativen und finanziellen Verfahren („Time to pay“) gestartet. Die Prüfung konzentriere sich unter anderem genau auf die Frage der Bezahlung von Expertengutachtern mit Bestellungsschreiben. Der Kommission zufolge sollten mit Blick auf eine weitere Beschleunigung derartiger Zahlungen die derzeitigen Verfahren betreffend die Zahlungen für das Fünfte und Sechste Rahmenprogramm kritisch geprüft und auf ihre Ordnungsmäßigkeit und Wirksamkeit bewertet werden. Die ersten Prüfergebnisse seien Ende des Jahres zu erwarten(5).

Die Kommission erklärte, dass sie sich zu konsequenten, ehrlichen Anstrengungen, die zu einer Verkürzung ihrer Zahlungsfristen führen müssten, verpflichte. Zur Erreichung dieses Ziels habe die GD Haushalt ihren im Sommer 2006 entstandenen Arbeitsrückstand bei der Validierung der Bankangaben von Experten kontinuierlich abgebaut. Diese Angaben würden jetzt in weniger als zwei Wochen erfasst und validiert.

In ihrer Schlussfolgerung hielt die Kommission fest, dass in dem vorliegenden Einzelfall aufgrund verschiedener Umstände Zahlungsfristen überschritten worden seien, weswegen die Kommission die Unzufriedenheit des Beschwerdeführers keinesfalls zurückweisen könne. Sie räumte ein, dass die Zahlungsfristen im Falle des Beschwerdeführers trotz der Anstrengungen zur Beschleunigung der Vorgänge nicht eingehalten worden seien. Sie hielt fest, dass sie die verspäteten Zahlungen aufrichtig bedauere. Eine Entschädigung im Fall einer verspäteten Bezahlung außer einer Zinszahlung sei nicht vorgesehen. In der Zwischenzeit seien dem Beschwerdeführer aber alle ausstehenden Zahlungen und Zinsen zugegangen.

Das Ersuchen des Bürgerbeauftragten um eine zusätzliche Stellungnahme

Nach Eingang der Stellungnahme der Kommission stellte der Bürgerbeauftragte fest, dass sie zu dem zweiten und dritten Vorwurf des Beschwerdeführers nicht Stellung genommen hatte. Er ersuchte sie daher, eine zusätzliche Stellungnahme zu diesen Vorwürfen abzugeben.

Die zusätzliche Stellungnahme der Kommission

Zu dem Vorwurf des Beschwerdeführers, die Kommission habe auf seine Nachfragen bezüglich der Zahlungen nicht ordnungsgemäß geantwortet, erklärte die Kommission, dass ihre Dienststellen alle E-Mails des Beschwerdeführers bis auf die ersten beiden fristgerecht beantwortet hätten. Im Falle der ersten beiden E-Mails sei die im Kodex für gute Verwaltungspraxis vorgegebene Frist um einige Tage überschritten worden, was durch Krankheit und Sommerurlaub des zuständigen Sachbearbeiters bedingt gewesen sei. Die fünf E-Mails des Beschwerdeführers, die zwischen dem 2. August und dem 25. September 2006 eingegangen seien, seien fristgerecht beantwortet worden. Sie fügte eine chronologische Auflistung der Mitteilungen als Anlage bei.

Der Beschwerdeführer hatte behauptet, die Kommission habe ihn unnötig um Bestätigung seiner Bankverbindung gebeten und mit veralteten Personendaten gearbeitet. Diesbezüglich erinnerte die Kommission daran, dass sie, wie sie bereits in ihrer Stellungnahme ausgeführt hatte, alle Finanzangaben genauestens prüfen und alles daran setzen müsse, um die wirtschaftliche Verwaltung europäischer Steuergelder sicherzustellen. In allen Fällen, in denen das System für einen Vertragsgutachter mehr als eine Bankverbindung ausweise, werde der Gutachter vorsichtshalber um Bestätigung des Kontos gebeten, auf das die Zahlung erfolgen solle. Die Kommission erklärte, dass diese Vorgehensweise in der Tat gelegentlich zu einer Zahlungsverzögerung führen könne. Ihre Dienststellen müssten jedoch der Sicherheit und Integrität des Finanzsystems Vorrang vor einer raschen Zahlungsabwicklung einräumen.

