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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 270/2003/GG gegen die Europäische Kommission


Straßburg, den 4. September 2003

Sehr geehrte Frau F.,

am 6. Februar 2003 haben Sie im Namen der GAW-GmbH eine Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten betreffend die Bearbeitung des Projekts Nr. 33428 (D/95/A/020/PIII/FPC-R) durch die Europäische Kommission eingereicht.

Am 17. Februar 2003 leitete ich die Beschwerde an den Präsidenten der Kommission weiter.

Am 8. April 2003 übermittelten Sie mir im Zusammenhang mit Ihrer Beschwerde weitere Informationen, die ich am 28. April 2003 an die Kommission weiterleitete.

Die Kommission übermittelte ihre Stellungnahme am 4. Juni 2003. Ich leitete sie am 6. Juni 2003 an Sie mit dem Ersuchen weiter, Anmerkungen zu machen, die Sie am 23. Juni 2003 übersandten.

Mit diesem Schreiben möchte ich Sie über die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung in Kenntnis setzen.

DIE BESCHWERDE

Die ursprüngliche Beschwerde

1995 erhielt ein Konsortium von Firmen bzw. Einrichtungen aus vier (später fünf) Mitgliedstaaten den Zuschlag für einen Vertrag im Rahmen des Programms Leonardo da Vinci (Vertrag D/95/A/020/PIII/FPC) für ein Sprachqualifikationsprojekt („Europäische Sprachenqualifikation für Berufspraktiker im Bereich Tourismus"; Projektnummer 3428). Ziel des Projekts war es, Sprachprüfungen für im Tourismus Beschäftigte zu konzipieren und auszuarbeiten. Der Vertrag wurde für zwei Jahre (1. Dezember 1995 bis 31. Dezember 1997) geschlossen. Vertragspartner der Kommission war die „Reiseverkehrsakademie Düsseldorf – RVA – der GFS-GmbH".

Später wurde ein neuer Vertrag ausgearbeitet, der die Verlängerung des Projekts um etwas mehr als ein Jahr (1. Januar 1998 bis 30. April 1999; Projektnummer 33428) vorsah. Dieser Vertrag wurde zwischen der Kommission und der „Reiseverkehrsakademie Düsseldorf – RVA – der GAW-GmbH" geschlossen. Der Koordinator des ersten Vertrags hatte die Kommission zuvor unterrichtet, dass die GmbH jetzt GAW heiße (Schreiben vom 2. Februar 1998)(1).

Später stellte sich heraus, dass es sich bei der GFS-GmbH und der GAW-GmbH (obwohl sie derselben Familie gehören und von ihr geleitet werden) um zwei unterschiedliche Unternehmen handelt. Die GFS-GmbH ist unterdessen in Konkurs gegangen.

Die Kommission war der Auffassung, sie sei getäuscht worden, und forderte die GAW am 17. Dezember 2001 auf, die Summe zurückzuzahlen, die im Rahmen des neuen Vertrags bereits ausgezahlt worden war. Am 2. Januar 2002 legte die Geschäftsführerin der GAW-GmbH dagegen Widerspruch ein.

Am 12. November 2002 unterrichtete die Kommission die Beschwerdeführerin, dass sie beschlossen habe, den Widerspruch vom 2. Januar 2002 zurückzuweisen, und dass die Beschwerdeführerin 43 113,22 Euro zurückzahlen solle. Die Kommission machte geltend, dass ihrer Ansicht nach kein Vertrag über das Projekt 33428 rechtskräftig abgeschlossen worden sei, da erst nachträglich bekannt geworden sei, dass es sich bei der GAW-GmbH um eine nicht mit der GFS-GmbH identische Gesellschaft, sondern um eine unabhängige Gesellschaft handele. In einem Schreiben vom 29. November 2002 legte die Beschwerdeführerin Widerspruch gegen diese Entscheidung ein und forderte die Kommission auf, die Summe von 16 200 Euro zu zahlen, die ihrer Meinung nach aus dem Vertrag Nr. 33428 noch offen war. Dieser Widerspruch wurde am 23. Januar 2003 zurückgewiesen, und am 27. Januar 2003 erinnerte die Kommission die Beschwerdeführerin daran, dass sie die entsprechende Summe noch nicht zurückgezahlt habe.

