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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 2200/2005/GG gegen die Europäische Kommission


Straßburg, den 17. Januar 2006

Sehr geehrter Herr W.,

am 15. Juni 2005 reichten Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde ein, die die Bearbeitung eines Antrags auf Zugang zu einem Dokument durch die Europäische Kommission betraf.

Am 28. Juni 2005 leitete ich die Beschwerde dem Präsidenten der Europäischen Kommission zu. Die Kommission übermittelte am 18. Oktober 2005 ihre Stellungnahme. Diese sandte ich Ihnen am 24. Oktober 2005 zu und bot Ihnen an, sich dazu zu äußern. Sie übermittelten Ihre Anmerkungen am 28. November 2005.

Mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen mitteilen.


DIE BESCHWERDE

Die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel(1) („Verordnung 2081/92“) bietet die Möglichkeit eines besonderen Schutzes für „geografische Angaben“. Laut Artikel 5 sind diesbezügliche Anträge von den betreffenden Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission zu übermitteln. Artikel 6 Absatz 1 schreibt vor, dass die Kommission „die eingereichten Eintragungsanträge unter Angabe des Einreichungsdatums“ veröffentlicht und innerhalb von sechs Monaten förmlich prüft, ob die in der Verordnung dargelegten Voraussetzungen für eine Eintragung erfüllt sind. Gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass dies der Fall ist, veröffentlicht sie (gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung) „den Namen und die Anschrift des Antragstellers, den Namen des Erzeugnisses, die wichtigsten Teile des Antrags … und, falls erforderlich, die Erwägungsgründe ihres Befunds“ im Amtsblatt. Nach Artikel 7 kann jeder Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten nach der Veröffentlichung im Amtsblatt Einspruch gegen die Eintragung einlegen.

Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 918/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zum Erlass von Übergangsbestimmungen zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel infolge des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei(2) („Verordnung 918/2004“) enthält folgende Regelung: Sollte eines dieser Länder bei der Kommission vor dem 31. Oktober 2004 eine Eintragung gemäß Verordnung 2081/92 beantragen, darf der geltende nationale Schutz „bis zum Erlass einer Entscheidung gemäß Artikel 6 derselben Verordnung beibehalten werden“.

Aus dem Online-Antragsregister der Kommission ist ersichtlich, dass die tschechischen Behörden am 19. Oktober 2004 einen Antrag auf Schutz der Ursprungsbezeichnung „Pravé olomoucké tvaruzky“ (eine Käsespezialität) stellten.

Am 1. April 2005 beantragte der Beschwerdeführer, der Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft für Milch und Milcherzeugnisse e.V., bei der Kommission den Zugang zu diesem Dokument. Dieser Antrag wurde auf der Grundlage von Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission(3) („Verordnung 1049/2001“) gestellt.

Da er keine Antwort erhielt, stellte der Beschwerdeführer am 10. Mai 2005 einen Zweitantrag.

In einem Schreiben vom 18. Mai 2005, mit dem der Antrag auf Dokumentenzugang vom 1. April 2005 beantwortet wurde, teilte die Kommission dem Beschwerdeführer mit, dass das beantragte Schriftstück nicht zur Verfügung gestellt werden könne. Sie habe gemäß Artikel 4 der Verordnung 1049/2001 die tschechischen Behörden konsultiert und diese hätten einer möglichen Verbreitung des Dokuments nicht zugestimmt. Es gelte die Ausnahmeregelung nach Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung.

Am 9. Juni 2005 lehnte die Kommission den Zweitantrag ab. Sie erklärte, es sei eine Konsultation der tschechischen Behörden erforderlich gewesen, da das Dokument von ihnen stammte. Da die tschechischen Behörden der Verbreitung nicht zustimmten, sei Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung 1049/2001 anwendbar. Daher erübrige sich die Prüfung der Anwendbarkeit weiterer Ausnahmen. In diesem Zusammenhang berief sich die Kommission auf das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. November 2004 in der Rechtssache T‑168/02, IFAW gegen Kommission. Sie erklärte, die Gewährung eines teilweisen Zugangs sei ebenfalls nicht möglich, da sich die tschechischen Behörden gegen die Veröffentlichung des gesamten Antrags ausgesprochen hätten.

Die Kommission entschuldigte sich für die verspätete Beantwortung des Erstantrags.

