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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 144/2005/PB gegen die Europäische Kommission


Straßburg, den 17. Dezember 2007

Sehr geehrter Herr S.,

Am 9. Januar 2005 reichten Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde ein im Zusammenhang mit einem Antrag auf Zugang zu Dokumenten, den Sie unter Berufung auf die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 an die Europäische Kommission gerichtet hatten.

Am 18. Februar 2005 leitete ich die Beschwerde an den Präsidenten der Europäischen Kommission weiter. Die Kommission übermittelte ihre Stellungnahme am 17. Juni 2005. Ich leitete diese mit der Bitte an Sie weiter, Ihre Anmerkungen dazu anzubringen, die Sie am 6. Juli 2005 übersandten. Am 23. September 2005 bat ich die Kommission um eine Stellungnahme zu einem neuen Vorwurf, den Sie in Ihren Anmerkungen vorbrachten. Die Kommission übermittelte ihre zusätzliche Stellungnahme am 1. Dezember 2005. Ich leitete diese mit der Bitte an Sie weiter, Ihre Anmerkungen dazu anzubringen, die Sie am 16. Dezember 2005 übersandten. Am 6. Dezember 2006 unterbreitete ich einen Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung. Die Kommission übermittelte ihre Antwort am 28. März 2007.

Aufgrund besonderer Umstände im Zusammenhang mit dieser und anderen von Ihnen eingereichten Beschwerden wurde die Untersuchung vom 14. Mai bis zum 6. September 2007 unterbrochen. Deshalb übersandte ich Ihnen erst am 6. September 2007 die Antwort der Kommission auf meinen Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung. Sie antworteten am gleichen Tag und brachten Ihre Anmerkungen dazu vor.

Mit diesem Schreiben möchte ich Sie nun über die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen informieren.


DIE BESCHWERDE

Am 12. Oktober 2004 stellte der Beschwerdeführer beim Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung („OLAF“) einen Antrag auf Zugang zu verschiedenen Dokumenten. Sein Antrag bezog sich ausdrücklich auf die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission(1) („Verordnung 1049/2001“). Zu diesen Dokumenten gehörte ein Schreiben des Generalsekretärs der Kommission an den Generaldirektor von OLAF vom 18. Dezember 2003. Das Schreiben bezog sich auf eine interne Untersuchung von OLAF betreffend mögliche finanzielle Unregelmäßigkeiten innerhalb der Kommission (interne Untersuchung OF/2002/0356). Die Untersuchung, die sich auf eine Information stützte, die der Beschwerdeführer OLAF hatte zukommen lassen („whistle blowing“), war am 5. Februar 2004 abgeschlossen worden.

Am 3. November 2004 hatte OLAF dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sein Antrag auf Zugang zu dem vorstehend genannten Schreiben vom 18. Dezember 2003 dem Generalsekretär übermittelt worden sei und er von diesem eine Antwort erhalten werde. Am 2. Dezember 2004 teilte die Kommission dem Beschwerdeführer mit, dass das fragliche Schreiben nicht öffentlich zugänglich gemacht werden könne. Die Verweigerung des Zugangs stützte sich auf Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001, in dem es heißt:

„Der Zugang zu einem Dokument mit Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs wird auch dann, wenn der Beschluss gefasst worden ist, verweigert, wenn die Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“

Nach Meinung der Kommission würde ein öffentlicher Zugang zu dem vom Beschwerdeführer angeforderten Schreiben den Entscheidungsprozess der Kommission ernstlich beeinträchtigen. Sie führte aus, dass der Schutz der Vertraulichkeit der internen Beratungen („space to think“) eine grundlegende Voraussetzung für den Entscheidungsprozess der Kommission sei.

In dem Schreiben der Kommission wurde des Weiteren die Möglichkeit erörtert, (a) Teile des Dokuments freizugeben und (b) ein überwiegend öffentliches Interesse an der Verbreitung geltend zu machen. In beiden Fällen kam die Kommission zu einem negativen Schluss. Der Beschwerdeführer wurde in dem Schreiben außerdem darüber informiert, dass er einen Zweitantrag an den Generalsekretär richten könne, falls er die Entscheidung über seinen Antrag auf Zugang zu Dokumenten anfechten wolle.

Am 3. Dezember 2004 reichte der Beschwerdeführer einen Zweitantrag beim Generalsekretär ein. In seinem Schreiben brachte der Beschwerdeführer eine Reihe von Anmerkungen und Argumenten vor:

(i) Bei der Bearbeitung seines Antrags auf Zugang zu Dokumenten sei es zu erheblichen Verzögerungen gekommen.

(ii) Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 könne in diesem Fall nicht geltend gemacht werden, da im Wesentlichen die Kommission sich erstens nicht an Entscheidungsprozessen von OLAF aufgrund von dessen Unabhängigkeit beteiligen dürfe und zweitens wegen dieser Unabhängigkeit jegliche Kommunikation zwischen der Kommission und OLAF nicht als „innerhalb des betreffenden Organs“ betrachtet werden könne.

(iii) Die Bedenken der Kommission bezüglich der öffentlichen Verbreitung des Dokuments seien in diesem Fall unangebracht, da der Beschwerdeführer als Kommissionsbeamter der Schweigepflicht unterliege.

(iv) Die Bedenken der Kommission im Hinblick auf eine ernstliche Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses seien fehl am Platz.

(v) Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des Schreibens des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 habe durchaus bestanden, da durch eine Nichtverbreitung der Eindruck entstehen könne, dass die Kommission sich in die Arbeit von OLAF eingemischt habe.

(vi) Die Entscheidung, keine teilweise Freigabe zu gewähren, sei nicht angemessen begründet gewesen.

(vii) Die Kommission müsse ihm als Kommissionsbeamten im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht Zugang zu dem Dokument gewähren.

Am 6. Januar 2005 antwortete der Generalsekretär auf den Zweitantrag des Beschwerdeführers. In seiner Antwort ging der Generalsekretär zunächst auf die Frage der Verzögerung ein. Er räumte ein, dass es zu einer Verzögerung gekommen sei, teilte dem Beschwerdeführer aber gleichzeitig mit, dass sein Antrag in Einklang mit den internen Vorschriften der Kommission für die Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten behandelt worden sei. Er bat den Beschwerdeführer dafür um sein Verständnis.

Der Generalsekretär bestätigte außerdem seine ursprüngliche Entscheidung, den Zugang zu dem Schreiben vom 18. Dezember 2003 zu verweigern. Er bestätigte im Großen und Ganzen die Gründe, die in der ursprünglichen Entscheidung genannt worden waren, und wies die in dem Zweitantrag des Beschwerdeführers aufgeführten Argumente wie folgt zurück:

In Bezug auf Ziffer ii führte der Generalsekretär aus, dass sein „Schreiben (…) sich auch nicht direkt auf die Untersuchungen in dem oben genannten Fall, sondern auf eine Beschwerde, die im Zusammenhang mit diesem Fall geäußert wurde“ bezogen habe. OLAFs Unabhängigkeit beziehe sich nur auf die Durchführung der Untersuchungen. Institutionell sei OLAF hingegen als ein Dienst der Kommission anzusehen (Erwägung 4 der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999(2)). Somit sei es richtig gewesen, Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 heranzuziehen.

In Bezug auf Ziffer iii wies der Generalsekretär darauf hin, dass sich aus der Rechtsstellung als Kommissionsbeamter keine besondere Behandlung für den Zugang zu Dokumenten nach der Verordnung 1049/2001 ergebe.

In Bezug auf Ziffer iv erklärte der Generalsekretär, dass die Verbreitung des Schreibens eindeutig den Entscheidungsprozess der Kommission ernstlich beeinträchtigen würde. Er wies daraufhin, wie wichtig es sei, Dokumente für interne Beratungen erstellen zu können, ohne bereits die Möglichkeit ihrer Veröffentlichung in Betracht ziehen zu müssen.