Die Kommission wiederholte, dass sie die Verzögerungen, die in dem vorliegenden Fall aufgetreten waren, aufrichtig bedauere. Sie fügte hinzu, dass sie sich verpflichtet habe, bei der Durchführung des Siebten Rahmenprogramms die Experten, die sie bei den verschiedenen Aufgaben unterstützen, schneller zu vergüten.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen bedankte sich der Beschwerdeführer beim Bürgerbeauftragten für seine Bemühungen. Allerdings bedauerte er, dass das Beschwerdeverfahren bis zu diesem Zeitpunkt neun Monate gedauert habe und ihm zu der Zeit, als die Zahlungen ausblieben, nicht viel geholfen habe.

Der Beschwerdeführer erklärte, dass, nachdem alle Zahlungen eingegangen seien und er die Stellungnahme der Kommission zur Kenntnis genommen habe, die Beschwerde nunmehr für ihn erledigt sei.

Allerdings hob er hervor, dass der Bürgerbeauftragte in seinem Abschlussbericht dokumentieren solle, dass der Beschwerdeführer der Ankündigung der Kommission, die Zahlungen zu beschleunigen, keinen Glauben schenke. Er wies darauf hin, dass die Kommission dies seit Ende der neunziger Jahre wiederholt behauptet, aber nicht eingehalten habe. Er erinnerte daran, dass der Bürgerbeauftragte das Problem bereits aus eigener Initiative zum Gegenstand einer Untersuchung gemacht hatte, wobei er jedoch zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Kommission anscheinend Maßnahmen für eine zufriedenstellende Lösung des Problems getroffen hatte(6). Der Beschwerdeführer führte aus, dass die Schritte, die der Bürgerbeauftragte gesehen habe, bis heute zu keiner nachhaltigen Änderung der Zahlungsdisziplin der Kommission geführt hätten. Er wies außerdem darauf hin, dass der Bürgerbeauftragte selbst in einer Pressemitteilung vom 3. Mai 2007(7) erklärt habe, dass die verspäteten Zahlungen immer noch ein Problem seien. Er erinnerte daran, dass es seit 2000 Leitlinien für die zeitliche Abwicklung von Zahlungen gebe, die aber regelmäßig nicht eingehalten würden. Auf der Grundlage all dessen schloss der Beschwerdeführer, dass es ihm nicht verständlich sei, warum der Bürgerbeauftragte den Versprechungen der Kommission in seinen Entscheidungen über Beschwerden im Zusammenhang mit verspäteten Zahlungen nach wie vor glaube.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Verspätete Zahlung und damit zusammenhängende Fragen

1.1 Der Beschwerdeführer war als unabhängiger Experte von der Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission („GD Forschung”) mit der Bewertung im Zusammenhang von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen unter dem Sechsten Rahmenprogramm beauftragt worden. In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten behauptete er, die Kommission habe es in drei Fällen versäumt, ihn fristgerecht für seine Dienstleistungen zu bezahlen und ihm seine Kosten zu erstatten. Er wies darauf hin, dass die Kommission als Antwort auf eine frühere Beschwerde, die er beim Bürgerbeauftragten ebenfalls wegen Zahlungsverzögerungen eingereicht hatte (Beschwerde 1266/2005/MF), erklärt hatte, dass sie Maßnahmen ergriffen habe, um die Zahlungen an Experten zu beschleunigen. Der Bürgerbeauftragte hatte deshalb den Fall abgeschlossen. Nach Auffassung des Beschwerdeführers habe sich dann allerdings gezeigt, dass die Kommission sowohl ihn als auch den Bürgerbeauftragten gravierend getäuscht habe, da sich an ihrer Zahlungsdisziplin zwischenzeitlich nichts geändert habe. In seiner Beschwerde wies der Beschwerdeführer auch auf eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit organisatorischen und finanziellen Regelungen für die von der Kommission beauftragten Experten hin. Da der Beschwerdeführer diesbezüglich aber vorher nicht die erforderlichen administrativen Schritte bei dem betroffenen Organ unternommen hatte, wie es Artikel 2 Absatz 4 des Statuts des Europäischen Bürgerbeauftragten vorschreibt, konnten diese Forderungen nicht in die Untersuchung des Bürgerbeauftragten einbezogen werden. Die Vorwürfe, zu denen der Bürgerbeauftragte die Kommission um Stellungnahme bat, waren folgende:

