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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1319/2004/GG gegen die Europäische Kommission
Decision
Case 1319/2004/GG - Opened on Monday | 17 May 2004 - Decision on Monday | 13 September 2004
Straßburg, den 13. September 2004
Sehr geehrte Frau S.,
in einem Schreiben vom 5. Mai 2004, das mir am 6. Mai 2004 übermittelt wurde, reichten Sie im Namen der "Ausbildungspartnerschaft Westfalen-Lippe (AWL) c/o Fachhochschule Bielefeld" eine Beschwerde gegen die Europäische Kommission betreffend die Verpflichtung ein, Zinsen für Beträge zu zahlen, die nicht für ein Leonardo da Vinci-Projekt verwendet wurden.
Am 17. Mai 2004 übermittelte ich die Beschwerde dem Präsidenten der Europäischen Kommission. In meinem Schreiben vom selben Tag, in dem ich Ihnen dies mitteilte, ersuchte ich Sie um Klarstellung der Identität des Beschwerdeführers. In Ihrer Antwort vom 25. Mai 2004 legten Sie dar, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die Fachhochschule Bielefeld handelt. Eine Kopie Ihres Schreibens übermittelte ich am 2. Juni 2004 an die Kommission.
Die Kommission übermittelte am 3. August 2004 ihre Stellungnahme auf Französisch. Am 10. August 2004 übersandte sie mir eine Übersetzung dieser Stellungnahme ins Deutsche. Ich leitete diese Übersetzung am 23. August 2004 mit der Bitte um Bemerkungen an Sie weiter.
In einem (bei mir am 23. August 2004 eingegangenen) Schreiben vom 18. August 2004 teilten Sie mir mit, dass Sie die Beschwerde für erledigt hielten.
Ich möchte Ihnen nunmehr die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung mitteilen.
DIE BESCHWERDE
Die vorliegende Beschwerde betrifft ein Leonardo da Vinci-Projekt (Projekt D/99/2/11046/PL/II.1.2a/FPI), das von der Fachhochschule Bielefeld durchgeführt wurde.
Am 25. Oktober 2001 übermittelte die Fachhochschule den Schlussbericht für das Projekt. In diesem Bericht hieß es, dass ein Betrag von 116 312,50 Euro nicht verwendet worden und an die Kommission zurückzuzahlen sei.
In einem weiteren Schreiben vom 22. April 2002 teilte die Fachhochschule der Kommission mit, dass sie bisher keine Antwort auf ihr Schreiben und den Schlussbericht vom 25. Oktober 2001 erhalten habe. Die Fachhochschule wies darauf hin, dass sie die Angabe eines Kontos benötige, auf das sie den vorgenannten Betrag überweisen könne. Sie betonte ferner, dass es Hochschulen nicht erlaubt sei, Sparkonten anzulegen, sodass sie nicht in der Lage sei, Zinsen auf die zurückzuzahlenden Restmittel zu zahlen.
Am 14. November 2002 wies der Rechnungsführer der Kommission die Fachhochschule in einem Schreiben darauf hin, dass sie einen Betrag von 129 282,92 Euro (bestehend aus einem Betrag von 118 620,50 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 10 470,42 Euro) an die Kommission zu zahlen habe.
Am 16. April 2003 teilte die Fachhochschule der Kommission mit, dass sie den Betrag von 118 620,50 Euro zurückgezahlt habe, sich jedoch nicht in der Lage sehe, den von der Kommission geforderten Zinsbetrag zu zahlen. Die Fachhochschule betonte, dass sie Projektmittel, die nicht verausgabt worden seien, nicht zinsbringend auf einem Bankkonto anlegen könne, und bat daher die Kommission, ihre Zinsberechnung noch einmal zu überprüfen.
In einem am 14. November 2003 übermittelten Fax nahm die Kommission Bezug auf das Schreiben vom 16. April 2003 und wies darauf hin, dass sie beabsichtige, die Bearbeitung der Zinsforderung in naher Zukunft abzuschließen. Zu diesem Zweck ersuchte die Kommission die Beschwerdeführerin, bis 8. Dezember 2003 Dokumente zu übermitteln, aus denen eindeutig hervorgehe, dass sie nicht dazu in der Lage sei, Beträge auf einem Konto anzulegen, auf dem Zinsen daraus erwirtschaftet werden könnten. Am 11. Dezember 2003 bestätigte die Fachhochschule, dass es ihr nicht gestattet sei, Mittel verzinslich anzulegen, und verwies dabei auf die Landeshaushaltsordnung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Mit Schreiben vom 18. März 2004 teilte die Generaldirektion (GD) Haushalt der Europäischen Kommission der Fachhochschule mit, dass der Betrag von 10 662,42 Euro noch immer nicht eingegangen sei. Die Kommission wies ferner darauf hin, dass auf diesen Betrag bis zu seiner vollständigen Begleichung durch die Fachhochschule Zinsen zu zahlen seien.
Am 31. März 2004 übermittelte die Beschwerdeführerin der GD Haushalt Kopien ihres letzten Schriftverkehrs mit der Kommission und ersuchte um Zurückstellung ihrer Forderung.
In ihrer Beschwerde an den Bürgerbeauftragten machte die Fachhochschule im Wesentlichen geltend, die Kommission habe sich falsch verhalten, als sie die Zahlung von Zinsen auf den an die Kommission zurückzuzahlenden Betrag forderte. Die Fachhochschule forderte, die Kommission solle ihren Widerspruch annehmen und die gesamte Zinsforderung zurücknehmen.
DIE UNTERSUCHUNG
Die Stellungnahme der KommissionIn ihrer Stellungnahme machte die Kommission folgende Ausführungen:
In Artikel 4.7 der Zuschussvereinbarung, die zwischen der Kommission und dem Zuschussempfänger unterzeichnet wurde, heiße es: „An den Vertragsnehmer oder an den Partner überwiesene Beträge, die nicht innerhalb von 45 Tagen verwendet werden, sind zinsbringend anzulegen. Die so erwirtschafteten Zinsen sind in der Abrechnung anzugeben und an den Zuschussempfänger zu überweisen, der sie auf ein auf die Kommission lautendes Konto einzahlt.“ Gemäß diesem Artikel habe die Kommission daher eine Zinsforderung für die von ihr bereitgestellten und nicht innerhalb von 45 Tagen verwendeten Beträge.
Dies entspreche im Übrigen der neuen Haushaltsordnung und den zugehörigen Durchführungsbestimmungen. In Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248 von 2002, S. 1) heiße es: „Die Zinserträge aus Mitteln, die Eigentum der Europäischen Gemeinschaften sind, werden vorbehaltlich der Artikel 18 und 74 als sonstige Einnahmen in den Haushaltsplan eingesetzt“. Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1065/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 357 von 2002, S. 1) bestimme in Artikel 3.1: „Die Vorfinanzierungen im Sinne von Artikel 105 bleiben Eigentum der Gemeinschaften, es sei denn, im Basisrechtsakt im Sinne von Artikel 49 Absatz 1 der Haushaltsordnung ist etwas anderes bestimmt.“
Die Dienststellen der Kommission seien verpflichtet, die finanziellen Interessen der Gemeinschaft zu wahren; hierzu müssten sie die Beträge einfordern, die von Zuschussempfängern aufgrund bestehender Zuschussvereinbarungen fällig seien.
Wenn jedoch der Projektträger den eindeutigen Nachweis erbringe, dass es ihm rechtlich nicht möglich gewesen sei, die Gelder zinsbringend anzulegen, so werde das Dossier erneut aufgerollt und die Zinsforderung gegebenenfalls zurückgezogen.
Die Fachhochschule habe geltend gemacht, dass es ihr in Deutschland gesetzlich nicht möglich sei, die erhaltenen Beträge zinsbringend anzulegen. Die von der Beschwerdeführerin am 11. Dezember 2003 übermittelten Belege und die Haushaltsvorschriften, auf die sie sich bezogen habe, hätten es der Kommission jedoch nicht ermöglicht, ihre Haltung hinsichtlich der Zinsforderung zu ändern.