In Bezug auf Ziffer v wiederholte der Generalsekretär die Haltung der Kommission, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung zu erkennen sei. Er wies daraufhin, dass sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dieser Frage auf zwei vor dem Gericht erster Instanz anhängige Verfahren bezogen habe und sein Interesse an Informationen für diese beiden Prozesse rein privater und nicht öffentlicher Natur sei.

In Bezug auf Ziffer vi erklärte der Generalsekretär, dass das Schreiben sehr kurz gewesen sei und keine nicht vertraulichen Informationen enthalten habe, die in Teilen hätten freigegeben werden können. Auf eine gezielte Frage des Beschwerdeführers bezüglich der Empfänger des Schreibens antwortete der Generalsekretär, dass sein Schreiben an keine der fraglichen Personen in der Kommissionsdienststelle gerichtet war, die der Beschwerdeführer im Rahmen seines „whistle blowing“ bei OLAF angezeigt hatte.

In Bezug auf Ziffer vii wies der Generalsekretär das Argument des Beschwerdeführers zurück und erklärte, dass die Kommission keine allgemeinen Informationspflichten gegenüber ihren Beamten habe, die über die Verpflichtungen, wie sie sich aus der vom Beschwerdeführer in diesem Fall zitierten Gesetzgebung, d.h. aus der Verordnung 1049/2001, ergeben, hinausgehen.

In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten erhob der Beschwerdeführer den Vorwurf, dass bei der Bearbeitung seines Antrags auf Zugang zu Dokumenten unrechtmäßige Verzögerungen aufgetreten seien. Er forderte, dass die unrechtmäßige Verzögerung bei der Bearbeitung seines Antrags auf Zugang zu Dokumenten ausdrücklich eingestanden werde und er eine Entschuldigung dafür erhalte.

Der Beschwerdeführer behauptete außerdem, dass die Kommission ihm unrechtmäßig den Zugang zu dem Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 an den Direktor von OLAF verweigert habe, und forderte Zugang zu diesem Schreiben.

Zur Stützung seiner Behauptungen bezog sich der Beschwerdeführer in erster Linie auf die vorstehend angeführten Argumente, wie sie in seinem Zweitantrag enthalten waren. Außerdem führte er an, dass die Antwort des Generalsekretärs vom 6. Januar 2005 „unsubstantiiert“ gewesen sei, da nicht dargelegt wurde, auf welche Beschwerde im Zusammenhang mit der Untersuchung OF/2002/0356 sich das Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 bezog. Es sei daher nicht möglich gewesen, zu erkennen, ob die Beschwerde, auf die sich der Generalsekretär bezog, tatsächlich in direktem Zusammenhang mit der vorstehend genannten OLAF-Untersuchung stand. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass er selbst Beschwerden gegen diese OLAF-Untersuchung eingereicht habe und wissen wolle und auch zuvor bereits habe wissen wollen, ob das Schreiben des Generalsekretärs sich auf eine dieser Beschwerden bezog.

DIE UNTERSUCHUNG

Die Stellungnahme der Kommission

Die Beschwerde wurde der Kommission übermittelt, die dazu folgende Stellungnahme abgab:

1. Hintergrund

Im Verlauf des Jahres 2004 reichte der Beschwerdeführer verschiedene Anträge auf Zugang zu Dokumenten im Zusammenhang mit der Untersuchung des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung („OLAF“) im Fall OF/2002/0356 ein. Diese Untersuchung wurde aufgrund von Informationen eingeleitet, die der Beschwerdeführer OLAF am 18. Oktober 2002 betreffend angebliche Unregelmäßigkeiten beim Amt für Veröffentlichungen ("OPOCE“) kommen ließ. Die OLAF-Untersuchung wurde mit Entscheid vom 5. Februar 2004 abgeschlossen. OLAF stellte fest, dass keine Unregelmäßigkeiten vorlagen.

Nachdem der Beschwerdeführer zunächst eine Reihe von Anträgen an OLAF und die Generaldirektion für Personal und Verwaltung der Kommission („GD ADMIN“) gerichtet hatte, stellte er einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten des Generalsekretariats im Zusammenhang mit der genannten Untersuchung. Diesbezüglich reichte der Beschwerdeführer mit einer E-Mail vom 12. Oktober 2004 einen ersten Antrag bei OLAF ein, in dem er - unter anderem - Zugang zu dem Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 an den Direktor von OLAF forderte. In seiner Antwort vom 3. November 2004 teilte OLAF dem Beschwerdeführer mit, dass es seinen Antrag an das Generalsekretariat weitergeleitet habe und er von diesem eine weitere Antwort erhalten werde. Allerdings verzögerte sich die Übermittlung des Antrags wegen eines Verwaltungsfehlers. Das Generalsekretariat behandelte diesen Antrag wie einen Erstantrag und verweigerte in seiner Antwort vom 2. Dezember 2004 den Zugang zu dem fraglichen Dokument und entschuldigte sich für die bei der Übermittlung des Antrags aufgetretene Verzögerung. Am 3. Dezember 2004 reichte der Beschwerdeführer beim Generalsekretariat einen Zweitantrag ein, der am 8. Dezember 2004 registriert wurde. Nach einer eingehenden Prüfung des Antrags bestätigte der Generalsekretär am 6. Januar 2005, dass sein Schreiben vom 18. Dezember 2003 an den Direktor von OLAF nicht freigegeben werden könne.

2. Die Antwort der Kommission auf die Argumente des Beschwerdeführers

(1) Die Kommission räume die Verzögerung bei der Beantwortung des Erstantrags des Beschwerdeführers ein und entschuldige sich dafür.

(2) In Bezug auf den Zweitantrag des Beschwerdeführers habe die Kommission jedoch die in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung 1049/2001 vorgesehene Frist von 15 Arbeitstagen eingehalten. Der Zweitantrag des Beschwerdeführers sei am 3. Dezember 2004 abgesandt und am 8. Dezember 2004 registriert worden. Folglich sei die Frist am 9. Dezember 2004 an- und am 6. Januar 2005 abgelaufen, an dem Tag also, als der Beschwerdeführer die Antwort des Generalsekretärs erhalten habe. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Büros der Kommission vom 24. bis 31. Dezember geschlossen waren und diese sechs Tage nicht als Arbeitstage zählen. Die Kommission nehme zur Kenntnis, dass der Beschwerdeführer ausgeführt habe, dass das Datum der Registrierung nicht im Ermessen der Kommission liege. Er argumentiere, dass der Grundsatz der guten Verwaltung verlange, dass ein Antrag spätestens am auf den Eingang folgenden Arbeitstag registriert werden müsse. Dem setze die Kommission entgegen, dass, erstens, der 3. Dezember 2004, der Tag des Eingangs der E-Mail des Beschwerdeführers, ein Freitag war und der nächste Arbeitstag der 6. Dezember 2004 gewesen sei. Zweitens erhielte die für den Zugang zu Dokumenten zuständige Dienststelle der Kommission täglich eine beträchtliche Anzahl von Anträgen auf Dokumentenzugang sowie andere allgemeinere Anträge. All diese Anträge müssten identifiziert, registriert und an die zuständige Abteilung weitergeleitet werden. Es überrasche daher nicht, wenn die Anträge nicht am Tage ihres Eingangs registriert würden, da die Kommission die eingehenden Anträge in der Reihenfolge ihres Eintreffens behandle.

