- Export to PDF
- Get the short link of this page
- Share this page onTwitterFacebookLinkedin
Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1001/2004/GG gegen die Europäische Kommission
Decision
Case 1001/2004/GG - Opened on Wednesday | 14 April 2004 - Decision on Monday | 13 September 2004
Straßburg, den 13. September 2004
Sehr geehrter Herr R.,
am 1. April 2004 reichten Sie im Namen der Stadt Berching beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde gegen die Europäische Kommission ein. Diese Beschwerde betraf die von der Kommission veröffentlichten Angaben zu der Möglichkeit, einen Antrag auf Zuschüsse nach dem Städtepartnerschaftsprogramm zu stellen, durch Ihres Erachtens irreführend waren.
Am 14. April 2004 leitete ich die Beschwerde an den Präsidenten der Europäischen Kommission weiter. Die Kommission ließ mir ihre Stellungnahme am 23. Juni 2004 zukommen. Ich leitete diese am 30. Juni 2004 mit der Aufforderung an Sie weiter, mir Ihre Anmerkungen bis spätestens 31. Juli 2004 mitzuteilen, falls Sie dies wünschen sollten. Allem Anschein nach sind keine Anmerkungen von Ihnen bei mir eingegangen.
Ich möchte Ihnen nunmehr die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung mitteilen.
DIE BESCHWERDE
Die Beschwerdeführerin, eine Stadt in Bayern, plante ein Treffen vom 20. bis zum 23. Mai 2004, zu dem unter anderem Gäste aus ihren europäischen Partnerstädten kommen sollten. Zur Finanzierung dieser Veranstaltung wollte die Beschwerdeführerin einen Gemeinschaftszuschuss beantragen. Auf der offiziellen Website der Kommission fand die Beschwerdeführerin im November 2003 den Hinweis, dass die einschlägigen Bestimmungen gerade überarbeitet würden. Diesem Hinweis zufolge würde eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht werden und das Programm erst am 1. April 2004 anfangen.
Die Beschwerdeführerin verstand diesen Hinweis so, dass Förderanträge erst ab 1. April 2004 gestellt werden könnten.
Als die Beschwerdeführerin im März 2004 telefonisch Kontakt mit der Kommission aufnahm, erfuhr sie jedoch, dass die Antragsfrist zur Einreichung des Vorschlags für ihr Projekt bereits abgelaufen war (in der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen war der diesbezügliche Fristablauf auf den 16. Januar 2004 festgelegt worden). Darüber hinaus wich der Beschwerdeführerin zufolge die deutsche Fassung des Hinweises auf der von ihr im November 2003 besuchten Website der Kommission von allen anderen Sprachfassungen ab, in denen darauf hingewiesen worden sei, dass die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen noch im Jahr 2003 bekannt gemacht würde.
Der Beschwerdeführerin zufolge haben ihre Gesprächspartner bei der Kommission bestätigt, dass die deutsche Fassung der Website missverständlich war, es jedoch aus prinzipiellen Gründen abgelehnt, einen verspäteten Antrag noch zu akzeptieren.
In ihrer Beschwerde an den Bürgerbeauftragten behauptete die Beschwerdeführerin im Wesentlichen, dass sie durch die auf der Website der Kommission veröffentlichten Angaben zu der Möglichkeit, einen Antrag auf Zuschüsse nach dem Städtepartnerschaftsprogramm zu stellen, in die Irre geführt worden sei. Die Beschwerdeführerin forderte, die Kommission solle diesen Fehler beheben und ihren Antrag noch annehmen.
DIE UNTERSUCHUNG
Die Stellungnahme der KommissionIn ihrer Stellungnahme machte die Kommission folgende Ausführungen:
Der besagte Hinweis sei im Oktober 2003 auf ihrer Website veröffentlicht worden, um potenzielle Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen, dass die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Jahr 2004 zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht werden würde und dass für die Aufforderung nur solche Maßnahmen in Frage kämen, die nach dem 1. April 2004 anlaufen würden. Im November 2003 sei dieser Hinweis durch den Text der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen Nr. 64/03 der GD EAC (auch im Amtsblatt C 283 vom 26.11.2003, S. 21 veröffentlicht) mit den dazugehörigen Antragsvordrucken für 2004 ersetzt worden.
