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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 519/2003/GG gegen die Europäische Kommission
Decision
Case 519/2003/GG - Opened on Tuesday | 22 April 2003 - Decision on Friday | 10 October 2003
Straßburg, den 10. Oktober 2003
Sehr geehrter Herr Z.,
am 14. März 2003 legten Sie eine Beschwerde ein, die die Weigerung der Europäischen Kommission betraf, im Hinblick auf Ihren Fall ein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 226 EG-Vertrag gegen die Bundesrepublik Deutschland einzuleiten. Am 15. März 2003 übersandten Sie mir ein weiteres Schreiben bezüglich dieser Beschwerde.
Am 22. April 2003 leitete ich die Beschwerde und Ihr zusätzliches Schreiben an den Präsidenten der Europäischen Kommission weiter.
Am 10. April 2003 übermittelten Sie mir weitere Informationen zu Ihrer Beschwerde, die ich am 28. April 2003 an die Kommission weiterleitete.
Am 26. April 2003 übersandten Sie mir eine Kopie der Urteile, auf die Sie in Ihrer Beschwerde Bezug genommen hatten. Eine Kopie dieser Dokumente leitete ich am 5. Mai 2003 an die Kommission weiter.
Die Kommission übermittelte ihre Stellungnahme am 1. Juli 2003. Diese leitete ich am 7. Juli 2003 an Sie weiter und bot ihnen an, Anmerkungen dazu zu machen, die Sie am 11. Juli 2003 übermittelten.
Mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen mitteilen.
DIE BESCHWERDE
Der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsbürger, erwarb im Vereinigten Königreich einen Abschluss als „Master of Science (MSc) in Conservation". Am 11. April 1994 beantragte er bei der zuständigen Behörde des Landes Berlin die Anerkennung dieses Diploms. Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, dass ihm die Genehmigung zur Führung des deutschen akademischen Grades „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung" und zur Führung der entsprechenden Berufsbezeichnung erteilt werden sollte. Sein Anliegen (das offenbar erst während des nachfolgenden Rechtsstreits bei den deutschen Gerichten in aller Ausführlichkeit dargelegt wurde) stützte er auf Artikel 1, 3 und 11 der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG(1) in Verbindung mit der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen(2) sowie auf Artikel 10, 12, 39 und 43 EG-Vertrag.
Artikel 1 der Richtlinie 92/51/EWG des Rates enthält folgende Bestimmungen:
„Im Sinne dieser Richtlinie gelten
(…)
(e) als „reglementierter Beruf" die reglementierte berufliche Tätigkeit oder die reglementierten beruflichen Tätigkeiten, die zusammen in einem Mitgliedstaat den betreffenden Beruf ausmachen;
(f) als „reglementierte berufliche Tätigkeit" eine berufliche Tätigkeit, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten ihrer Ausübung in einem Mitgliedstaat direkt oder indirekt durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz eines Ausbildungs- oder Befähigungsnachweises gebunden ist. Als Art der Ausübung der reglementierten beruflichen Tätigkeit gilt insbesondere (…)"
Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie besagt:
„Wird der Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung im Aufnahmestaat von dem Besitz eines Diploms im Sinne dieser Richtlinie oder der Richtlinie 89/48/EWG abhängig gemacht, so kann die zuständige Behörde unbeschadet der Anwendung der Richtlinie 89/48/EWG einem Angehörigen eines Mitgliedstaats den Zugang zu diesem Beruf oder dessen Ausübung unter denselben Voraussetzungen wie bei Inländern nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern,
(a) wenn der Antragsteller das Diplom im Sinne dieser Richtlinie oder der Richtlinie 89/48/EWG besitzt, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieses Diplom in einem Mitgliedstaat erworben wurde oder
(b) (…)"
Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie hat folgenden Wortlaut:
„Die zuständige Behörde des Aufnahmestaats erkennt den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, die die Voraussetzungen für den Zugang zu einem reglementierten Beruf und dessen Ausübung im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats erfüllen, das Recht zu, die diesem Beruf entsprechende Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats zu führen."