(3) Gründe für die Verweigerung des Zugangs zu den geforderten Dokumenten

Der Beschwerdeführer behaupte, die Kommission habe ihm unrechtmäßig den Zugang zu dem Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 an den Generaldirektor von OLAF verweigert. Die Kommission sei der Ansicht, dass die Weitergabe dieses Schreibens ihren Entscheidungsprozess deutlich beeinträchtigen würde. In dem fraglichen Dokument beziehe sich der Generalsekretär auf eine Beschwerde im Zusammenhang mit der Untersuchung von OLAF im Fall OF/2002/0356. Das Schreiben enthalte die Stellungnahme des Generalsekretärs zur internen Verwendung als Teil eines Meinungsaustausches mit anderen Kommissionsdienststellen. Die Kommission argumentierte, ihr Entscheidungsprozess würde ernsthaft beeinträchtigt werden, da sie unter Druck von außen geriete mit der Folge, dass innerhalb der Kommission keine unabhängige Beratung mehr möglich sei.

Der Beschwerdeführer führe an, die Antwort des Generalsekretärs vom 6. Januar 2005 sei „unsubstantiiert“ gewesen, da nicht dargelegt wurde, auf welche Beschwerde im Zusammenhang mit der Untersuchung OF/2002/0356 sich das Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 bezog. Die Kommission halte es jedoch nicht für relevant, den Namen der Person zu nennen, die die Beschwerde zu dieser Untersuchung eingereicht hat. Der Generalsekretär habe erklärt, dass sich sein Schreiben nicht auf den Gegenstand der Untersuchung, sondern auf Verfahrensfragen im Zusammenhang mit einer Beschwerde bezog. Dies habe den Sinn des Schreibens erläutert, ohne dessen Inhalt preiszugeben. Die Preisgabe der Identität des Beschwerdeführers könne nämlich zur Offenlegung des Inhalts des Dokuments führen und der Ausnahme damit ihre wesentliche Zweckbestimmung nehmen. Diese Sichtweise stütze sich auf die bestehende Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz(3).

Der Beschwerdeführer argumentiere weiter - wie bereits in seinem Zweitantrag -, dass der Entscheidungsprozess der Kommission durch eine Offenlegung nicht beeinträchtigt würde, da er als die Person, aufgrund deren Informationen die OLAF-Untersuchung OF/2002/0356 eingeleitet wurde, bereits umfangreiche Kenntnisse der angezeigten Missstände besitze. Diesbezüglich habe die Kommission bereits in ihrer Antwort vom 6. Januar 2005 erläutert, dass sich die fragliche Ausnahme von der Verordnung 1049/2001 nicht nur auf den internen Entscheidungsprozess in dem spezifischen Fall OF/2002/0356 beziehe, sondern auch auf Vorgespräche zwischen den Diensten der Kommission im Zusammenhang mit einer Beschwerde über die Durchführung der Ermittlungen in dem genannten Fall. Das heiße, die Beratungen seien über die Untersuchung von OLAF hinausgegangen.

Die Kommission betone zudem, dass der Generalsekretär sich nicht in die unabhängigen Ermittlungen des OLAF eingeschaltet habe. Das Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 habe sich auf eine Beschwerde im Zusammenhang mit einer zu dem Zeitpunkt laufenden Untersuchung durch OLAF bezogen, und nicht auf die Durchführung der eigentlichen Ermittlungen. Die Beratungen zwischen dem Generalsekretär und OLAF seien im Licht der Vereinbarung (Memorandum of Understanding, "MoU") vom 23. Juli 2003 zu sehen, mit der ein Verhaltenskodex für den Informationsaustausch zwischen OLAF und den Kommissionsdienststellen bei internen Untersuchungen von OLAF erstellt wurde.

Der Beschwerdeführer habe weiter argumentiert, dass das fragliche Schreiben ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung als Beamter der Kommission hätte zugänglich gemacht werden müssen. Entgegen seiner Ansicht lasse sich jedoch nach der Verordnung 1049/2001 keine Sonderbehandlung aus seiner Rechtsstellung als Kommissionsbeamter ableiten. Wenn ein Dokument gemäß der Verordnung 1049/2001 freigegeben werde, sei es für die Öffentlichkeit frei zugänglich. Folglich müsse das betreffende Schreiben als „verbreitet" im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 gelten, wenn Zugang zu diesem Schreiben gewährt würde. Die Schweigepflicht nach Artikel 17 des Beamtenstatuts ändere nichts an dieser Einschätzung(4).

Der Beschwerdeführer habe in seinem Zweitantrag außerdem bestritten, dass die Kommission die Möglichkeit, Teile des angeforderten Dokuments freizugeben, hinreichend geprüft habe. Aus der Argumentation des Beschwerdeführers sei hervorgegangen, dass er besonders daran interessiert war, zu erfahren, an wen das Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 adressiert war. Folgerichtig habe der Generalsekretär den Beschwerdeführer darüber informiert, dass es sich bei einem solchen Antrag um ein Informationsersuchen handele, das gemäß der Verordnung 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu behandeln wäre. Dennoch habe er dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sein Schreiben an keine der fraglichen Personen in der Kommissionsdienststelle gerichtet war, die der Beschwerdeführer im Rahmen seines „whistle blowing“ bei OLAF angezeigt hatte. Dies zeige, dass der Generalsekretär dem Beschwerdeführer so viele Informationen übermittelte wie irgend möglich, obwohl er die teilweise Freigabe gemäß Artikel 4 Absatz 6 der Verordnung 1049/2001 nicht gewähren konnte.

Wie bereits im Zweitantrag angegeben, habe der Beschwerdeführer ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung geltend gemacht, da er die Informationen aus dem fraglichen Schreiben als Beweisstücke in zwei vor dem Gericht erster Instanz anhängigen Verfahren verwerten wolle, in denen er als Kläger auftrete. Dieses Interesse sei jedoch rein privater und nicht öffentlicher Natur. Die Kommission sei zu dem Schluss gekommen, dass das öffentliche Interesse am Schutz des Entscheidungsprozesses der Kommission das öffentliche Interesse an einer Verbreitung des angeforderten Dokuments klar überwiege.

Schließlich habe der Beschwerdeführer argumentiert, er habe - über die Verordnung 1049/2001 hinausgehende - weiterreichende Auskunftsrechte, die sich aus einem „Treueverhältnis“ zwischen der Kommission und ihren Bediensteten ableiten ließen. Bei seiner Forderung habe sich der Beschwerdeführer auf Artikel 22a des Beamtenstatuts bezogen in Verbindung mit dem der Fürsorgepflicht zu Grunde liegenden Gedanken der Gegenseitigkeit von Rechten und Pflichten der Beamten. Die Kommission habe diese Argumentation bereits in ihrer Antwort vom 6. Januar 2005 zurückgewiesen, in der sie betonte, dass sich Artikel 22a des Statuts ausschließlich auf das so genannte „whistle-blowing" beziehe und kein weiteres Transparenzgebot vorsehe.

(4) Neubewertung des Antrags auf Dokumentenzugang nach Abschluss des Falles

Wie bereits vorstehend erläutert, geriete der Entscheidungsprozess der Kommission durch die Freigabe des angeforderten Schreibens unter Druck von außen, was den Dienststellen der Kommission einen freien und uneingeschränkten Meinungsaustausch unmöglich machen würde. Der Abschluss der Untersuchungen von OLAF im Fall OF/2002/0356 ändere nichts an dieser Einschätzung, da der Entscheidungsprozess der Kommission über diese spezifische Ermittlung des OLAF hinausgehe. Der Entscheidungsprozess, um den es hier gehe, stelle keinen Eingriff in die Unabhängigkeit von OLAF bei seinen Ermittlungen dar. Der Informationsaustausch zwischen OLAF und den Dienststellen der Kommission im Rahmen interner Untersuchungen werde ausdrücklich durch das MoU geregelt.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen zu der Stellungnahme der Kommission hielt der Beschwerdeführer seine Standpunkte und die zuvor vorgebrachten Argumente aufrecht. Er brachte darüber hinaus folgende Anmerkungen vor:

(1) Der Beschwerdeführer erklärte, dass er die Entschuldigung für die verspätete Bearbeitung seines Erstantrags annehme und dieser Aspekt des Falles nunmehr als erledigt betrachtet werden könne.

(2) Allerdings stellte der Beschwerdeführer bezüglich des Zweitantrags fest, dass die Kommission es versäumt habe, den Antrag unverzüglich zu behandeln und, wie sie dies bereits vorher im Zusammenhang mit von ihm gestellten Anträgen getan habe, die in der Verordnung 1049/2001 vorgesehenen Fristen maximal ausgeschöpft habe, was nicht im Sinne dieser Verordnung sei.

(3) Der Beschwerdeführer sprach außerdem zwei Verfahrensfragen an: Zunächst stellte er die Frage, mit welcher Rechtfertigung der Bürgerbeauftragte diese und ähnliche Untersuchungen als vertraulich eingestuft habe. Zweitens wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Kommission ihrer Stellungnahme eine Anlage mit dem Titel „Übersicht über die verschiedenen Anträge auf Dokumentenzugang im Rahmen des von OLAF untersuchten Falles OF/2002/0356“ beigefügt habe. Diese Anlage enthielt eine Übersicht über 23 Anträge und Ersuchen, die der Beschwerdeführer vom 3. März 2004 bis 27. März 2005 gestellt hatte. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass die Kommission in ihrer Stellungnahme an keiner Stelle Bezug auf diese Anlage nehme. Er schloss daraus, dass die lange Liste seiner Anträge auf Dokumentenzugang von der Kommission nur deshalb vorgelegt wurde, um ihn als notorischen Unruhestifter darzustellen, und ihr einziger Zweck darin lag, ihn zu diskreditieren.

Weitere Untersuchungen

Nach eingehender Prüfung der Stellungnahme der Kommission und den Anmerkungen des Beschwerdeführers zeigte sich, dass weitere Untersuchungen im Zusammenhang mit den Beschwerden des Beschwerdeführers bezüglich der in der Stellungnahme der Kommission enthaltenen Anlage erforderlich sein würden. Wie der Beschwerdeführer richtig festgestellt hatte, hatte die Kommission in ihrer Stellungnahme keinerlei Bezug auf diese Anlage genommen. Des Weiteren enthielt die Übersicht über die Anträge des Beschwerdeführers auf Dokumentenzugang offensichtlich verschiedene Referenzen von Anträgen, die in keinem direkten Zusammenhang mit der hier zu behandelnden Beschwerde standen. Die Kommission wurde daher aufgefordert, eine getrennte Stellungnahme zu folgendem Vorwurf abzugeben:

Die Kommission habe ihrer Stellungnahme nur deshalb eine Übersicht über die verschiedenen Anträge des Beschwerdeführers auf Dokumentenzugang beigefügt, um den Beschwerdeführer als notorischen Unruhestifter darzustellen, und der einzige Zweck habe darin gelegen, ihn zu diskreditieren.

Die Antwort der Kommission auf die weiteren Untersuchungen

In ihrer Stellungnahme betonte die Kommission, dass die beigefügte Übersicht über die verschiedenen Anträge des Beschwerdeführers auf Dokumentenzugang erstellt wurde, um Hintergrundinformationen zum Stand dieser Anträge zu liefern, die allesamt dieselbe Untersuchung von OLAF betrafen, jedoch von unterschiedlichen Dienststellen bearbeitet wurden. Wie die Kommission in ihrer ersten Stellungnahme erläutert habe, müsse die Bearbeitung des Antrags auf Einsicht in das Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 (die Gegenstand dieser Beschwerde ist) im Zusammenhang mit der OLAF-Untersuchung OF/2002/0356 gesehen werden. Die Übersicht in der Anlage fasse lediglich die Bearbeitung dieser Anträge zusammen. Der Beschwerdeführer bestreite nicht, die verschiedenen Anträge gestellt zu haben. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Kommission wolle ihn durch die Erstellung einer Liste zum Stand der Dinge im Zusammenhang mit diesen unterschiedlichen, miteinander zusammenhängenden Anträgen als „notorischen Unruhestifter" darstellen, sei die persönliche Auslegung des Beschwerdeführers.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen hielt der Beschwerdeführer an seinen einschlägigen Vorwürfen und Forderungen fest.

Im Verlauf der weiteren Untersuchungen des Bürgerbeauftragten nahm der Sachbearbeiter für diese Beschwerde Kontakt mit dem Generalsekretariat der Kommission auf, um eine Kopie der „Vereinbarung (Memorandum of Understanding, "MoU") vom 23. Juli 2003, mit der ein Verhaltenskodex für den Informationsaustausch zwischen OLAF und den Kommissionsdienststellen bei internen Untersuchungen von OLAF“ erstellt wurde, zu erhalten, auf die sich die Kommission in ihrer ersten Stellungnahme bezogen hatte. Die Kommission hat weder eine Kopie dieses Dokuments geliefert, noch hat sie eine genaue Referenz angegeben.

Am 23. Oktober 2006 informierte die Kommission die Dienststellen des Bürgerbeauftragten, dass OLAF immer noch an dem Dokument arbeite und nicht wüsste, wann das Dokument fertig gestellt und unterzeichnet werden würde. Das Dokument müsse von der Kommission gebilligt werden. Die Kommission bestätigte, dass der dritte Entwurf des MoU die einzig verfügbare Fassung sei, die sie dem Bürgerbeauftragten dann auch zusandte.

Der Vorschlag des Bürgerbeauftragten für eine einvernehmliche Lösung

Nach sorgfältiger Prüfung der Stellungnahmen und der Anmerkungen beider Parteien, war der Bürgerbeauftragte nicht überzeugt, dass die Kommission angemessen auf den Vorwurf und die Forderung des Beschwerdeführers bezüglich der Ablehnung seines Antrags auf Dokumentenzugang eingegangen sei. Auf der Grundlage einer begründeten Analyse der relevanten Punkte unterbreitete er der Kommission daher folgenden Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung gemäß Artikel 3 Absatz 5 des Statuts des Bürgerbeauftragten(5): Und zwar schlug der Bürgerbeauftragte vor, die Kommission möge ihre Verweigerung des Zugangs zu dem fraglichen Dokument überdenken und Zugang dazu gewähren, sofern sie nicht gemäß der Verordnung 1049/2001 stichhaltige, angemessene und genaue Gründe für ihre ablehnende Haltung angeben könne(6).

In ihrer Antwort auf den Vorschlag des Bürgerbeauftragten für eine einvernehmliche Lösung wies die Kommission darauf hin, dass das fragliche Dokument Standpunkte des Generalsekretärs und Fragen an den Generaldirektor von OLAF enthalte, die sich auf den Verfahrensablauf der Untersuchung und mögliche Folgemaßnahmen bezögen. Sie vertrat die Ansicht, dass eine Freigabe dieses Dokuments einen Eingriff in die internen Beratungen über die Ergreifung von Maßnahmen im Anschluss an die OLAF-Untersuchung darstellen würde. Sie blieb daher bei ihrer Position, dass die Ausnahme in Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 anwendbar sei und kein überwiegendes öffentliches Interesse geltend gemacht werden könne, das die Freigabe des fraglichen Dokument rechtfertigen würde.

In seinen Anmerkungen zu der Antwort der Kommission auf den Vorschlag des Bürgerbeauftragten für eine einvernehmliche Lösung verwies der Beschwerdeführer auf seine früheren Anmerkungen.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Vorwurf der unrechtmäßigen Verweigerung des vom Beschwerdeführer beantragten Dokumentenzugangs von Seiten der Kommission und damit zusammenhängende Forderung

1.1 Am 12. Oktober 2004 stellte der Beschwerdeführer beim Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung („OLAF“) unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission („Verordnung 1049/2001“) unter anderem einen Antrag auf Zugang zu einem Schreiben des Generalsekretärs der Europäischen Kommission an den Generaldirektor von OLAF vom 18. Dezember 2003. Das Schreiben bezog sich auf eine interne Untersuchung von OLAF betreffend mögliche finanzielle Unregelmäßigkeiten innerhalb der Kommission (OF/2002/0356). Die Untersuchung, die sich auf eine Information über vermutete Unregelmäßigkeiten stützte, die der Beschwerdeführer OLAF hatte zukommen lassen („whistle blowing“), war am 5. Februar 2004 abgeschlossen worden.

Am 2. Dezember 2004 teilte die Kommission dem Beschwerdeführer mit, dass das fragliche Schreiben nicht öffentlich zugänglich gemacht werden könne. Am 3. Dezember 2004 reichte der Beschwerdeführer einen Zweitantrag beim Generalsekretär ein, der die ursprüngliche Verweigerung des Zugangs bestätigte. Die Verweigerung des Zugangs stützte sich auf Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001, in dem es heißt:

„Der Zugang zu einem Dokument mit Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs wird auch dann, wenn der Beschluss gefasst worden ist, verweigert, wenn die Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“

Nach Aussagen des Generalsekretärs

- enthalte das Schreiben seinen Standpunkt zu einer Beschwerde bezüglich der vorgenannten OLAF-Untersuchung;

- würde ein öffentlicher Zugang zu dem vom Beschwerdeführer genannten Schreiben den Entscheidungsprozess der Kommission ernstlich beeinträchtigen; der Schutz der Vertraulichkeit der internen Beratungen („space to think“) sei eine grundlegende Voraussetzung für den Entscheidungsprozess der Kommission.

Die Kommission kam außerdem zu dem Schluss, dass eine teilweise Freigabe (Artikel 4 Absatz 6 der Verordnung 1049/2001) nicht gewährt werden könne und kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 bestehe.

1.2 In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten behauptete der Beschwerdeführer unter Vorbringung verschiedener Argumente, dass die Kommission ihm unrechtmäßig den Zugang zu dem Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 an den Direktor von OLAF verweigert habe, und er forderte Zugang zu diesem Schreiben. Der Bürgerbeauftragte leitete eine Untersuchung zu diesem Vorwurf und dieser Forderung ein.

1.3 In ihrer Stellungnahme zu der Beschwerde bestätigte die Kommission ihre frühere Position, die sie dem Beschwerdeführer bereits mitgeteilt hatte, und stellte fest, das Schreiben enthalte „die Stellungnahme des Generalsekretärs zur internen Verwendung als Teil eines Meinungsaustausches mit anderen Kommissionsdienststellen. Die Kommission argumentierte [ursprünglich gegenüber dem Beschwerdeführer], dass ihr Entscheidungsprozess ernsthaft beeinträchtigt würde, da er unter externen Druck geriete mit der Folge, dass innerhalb der Kommission keine unabhängige Beratung mehr möglich wäre.“ In seinen Anmerkungen hielt der Beschwerdeführer an dem genannten Vorwurf und seiner Forderung fest.

1.4 Unter Berücksichtigung der Argumente der Parteien unterbreitete der Bürgerbeauftragte einen Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung, die sich auf die nachstehenden Erwägungen 1.5 bis 1.8 stützt.

1.5 Zunächst erinnerte der Bürgerbeauftragte daran, dass gemäß der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe der Gemeinschaft die Ausnahmen vom öffentlichen Zugang zu Dokumenten eng ausgelegt und strikt angewandt werden müssen, so dass die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes der öffentlichen Zugänglichkeit, wie er in der Verordnung 1049/2001 verankert ist, nicht infrage gestellt wird(7). Falls ein Antrag auf Zugang zu Dokumenten von dem betroffenen Organ zurückgewiesen wird, muss dieses nachweisen, dass das fragliche Dokument in der Tat unter die Ausnahmen nach der Verordnung 1049/2001 fällt(8). In diesem Fall muss die nach Artikel 253 EGV vorgeschriebene Begründung die Überlegungen, die zur Verweigerung des Zugangs geführt haben, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Bürgerbeauftragte im Falle einer Beschwerde seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. (Vgl. a.a.O. Randnr. 59). Es kann sich allerdings als unmöglich erweisen, die Gründe für die vertrauliche Behandlung jedes Dokuments anzugeben, ohne den Inhalt dieses Dokuments bekannt zu machen und damit die wesentliche Zweckbestimmung der Ausnahme zu verfehlen(9).

Aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich zudem, dass die Prüfung, die für die Behandlung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten erforderlich ist, konkret sein muss. Dem Gerichtshof zufolge kann zum einen der bloße Umstand, dass ein Dokument ein durch eine Ausnahme geschütztes Interesse betrifft, nicht ausreichen, um die Anwendung der Ausnahme zu rechtfertigen Zum anderen muss die Gefahr einer Beeinträchtigung eines geschützten Interesses absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein. Die Prüfung, die das Organ durchführen muss, um eine Ausnahme anzuwenden, muss daher konkret sein und aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen. Eine konkrete und individuelle Prüfung jedes Dokuments ist auch deswegen erforderlich, weil – auch in den Fällen, in denen klar ist, dass ein Antrag auf Akteneinsicht von einer Ausnahme erfasste Dokumente betrifft – nur eine solche Prüfung es dem Organ ermöglicht, zu beurteilen, ob dem Antragsteller teilweiser Zugang nach Artikel 4 Absatz 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 gewährt werden kann. In diesem Zusammenhang erscheint eine Prüfung von Dokumenten nach Kategorien statt nach ihrem genauen Inhalt unzureichend, da die Prüfung, zu der ein Organ verpflichtet ist, es ihm ermöglichen muss, konkret zu beurteilen, ob eine geltend gemachte Ausnahme auch tatsächlich für den gesamten Inhalt dieses Dokuments gilt oder nur für Teile davon(10).

Wenn das Organ den Zugang zu einem Dokument unter Berufung auf Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001verweigert, implizieren die vorgenannten Grundsätze unter anderem, dass:

(i) der Umstand, dass das fragliche Dokument ein (Rechts)Gutachten ist, für sich allein nicht die Anwendung der angeführten Ausnahme rechtfertigen kann(11);

(ii) die Entscheidung zur Verweigerung des Zugangs zumindest grundsätzlich den Gegenstand des angeführten Entscheidungsprozesses offen legen muss(12).

1.6 Im vorliegenden Fall verweigerte die Kommission mit Entscheidungen vom 3. November 2004 und 6. Januar 2005 (letztere bezieht sich auf den Zweitantrag des Beschwerdeführers) den Zugang zu einem Schreiben des Generalsekretärs an den Generaldirektor von OLAF vom 18. Dezember 2003 unter Berufung auf die in Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 vorgesehene Ausnahme. In diesem Zusammenhang brachte die Kommission folgende Argumente vor:

(a) Der Schutz der Vertraulichkeit der internen Beratungen („space to think“) sei eine grundlegende Voraussetzung für den Entscheidungsprozess der Kommission. Es sei wichtig für die Kommission, Dokumente für interne Beratungen erstellen zu können, ohne bereits die Möglichkeit einer Veröffentlichung in Betracht ziehen zu müssen.

(b) Das Schreiben habe eine Beschwerde im Zusammenhang mit OLAFs interner Untersuchung OF/2002/0356 betroffen. Es betraf jedoch nicht unmittelbar die eigentliche Untersuchung.

(c) Das Schreiben sei sehr kurz gewesen und habe keine nicht vertraulichen Informationen enthalten, die in Teilen hätten freigegeben werden können.

Der Bürgerbeauftragte stellte fest, dass Begründung a für die beanstandete Verweigerung eindeutig unangemessen war, da sie es sich allgemein auf Entwürfe von Dokumenten für interne Beratungen bezog. Die Verordnung 1049/2001 sieht jedoch keine Ausnahmen für den Zugang zu dieser Kategorie von Dokumenten vor. Begründung b war ebenso unangemessen, da sie den Gegenstand des angesprochenen Entscheidungsprozesses nicht offen legte. Auch Begründung c lieferte keine angemessene Erklärung für die Anwendung der in Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme, da sie nur auf die Frage des teilweisen Zugangs einging.