(1) Die Kommission habe in Bezug auf die folgenden Aufträge ihre Zahlungen nicht fristgerecht geleistet:

(a) CT-EX2002B010783-105 („Science shops“);

(b) CT-EX2002B010783-106 („Science weeks“); und

(c) CT-EX2002B010783-107 („Descartes-Preis für Wissenschafts­kommunikation“).

(2) Die Kommission habe seine Erkundigungen in Bezug auf diese Zahlungen nicht angemessen beantwortet.

(3) Die Kommission habe ihn unnötigerweise aufgefordert, seine Bankverbindungen zu bestätigen, und sie habe mit veralteten persönlichen Daten gearbeitet.

Die folgenden Forderungen wurden in die Untersuchung des Bürgerbeauftragten einbezogen:

  1. Die Kommission solle die zwei ausstehenden Beträge unverzüglich auszahlen.
  2. Die Kommission solle in Bezug auf alle drei Aufträge Verzugszinsen zahlen.
  3. Um den Beschwerdeführer für seinen Zeitaufwand und die zusätzlichen Kosten zu entschädigen, solle die Kommission ihm einen weiteren vollen Tagessatz für Expertengutachter (450 EUR) für jeden der beiden Aufträge zahlen, für die die Zahlungen noch ausstehen.
  4. Die Kommission solle erklären, warum sie in ihrer Stellungnahme zu der Beschwerde 1266/2005/MF falsche Angaben hinsichtlich der Maßnahmen gemacht habe, die sie ergriffen habe, um das Problem der verspäteten Zahlungen zu lösen.

1.2 In ihrer Stellungnahme räumte die Kommission ein, dass sich im Zusammenhang mit den drei Bestellungen, auf die sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde bezog, die Zahlung um respektive 52, 59 und 86 Kalendertage verzögert hatte. Zu der Beschwerde im Rahmen der „Science weeks“ führte die Kommission aus, dass sie während der Sommerferienzeit ein großes Arbeitsaufkommen zu bewältigen gehabt habe und die Zahlung sich zusätzlich durch die Umverteilung von Haushaltslinien infolge der Umstrukturierung der GD Forschung, die am 1. Oktober 2006 wirksam wurde, verzögert habe. Konkret habe dies bedeutet, dass diese Linien technisch nicht für Finanzvorgänge verfügbar gewesen seien. Zu der Forderung des Beschwerdeführers, ihm sollten Zinsen bezahlt werden, räumte die Kommission ein, dass ihm Zinsen zustünden. Allerdings habe sich die Zahlung von Zinsen für die drei Bestellungen infolge der Umstrukturierung der GD Forschung und der Neuverteilung der Haushaltslinien verzögert. In allen drei Fällen sei am 25. Oktober 2006 eine Zinszahlung ergangen.

Zu der Forderung des Beschwerdeführers, ihm solle eine Entschädigung gezahlt werden, wies die Kommission darauf hin, dass in den Bestellungsschreiben für Expertengutachter außer der Zahlung von Zinsen keine Entschädigung für verspätete Zahlungen vorgesehen sei.