In zwei Schreiben vom 3. Februar und einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2003 unterrichtete die Beschwerdeführerin die Kommission, dass sie deren Position nicht akzeptiere. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass der Vertrag für das dritte Jahr eindeutig mit der GAW-GmbH geschlossen worden sei und die Kommission gegen diesen Wechsel nicht rechtzeitig Widerspruch eingelegt habe. Sie fügte hinzu, dass das Versäumnis, die Kommission in Kenntnis zu setzen (das die Beschwerdeführerin bestritt) auf alle Fälle der früheren GFS-GmbH anzulasten wäre. Die Beschwerdeführerin unterrichtete die Kommission ferner darüber, dass sie keine Mittel habe und Konkurs beantragen müsse, falls die Kommission auf einer Rückzahlung der entsprechenden Summe bestehe.

In ihrer Beschwerde an den Bürgerbeauftragten machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, dass die Kommission falsch handele, wenn sie die genannte Summe wegen eines angeblichen Missverständnisses im Zusammenhang mit dem Wechsel der Vertragspartnerschaft zurückfordere. Laut der Beschwerdeführerin hat dieses Missverständnis die korrekte Verwendung der Gemeinschaftsmittel zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt und sollte daher nicht mit der Höchststrafe, nämlich der Rückzahlung der bereits an die Partner ausgekehrten Mittel plus Zinsen, belegt werden. Dadurch drohe dem Unternehmen der Konkurs. Die Beschwerdeführerin betonte, dass die Angelegenheit nicht nur sie, sondern auch ihre Partner berühre und Jahre zurückliege.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wären die Gemeinschaftsmittel, hätte die GFS-GmbH das Projekt fortgeführt, ohnehin im Rahmen des zwischenzeitlich erfolgten Konkurses verloren gegangen. Die Weiterführung des Projekts im dritten Jahr durch die neue GAW-GmbH habe dagegen Gemeinschaftsmittel gerettet. Die Beschwerdeführerin betonte ferner, dass das Projekt gute Ergebnisse erzielt habe. Sie forderte daher, dass die Kommission die Summe, die (laut der Beschwerdeführerin) nach dem neuen Vertrag noch offen war, zahlen solle. Die Beschwerdeführerin ersuchte den Bürgerbeauftragten dringlich um Hilfe und bat ihn, dafür zu sorgen, dass der Vollzug der Lastschriftanzeige ausgesetzt werde.

Weiteres Schreiben der Beschwerdeführerin

Am 8. April 2003 leitete die Beschwerdeführerin an den Bürgerbeauftragten ein Schreiben vom 26. März 2003, das sie von dem zuständigen Mitglied der Kommission erhalten hatte, sowie die Kopie zweier Schreiben, die sie der Kommission am 8. April 2003 übermittelt hatte, weiter. In diesen beiden zuletzt genannten Schreiben und in dem Schreiben an den Bürgerbeauftragten erwähnte die Beschwerdeführerin unter anderem, dass die Endabrechung für das „Projekt 99/01" immer noch fehle.

DIE UNTERSUCHUNG

Die Beschwerde wurde unverzüglich an die Kommission zur Stellungnahme weitergeleitet. Der Bürgerbeauftragte wies die Kommission darauf hin, dass die Beschwerdeführerin die Angelegenheit für dringlich halte. Die Beschwerdeführerin wurde jedoch gleichzeitig darüber unterrichtet, dass der Bürgerbeauftragte nicht die Befugnis habe, den Vollzug von Entscheidungen der Kommission auszusetzen.

Stellungnahme der Kommission

In ihrer Stellungnahme äußerte sich die Kommission zu der Beschwerde wie folgt:

Zweifel hinsichtlich des Finanzgebarens der Beschwerdeführerin seien bei der Bewertung des für den ersten Vertrag im Februar 1998 vorgelegten Schlussberichts aufgetreten. Die Kommission habe mehrfach zusätzliche Auskünfte und Belege angefordert. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen hätten jedoch keine ordnungsgemäße Analyse der zuschussfähigen Kosten erlaubt. Die Kommission habe daher das Unternehmen Deloitte & Touche mit einem externen Audit beauftragt, das am 26. und 27. November 2000 durchgeführt worden sei.

