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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 2069/2002/GG gegen die Europäische Kommision


Straßburg, den 10. Juli 2003

Sehr geehrter Herr L.,

am 26. November 2002 haben Sie im Namen der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen eine Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten eingereicht und geltend gemacht, die Europäische Kommission habe es unterlassen, zwei Forderungen der Prisma GmbH aus einem Phare-Vertrag zu begleichen, welche die Prisma GmbH an die Beschwerdeführerin abgetreten hatte.

Am 9. Dezember 2002 habe ich die Beschwerde an den Präsidenten der Kommission weitergeleitet. Die Kommission übermittelte ihre Stellungnahme am 18. Februar 2003. Diese leitete ich am 19. Februar 2003 mit der Aufforderung an Sie weiter, Anmerkungen dazu zu machen, die Sie am 26. Februar 2003 übersandten.

Am 6. März 2003 bat ich die Kommission in einem Schreiben um weitere Informationen in Bezug auf die vorliegende Beschwerde. Die Kommission übermittelte ihre Antwort am 16. April 2003. Ich leitete sie am 22. April 2003 an Sie weiter mit der Aufforderung, bis zum 31. Mai 2003 Anmerkungen dazu zu machen. Es sind keine Anmerkungen von Ihnen eingegangen.

Mit diesem Schreiben möchte ich Sie über die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen in Kenntnis setzen.

DIE BESCHWERDE

Die Beschwerdeführerin ist eine deutsche Kreissparkasse. Am 22. September 2000 trat eine ihrer Kundinnen, die Prisma GmbH (ein deutsches Unternehmen), zwei Forderungen über 350 000 DM (Rechnung vom 9. Februar 2000) und über 60 000 DM (Rechnung vom 21. Juli 2000) an die Beschwerdeführerin ab, die sie gegen die Europäische Kommission zu haben behauptete. Laut der Prisma GmbH gehen diese Forderungen auf einen Phare-Vertrag mit dem Aktenzeichen „Phare 4683-17-RC-VI" zurück.

Am 21. Mai 2002 schrieb die Beschwerdeführerin an die Kommission, um sie über die Abtretung der Forderungen zu unterrichten und um Zahlung der Beträge zu bitten. Mit Fax vom 16. Juli 2002 unterrichtete die Kommission die Beschwerdeführerin, dass ihr Schreiben an die Generaldirektion (GD) Erweiterung weitergeleitet worden sei. Am 30. September 2002 unterrichtete die GD Erweiterung die Beschwerdeführerin, dass sie das von der Beschwerdeführerin genannte Aktenzeichen nicht zuordnen könne. Die Kommission bat die Beschwerdeführerin daher, zusätzliche Angaben (beispielsweise eine Kopie des Vertrags) zur Verfügung zu stellen. In ihrer Antwort vom 29. Oktober 2002 betonte die Beschwerdeführerin, dass sie das Aktenzeichen des Vertrags bereits mitgeteilt und die Kommission gebeten habe, sich der Angelegenheit anzunehmen.

Mit Fax vom 31. Oktober 2002 bat die Kommission erneut um weitere Informationen, um den Vertrag ermitteln zu können.

Am 26. November 2002 bat die Beschwerdeführerin den Bürgerbeauftragten um Hilfe. Laut der Beschwerdeführerin hatte die Kommission es unterlassen, Forderungen zu begleichen, die sie der Prisma GmbH aus einem Phare-Vertrag schuldete und die die Prisma GmbH an die Beschwerdeführerin abgetreten hatte.

DIE UNTERSUCHUNG

Stellungnahme der Kommission

In ihrer Stellungnahme äußerte sich die Kommission wie folgt:

Die Kommission habe von den Begleitumständen dieses Vertrags erstmals Kenntnis erhalten, als die Beschwerdeführerin ein Schreiben mit der Aufforderung zur Begleichung der zwei Rechnungen mit Datum 9. Februar 2000 und 27. Juli 2000 übermittelt habe. Am 1. August 2002 sei die Beschwerdeführerin um zusätzliche Informationen gebeten worden, da die einzige Referenz in dem Schreiben ein Aktenzeichen („Phare 4683-17-RC-VI") gewesen sei.

Phare-Verträge seien anders nummeriert. Das angegebene Aktenzeichen könne nicht zugeordnet werden. Eine Kopie des Vertrags würde die Ermittlung der zuständigen Dienststelle der Kommission ermöglichen, die tatsächlich mit der Beschwerdeführerin oder mit der Prisma GmbH in Verbindung steht. Ohne die korrekte Vertragsnummer könne eine Zahlung nicht veranlasst werden. Das erforderliche Aktenzeichen müsse das Format 01-0025 haben, wobei die beiden ersten Stellen das Jahr bezeichneten.

Bei der Suche in internen Datenbanken seien keine Verträge gefunden worden, die sich auf die Kreissparkasse oder die Prisma GmbH beziehen.