Der Beschwerdeführer merkte in seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten an, dass er die verfahrenswidrige Verzögerung der Beantwortung seines Erstantrags nicht weiter thematisieren wolle. Da das Dokument jedoch auf der Website der Kommission genannt werde, habe es den Charakter eines lediglich von einem Mitgliedstaat stammenden Dokumentes verloren und sei zum integralen Bestandteil der Kommissionsdokumente geworden. Ferner verwies der Beschwerdeführer auf die Rechtswirkungen des Antrags nach Verordnung 918/2004.

Davon ausgehend vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, dass die Kommission zu Unrecht den Zugang zu dem angeforderten Dokument verweigere. Er forderte, dass ihm Zugang gewährt werden solle.

DIE UNTERSUCHUNG

Die Stellungnahme der Kommission

In ihrer Stellungnahme führte die Kommission Folgendes aus:

Das Aktenzeichen, der Tag der Ausfertigung und der Gegenstand des Antrags Nr. 0399 könnten auf folgender Website eingesehen werden: http://ec.europa.eu/agriculture/foodqual/protec/applications/list_en.pdf. Der eigentliche Antrag sei allerdings nicht über das Internet zugänglich. Das Verfahren im Hinblick auf die etwaige Eintragung der Bezeichnung „ Pravé olomoucké tvaruzky“ als geschützte Ursprungsbezeichnung dauere gegenwärtig noch an.

Nach dem Erstantrag des Beschwerdeführers habe die Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung 1049/2001 und Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a) der Durchführungsbestimmungen(4) die tschechischen Behörden konsultiert. Mit Schreiben vom 2. Mai 2005 hätten sich diese Behörden ausdrücklich gegen eine Offenlegung des fraglichen Schriftstücks verwahrt.

Der Beschwerdeführer bestreite nicht, dass der Antrag von den tschechischen Behörden stammte, dass diese einer Offenlegung nicht zustimmten und dass ein Gesuch auf Nichtfreigabe eine Ausnahme von dem Recht auf Dokumentenzugang darstellt, wie unlängst durch das Urteil des Gerichts erster Instanz (Rechtssache T‑168/02 IFAW gegen Kommission, Randnummern 57 und 58) bekräftigt worden sei.

Daher laute die entscheidende Frage, ob der tschechische Antrag dadurch, dass die Kommission auf ihrer Website darauf verweist, und/oder aufgrund der angeführten Rechtswirkungen der Verordnung 918/2004 ein kommissionseigenes Schriftstück geworden ist.

Von der ersten Veröffentlichung des Antrags gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung 2081/92 bleibe der Status des eigentlichen Antrags unberührt, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht geprüft, abgeändert oder umgewandelt worden sei. Der Antrag bleibe ein Schriftstück, das von dem betreffenden Mitgliedstaat stammt und als solches nicht über die Website der Kommission zugänglich ist. Mit dem auf der Website der Kommission enthaltenen Hinweis auf den Antrag wandele sich der eingereichte Antrag daher nicht in ein von der Kommission stammendes Schriftstück um.

Im Übrigen sei zu betonen, dass Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung 2081/92 besage, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Personen, die ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse geltend machen können, Einsicht in den Antrag nehmen können. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt gemäß Artikel 6 Absatz 2 von Verordnung 2081/92 werde das so genannte Einspruchsverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen jeder Person, die ein berechtigtes Interesse geltend machen kann, das Recht eingeräumt wird, die ausführliche Spezifikation des betreffenden Erzeugnisses anzufordern und zu erhalten. Ein solcher Antrag könne entweder an die Kommission oder an die Behörden der Mitgliedstaaten gerichtet werden.

In Anbetracht dessen vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Verweigerung der Offenlegung des beantragten Dokuments gerechtfertigt sei.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen hob der Beschwerdeführer hervor, dass die entscheidende Frage tatsächlich laute, inwieweit der tschechische Antrag aus der rein nationalen Sphäre in den acquis communautaire oder zumindest in ein EU-Dokument übergegangen ist. Den Weg zu diesem Übergang ebne die Verordnung 918/2004. Somit sei die Dokumentenherrschaft der tschechischen Behörden, die über Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung 1049/2001 zu Recht und höchstrichterlich abgesichert ist, nicht mehr einschlägig.

Daher bat er den Bürgerbeauftragten, den Bescheid der Kommission vom 9. Juni 2005 aufzuheben und ihm Zugang zu dem angeforderten Dokument zu verschaffen.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Vorwurf der Verweigerung des Zugangs zu einem Dokument

1.1 Die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel(5) („Verordnung 2081/92“) bietet die Möglichkeit eines besonderen Schutzes für „geografische Angaben“. Laut Artikel 5 sind diesbezügliche Anträge von den betreffenden Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission zu übermitteln. Artikel 6 Absatz 1 schreibt vor, dass die Kommission „die eingereichten Eintragungsanträge unter Angabe des Einreichungsdatums“ veröffentlicht und innerhalb von sechs Monaten förmlich prüft, ob die in der Verordnung dargelegten Voraussetzungen für eine Eintragung erfüllt sind. Gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass dies der Fall ist, veröffentlicht sie (gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung) „den Namen und die Anschrift des Antragstellers, den Namen des Erzeugnisses, die wichtigsten Teile des Antrags … und, falls erforderlich, die Erwägungsgründe ihres Befunds“ im Amtsblatt. Nach Artikel 7 kann jeder Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten nach der Veröffentlichung im Amtsblatt Einspruch gegen die Eintragung einlegen.

Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 918/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zum Erlass von Übergangsbestimmungen zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel infolge des Beitritts der Tschechischen Republik, Estlands, Zyperns, Lettlands, Litauens, Ungarns, Maltas, Polens, Sloweniens und der Slowakei(6) („Verordnung 918/2004“) enthält folgende Regelung: Sollte eines dieser Länder bei der Kommission vor dem 31. Oktober 2004 eine Eintragung gemäß Verordnung 2081/92 beantragen, darf der geltende nationale Schutz „bis zum Erlass einer Entscheidung gemäß Artikel 6 derselben Verordnung beibehalten werden“.

Am 19. Oktober 2004 stellten die tschechischen Behörden bei der Kommission einen Antrag auf Schutz der Ursprungsbezeichnung „Pravé olomoucké tvaruzky“ (eine Käsespezialität). Dieser Antrag wurde ins Online-Antragsregister der Kommission aufgenommen.

1.2 Am 1. April 2005 beantragte der Beschwerdeführer, der Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft für Milch und Milcherzeugnisse e.V., bei der Kommission den Zugang zu diesem Dokument. Dieser Antrag wurde auf der Grundlage von Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission(7) („Verordnung 1049/2001“) gestellt.

Dieser Antrag wurde letztendlich am 9. Juni 2005 unter Berufung auf Artikel 4 Absatz 5 von Verordnung 1049/2001 abgelehnt. Die Kommission erklärte, es sei eine Konsultation der tschechischen Behörden erforderlich gewesen, weil das Dokument von ihnen stammte. Da die tschechischen Behörden der Verbreitung nicht zustimmten, sei Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung 1049/2001 anwendbar.

1.3 Der Beschwerdeführer trug in seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten vor, dass das Dokument den Charakter eines lediglich von einem Mitgliedstaat stammenden Dokumentes verloren habe und zum integralen Bestandteil der Kommissionsdokumente geworden sei, weil es auf der Website der Kommission genannt wurde. Ferner verwies er auf die Rechtswirkungen des Antrags nach der Verordnung 918/2004. Davon ausgehend vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, dass die Kommission zu Unrecht den Zugang zu dem angeforderten Dokument verweigere. Er forderte die Gewährung des Zugangs.

1.4 Die Kommission wiederholte in ihrer Stellungnahme, dass Artikel 4 Absatz 5 von Verordnung 1049/2001 eine Offenlegung des Dokuments nicht zulasse, da die tschechischen Behörden sich gegen die Offenlegung verwahrt hätten. Die entscheidende Frage laute, ob der tschechische Antrag dadurch, dass die Kommission auf ihrer Website darauf verweist, und/oder aufgrund der angeführten Rechtswirkungen der Verordnung 918/2004 ein kommissionseigenes Schriftstück geworden ist.

Von der ersten Veröffentlichung des Antrags gemäß Artikel 6 Absatz 1 von Verordnung 2081/92 bleibe der Status des eigentlichen Antrags unberührt, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht geprüft, abgeändert oder umgewandelt worden sei. Der Antrag bleibe ein Schriftstück, das von dem betreffenden Mitgliedstaat stammt und als solches nicht über die Website der Kommission zugänglich ist. Mit dem in der Website der Kommission enthaltenen Hinweis auf den tschechischen Antrag wandele sich der eingereichte Antrag daher nicht in ein von der Kommission stammendes Schriftstück um.

Im Übrigen sei zu betonen, dass Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung 2081/92 besage, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Personen, die ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse geltend machen können, Einsicht in den Antrag nehmen können. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt gemäß Artikel 6 Absatz 2 von Verordnung 2081/92 werde das so genannte Einspruchsverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen jeder Person, die ein berechtigtes Interesse geltend machen kann, das Recht eingeräumt wird, die ausführliche Spezifikation des betreffenden Erzeugnisses anzufordern und zu erhalten.

In Anbetracht dessen vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Verweigerung der Offenlegung des beantragten Dokuments gerechtfertigt sei.

1.5 Der Beschwerdeführer hob in seinen Anmerkungen hervor, dass die entscheidende Frage tatsächlich laute, inwieweit der tschechische Antrag aus der rein nationalen Sphäre in den acquis communautaire oder zumindest in ein EU-Dokument übergegangen ist. Den Weg zu diesem Übergang ebne die Verordnung 918/2004. Somit sei die Dokumentenherrschaft der tschechischen Behörden, die über Artikel 4 und 5 der Verordnung 1049/2001 zu Recht und höchstrichterlich abgesichert ist, nicht mehr einschlägig. Daher bat er den Bürgerbeauftragten, den Bescheid der Kommission vom 9. Juni 2005 aufzuheben und ihm Zugang zu dem angeforderten Dokument zu verschaffen.

1.6 Der Bürgerbeauftragte möchte zunächst daran erinnern, dass seine Aufgabe darin besteht, eventuellen Missständen in der Verwaltungstätigkeit nachzugehen und Vorschläge bzw. Empfehlungen zu deren Behebung zu unterbreiten. Er hat jedoch keine Weisungsbefugnis gegenüber den Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft. Folglich liegt es nicht in seiner Macht, den Bescheid der Kommission vom 9. Juni 2005 aufzuheben und die Gewährung des Dokumentenzugangs durch die Kommission zu erzwingen.

1.7 Laut Artikel 4 Absatz 5 von Verordnung 1049/2001 kann ein Mitgliedstaat „das Organ ersuchen, ein aus diesem Mitgliedstaat stammendes Dokument nicht ohne seine vorherige Zustimmung zu verbreiten“. Dem Gericht erster Instanz zufolge kann nach Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung 1049/2001 „ein Mitgliedstaat nämlich das Organ ersuchen, aus diesem Mitgliedstaat stammende Dokumente nicht ohne seine vorherige Zustimmung zu verbreiten“(8). Wie das Gericht ferner ausführte, gehört „die den Mitgliedstaaten eingeräumte Befugnis, sich der Verbreitung ihrer Dokumente an Dritte ohne ihre vorherige Zustimmung zu widersetzen, zu den in Artikel 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe“(9).

Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht die Auffassung der Kommission bestritt, dass der Antrag von den tschechischen Behörden stammte, dass diese einer Offenlegung nicht zustimmten und dass ein Gesuch auf Nichtfreigabe eine Ausnahme von dem Recht auf Dokumentenzugang nach Verordnung 1049/2001 darstellt. In Anbetracht dessen steht die Auffassung der Kommission offensichtlich in vollem Einklang mit Verordnung 1049/2001, was die Frage des Zugangs zu dem ursprünglich von den tschechischen Behörden eingereichten Antrag angeht.

1.8 Der Beschwerdeführer und die Kommission sind sich darin einig, dass ein Recht auf Zugang zu dem betreffenden Dokument nach Verordnung 1049/2001 daher nur bestehen könnte, wenn dieses Dokument einen anderen Charakter angenommen hat und nicht mehr als ein von einem Mitgliedstaat stammendes Dokument gelten kann. Um seine Ansicht zu stützen, dass dies tatsächlich der Fall ist, berief sich der Beschwerdeführer 1) darauf, dass der betreffende Antrag auf der Website der Kommission genannt wurde und 2) auf die Rechtswirkungen der Verordnung 918/2004.

1.9 Zum ersten dieser Argumente möchte der Bürgerbeauftragte anmerken, dass die Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung 2081/92 „die eingereichten Eintragungsanträge unter Angabe des Einreichungsdatums“ zu veröffentlichen hat. Wie aus dem Kontext ersichtlich ist, wird die Kommission durch diese Bestimmung beauftragt, die Öffentlichkeit von der erfolgten Antragstellung in Kenntnis zu setzen; sie ist jedoch nicht verpflichtet, den vollständigen Wortlaut des Antrags zu veröffentlichen. Indem die Kommission die betreffende Information auf ihrer Website zur Verfügung stellt, kommt sie also lediglich ihren Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 1 von Verordnung 2081/92 nach. Nach Ansicht des Bürgerbeauftragten gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese erste Veröffentlichung den Status des Antrags ändern könnte oder sollte. Wie die Kommission richtig anmerkte, war der Antrag zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gemäß Artikel 6 Absatz 1 von ihr noch nicht geprüft, abgeändert oder umgewandelt worden.