Die deutsche Behörde lehnte den Antrag des Beschwerdeführers ab. Daraufhin wandte sich dieser an die deutschen Gerichte. Seine Klage gegen die Entscheidung der deutschen Behörde wurde jedoch vom Verwaltungsgericht Berlin abgewiesen (Urteil vom 22. November 1997). Der Beschwerdeführer legte erfolglos Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 24. Februar 2000) und beim Bundesverwaltungsgericht (Entscheidung vom 23. Januar 2001) ein. Auch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wurde nicht angenommen (Entscheidung vom 30. März 2001).
Mit Schreiben vom 30. November 2002 beantragte der Beschwerdeführer daraufhin bei der Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland, da die deutschen Behörden seiner Ansicht nach gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen hatten. Die Kommission lehnte sein Anliegen ab. In einem Schreiben vom 20. Januar 2003 führte sie aus, dass die Behörden eines Mitgliedstaates nach Maßgabe der Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG verpflichtet seien, einem Bürger die Ausübung eines Berufs und das Führen der entsprechenden Berufsbezeichnung in ihrem Hoheitsgebiet zu gestatten, wenn dieser Bürger in einem anderen Mitgliedstaat den für den Zugang zu demselben Beruf vorgeschriebenen Befähigungsnachweis erworben habe. Die Kommission führte aus, dass die Reglementierung der einzelnen Berufe den Mitgliedstaaten überlassen bleibe und sie daher nicht in der Lage sei festzustellen, welcher Beruf in Deutschland dem Beruf, für den der Beschwerdeführer im Vereinigten Königreich qualifiziert sei, entspreche. Sowohl die britischen als auch die deutschen Behörden, zu denen die Kommission Kontakt aufgenommen hatte, seien der Auffassung, dass das Diplom „Master of Science in Conservation" nicht zum Beruf des „Ingenieurs" führe. In Anbetracht dieser Informationen läge offenbar kein Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht vor, so dass die Kommission nicht im Stande sei, weitere Schritte zu unternehmen. Das Führen eines akademischen Grades, der in einem anderen Mitgliedstaat erworben wurde, bedürfe einer akademischen Anerkennung im Herkunftsstaat, da die Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG lediglich das Führen des akademischen Grades der Herkunftsstaates in der Sprache dieses Staates vorsähen. Diese Art der Anerkennung werde nicht durch das Gemeinschaftsrecht selbst geregelt, sondern falle in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.
In seiner Antwort vom 28. Januar 2003 erklärte der Beschwerdeführer, von den bundesdeutschen Gerichten sei zu keiner Zeit bezweifelt worden, dass sein im Vereinigten Königreich erworbenes Diplom zu demselben Beruf führe, für den das Diplom im Studiengang „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung" Voraussetzung ist. Die bundesdeutschen Gerichte hätten jedoch die Anwendung der Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG verneint, weil es sich nicht um einen „reglementierten" Beruf in der Bundesrepublik Deutschland handeln würde. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte diese Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt werden müssen.
In ihrer Antwort vom 6. März 2003 erklärte die Kommission, dass das Diplom des Beschwerdeführers nach Angaben der britischen Behörden nicht zum Ingenieurberuf führe. Sollte allerdings der Beruf des Landschaftsplaners in Deutschland nicht reglementiert sein, so könnte er dort ohne Anerkennung seines britischen Diploms tätig werden.
In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten machte der Beschwerdeführer geltend, dass die Kommission falsch gehandelt habe, als sie sich auf der Grundlage der in ihren Schreiben vom 20. Januar und 6. März 2003 dargelegten Erwägungen weigerte, ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 226 EG-Vertrag gegen die Bundesrepublik Deutschland einzuleiten.
DIE UNTERSUCHUNG
Die Stellungnahme der KommissionIn ihrer Stellungnahme führte die Kommission Folgendes aus:
Der Beschwerdeführer besitze das britische Diplom „Master of Science in Conservation" und begehre die Anerkennung dieses Studienabschlusses durch die deutschen Behörden, um eine berufliche Tätigkeit als „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung" ausüben zu können.
(1) Analyse des Sachverhalts in Bezug auf den Ingenieurberuf
Was die berufliche Anerkennung der Diplome betreffe, so falle der Ingenieurberuf unter das durch die Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG eingeführte „allgemeine Anerkennungsverfahren". Wer die Qualifizierungsvoraussetzungen erfüllt, um einen Beruf in einem Mitgliedstaat („Herkunftsmitgliedstaat") auszuüben, habe gemäß diesen Richtlinien grundsätzlich Anspruch auf Anerkennung dieser beruflichen Qualifikation als Voraussetzung für die Ausübung dieses Berufs in einem anderen Mitgliedstaat („Aufnahmemitgliedstaat"), sofern der fragliche Beruf in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung begehrt wird, reglementiert ist. Ein Beruf gelte im Sinne der genannten Richtlinien als „reglementiert", wenn die Aufnahme, Ausübung oder bestimmte Modalitäten der Ausübung dieses Berufs durch die Rechts- und Verwaltungsvorschriften an gewisse Qualifikationen gebunden sind. Ist der Beruf, den ein Antragsteller ausüben möchte, nicht reglementiert, so stehe seiner Ausübung de jure nichts im Wege, und in diesem Falle gelangten die Richtlinien nicht zur Anwendung.
Die Dienststellen der Kommission hätten sich mit den britischen bzw. deutschen Behörden in Verbindung gesetzt, um in Erfahrung zu bringen, ob der Beruf, den der Beschwerdeführer ausüben möchte („Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung") in Deutschland reglementiert ist und ob das vom Beschwerdeführer erworbene Diplom den Zugang zu eben diesem Beruf im Vereinigten Königreich gewährt.
Nach den der Kommission vorliegenden Informationen sei die Führung des Titels „Ingenieur" in Deutschland reglementiert. Mithin sei zur Führung dieses Titels eine Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen gemäß der Richtlinie 89/48/EWG bzw. 92/51/EWG erforderlich. Wie bereits dargelegt, könne eine solche Anerkennung nur verliehen werden, wenn der Antragsteller sämtliche Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt, um den betreffenden Beruf im Herkunftsmitgliedstaat auszuüben. Den Angaben der britischen Behörden zufolge sei mit dem Diplom „Master of Science in Conservation" keine berufliche Qualifikation verbunden, die im Vereinigten Königreich Zugang zur Ausübung des Ingenieurberufs gewährt. Infolgedessen ergebe sich aus der Qualifikation des Beschwerdeführers kein Anspruch auf Anerkennung seines Diploms, um in Deutschland den Titel „Ingenieur" führen zu können.
(2) Analyse des Sachverhalts in Bezug auf den Beruf „Landschaftsplaner"
Den Angaben des Beschwerdeführers zufolge hätten die in der Angelegenheit angerufenen nationalen Gerichte festgestellt, dass der Beruf des Landschaftsplaners insofern in Deutschland nicht reglementiert ist, als die Führung des Ingenieur-Titels nicht Voraussetzung für den Zugang zu diesem Beruf ist.
Von Anfang an hätten die Kommissionsdienststellen in ihrem Schriftverkehr mit dem Beschwerdeführer diesen davon in Kenntnis gesetzt, dass die Reglementierung der Berufe in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt. Ferner sei der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt worden, dass er – sollte sich bestätigen, dass der Beruf des Landschaftsplaners in Deutschland nicht reglementiert ist – keinen juristischen Problemen aufgrund des Diploms begegnen würde und dass in diesem Fall die genannten Richtlinien nicht herangezogen werden könnten.
(3) Fazit
Da der Beschwerdeführer die Bedingungen der Richtlinie 92/51/EWG nicht erfülle, um in den Genuss einer Anerkennung seiner beruflichen Qualifikation zu gelangen, sei nichts ersichtlich, das auf einen Verstoß der deutschen Behörden gegen das Gemeinschaftsrecht hindeuten könnte.
Zusammen mit ihrer Stellungnahme übermittelte die Kommission eine ganze Reihe von Dokumenten zu der Beschwerdesache, darunter ein vom 6. August 1997 datiertes Schreiben des Sekretariats der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Anmerkungen des BeschwerdeführersIn seinen Anmerkungen hielt der Beschwerdeführer seine Beschwerde aufrecht. Seiner Ansicht nach hatten die deutschen Behörden durch die Ablehnung der Anerkennung seines britischen Diploms als deutsches Diplom „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung" gegen Artikel 10, 12, 39 und 43 EG-Vertrag verstoßen. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Ausführungen in seiner Verfassungsbeschwerde.