Um jegliche Fehlinterpretation zu vermeiden, sei beim Zuschussempfänger am 19. Mai 2004 eine Kopie der im Schreiben erwähnten Haushaltsbestimmungen angefordert worden. Da keine Antwort eingegangen sei, sei dieses Ersuchen am 3. Juni 2004 per Fax wiederholt worden.
Auf der Grundlage der der Kommission vorliegenden Informationen sei es der Kommission zum jetzigen Zeitpunkt daher nicht möglich, ihre Haltung hinsichtlich der Zinsforderung zu ändern. Wenn sich indes nach abschließender Prüfung der Akte erweisen sollte, dass es der FH gesetzlich untersagt sei, Gelder auf zinsbringenden Konten anzulegen, werde der Fall erneut geprüft und die Zinsforderung ggf. aufgehoben werden.
Das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 18. August 2004In einem Schreiben vom 18. August 2004 teilte die Beschwerdeführerin dem Bürgerbeauftragten mit, dass die GD Bildung und Kultur der Kommission in einem Schreiben vom 9. August 2004 ihre Einwände gegen die erhobenen Zinsforderungen akzeptiert habe. Vorbehaltlich der Zustimmung der internen Finanzkontrolle der Kommission sei das streitgegenständliche Leonardo da Vinci-Projekt damit abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin erklärte daher die Beschwerde für erledigt und bedankte sich beim Bürgerbeauftragten für seine Befassung mit der Beschwerde.
DIE ENTSCHEIDUNG
1 Vorwurf einer ungerechtfertigten Zinsforderung1.1 Die vorliegende Beschwerde betraf ein Leonardo da Vinci-Projekt, das von der Beschwerdeführerin, der Fachhochschule Bielefeld, ausgeführt wurde. Ein Betrag von 118 620,50 Euro, den die Kommission bereitgestellt hatte, war nicht verwendet und von der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß zurückgezahlt worden. Die Kommission ersuchte die Beschwerdeführerin, Zinsen in Höhe von 10 470,42 Euro für diese Summe zu zahlen. Die Fachhochschule erklärte diese Forderung für unbegründet und forderte, dass die Kommission sie zurückziehen solle.
1.2 In ihrer Stellungnahme erklärte die Kommission, dass in der Zuschussvereinbarung die Zahlung von Zinsen auf Beträge vorgesehen sei, die nicht verwendet wurden, und dass dies auch der neuen Haushaltsordnung und den dazugehörigen Durchführungsbestimmungen entspreche. Die Kommission ergänzte jedoch, dass in dem Fall, in dem der Projektträger den eindeutigen Nachweis erbringe, dass es ihm rechtlich nicht möglich sei, die Gelder zinsbringend anzulegen, das Dossier erneut aufgerollt und die Zinsforderung gegebenenfalls zurückgezogen werden könne. Sie betonte, dass es ihr aufgrund der bisher von der Beschwerdeführerin übermittelten Informationen nicht möglich sei, ihre Haltung hinsichtlich der Zinsforderung zu ändern. Die Kommission wies jedoch darauf hin, dass sie die Beschwerdeführerin schriftlich um weitere diesbezügliche Informationen ersucht habe.
1.3 In einem Schreiben vom 18. August 2004 teilte die Beschwerdeführerin dem Bürgerbeauftragten mit, dass die GD Bildung und Kultur der Kommission in einem Schreiben vom 9. August 2004 ihre Einwände gegen die erhobenen Zinsforderungen akzeptiert habe. Vorbehaltlich der Zustimmung der internen Finanzkontrolle der Kommission sei das streitgegenständliche Leonardo da Vinci-Projekt damit abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin erklärte daher die Beschwerde für erledigt und bedankte sich beim Bürgerbeauftragten für seine Befassung mit der Beschwerde.
2 SchlussfolgerungAus der Stellungnahme der Kommission und den Anmerkungen der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass die Kommission Maßnahmen zur Regelung dieser Angelegenheit ergriffen hat und dass die Beschwerdeführerin damit zufriedengestellt ist. Daher schließt der Bürgerbeauftragte den Fall ab.
Der Präsident der Kommission wird ebenfalls über diese Entscheidung unterrichtet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS
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