Die Kommission erklärte, dass sie die Verzögerungen aufrichtig bedauere, die aus einer Reihe von Gründen und trotz ihrer Bemühungen, die Zahlungen an Experten zu beschleunigen, entstanden seien. In der Zwischenzeit seien aber dem Beschwerdeführer alle ausstehenden Zahlungen und Zinsen zugegangen. In ihrer zusätzlichen Stellungnahme fügte die Kommission hinzu, dass sie sich verpflichtet habe, bei der Durchführung des Siebten Rahmenprogramms die Experten, die sie bei den verschiedenen Aufgaben unterstützen, schneller zu vergüten.

1.3 In seinen Anmerkungen erklärte der Beschwerdeführer, dass, nachdem alle Zahlungen eingegangen seien und er die Stellungnahme der Kommission zur Kenntnis genommen habe, die Beschwerde nunmehr für ihn erledigt sei. Allerdings hob er hervor, dass der Bürgerbeauftragte in seinem Abschlussbericht dokumentieren solle, dass der Beschwerdeführer der Ankündigung der Kommission, die Zahlungen zu beschleunigen, keinen Glauben schenke, da sie dies wiederholt beteuert, aber nie eingehalten habe. Der Beschwerdeführer bedankte sich beim Bürgerbeauftragten für seine Bemühungen. Allerdings bedauerte er, dass das Beschwerdeverfahren ziemlich lange gedauert habe und ihm zu dem Zeitpunkt, als die Zahlungen ausblieben, nicht viel geholfen habe.

1.4 Zu diesem letzten Punkt möchte der Bürgerbeauftragte daran erinnern, dass Beschwerden von ihm in einem schriftlichen Verfahren behandelt werden, das eine Anhörung beider Seiten erfordert, bevor eine Entscheidung getroffen werden kann. Somit kann nicht erwartet werden, dass ein Verfahren umgehend zu Ergebnissen führt. Es sei außerdem darauf hingewiesen, dass der Bürgerbeauftragte nicht berechtigt ist, Beschwerdeführern vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Der Bürgerbeauftragte stellt jedoch fest, dass die Kommission in dem vorliegenden Fall ihre letzte Zahlung am 25. Oktober 2006 leistete, das heißt einen Monat nach Einleitung der Untersuchung durch den Bürgerbeauftragten. Im Anschluss an das Tätigwerden des Bürgerbeauftragten scheint das eigentliche Problem dieses Falls daher relativ rasch gelöst worden zu sein. Der Bürgerbeauftragte ist sich aber natürlich bewusst, dass der Beschwerdeführer zu jenem Zeitpunkt bereits beträchtliche Zeit auf die fraglichen Zahlungen gewartet hatte.

1.5 Da der Beschwerdeführer angegeben hat, dass er seine Beschwerde als erledigt betrachtet, vertritt der Bürgerbeauftragte den Standpunkt, dass es für ihn keinen Grund gibt, den Vorwürfen und Forderungen des Beschwerdeführers weiter nachzugehen. Der Bürgerbeauftragte stellt jedoch fest, dass, wie der Beschwerdeführer richtig ausführte, die Kommission über die letzten Jahren wiederholt ähnliche Argumente in Fällen verspäteter Zahlung, mit denen der Bürgerbeauftragte befasst worden war, vorgebracht und wiederholt Maßnahmen zur Beilegung dieses Problems angekündigt hat. Auf dieser Grundlage hatte der Bürgerbeauftragte seine Eigenuntersuchung OI/5/1999/(IJH)GG abgeschlossen ebenso wie z. B. seine Untersuchung im Zusammenhang mit der früheren Beschwerde 1266/2005/MF des Beschwerdeführers. Auf der Grundlage des vorliegenden Falles sowie auf der Grundlage bestimmter anderer Fälle, mit denen der Bürgerbeauftragte sich in letzter Zeit befasst hat, scheinen die verspäteten Zahlungen von Seiten der Kommission jedoch weiterhin ein Problem darzustellen, das trotz wiederholter Beteuerungen, die Zahlungsdisziplin verbessern zu wollen, immer noch nicht zufriedenstellend gelöst worden ist.