1.7 Im Rahmen der Untersuchungen des Bürgerbeauftragten gab die Kommission folgende Erklärungen ab:

(i) Der Freigabe des Schreibens würde ihren Entscheidungsprozess deutlich beeinträchtigen. Durch eine solche Freigabe geriete sie unter Druck von außen mit der Folge, dass innerhalb der Kommission keine unabhängige Beratung mehr möglich sei.

(ii) Das Schreiben habe nicht auf den Gegenstand der OLAF-Untersuchung abgehoben, sondern auf Verfahrensfragen, die bezüglich dieser Untersuchung in einer Beschwerde angesprochen worden waren. Diese Erklärung habe den Zweck des Schreibens verdeutlicht, ohne dessen Inhalt preiszugeben und damit die wesentliche Zweckbestimmung der Ausnahme zu verfehlen.

Der Bürgerbeauftragte stellte fest, dass abgesehen von der Tatsache, dass der Begriff „unabhängige“ Beratung nicht erläutert wurde, die Erklärung i genauso fehlerbehaftet zu sein schien wie Begründung a. Erklärung ii offenbare nicht den Gegenstand des angesprochenen Entscheidungsprozesses, sondern weise lediglich darauf hin, dass es sich um Verfahrensfragen handele, die bezüglich einer OLAF-Untersuchung in einer Beschwerde angesprochen worden waren. Auf diese Verfahrensfragen wurde nicht näher eingegangen und somit auch nicht erklärt, warum aufgrund des Gegenstands des Entscheidungsprozesses eine Freigabe diesen Prozess ernstlich beeinträchtigen würde.

1.8 In Anbetracht dieser Umstände vertrat der Bürgerbeauftragte die Auffassung, dass sich die Begründung der Kommission für die beanstandete Verweigerung (auch in der ergänzenden Stellungnahme der Kommission zu dieser Beschwerde) diese Verweigerung und die Anwendung der in Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme auf das fragliche Dokument als nicht ausreichend erwies. Folglich liegt bei der beanstandeten Verweigerung des Zugangs zu dem fraglichen Dokument offensichtlich ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit vor.

1.9 Der Bürgerbeauftragte unterbreitete der Kommission daher einen Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung. Er schlug vor, die Kommission möge ihre Verweigerung des Zugangs zu dem fraglichen Dokument überdenken und Zugang dazu gewähren, sofern sie nicht gemäß der Verordnung 1049/2001 stichhaltige, angemessene und genaue Gründe für ihre ablehnende Haltung angeben könne.

1.10 In ihrer Antwort auf den Vorschlag des Bürgerbeauftragten gab die Kommission folgende Erklärungen ab:

Bei dem Dokument, zu dem der Beschwerdeführer Zugang beantragte, handele es sich um einen Schreiben des Generalsekretärs der Kommission an den Generaldirektor von OLAF vom 18. Dezember 2003 betreffend die OLAF-Untersuchung OF/2002/0356, die auf der Grundlage von Informationen des Beschwerdeführers eingeleitet worden war. Dieses Schreiben beziehe sich nicht auf den Gegenstand der Untersuchungen, sondern auf Verfahrensfragen und sei Teil eines Informationsaustausches zwischen dem Generalsekretär und dem Generaldirektor, wie er in dem Verhaltenskodex für den Informationsaustausch mit OLAF im Rahmen von dessen Untersuchungen vereinbart worden sei.

Das fragliche Dokument enthalte Standpunkte des Generalsekretärs und Fragen an den Generaldirektor von OLAF, die sich auf den Verfahrensablauf der Untersuchung und mögliche Folgemaßnahmen bezögen. Die Kommission vertrete die Ansicht, dass eine Freigabe dieses Dokuments einen Eingriff in die internen Beratungen über die Ergreifung von Maßnahmen im Anschluss an eine OLAF-Untersuchung darstellen würde.

Aus diesem Grund sei das fragliche Dokument als EU-Verschlusssache eingestuft und nach dem „Need-to-Know“-Prinzip an einen begrenzten Kreis von Personen verteilt worden.

Die Kommission bleibe bei ihrer Position, dass die Ausnahme in Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 anwendbar sei und kein überwiegendes öffentliches Interesse geltend gemacht werden könne, das die Freigabe des fraglichen Dokument rechtfertigen würde.

1.11 Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass die Kommission in der vorstehenden Antwort im Wesentlichen die (unzureichende) Begründung wiederholte, mit der sie bereits zuvor die beanstandete Verweigerung gerechtfertigt hatte. Zusätzlich gab sie an, dass das fragliche Dokument Meinungsäußerungen des Generalsekretärs zu möglichen Folgemaßnahmen im Zusammenhang mit der OLAF-Untersuchung enthalte und die Freigabe dieses Dokuments ein Eingriff in die internen Beratungen über die im Anschluss an die OLAF-Untersuchung zu ergreifenden Maßnahmen darstellen würde. Allerdings geht aus dieser Erklärung der Gegenstand des fraglichen Entscheidungsprozesses nicht eindeutig genug hervor, und es wird auch nicht erklärt, warum aufgrund dieses Gegenstands eine Dokumentenfreigabe den Entscheidungs prozess ernstlich beeinträchtigen würde.

1.12 Vor diesem Hintergrund bleibt der Bürgerbeauftragte bei seinem Ergebnis, dass bei der beanstandeten Verweigerung des Zugangs zu dem fraglichen Dokument ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit vorliegt.

1.13 Der Bürgerbeauftragte erinnert daran, dass er bereits einen begründeten Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung in diesem Fall unterbreitet hat. Des Weiteren stellt er fest, dass er bereits mit einer beträchtlichen Anzahl von Beschwerden dieses Beschwerdeführers gegen die Kommission befasst wurde. Diese Fälle zeigen, dass zwischen den Parteien ein genereller und heftiger Streit besteht, in dem das Organ auf seinen (oft grundsätzlichen) Positionen beharrt, obwohl der Bürgerbeauftragte diese anhand einer begründeten Analyse nicht für gerechtfertigt hielt. Der Bürgerbeauftragte bedauert auch, dass die Heftigkeit dieses Streits zwischen der Kommission und dem Beschwerdeführer und dem damit zusammenhängenden Zusammenbruch der Kommunikation es aus praktischen Gründen unmöglich gemacht haben, zu einer sinnvollen Lösung für diese Beschwerde zu gelangen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Art und Weise, wie die Kommission im Rahmen dieser Untersuchung die Ausnahme nach Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 interpretiert und angewandt hat, hält der Bürgerbeauftragte es nicht für zweckmäßig, diesen Fall weiter zu verfolgen und einen Empfehlungsentwurf im Zusammenhang mit dem unter Ziffer 1.12 dieser Entscheidung festgestellten Missstand in der Verwaltungstätigkeit auszuarbeiten. Der Bürgerbeauftragte wird daher nachstehend eine kritische Anmerkung dazu vorbringen.

2 Vorwurf der Verzögerung in der Bearbeitung der Anträge auf Dokumentenzugang des Beschwerdeführers durch die Kommission

2.1 In ihrer Stellungnahme zu der Beschwerde räumte die Kommission die Verzögerung in der Bearbeitung des Erstantrags des Beschwerdeführers ein und entschuldigte sich dafür. In seinen Anmerkungen nahm der Beschwerdeführer die Entschuldigung der Kommission an. Dadurch erübrigen sich weitere Untersuchungen und Betrachtungen im Zusammenhang mit diesem Aspekt des Falles.

2.2 In Bezug auf die angebliche Verzögerung bei der Behandlung des Zweitantrags des Beschwerdeführers wies die Kommission jedoch in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass sie die in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung 1049/2001 vorgesehene Frist von 15 Arbeitstagen eingehalten habe. Der Zweitantrag des Beschwerdeführers sei am 3. Dezember 2004 abgesandt und am 8. Dezember 2004 registriert worden. Folglich sei die Frist am 9. Dezember 2004 an- und am 6. Januar 2005 abgelaufen, an dem Tag also, als der Beschwerdeführer die Antwort des Generalsekretärs erhalten habe. Die Büros der Kommission seien vom 24. bis 31. Dezember geschlossen gewesen und diese sechs Tage zählten nicht als Arbeitstage. Des Weiteren nahm die Kommission Stellung zu dem Argument des Beschwerdeführers, der Grundsatz der guten Verwaltung verlange, dass ein Antrag spätestens am auf den Eingang folgenden Arbeitstag registriert werden müsse. Dem setzte die Kommission entgegen, dass erstens der 3. Dezember 2004, der Tag des Eingangs der E-Mail des Beschwerdeführers, mit der er seinen Zweitantrag stellte, ein Freitag war und der nächste Arbeitstag der 6. Dezember 2004 gewesen sei. Zweitens erhielte die für den Zugang zu Dokumenten zuständige Dienststelle der Kommission täglich eine beträchtliche Anzahl von Anträgen auf Dokumentenzugang sowie andere allgemeinere Anträge. Alle diese Anträge müssten identifiziert, registriert und an die zuständige Abteilung weitergeleitet werden. Es überrasche daher nicht, wenn die Anträge nicht am Tage ihres Eingangs registriert würden, da die Kommission die eingehenden Anträge in der Reihenfolge ihres Eintreffens behandle.

2.3 In dem einschlägigen Teil seiner Anmerkungen stellte der Beschwerdeführer fest, dass die Kommission es versäumt habe, den Antrag unverzüglich zu behandeln und die in der Verordnung 1049/2001 vorgesehenen Fristen maximal ausgeschöpft habe, was nicht im Sinne dieser Verordnung sei.

2.4 Der Bürgerbeauftragte erinnert daran, dass gemäß Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung 1049/2001 Erst- und Zweitanträge auf Zugang zu Dokumenten unverzüglich bearbeitet werden müssen und eine Antwort darauf binnen 15 Arbeitstagen ab dem Zeitpunkt ihrer Registrierung erfolgen muss. Der Bürgerbeauftragte vertrat die Auffassung, dass die Verpflichtung zur unverzüglichen Bearbeitung von Anträgen mit sich bringt, dass die Kommission ihre Verwaltungsdienste so organisieren muss, dass eine Registrierung im Regelfall spätestens einen Arbeitstag nach den Eingang eines Antrags erfolgt(13). Im vorliegenden Fall scheint der Zweitantrag des Beschwerdeführers am dritten Arbeitstag nach Eingang registriert worden zu sein. Gemessen an der zuvor genannten Faustregel, die kürzlich vom Bürgerbeauftragten aufgestellt wurde, war also offensichtlich eine kleine Verzögerung aufgetreten. Der Bürgerbeauftragte hält es nicht für gerechtfertigt, diesem Vorwurf des Beschwerdeführers weiter nachzugehen. Er bekräftigt seine zuvor erwähnte Schlussfolgerung und vertraut darauf, dass die Kommission positiv darauf reagieren wird, um künftig Fälle wie diesen zu vermeiden.

2.5 In seinen Anmerkungen behauptete der Beschwerdeführer, dass die Kommission es versäumt habe, seinen Zweitantrag unverzüglich zu behandeln und die in der Verordnung 1049/2001 vorgesehenen Fristen maximal ausgeschöpft habe, was nicht im Sinne dieser Verordnung sei. Diese Behauptung bezieht sich offenbar auf die Einhaltung der Fristen bei der Bearbeitung des Zweitantrags durch die Kommission im Anschluss an dessen Registrierung und spezieller auf die Verpflichtung zur „unverzüglichen“ Bearbeitung von Anträgen im Zusammenhang mit der Pflicht, sie binnen einer Frist von 15 Arbeitstagen zu beantworten.

Auch wenn die Ausschöpfung der genannten Frist von 15 Arbeitstagen unter bestimmten Umständen einem Verstoß gegen die Verpflichtung zur „unverzüglichen“ Bearbeitung von Anträgen gleichzusetzen wäre, vertritt der Bürgerbeauftragte nicht die Auffassung, dass er schlüssige Beweise oder Argumente dafür erhalten hat, dass in diesem Fall ein solcher Verstoß vorliegt. Folglich liegen im Zusammenhang mit der vorstehenden Behauptung des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte für einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit vor.

3 Vorwurf der unangemessenen versteckten Andeutungen von Seiten der Kommission

3.1 In seinen Anmerkungen wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Kommission ihrer Stellungnahme eine Anlage mit dem Titel „Übersicht über die verschiedenen Anträge auf Dokumentenzugang im Rahmen des von OLAF untersuchten Falles OF/2002/0356“ beigefügt habe. Diese Anlage enthielt eine Übersicht über 23 Anträge auf Dokumentenzugang bzw. Auskunftsersuchen, die der Beschwerdeführer vom 3. März 2004 bis 27. März 2005 gestellt hatte. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass die Kommission in ihrer Stellungnahme an keiner Stelle Bezug auf diese Anlage nehme. Er schloss daraus, dass diese Liste von der Kommission nur deshalb vorgelegt wurde, um ihn als notorischen Unruhestifter darzustellen, und ihr einziger Zweck darin lag, ihn zu diskreditieren.

3.2 Nachdem der Bürgerbeauftragte festgestellt hatte, dass in der Stellungnahme der Kommission in der Tat keinerlei Bezug auf die genannte Anlage genommen wurde, bat er die Kommission zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, sie habe ihrer Stellungnahme nur deshalb eine Übersicht über die verschiedenen Anträge des Beschwerdeführers auf Dokumentenzugang beigefügt, um den Beschwerdeführer als notorischen Unruhestifter darzustellen, und der einzige Zweck habe darin gelegen, ihn zu diskreditieren.

3.3 In ihrer Stellungnahme betonte die Kommission, dass die beigefügte Übersicht erstellt worden war, um Hintergrundinformationen zum Stand dieser Anträge zu liefern, die allesamt dieselbe Untersuchung von OLAF betrafen, jedoch von unterschiedlichen Dienststellen bearbeitet wurden. Wie die Kommission in ihrer ersten Stellungnahme erläutert habe, müsse die Bearbeitung des Antrags auf Einsicht in das Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Dezember 2003 (die Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist) im Zusammenhang mit der OLAF-Untersuchung OF/2002/0356 gesehen werden. Die Übersicht in der Anlage habe lediglich die Bearbeitung dieser Anträge zusammengefasst. Der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, die verschiedenen Anträge gestellt zu haben. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Kommission wolle ihn durch die Erstellung einer Liste zum Stand der Dinge im Zusammenhang mit diesen unterschiedlichen, miteinander zusammenhängenden Anträgen als „notorischen Unruhestifter" darstellen, sei die persönliche Auslegung des Beschwerdeführers.

In seinen Anmerkungen hielt der Beschwerdeführer an seinem Vorwurf fest.

3.4 Der Bürgerbeauftragte weist darauf hin, dass die Stellungnahmen der Gemeinschaftsorgane zu den bei ihm eingereichten Beschwerden in angemessener und nachvollziehbaren Form abgefasst sein sollten und den Gegenstand der fraglichen Untersuchung berücksichtigen sollten. Dies impliziert unter anderem, dass die in der Stellungnahme enthaltenen Erklärungen bzw. Informationen einen Bezug zu den untersuchten Vorwürfen und der Antwort des Organs auf diese Vorwürfe haben müssen.

3.5 Der Bürgerbeauftragte erinnert daran, dass es in der laufenden Untersuchung um die Vorwürfe des Beschwerdeführers wegen Verzögerungen bei der Behandlung seines Erst- und Zweitantrags auf Zugang zu einem spezifischen Dokument geht sowie um die Weigerung der Kommission, diesen Anträgen stattzugeben. Die Stellungnahme der Kommission zu der Beschwerde sollte sich daher in angemessener und nachvollziehbarer Form auf diese vom Bürgerbeauftragten untersuchten Vorwürfe beziehen. In der Stellungnahme der Kommission zu der Beschwerde wurde keinerlei Bezug auf die genannte Anlage (tabellarische Übersicht) genommen, die Informationen enthielt, die für die Untersuchungen des Bürgerbeauftragten im Falle des Beschwerdeführers nicht relevant waren. Darüber hinaus ist es der Kommission nicht gelungen, eine plausible Erklärung dafür zu liefern, warum sie ihrer Stellungnahme diese Anlage beifügte. Ihr Argument, sie habe damit die Anträge des Beschwerdeführers auf Zugang zu Dokumenten im Rahmen der gleichen OLAF-Untersuchung zusammenstellen wollen, gibt keinen weiteren Aufschluss, da die Kommission nicht erklärt, warum sie dem Bürgerbeauftragten im Zusammenhang mit der laufenden Untersuchung diese Information als Teil ihrer Stellungnahme zu den Vorwürfen des Beschwerdeführers zukommen lassen wollte. Andererseits hat der Beschwerdeführer eine plausible Erklärung für die Einfügung dieser Information in die Stellungnahme des Organs geliefert.

3.6 Vor diesem Hintergrund kommt der Bürgerbeauftragte zu dem Schluss, dass die Einfügung der besagten Anlage in die Stellungnahme der Kommission vom 17. Juni 2005 nicht mit den in Ziffer 3.4 aufgeführten Anforderungen in Einklang steht. Obwohl der Bürgerbeauftragte nicht ausschließt, dass diese Anlage aufzeigen sollte, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen notorischen Unruhestifter handelt, und sie ihn diskreditieren sollte, kommt er zu dem Schluss, dass nicht bewiesen ist, dass dem tatsächlich so war, und dass die Kommission mit der Übermittlung dieser Anlage an den Bürgerbeauftragten lediglich die vorstehend genannten Anforderungen nicht erfüllt hat. Es versteht sich im Zusammenhang damit von selbst, dass ein solcher Versuch von Seiten eines Organs den Bürgerbeauftragten in seiner Bewertung der untersuchten Vorwürfe niemals beeinflussen könnte. Etwas Anderes anzunehmen, wäre nicht nur unangebracht, sondern auch naiv.

3.7 Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich für den Bürgerbeauftragten, dass hinsichtlich des Vorwurfs des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte für einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit vorliegen. Allerdings verweist der Bürgerbeauftragte die Kommission auf seine Anmerkungen in Ziffer 3.4 und auf seine Schlussfolgerung, dass ihre Stellungnahme vom 17. Juni 2005 die in dieser Ziffer genannten Anforderungen nicht erfüllt. Der Bürgerbeauftragte wird dazu nachstehend eine weitere Anmerkung vorbringen.

4 Schlussfolgerung

Auf der Grundlage der Untersuchungen des Bürgerbeauftragten im Zusammenhang mit dieser Beschwerde ist folgende kritische Anmerkung angebracht:

Die Gründe der Kommission für ihre beanstandete Verweigerung, Zugang zu dem fraglichen Dokument zu gewähren (auch in den ergänzenden Stellungnahmen der Kommission zu dieser Beschwerde), stützen diese Verweigerung und die Anwendung der in Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme nicht hinreichend. Folglich liegt bei der beanstandeten Verweigerung des Zugangs zu dem fraglichen Dokument ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit vor.

Der Präsident der Kommission wird von dieser Entscheidung, die den Fall abschließt, ebenfalls unterrichtet.

Weitere Anmerkung

Die Stellungnahmen der Gemeinschaftsorgane zu den beim Bürgerbeauftragten eingereichten Beschwerden sollten in angemessener und nachvollziehbarer Form abgefasst sein und dem Gegenstand der fraglichen Untersuchung Rechnung tragen. Dies impliziert unter anderem, dass die in der Stellungnahme enthaltenen Erklärungen bzw. Informationen einen Bezug zu den untersuchten Vorwürfen und der Antwort des Organs auf diese Vorwürfe haben müssen. Die Einfügung der Anlage „Übersicht über die verschiedenen Anträge auf Dokumentenzugang im Rahmen des von OLAF untersuchten Falles OF/2002/0356“ in die Stellungnahme der Kommission vom 17. Juni 2005 stand nicht in Einklang mit diesen Anforderungen. Die Kommission wird aufgefordert, diese Anmerkungen bei der Abfassung ihrer Stellungnahmen zu Beschwerden beim Bürgerbeauftragten zu berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS


(1) ABl. L 145 vom 30.5.2001, S. 43.

(2) Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF), ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 1.

(3) Rechtssachen T-204/99, Olli Mattila/Rat und Kommission, Slg. 2001, II-2265, Randnr. 87 und T-105/95 WWF UK/Kommission, Slg. 1997, II-313, Randnr. 65 sowie die verbundenen Rechtssachen T-l10/03, T-150/03 und T-405/03, Sison/Rat, Slg. 2005, II-1429, Randnr. 84.

(4) Verbundene Rechtssachen T-l10/03, T-150/03 und T-405/03, Sison/Rat, Slg. 2005, II-1429, Randnr. 50 bis 52.

(5) Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten, ABl. L 113 von 1994, S. 15.

(6) Der Bürgerbeauftragte wies ebenfalls darauf hin, dass in Einklang mit Artikel 6 der Durchführungsbestimmungen des Bürgerbeauftragten der Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung weder den Vorwurf des Beschwerdeführers bezüglich der verspäteten Bearbeitung seines Zweitantrags noch den Vorwurf bezüglich der Angemessenheit der in der Stellungnahme der Kommission enthaltenen Anlage mit Referenzen zu anderen Zugangsanträgen des Beschwerdeführers einschloss. Die Prüfung dieser Vorwürfe durch den Bürgerbeauftragten wird in der endgültigen Entscheidung zum Abschluss dieser Untersuchung dargelegt werden.

(7) Verbundene Rechtssachen T-l10/03, T-150/03 und T-405/03, Sison/Rat, Slg. 2005, II-1429, Randnr. 45.

(8) Rechtssache Sison, a.a.O., Randnr. 60.

(9) Rechtssache Sison, a.a.O., Randnr. 60.

(10) Verbundene Rechtssachen T-391/03 und T-70/04, Franchet/Kommission, Slg. 2006, II-2023, Randnr. 115-117. Siehe auch Rechtssache T-36/04, API/Kommission, Urteil vom 12. September 2007 [noch nicht in der Sammlung veröffentlicht], Randnr. 54 und 56 (zitierte Rechtssachen).

(11) Rechtssache T-84/03, Turco/Kommission, Slg. 2004, II-4061, Randnr. 71.

(12) Der Bürgerbeauftragte schloss die Möglichkeit nicht aus, dass in Ausnahmefällen die Enthüllung des genauen Gegenstands des fraglichen Entscheidungsprozesses diesen ernstlich beeinträchtigen könne und somit die wesentliche Zweckbestimmung der Ausnahme verfehlt werde. Wenn aber bei dem zuständigen Gericht der Gemeinschaft bzw. dem Bürgerbeauftragten eine Nichtigkeitsklage bzw. Beschwerde wegen eines ablehnenden Bescheids in einem solchen Fall eingereicht wird, kann die einschlägige Information dem Gericht bzw. dem Bürgerbeauftragten nicht vorenthalten werden, wenn das Gericht bzw. der Bürgerbeauftragte ihre Kontrollaufgabe sinnvoll wahrnehmen sollen.

(13) Vgl. weitere Anmerkungen des Bürgerbeauftragten in seiner Entscheidung zu der Beschwerde 3697/2006/PB.