Aufgrund dieses Audits sei der Kommission klar geworden, dass die vertragschließende Einrichtung ("GFS") inzwischen in Konkurs gegangen und unter einem anderen Namen ("GAW") "neu geschaffen" worden war, wobei sie eine neue Rechtsform erhalten habe und der Vertrag stillschweigend fortgeführt worden sei. Der Prüfbericht habe auch ergeben, dass so gut wie keine angemessene Rechnungsführung vorhanden gewesen sei. So hätten unter anderem die meisten Rechnungen und Nachweise handschriftlich vorgelegen oder es hätten überhaupt keine derartigen Belege existiert; es habe auch keine Kontrollkarten (time sheets) zur Rechtfertigung der Personalkosten gegeben. Die Prüfer seien daher zu dem Schluss gelangt, dass sämtliche Kosten nicht zuschussfähig seien.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2001 habe die Kommission die Beschwerdeführerin darüber unterrichtet, dass der Betrag von 116 299 € (96 107 € plus Zinsen), der bereits im Rahmen des ersten Vertrags ausgezahlt worden war, sowie die Vorauszahlung im Rahmen des Verlängerungsvertrags in Höhe von 43 113,222 € (37 800 € plus Zinsen) zurückzuzahlen seien. Die erste Lastschriftanzeige sei der Beschwerdeführerin am 21. Februar 2002, die zweite am 17. Dezember 2001 zugesandt worden.

Die erste Lastschriftanzeige sei der Kommission von der Beschwerdeführerin am 7. März 2002 zurückgeschickt worden. Die Beschwerdeführerin ("GAW") habe ausgeführt, dass sie nicht der Empfänger sei und nicht die Firma "GFS" vertrete, mit der der ursprüngliche Vertrag abgeschlossen worden sei. Auch gegen die zweite Lastschriftanzeige habe die Beschwerdeführerin Einspruch erhoben.

Im Mai 2002 habe die Kommission ihren Juristischen Dienst mit der Angelegenheit befasst, der festgestellt habe, dass der zweite Vertrag nichtig sei, da es zu einem wesentlichen Irrtum hinsichtlich der Person des Vertragspartners gekommen sei. Der Juristische Dienst habe von einer möglichen Klage abgeraten, um die Rückzahlung der im Rahmen des ersten Vertrags gezahlten Beträge zu erreichen.

Am 18. Oktober 2002 sei es zu einer Unterredung zwischen den zuständigen Kommissionsdienststellen und dem Projektkoordinator mit dem Ziel gekommen, eine "einvernehmliche Lösung" herbeizuführen. Nach dieser Begegnung seien die Zweifel an der Seriosität des Vertragsnehmers jedoch nicht ausgeräumt gewesen.

Die Kommission habe daher beschlossen, die Wiedereinziehung des im Rahmen des zweiten Vertrags ausgezahlten Vorschusses weiter zu betreiben, und zugleich die Rechtsgrundlage dieser Forderung geändert, die jetzt in der festgestellten Nichtigkeit des Vertrags bestanden habe. Die neue Lastschriftanzeige in Höhe von 43 113,22 € sei der Beschwerdeführerin am 27. Januar 2003 zugesandt worden.

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) sei in dieser Angelegenheit ebenfalls eingeschaltet worden. Mit Vermerk vom 11. Februar 2003 habe OLAF die Kommission davon unterrichtet, dass es eine externe Untersuchung betreffend die Beschwerdeführerin eingeleitet habe.

Was die Ausführungen der Beschwerdeführerin angehe, sei die Kommission der Auffassung, dass hier nicht nur von einem "Missverständnis" die Rede sein könne. Die Dienststellen der Kommission seien lediglich über eine Änderung des Namens ihres Vertragspartners informiert worden, mit dem Hinweis, dass es sich nicht um einen Wechsel der vertragschließenden Einrichtung handele (siehe Schreiben vom 2. Februar 1998). Die Kommission sei ferner darüber unterrichtet worden, dass ein neuer gesetzlicher Vertreter, nämlich Frau J.F., an die Stelle von Frau M.F. trete. Wenige Monate später jedoch, am 20. August 1998, sei die Gesellschaft GFS für zahlungsunfähig erklärt worden (ohne dass die Kommission darüber informiert worden wäre). Dies weise darauf hin, dass es sich sehr wohl um zwei unterschiedliche Einrichtungen handele und dass sich die Familie F. darüber im Klaren sein musste. Das Argument, dass die Beschwerdeführerin Mittel aus dem Gemeinschaftshaushalt "gerettet" habe, sei nicht stichhaltig. Die Kommission hätte, wenn sie über einen Konkurs des Unternehmens informiert worden wäre, von diesem Zeitpunkt an keine weiteren Zahlungen mehr geleistet.

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Belege hätten es der Kommission nicht erlaubt, die Projektkosten mit Sicherheit zu bestimmen, so dass sämtliche Kosten damit ihre Zuschussfähigkeit verlören.

Abschließend vertrat die Kommission die Meinung, dass selbst kleine Unternehmen eine Buchführung unterhalten, Akten mit den erforderlichen Belegen führen und Banktransaktionen unternehmen können. Schließlich ließen die Tatsache, dass zahlreiche Belege lediglich handschriftlich vorliegen, sowie die Unklarheit hinsichtlich der Beziehungen zwischen dem Projektkoordinator (Herrn F.), dem Projektträger (der Firma, die zunächst von Frau M. F. – der Ehefrau – geführt wurde, dann nach dem Konkurs von Frau J. F. – der Tochter) und den Partnern und deren jeweiligen Rollen grundlegende Zweifel daran aufkommen, dass das Projekt ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.

Die Dienststellen der Kommission seien daher der Auffassung, dass die angegebenen Kosten nicht zuschussfähig seien, auch wenn das Projekt offensichtlich einige Ergebnisse erbracht habe.

Zu dem weiteren Schreiben der Beschwerdeführerin vom 8. April 2003 an den Bürgerbeauftragten nahm die Kommission wie folgt Stellung:

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zahlung für das "Projekt für 1999" (erwarteter Betrag 43 387,50 € ), der am 20. Juli 2001 gestellt und seitdem geprüft worden sei, könne als abgeschlossen angesehen werden. In diesem Fall könne ein Teil der Kosten als zuschussfähig angesehen werden. Die Summe bleibe jedoch unterhalb des Betrags der Vorauszahlung von 101 237,50 €. Der genaue Betrag, der wiedereinzuziehen sei, sei noch nicht bekannt, werde sich jedoch höchstwahrscheinlich auf 6 401,17 € belaufen. Das abschließende Schreiben zur Unterrichtung der Beschwerdeführerin werde in den nächsten Tagen abgeschickt werden.

Anmerkungen der Beschwerdeführerin

In ihren Anmerkungen hielt die Beschwerdeführerin an ihrer Beschwerde fest und vertrat die Auffassung, dass die Kommission einige Sachverhalte falsch dargestellt habe. Sie wies ferner darauf hin, dass der Großteil dessen, was die Kommission in der Zusammenfassung des Sachverhalts geschrieben habe, sich nicht auf die GAW-GmbH, sondern auf die ehemalige GFS-GmbH beziehe. Sie betonte, dass es sich bei den beiden Einrichtungen um zwei getrennte juristische Personen handele.

Die Beschwerdeführerin bat den Bürgerbeauftragten, dafür zu sorgen, dass die Einschaltung des OLAF zurückgezogen wird und eine Überprüfung aller Unterlagen (der Beschwerdeführerin) bei ihrem Steuerberater erfolgt.

Laut der Beschwerdeführein ist ihr „Endprodukt" mit dem Europäischen Sprachensiegel ausgezeichnet worden.

Die Beschwerdeführerin bat den Bürgerbeauftragten, sich dafür einzusetzen, dass die Rückforderung storniert wird und sie die beantragten Restzahlungen aus 1998/19999 und 1999/2000 in voller Höhe erhält. Sie fügte hinzu, dass weitere Anmerkungen folgen würden, sobald die Endabrechnung der Kommission für 1999/2001 eingegangen sei.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Einleitende Bemerkungen

1.1 Die ursprüngliche Beschwerde betraf einen Vertrag, der zwischen der Europäischen Kommission und der GAW-GmbH (Beschwerdeführerin), einem deutschen Unternehmen, geschlossen wurde. Dieser Vertrag bezog sich auf das Projekt 33428 und hatte eine Laufzeit vom 1. Januar 1998 bis zum 30. April 1999. Es handelte sich um den Folgevertrag zu einem Vertrag, der zwischen der Kommission und der „GFS-GmbH" in Bezug auf das Projekt 3428 geschlossen worden war und eine Laufzeit vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1997 hatte.

1.2 In ihrem weiteren Schreiben vom 8. April 2003 erwähnte die Beschwerdeführerin zum ersten Mal ein "Projekt 99/01". In ihrer Stellungnahme verwies die Kommission darauf, dass die Zahlungsaufforderung der Beschwerdeführerin aus dem „Projekt für 1999" in Kürze bearbeitet werde. Es hat den Anschein, als bezögen sich diese Verweise auf einen weiteren Vertrag, der 1999 zwischen der Kommission und der Beschwerdeführerin geschlossen worden zu sein scheint. Angesichts dessen, dass die Beschwerdeführerin keine Einzelheiten zum Inhalt dieses Vertrags zur Verfügung gestellt hat und dass die Entscheidung der Kommission zu der Zahlungsaufforderung der Beschwerdeführerin nach diesem Vertrag unmittelbar bevorzustehen scheint, ist der Bürgerbeauftragte der Auffassung, dass es nicht zweckmäßig wäre, sich im Rahmen dieser Untersuchung mit den Beschwerdepunkten zu befassen, die die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit diesem Vertrag möglicherweise hat.

1.3 In ihrer Stellungnahme wies die Kommission darauf hin, dass das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) mit der Angelegenheit befasst worden sei. Mit Vermerk vom 11. Februar 2003 hatte OLAF die Kommission darüber unterrichtet, dass es eine externe Untersuchung betreffend die Beschwerdeführerin eingeleitet hat. In ihren Anmerkungen zur Stellungnahme der Kommission bat die Beschwerdeführerin den Bürgerbeauftragten, dafür zu sorgen, dass die Einschaltung von OLAF zurückgezogen wird. Der Bürgerbeauftragte ist daher der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin somit eine weitere Forderung gestellt hat. Angesichts dessen, dass nur schwer vorstellbar ist, dass die Kommission eine Angelegenheit von OLAF zurückziehen kann, die sie dem Amt unterbreitet und zu der dieses bereits eine Untersuchung eingeleitet hat, soll diese Forderung wahrscheinlich als Aufforderung an OLAF verstanden werden, seine Untersuchung zu beenden. Es liegen jedoch keine Belege dafür vor, dass die Beschwerdeführerin vorher entsprechende administrative Schritte gegenüber OLAF unternommen hat. Der Bürgerbeauftragte vertritt daher die Auffassung, dass er nicht in der Lage ist, diese Forderung im Rahmen der derzeitigen Untersuchung zu behandeln.

1.4 Die vorliegende Entscheidung befasst sich daher nur mit der ursprünglichen Anschuldigung der Beschwerdeführerin betreffend die Rückzahlungsforderung im Rahmen des Projekts 33428. In diesem Zusammenhang hatte die Beschwerdeführein den Bürgerbeauftragten dringlich um Hilfe gebeten und ihn ersucht, dafür zu sorgen, dass die Lastschriftanzeige ausgesetzt wird. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Bürgerbeauftragte nicht die Befugnis hat, den Vollzug von Entscheidungen der Kommission auszusetzen. Dies wurde der Beschwerdeführerin in dem Schreiben mitgeteilt, mit dem sie über die Einleitung der Untersuchung durch den Bürgerbeauftragten unterrichtet wurde.

2 Angeblich inkorrekte Rückzahlungsforderung

2.1 Am 17. Dezember 2001 schickte die Kommission der Beschwerdeführerin die Aufforderung zur Rückzahlung der Vorauszahlung in Höhe von 43 113,22 € (37 800 € plus Zinsen), die im Rahmen des zweiten Vertrags geleistet worden war. Der Widerspruch der Beschwerdeführerin vom 2. Januar 2002 gegen diese Entscheidung wurde von der Kommission am 12. November 2002 zurückgewiesen. In ihrer Beschwerde an den Bürgerbeauftragten führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Entscheidung der Kommission falsch sei und die Kommission darüber hinaus die Summe in Höhe von 16 200 € bezahlen solle, die ihrer Ansicht nach aus dem neuen Vertrag noch ausstehe.

2.2 Die Kommission wies darauf hin, dass der erste Vertrag mit der "GFS-GmbH" geschlossen worden sei. Laut der Kommission waren ihre Dienststellen lediglich über eine Änderung des Namens ihres Vertragspartners informiert worden, mit dem Hinweis, dass es sich nicht um einen Wechsel der vertragschließenden Einrichtung handele (siehe Schreiben vom 2. Februar 1998). Die Kommission betonte, dass ihr erst aufgrund eines Audits betreffend den ersten Vertrag klar geworden sei, dass die vertragschließende Einrichtung ("GFS") inzwischen in Konkurs gegangen und unter einem anderen Namen ("GAW") "neu geschaffen" worden war, wobei sie eine neue Rechtsform erhalten habe und der Vertrag stillschweigend fortgeführt worden sei. Die Kommission vertrat daher die Auffassung, dass der zweite Vertrag nichtig sei, da es zu einem wesentlichen Irrtum hinsichtlich der Person des Vertragspartners gekommen sei. Sie trug ferner vor, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Belege es ihr nicht ermöglicht hatten, die Projektkosten zu bestimmen, und dass sämtliche Kosten daher nicht zuschussfähig seien.

2.3 Die vorliegende Beschwerde betrifft Anschuldigungen und Forderungen, die sich aus einem zwischen der Kommission und der Beschwerdeführerin geschlossenen Vertrag ergeben.

2.4 Nach Artikel 195 des EG-Vertrags ist der Europäische Bürgerbeauftragte befugt, Beschwerden „über Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft" entgegenzunehmen. Der Bürgerbeauftragte ist der Ansicht, dass es sich um einen Missstand handelt, wenn Organe oder Institutionen der Gemeinschaft nicht in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften und –grundsätzen handeln, die für sie verbindlich sind(2). Ein Missstand kann daher auch vorliegen, wenn es um die Erfüllung von Verpflichtungen geht, die sich aus Verträgen ergeben, die von Organen oder Institutionen der Gemeinschaft geschlossen wurden.

2.5 Der Bürgerbeauftragte ist jedoch der Auffassung, dass der Umfang der Überprüfung, die er in solchen Fällen durchführen kann, notwendigerweise begrenzt ist. Insbesondere vertritt der Bürgerbeauftragte die Meinung, dass er nicht versuchen sollte festzustellen, ob eine Partei den Vertrag verletzt hat, wenn die Angelegenheit strittig ist. Diese Frage kann nur von einem Gericht mit entsprechender Zuständigkeit geklärt werden, das die Möglichkeit hat, die Argumente der Parteien betreffend die einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu hören und widersprüchliches Beweismaterial zu strittigen Sachverhalten zu bewerten.

2.6 Der Bürgerbeauftragte vertritt daher die Ansicht, dass es in Fällen, die Vertragsstreitigkeiten betreffen, gerechtfertigt ist, seine Untersuchung auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob das Organ oder die Institution der Gemeinschaft ihm eine kohärente und nachvollziehbare Darstellung der Rechtsgrundlage seiner/ihrer Maßnahmen zur Verfügung gestellt hat und weshalb das Organ oder die Institution der Gemeinschaft glaubt, seine/ihre Sicht der vertraglichen Lage sei gerechtfertigt. Ist dies der Fall, wird der Bürgerbeauftragte zu dem Schluss kommen, dass seine Untersuchung keinen Missstand ergeben hat. Diese Schlussfolgerung berührt nicht das Recht der Parteien, ihre Vertragsstreitigkeit von einem zuständigen Gericht untersuchen und definitiv klären zu lassen.

2.7 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in kohärenter und nachvollziehbarer Weise die Gründe geschildert, aus denen ihrer Auffassung nach der fragliche Vertrag nichtig ist und somit die Rechtfertigung für ihre Entscheidung beigebracht, keine weiteren Zahlungen an die Beschwerdeführerin zu leisten und den bereits bezahlten Betrag zurückzufordern. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin selbst akzeptiert, dass es sich bei der GFS-GmbH und ihr selbst um zwei verschiedene juristische Personen handelt. Es ergibt sich daher für den Bürgerbeauftragten keine Notwendigkeit, das weitere Argument der Kommission zu prüfen, die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Belege hätten es ihr nicht ermöglicht, die Projektkosten zu bestimmen, und dass sämtliche Kosten daher nicht zuschussfähig seien.

2.8 Unter diesen Gegebenheiten lässt sich kein Missstand seitens der Kommission feststellen.

3 Schlussfolgerung

Die Untersuchungen des Bürgerbeauftragten betreffend diese Beschwerde haben ergeben, dass sich kein Missstand seitens der Europäischen Kommission feststellen lässt. Der Bürgerbeauftragte schließt den Fall daher ab.

Der Präsident der Kommission wird von dieser Entscheidung ebenfalls unterrichtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS


(1) Siehe auch die Entscheidung des Bürgerbeauftragten vom 20. Juni zur Beschwerde 1453/2001/GG (abrufbar auf der Website des Bürgerbeauftragten unter - http://www.ombudsman.europa.eu), die dieselben Verträge betraf.

(2) Siehe Jahresbericht 1997, Seite 24 sequ.