1.6 Der Bürgerbeauftragte hält es daher für angebracht, der Frage der verspäteten Zahlungen noch einmal auf einer breiteren Grundlage nachzugehen, und zwar im Rahmen einer neuen Eigenuntersuchung, die er in Kürze einleiten wird.

1.7 Darüber hinaus könnte es nützlich sein, ein paar Anmerkungen zu der Behauptung des Beschwerdeführers anzufügen, die Kommission habe in einem früheren Fall des Bürgerbeauftragten in einer Stellungnahme falsche Angaben gemacht. Anhand der ihm zur Verfügung stehenden Informationen ist der Bürgerbeauftragte derzeit nicht in der Lage, Aussagen darüber zu treffen, welche Maßnahmen die Kommission im Rahmen ihres Aktionsplans getroffen hat und wie effizient diese waren. Aus den vorstehend genannten Gründen wird der Bürgerbeauftragte seine Untersuchungen in dieser Hinsicht im Rahmen des gegenwärtigen Falls nicht fortsetzen. Die Effizienz der von der Kommission getroffenen Maßnahmen zur Beschleunigung ihrer Zahlungen wird jedoch sicherlich im Rahmen der neuen Eigenuntersuchung des Bürgerbeauftragten geprüft werden.

2 Schlussfolgerung

Aus den Stellungnahmen der Kommission und den Anmerkungen des Beschwerdeführers geht hervor, dass es für den Bürgerbeauftragten keine ausreichenden Gründe gibt, seine Untersuchung im vorliegenden Fall fortzusetzen. Der Bürgerbeauftragte schließt deshalb den Fall ab.

Der Bürgerbeauftragte stellt jedoch fest, dass die verspäteten Zahlungen von Seiten der Kommission weiterhin ein Problem darzustellen scheinen, das trotz wiederholter Beteuerungen, die Zahlungsdisziplin verbessern zu wollen, immer noch nicht zufriedenstellend gelöst worden ist. Er vertritt die Auffassung, dass dieses Problem eine Untersuchung auf einer breiteren Grundlage rechtfertigt. Der Bürgerbeauftragte wird daher in Kürze eine neue Eigenuntersuchung zu diesem Thema einleiten.

Der Präsident der Kommission wird von dieser Entscheidung ebenfalls unterrichtet.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS


(1) Der Beschwerdeführer berief sich u. a. auf die Beschwerden 171/2000/IJH, 1113/2001/PB und 700/2004/GG.

(2) Diese Leitlinien wurden mit dem Beschluss der Kommission K(2003)883 vom 27. März 2003 angenommen.

(3) Verordnung (EG Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG Euratom) Nr. 1065/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1).

(4) Gemäß der Stellungnahme der Kommission handelt es sich um folgende Beträge und Zeitpunkte:

Bestellungsschreiben

Betrag

Bezahlt am

Verspätung (Tage)

Zinsen

„Science shops“

3880,97 EUR

29. August 2006

59

61,67 EUR

„Science weeks“

4684,53 EUR

25. Oktober 2006

86

108,50 EUR

„Descartes-Preis“

4354,12 EUR

4. Oktober 2006

52

60,85 EUR

(5) Da die Stellungnahme der Kommission auf den 13. Dezember 2006 datiert ist, wird davon ausgegangen, dass die Kommission sich auf das Ende des Jahres 2006 bezieht.

(6) Eigenuntersuchung OI/5/99/(IJH)GG. Die Entscheidung ist auf der Website des Bürgerbeauftragten verfügbar: (http://www.ombudsman.europa.eu/decision/en/99oi5.htm).

(7) Die Pressemitteilung kann auf der Website des Bürgerbeauftragten eingesehen werden: (http://www.ombudsman.europa.eu/release/de/2007-05-03.htm).