Der Passus, auf den sich die Beschwerdeführerin beziehe, sei in 11 Sprachen veröffentlicht worden. Im englischen Original laute der Absatz wie folgt:
"As the timetable for the inter-institutional decision-making process is yet to be fully confirmed, the call for proposals for Town Twinning actions in 2004 will be published later in autumn 2003. Consequently the calendar of the 2004 call for proposals has been adapted: the first phase will start on 1 April 2004, thus leaving applicants enough time to prepare their demands and allowing information on the selection results in due time."
Die deutsche Fassung habe folgenden Wortlaut:
"Da der Zeitplan der interinstitutionellen Entscheidungsbildung noch nicht endgültig festgelegt ist, wird der Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen 2004 etwas später erscheinen. Folglich sind auch die Termine im Aufruf angepasst: in 2004 fängt das Programm erst am 1. April an. Somit werden die Antragsteller genügend Zeit haben, um ihre Projekte vorzubereiten und wird es ebenfalls möglich sein, sie rechtzeitig über die Auswahlergebnisse zu informieren."
Die Kommission bedauere, dass diese Information von der Beschwerdeführerin missverstanden worden sei; von anderer Seite sei keinerlei weitere Beschwerde eingereicht worden. Allerdings sei aus fraglichem Text nicht implizit hervorgegangen, dass der erste Termin für die Einreichung der Anträge der 1. April 2004 sein sollte. Außerdem sei die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen sehr präzise gewesen, was die Vorgabe der Termine für die Einreichung der Anträge betraf.
Die Forderung der Beschwerdeführerin, wonach die Kommission ihren verspäteten Antrag noch annehmen sollte, könne nicht akzeptiert werden. Für die Kommission seien die in der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen Nr. 64/03 der GD EAC veröffentlichten Bestimmungen über die Einreichung der Anträge bindend, die bezwecken, dass die internen Verfahrensvorschriften eingehalten werden und die Gleichbehandlung aller Anträge nach dem Transparenzgebot gewährleistet ist. Indes werde die Beschwerdeführerin gebeten, sich am nächsten Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen zur Förderung von Maßnahmen zum Städtepartnerschaftsprogramm 2005 zu beteiligen. Der Beschwerdeführerin werde persönlich mitgeteilt werden, wann diese Aufforderung bekannt gemacht wird.
Die Anmerkungen der BeschwerdeführerinVon der Beschwerdeführerin gingen keine Anmerkungen ein.
DIE ENTSCHEIDUNG
1 Vorwurf missverständlicher Angaben zum Städtepartnerschaftsprogramm1.1 Die Beschwerdeführerin, eine Stadt in Bayern, plante ein Treffen vom 20. bis zum 23. Mai 2004, zu dem unter anderem Gäste aus ihren europäischen Partnerstädten kommen sollten. Zur Finanzierung dieser Veranstaltung wollte die Beschwerdeführerin einen Gemeinschaftszuschuss beantragen. Auf der offiziellen Website der Kommission fand die Beschwerdeführerin im November 2003 den Hinweis, dass die einschlägigen Bestimmungen gerade überarbeitet würden. Diesem Hinweis zufolge würde eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht werden und das Programm erst am 1. April 2004 anfangen. Die Beschwerdeführerin verstand diesen Hinweis so, dass Förderanträge erst ab 1. April 2004 gestellt werden könnten. Als die Beschwerdeführerin im März 2004 telefonisch Kontakt mit der Kommission aufnahm, erfuhr sie jedoch, dass die Antragsfrist zur Einreichung des von ihr vorgeschlagenen Projekts bereits abgelaufen war (in der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen war der Fristablauf auf den 16. Januar 2004 festgelegt worden). In ihrer Beschwerde an den Bürgerbeauftragten behauptete die Beschwerdeführerin im Wesentlichen, dass sie durch die auf der Website der Kommission veröffentlichten Angaben zu der Möglichkeit, einen Antrag auf Zuschüsse nach dem Städtepartnerschaftsprogramm zu stellen, in die Irre geführt wurde.
1.2 In ihrer Stellungnahme erklärte die Kommission, dass der besagte Hinweis im Oktober 2003 auf ihrer Website veröffentlicht worden sei, um potenzielle Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen, dass die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Jahr 2004 zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht werden würde und dass für diese Aufforderung nur solche Maßnahmen in Frage kämen, die nach dem 1. April 2004 anlaufen würden. Im November 2003 sei dieser Hinweis durch den Text der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen Nr. 64/03 der GD EAC (auch im Amtsblatt C 283 vom 26.11.2003, S. 21 veröffentlicht) mit den dazugehörigen Antragsvordrucken für 2004 ersetzt worden. Die Kommission bedauere, dass diese Information von der Beschwerdeführerin missverstanden worden sei, betone aber, dass aus fraglichem Text nicht implizit hervorgegangen sei, dass der erste Termin für die Einreichung der Anträge der 1. April 2004 sein sollte.
1.3 Es entspricht guter Verwaltungspraxis, sicherzustellen, dass die von den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen veröffentlichten Informationen für die Bürger vollständig und nicht irreführend sind. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie den im Oktober 2003 auf der Website der Kommission erschienenen Hinweis so verstanden hat, dass Förderanträge erst ab 1. April 2004 gestellt werden könnten. Der Europäische Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass die deutsche Fassung des besagten Passus eine solche Deutung nicht ausschließen dürfte, da kein Termin für die Einreichung der Anträge genannt, sondern lediglich darauf hingewiesen wird, dass das "Programm" erst am 1. April 2004 anfängt. Allerdings ist festzustellen, dass die Anträge vor Projektbeginn gestellt werden müssen und dass die Kommission über einen angemessenen Zeitraum zur Prüfung der Anträge verfügen muss. Deshalb ist in den Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen für Städtepartnerschaftsmaßnahmen in der Regel vorgesehen, dass die Anträge mindestens zwei oder drei Monate vor Beginn des zu fördernden Projekts gestellt werden müssen. Wäre die Deutung der Beschwerdeführerin, dass Förderanträge erst ab 1. April 2004 gestellt werden konnten, richtig gewesen, so hätte dies effektiv bedeutet, dass die besagte Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen lediglich Projekte betroffen hätte, deren Durchführung für die zweite Hälfte des Jahres 2004 anberaumt war. Somit wäre das Vorhaben der Beschwerdeführerin nicht einmal zuschussfähig gewesen. Aus diesem Grund ist der Europäische Bürgerbeauftragte der Auffassung, dass die Beschwerdeführerin nicht die nahe liegende bzw. einleuchtendste Deutung gewählt hat.
1.4 Allerdings ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde auch auf einen anderen Passus in der besagten Meldung hingewiesen hat. Im englischen Original dieser Meldung lautete dieser Passus wie folgt: "the call for proposals for Town Twinning actions in 2004 will be published later in autumn 2003" (die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für Städtepartnerschaftsmaßnahmen im Jahr 2004 wird zu einem späteren Zeitpunkt im Herbst 2003 bekannt gemacht werden). Im englischen Original war es demnach klar, dass die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen noch im Jahr 2003, und zwar im Herbst 2003 bekannt gegeben würde. Der Beschwerdeführerin zufolge wurden eine entsprechende Angabe in allen anderen Sprachfassungen außer der deutschen gemacht. Der Europäische Bürgerbeauftragte stellt fest, dass dieser Umstand von der Kommission nicht bestritten wurde. In der deutschen Fassung der besagten Meldung wurde der fragliche Passus folgendermaßen wiedergegeben: "wird der Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen 2004 etwas später erscheinen". Aus der deutschen Fassung ging also nicht klar hervor, dass die Aufforderung noch im Jahr 2003 bekannt gemacht würde. Deshalb ist der Europäische Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass der Kommission eindeutig ein Fehler unterlaufen ist, als sie die deutsche Fassung einer Meldung veröffentlichte, in der wichtige in der englischen und den anderen sprachlichen Fassungen enthaltene Angaben fehlten. Darüber hinaus geht aus dem Wortlaut der deutschen Fassung nicht klar hervor, dass sich das angegebene Jahr ("2004") auf die vorgeschlagenen Projekte bezieht. Deshalb ließe sich die deutsche Fassung auch so verstehen, dass die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen "etwas später im Jahr 2004 erscheinen wird". Nach dem Dafürhalten des Europäischen Bürgerbeauftragten kann man vernünftigerweise davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin die Website der Kommission besucht und so die neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen vor Ablauf der betreffenden Antragsfrist (16. Januar 2004) gesehen hätte, wenn aus der deutschen Fassung besagter Meldung klar hervorgegangen wäre, dass diese Aufforderung noch im Jahr 2003 erscheinen würde.
1.5 Angesichts dieser Umstände kommt der Europäische Bürgerbeauftragte zu dem Schluss, dass die deutsche Fassung der im Oktober 2003 auf der Website der Kommission erschienenen Meldung in der Tat irreführend war. Es handelt sich hier um einen Missstand, zu dem er eine kritische Bemerkung abgeben wird.
2 Die Forderung der Beschwerdeführerin2.1 Die Beschwerdeführerin forderte, dass die Kommission den ihr unterlaufenen Fehler beheben und den gestellten Antrag noch annehmen sollte.
2.2 Die Kommission erklärte, dass sie diese Forderung nicht akzeptieren könne. Für die Kommission seien die in der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen Nr. 64/03 der GD EAC veröffentlichten Bestimmungen über die Einreichung der Anträge bindend, die bezwecken, dass die internen Verfahrensvorschriften eingehalten werden und die Gleichbehandlung aller Anträge nach dem Transparenzgebot gewährleistet ist. Indes werde die Beschwerdeführerin gebeten, sich am nächsten Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen zur Förderung von Maßnahmen zum Städtepartnerschaftsprogramm 2005 zu beteiligen.
2.3 Der Europäische Bürgerbeauftragte stellt fest, dass die Kommission in ihrer Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen potenzielle Antragsteller davon in Kenntnis gesetzt hat, dass die Förderanträge für Aktionen, die zwischen dem 16. Mai und dem 15. Juni 2004 beginnen, bis zum 16. Januar 2004 zu stellen waren. Demnach war die Antragsfrist bereits seit langem abgelaufen, als sich die Beschwerdeführerin im März 2004 mit der Kommission und im April 2004 mit dem Europäischen Bürgerbeauftragten in Verbindung setzte. Der Bürgerbeauftragte ist daher der Ansicht, dass die Haltung der Kommission, wonach diese Frist für sie bindend war und der verspätete Antrag der Beschwerdeführerin folglich nicht akzeptiert werden konnte, vertretbar ist.
2.4 Angesichts dieser Umstände liegen keine Anhaltspunkte für einen Missstand in Zusammenhang mit der Weigerung der Kommission, der Forderung der Beschwerdeführerin nachzukommen, vor. Der Vollständigkeit halber ist aber auch darauf hinzuweisen, dass es nach Ansicht des Bürgerbeauftragten nicht auszuschließen ist, dass die Beschwerdeführerin in einem Fall wie diesem Schadenersatz fordern könnte. Im vorliegenden Falle wurde allerdings keine solche Schadenersatzforderung gestellt.
3 SchlussfolgerungNach Untersuchung der vorliegenden Beschwerde durch den Europäischen Bürgerbeauftragten muss folgende kritische Bemerkung abgegeben werden:
Es entspricht guter Verwaltungspraxis, sicherzustellen, dass die von den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen veröffentlichten Informationen für die Bürger vollständig und nicht irreführend sind. In einem im Oktober 2003 auf der Website der Kommission erschienenen Hinweis hieß es, dass "die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für Städtepartnerschaftsmaßnahmen im Jahr 2004 zu einem späteren Zeitpunkt im Herbst 2003 bekannt gemacht werden wird". Aus der deutschen Fassung ging allerdings nicht hervor, dass diese Aufforderung im Herbst 2003 bekannt gemacht würde. Diese Fassung ließ sich auch so verstehen, dass die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen "etwas später im Jahr 2004" erscheinen würde. Die deutsche Fassung war somit unvollständig und irreführend, was einen Missstand darstellt.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Antragsfrist für das Projekt der Beschwerdeführerin schon seit langem abgelaufen ist und dass diese keine Schadenersatzforderung gestellt hat, ist es nicht angebracht, eine gütliche Einigung in dieser Angelegenheit anzustreben. Daher schließt der Europäische Bürgerbeauftragte den Fall ab.
Der Präsident der Kommission wird ebenfalls über diese Entscheidung unterrichtet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS
- Export to PDF
- Get the short link of this page
- Share this page onTwitterFacebookLinkedin