1.10 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission für den Fall, dass der Antrag ihrer Meinung nach die in Verordnung 2081/92 dargelegten Voraussetzungen für eine Eintragung erfüllt, laut Artikel 6 Absatz 2 dieser Verordnung verpflichtet ist, „den Namen und die Anschrift des Antragstellers, den Namen des Erzeugnisses, die wichtigsten Teile des Antrags … und, falls erforderlich, die Erwägungsgründe ihres Befunds“ im Amtblatt zu veröffentlichen. Artikel 7 Absatz 1 bestimmt, dass dann jeder Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten nach der Veröffentlichung im Amtsblatt Einspruch gegen die Eintragung einlegen kann. Nach Artikel 7 Absatz 2 müssen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten dafür sorgen, „dass der Antrag von allen Personen, die ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse geltend machen können, eingesehen werden darf“. Demnach kann laut Verordnung 2081/92 ein begrenzter Personenkreis Zugang zum Gesamtantrag erhalten, jedoch erst, nachdem die Kommission die Veröffentlichung gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung vorgenommen hat.

Nach Ansicht des Bürgerbeauftragten geht aus den obigen Darlegungen hervor, dass sich die Forderung des Beschwerdeführers schwer mit dem durch Verordnung 2081/92 eingerichteten System vereinbaren ließe, denn käme man ihr nach, würde 1) der Zugang vor dem in Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung genannten Termin gewährt, und 2) jede beliebige Person Zugang erhalten (da ein Antrag nach Verordnung 1049/2001 nicht begründet werden muss), obwohl Verordnung 2081/92 dieses Recht nur Personen einräumt, „die ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse geltend machen können“.

1.11 Was die Verordnung 918/2004 anbelangt, so enthält Artikel 1 folgende Regelung: Sollte eines der Beitrittsländer vor dem 31. Oktober 2004 eine Eintragung gemäß Verordnung 2081/92 beantragen, darf der geltende nationale Schutz „bis zum Erlass einer Entscheidung gemäß Artikel 6 derselben Verordnung beibehalten werden“. Folglich hat Verordnung 918/2004 keinen Einfluss auf das in Verordnung 2081/92 vorgesehene Verfahren. Zwar kann der geltende nationale Schutz laut Verordnung 918/2004 beibehalten werden, bis die Kommission über den betreffenden Antrag entschieden hat. Der Beschwerdeführer hat jedoch nach Ansicht des Bürgerbeauftragten nicht nachgewiesen, wie diese Rechtswirkung dazu führen könnte, dass ein von nationalen Behörden eingereichter Antrag zu einem Kommissionsdokument wird, zu dem der Zugang nach Verordnung 1049/2001 zu gewähren wäre.

2 Schlussfolgerung

Die Untersuchungen des Bürgerbeauftragten zu dieser Beschwerde ergaben keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Missstands in der Verwaltungstätigkeit der Europäischen Kommission. Der Bürgerbeauftragte schließt den Fall daher ab.

Der Präsident der Europäischen Kommission wird ebenfalls von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS


(1) ABl. L 208 vom 24. Juli 1992, S. 1; mit nachfolgenden Änderungen.

(2) ABl. L 163 vom 30. April 2004, S. 88.

(3) ABl. L 145 vom 31. Mai 2001, S. 43.

(4) Die „Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission“ finden sich im Anhang zum Beschluss der Kommission 2001/937/EG, EGKS, Euratom vom 5. Dezember 2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung, ABl. L 345 vom 29. Dezember 2001, S. 94.

(5) ABl. L 208 vom 24. Juli 1992, S. 1; mit nachfolgenden Änderungen.

(6) ABl. L 163 vom 30. April 2004, S. 88.

(7) ABl. L 145 vom 31. Mai 2001, S. 43.

(8) Rechtssache T-76/02, Messina gegen Kommission, Slg. 2003, II-3203, Randnr. 40.

(9) A.a.O., Randnr. 55.