Im Hinblick auf das Argument der Kommission, dass der Beruf in Deutschland zwar reglementiert sei, eine Anwendung der Richtlinie 92/51/EWG aber dennoch ausgeschlossen sei, weil das Diplom „Master of Science in Conservation" nicht den Zugang zum Ingenieurberuf im Vereinigten Königreich ermöglichen würde, verwies der Beschwerdeführer auf die Definition des Begriffes „reglementierte berufliche Tätigkeit" in Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51/EWG in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG. Eine der Arten der Ausübung und die Aufnahme des Berufs, für den das Diplom „Master of Science in Conservation" im Vereinigten Königreich vorausgesetzt wird, sei reglementiert durch Kapitel II, Ziffer 6 Abs. 2 Buchstabe (b) von The Education (Teachers) Regulations 1993(3). Der Beschwerdeführer berief sich überdies auf ähnliche Bestimmungen in verschiedenen deutschen Rechtsvorschriften.
Für den Rechtsanspruch gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie 92/51/EWG sei es unerheblich, ob die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung des Berufs im Vereinigten Königreich, für den das Diplom „Master of Science in Conservation" Voraussetzung ist, reglementiert ist.
Die Frage, ob der Beruf, für dessen Aufnahme, Ausübung bzw. Art der Ausübung das Diplom „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung" erforderlich ist, im Sinne der Richtlinien 89/48/EEG und 92/51/EWG reglementiert ist, falle unter das Gemeinschaftsrecht. Dasselbe gelte für die Frage, ob das Diplom „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung" Zugang zu demselben Beruf ermöglicht wie das Diplom „Master of Science in Conservation" im Vereinigten Königreich. Diese Fragen sollten vom Europäischen Gerichtshof geklärt werden.
DIE ENTSCHEIDUNG
1 Nichteröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens1.1 Der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsbürger, erwarb im Vereinigten Königreich einen Abschluss als „Master of Science (MSc) in Conservation". Anschließend beantragte er bei der zuständigen Behörde des Landes Berlin die Anerkennung dieses Diploms. Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, dass ihm die Genehmigung zur Führung des deutschen akademischen Grades „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung" und zur Führung der entsprechenden Berufsbezeichnung erteilt werden sollte. Seinen Antrag stützte er auf Artikel 1, 3 und 11 der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG(4) in Verbindung mit der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen(5) sowie auf Artikel 10, 12, 39 und 43 EG-Vertrag. Die deutsche Behörde lehnte den Antrag des Beschwerdeführers ab. Auch die deutschen Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgericht Berlin, Oberverwaltungsgericht Berlin und Bundesverwaltungsgericht) und das Bundesverfassungsgericht wiesen ihn ab. Daraufhin wandte sich der Beschwerdeführer an die Kommission und beantragte die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland, da die deutschen Behörden seiner Ansicht nach gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen hatten. Die Kommission lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 20. Januar und 6. März 2003 ab. In seiner Beschwerde an den Bürgerbeauftragten macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Kommission falsch gehandelt habe, als sie sich auf der Grundlage der in ihren Schreiben vom 20. Januar und 6. März 2003 dargelegten Erwägungen weigerte, in seiner Angelegenheit ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 226 EG-Vertrag gegen die Bundesrepublik Deutschland einzuleiten.
1.2 In ihrer Stellungnahme analysiert die Kommission den Sachverhalt in Bezug auf den Ingenieurberuf sowie auf den Beruf des Landschaftsplaners. Was den Beruf des Ingenieurs betreffe, so sei der Titel Ingenieur in Deutschland reglementiert. Zur Führung des Titels „Ingenieur" benötige der Beschwerdeführer eine Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen gemäß der Richtlinie 89/48/EWG bzw. 92/51/EWG. Eine solche Anerkennung könne nur verliehen werden, wenn der Antragsteller sämtliche Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt, um den betreffenden Beruf im Herkunftsmitgliedstaat auszuüben. Den Angaben der britischen Behörden zufolge sei jedoch mit dem Diplom „Master of Science in Conservation" keine berufliche Qualifikation verbunden, die im Vereinigten Königreich Zugang zur Ausübung des Ingenieurberufs gewährt. Infolgedessen ergebe sich aus der Qualifikation des Beschwerdeführers kein Anspruch auf Anerkennung seines Diploms, um in Deutschland den Titel „Ingenieur" führen zu können. Hinsichtlich des Berufs des „Landschaftsplaners" hätten die in der Angelegenheit angerufenen nationalen Gerichte festgestellt, dass dieser Beruf in Deutschland nicht reglementiert ist. Somit würde der Beschwerdeführer keinen juristischen Problemen hinsichtlich des Diploms begegnen und die genannten Richtlinien könnten nicht herangezogen werden. Das Fazit der Kommission lautet, dass der Beschwerdeführer die Bedingungen der Richtlinie 92/51/EWG nicht erfülle, um in den Genuss einer Anerkennung seiner beruflichen Qualifikation zu gelangen, und daher nichts ersichtlich sei, das auf einen Verstoß der deutschen Behörden gegen das Gemeinschaftsrecht hindeuten könnte.
1.3 Es muss vorweggeschickt werden, dass die Europäische Kommission nur dann befugt ist, gemäß Artikel 226 EG-Vertrag den Gerichtshof zu befassen, wenn ihrer Meinung nach ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nach Ansicht des Bürgerbeauftragten hat die Kommission einleuchtend geschildert, warum ihrer Meinung nach keine Vertragsverletzung vorliegt, so dass der Beschwerdeführer seinen Vorwurf betreffend die Ablehnung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission nicht belegt hat. In seinen Anmerkungen zur Stellungnahme der Kommission stützt sich der Beschwerdeführer unter anderem auf Kapitel II, Ziffer 6 Abs. 2 Buchstabe (b) von The Education (Teachers) Regulations 1993 sowie auf Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie 92/51/EWG. Die Kommission ist auf diese Bestimmungen nicht ausdrücklich eingegangen, doch lassen die vom Beschwerdeführer und von der Kommission vorgelegten umfangreichen Unterlagen darauf schließen, dass der Beschwerdeführer sich schon früher darauf berufen hat. Die britischen Regelungen für den Lehrerberuf dürften jedoch, wie in dem Schreiben des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 6. August 1997 ausgeführt wird, in diesem Falle nicht von Relevanz sein, da der Beschwerdeführer ja nicht begehrt, in Deutschland Lehrer zu sein. Nach Ansicht des Bürgerbeauftragten ist auch Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie 92/51/EWG für den Beschwerdeführer nicht maßgeblich, da er nach dieser Bestimmung – wie im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin festgestellt wurde – lediglich das Recht hätte, die seiner Qualifikation entsprechende Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats (in diesem Falle „Landschaftsplaner") zu führen, nicht aber das Recht zur Führung des akademischen Titels (in diesem Falle „Diplom-Ingenieur Landschaftsplanung"). Daher hält es der Bürgerbeauftragte für unnötig, die Untersuchung weiter hinauszuziehen, indem die Kommission um Stellungnahme zu den Anmerkungen des Beschwerdeführers gebeten wird.
1.4 In Anbetracht dieser Umstände liegt offenbar kein Missstand in der Verwaltungstätigkeit der Europäischen Kommission vor.
2 SchlussfolgerungDie Untersuchungen des Bürgerbeauftragten zu dieser Beschwerde haben ergeben, dass offenbar kein Missstand in der Verwaltungstätigkeit der Europäischen Kommission vorlag. Der Bürgerbeauftragte schließt den Fall daher ab.
Der Präsident der Europäischen Kommission wird ebenfalls von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS
(1) ABl. L 209 vom 24.7.1992, S. 25.
(2) ABl. L 19 vom 24.1.1989, S. 16.
(3) Ziffer 6 Abs. 1 dieser „Regulations“ besagt, dass an allen Schulen und weiterführenden Bildungseinrichtungen bedarfsgerechtes und zahlenmäßig ausreichendes Lehrpersonal zu beschäftigen ist. Laut Ziffer 6 Abs. 2 Buchstabe (b) gilt unbeschadet der allgemeinen Festlegung in Absatz (1), dass „Lehrkräfte an weiterführenden Bildungseinrichtungen über eine Qualifikation verfügen müssen, die ihnen eine angemessene Lehrtätigkeit in den entsprechenden Fachdisziplinen ermöglicht.“
(4) ABl. L 209 vom 24.7.1992, S. 25.
(5) ABl. L 19 vom 24.1.1989, S. 16.
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