Am 22. Januar 2003 sei der Beschwerdeführerin erneut ein Schreiben mit der Bitte um weitere Angaben übermittelt worden. Die Beschwerdeführerin habe die erforderlichen Angaben jedoch leider nicht beigebracht.

Anmerkungen der Beschwerdeführerin

In ihren Anmerkungen wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie sich mit dem Anwalt der Prisma GmbH in Verbindung gesetzt habe, um weitere Informationen zu erhalten. Die Beschwerdeführerin legte Kopien eines Faxes der Industrie- und Handelskammer Bayreuth vom 21. August 2000 und eines Schreibens eines deutschen Rechtsanwalts vom 2. Oktober 2001 an die Prisma GmbH vor. Laut diesen Unterlagen war die Angelegenheit mit einem Dr. Truijens von der GD Landwirtschaft (ehemals GD VI) und einem Herrn Gösta Persson von den Dienststellen der Kommission im Jahr 2000/2001 erörtert worden. Die Beschwerdeführerin äußerte die Auffassung, dass es möglich sein sollte, die Angelegenheit auf der Grundlage dieser Informationen zu klären.

Weitere Untersuchungen

Nach sorgfältiger Prüfung der Stellungnahme der Kommission und der Anmerkungen der Beschwerdeführerin schienen weitere Untersuchungen notwendig.

Ersuchen um weitere Informationen

Der Bürgerbeauftragte fragte daher die Kommission, ob sie in der Lage sei, den entsprechenden Vertrag auf der Grundlage der in den Anmerkungen der Beschwerdeführerin enthaltenen zusätzlichen Informationen zu ermitteln.

Antwort der Kommission

In ihrer Antwort wies die Kommission darauf hin, dass Dr. Truijens und Herr Gösta Persson nicht mehr bei der Kommission beschäftigt seien. Wenn irgendeine Korrespondenz mit den genannten Personen vorläge, so befände sie sich in den einschlägigen Akten der Kommission (dies sei nicht der Fall) oder im Besitz der Beschwerdeführerin.

Die Kommission betonte erneut, dass das angegebene Aktenzeichen nicht zugeordnet werden könne und dass eine Vertragskopie es der Kommission ermöglichen würde, die Angelegenheit zu klären. Sie fügte hinzu, dass sie die Beschwerdeführerin um die Dokumente gebeten habe, die rechtlich für die Prüfung der Frage, ob die Kommission irgendwelche Beträge schuldet, erforderlich seien. Nach Ansicht der Kommission scheint eine Weiterführung der Korrespondenz mit der Beschwerdeführerin, ohne dass die von der Kommission erbetenen Informationen vorliegen, nicht sinnvoll.

Anmerkungen der Beschwerdeführerin

Eine Kopie dieser Antwort wurde an die Beschwerdeführerin weitergeleitet. Es gingen keine Anmerkungen der Beschwerdeführerin ein.

DIE ENTSCHEIDUNG

1 Nichtbegleichung von Beträgen, die angeblich aus einem Phare-Vertrag geschuldet werden

1.1 Die Beschwerdeführerin, eine deutsche Kreissparkasse, machte geltend, die Kommission habe es unterlassen, zwei Forderungen der Prisma GmbH aus einem Phare-Vertrag zu begleichen, welche die Prisma GmbH an die Bank abgetreten habe.

1.2 Die Kommission antwortete, dass weder das von der Beschwerdeführerin angegebene Aktenzeichen ("Phare 4683-17-RC-VI") noch die von ihr im Verlauf der Untersuchung des Bürgerbeauftragten vorlegten weiteren Informationen eine Zuordnung des Vertrags ermöglicht hätten. Laut der Kommission war daher eine Kopie des einschlägigen Vertrags erforderlich, und die Kommission habe die Beschwerdeführerin mehrmals gebeten, dieses Dokument vorzulegen.

1.3 Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass sich die Kommission offensichtlich bemüht hat, den Vertrag auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten begrenzten Angaben zu ermitteln, ohne dass ihr dies gelungen wäre. Unter diesen Umständen scheint die Auffassung der Kommission, die Beschwerdeführerin solle eine Kopie des entsprechenden Vertrags übermitteln, damit sie feststellen könne, ob von der Kommission irgendwelche Beträge geschuldet werden, vernünftig.

1.4 Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführen kommt der Bürgerbeauftragte zu dem Schluss, dass kein Missstand in der Verwaltungstätigkeit der Kommission vorliegt.

2 Schlussfolgerung

Auf der Grundlage der vom Bürgerbeauftragten durchgeführten Untersuchungen betreffend diese Beschwerde liegen keine Anhaltspunkte für einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit der Europäischen Kommission vor. Der Bürgerbeauftragte schließt den Fall daher ab.

Der Präsident der Kommission wird ebenfalls über diese Entscheidung unterrichtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS