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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 3453/2005/GG gegen die Europäische Kommission

Im Jahre 2001 beschwerte sich ein deutscher Arzt bei der Europäischen Kommission über den angeblichen Verstoß Deutschlands gegen die EU-Rechtsvorschriften zur Arbeitszeit, insbesondere was den Bereitschaftsdienst dieser Ärzte betreffe. Die entsprechenden Vorschriften waren in der Richtlinie 93/104/EG verankert und blieben in Kraft, bis diese durch die Richtlinie 2003/88 abgelöst wurde. In zwei Urteilen aus den Jahren 2000 und 2003 erkannte der Europäische Gerichtshof für Recht, dass der Bereitschaftsdienst von Ärzten als Arbeitszeit im Sinne dieser Vorschriften anzusehen ist.

In einer im Dezember 2003 beim Bürgerbeauftragten eingereichten Beschwerde (Beschwerde 2333/2003/GG) behauptete der Beschwerdeführer, die Kommission habe seine Vertragsverletzungsbeschwerde Deutschland betreffend nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums behandelt. Nach einer Untersuchung des Falls vertrat der Bürgerbeauftragte die Auffassung, dass der Vorwurf des Beschwerdeführers berechtigt war. Er stellte allerdings fest, dass Deutschland unlängst ein neues Gesetz in diesem Bereich erlassen habe, das von der Kommission noch geprüft werden muss. Weiterhin stellte er fest, dass die Kommission anscheinend akzeptiert habe, dass die entsprechenden Rechtsfragen durch die Entscheidungen des Gerichtshofes geklärt wurden. In der Annahme, dass es seitens der Kommission zu keinen weiteren Verzögerungen bei der Behandlung der Vertragsverletzungs­beschwerde des Beschwerdeführers kommen würde, schloss der Bürgerbeauftragte somit seine Untersuchung ab.

Im November 2005 wandte sich der Beschwerdeführer erneut an den Bürgerbeauftragten. In seiner neuen Beschwerde (3453/2005/GG) wiederholte er im Wesentlichen die Behauptung aus seiner früheren Beschwerde, wonach die Kommission seine Vertragsverletzungsbeschwerde nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums behandelt habe. Der Bürgerbeauftragte beschloss, eine neue Untersuchung einzuleiten.

In ihrer Stellungnahme führte die Kommission an, dass sie dem Gemeinschaftsgesetzgeber im September 2004 einen Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 2003/88 unterbreitet habe. Die Kommission wies darauf hin, dass sie die Vertragsverletzungsbeschwerde des Beschwerdeführers im Lichte dieses Vorschlags und der laufenden Diskussionen mit den anderen Institutionen der Gemeinschaft prüfen werde.

Der Bürgerbeauftragte vertrat den Standpunkt, dass das Einreichen eines Vorschlags zur Änderung einer Richtlinie es der Kommission nicht gestattet, ihre Pflicht zu missachten, für die Einhaltung der geltenden Richtlinie durch die Mitgliedstaaten zu sorgen. Er vertrat ferner die Auffassung, dass der unumstrittene Ermessensspielraum der Kommission sie nicht dazu berechtigte, die Entscheidung über eine Beschwerde mit der Begründung, dass das anzuwendende Gesetz irgendwann in der Zukunft geändert werden könnte, auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

Am 12. September 2006 richtete der Bürgerbeauftragte daher einen Empfehlungsentwurf an die Kommission, in dem er sie aufforderte, die Vertragsverletzungsbeschwerde des Beschwerdeführers so schnell und so sorgfältig wie möglich zu bearbeiten.

In ihrer begründeten Stellungnahme hielt die Kommission ihren Standpunkt aufrecht.

Aus diesem Grunde legte der Bürgerbeauftragte dem Parlament am 10. September 2007 einen Sonderbericht zu diesem Fall vor.


Straßburg, den 14. September 2007

Sehr geehrter Herr D.,

am 2. November 2005 beschwerten Sie sich bei mir darüber, dass die Europäische Kommission Ihre unter dem Aktenzeichen 2002/4298 registrierte Vertragsverletzungsbeschwerde nicht innerhalb einer angemessenen Frist beantwortet habe.

Nach einer gründlichen Untersuchung Ihrer Beschwerde, die einen Empfehlungsentwurf an die Kommission einschloss, legte ich am 10. September 2007 dem Europäischen Parlament gemäß Artikel 3 Absatz 7 des Statuts des Bürgerbeauftragten einen Sonderbericht vor. Der Sonderbericht enthielt die Empfehlung, dass die Kommission Ihre Vertragsverletzungsbeschwerde so schnell und so sorgfältig wie möglich bearbeiten solle.

Das Statut des Bürgerbeauftragten sieht vor, dass die Vorlage eines Sonderberichts an das Europäische Parliament den letzten Schritt in einer Untersuchung durch den Bürgerbeauftragten darstellt.

Ich habe daher die Beschwerdeakte geschlossen.

Der Präsident der Kommission wird von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS