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Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1032/2002/GG gegen die Europäische Kommission
Decision
Case 1032/2002/GG - Opened on Wednesday | 12 June 2002 - Decision on Wednesday | 13 November 2002
Sehr geehrter Herr Dr. M.,
am 4. Juni 2002 haben Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde eingereicht, in der sie der Europäischen Kommission vorwarfen, nicht innerhalb angemessener Frist und nicht in der von Ihnen verwendeten Sprache auf Ihre Schreiben/Beschwerden geantwortet zu haben.
Am 12. Juni 2002 habe ich die Beschwerde an den Präsidenten der Kommission weitergeleitet. Die Kommission übermittelte ihre Stellungnahme am 11. September 2002. Ich leitete sie am 12. September 2002 an Sie weiter und bot Ihnen an, sich dazu zu äußern. Am 23. Oktober 2002 sandten Sie Ihre Anmerkungen.
Mit diesem Schreiben möchte ich Ihnen die Ergebnisse der angestellten Untersuchungen mitteilen.
DIE BESCHWERDE
Der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsbürger, ist als Bediensteter auf Zeit bei der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission in Ispra beschäftigt.
Artikel 7 Absatz 3 Unterabsatz 1 des Anhangs VII (Vorschriften über Dienstbezüge und Kostenerstattungen) des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften legt fest: "Der Herkunftsort des Beamten wird bei seinem Dienstantritt unter Berücksichtigung des Ortes, von dem aus er einberufen worden ist, oder des Mittelpunkts seiner Lebensinteressen festgestellt. Diese Feststellung kann im Laufe der Amtszeit des Beamten und anlässlich seines Ausscheidens aus dem Dienst durch eine besondere Verfügung der Anstellungsbehörde geändert werden. Diese Verfügung darf während der Amtszeit des Beamten nur in Ausnahmefällen und bei Vorlage von Unterlagen getroffen werden, durch die der Antrag des Beamten ordnungsgemäß belegt wird."(1)
Am 2. Mai 2001 reichte der Beschwerdeführer einen in deutscher Sprache abgefassten Antrag ein, in dem er darum bat, seinen Herkunftsort von Stuttgart (Deutschland) in Bergen (Niederlande) umzuändern. Der Beschwerdeführer verwies darauf, dass er in Bergen ein Haus besitze und in diesem Ort seine wesentlichen bürgerlichen Interessen habe. Nachdem er darauf keine Antwort erhalten hatte, reichte der Beschwerdeführer am 20. November 2001 eine Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Beamtenstatuts ein. Diese Beschwerde wurde von der Kommission mit einem in Französisch abgefassten Schreiben vom 24. April 2002 beantwortet. Die Kommission stellte fest, dass der Beschwerdeführer am 1. März 2002 hilfsweise darum gebeten hatte, seinen Herkunftsort in Aachen (Deutschland) umzuändern, und sie informierte ihn darüber, dass diesem letzten Antrag stattgegeben worden sei. Am 2. Mai 2002 richtete der Beschwerdeführer ein Schreiben an die Generaldirektion Personal und Verwaltung und bat um eine Übersetzung des Schreibens ins Deutsche (oder ins Englische, Italienische oder Niederländische). Er begründete dies damit, dass es ihm seine eingeschränkte Kenntnis der französischen Sprache nicht erlaube, den Text zu verstehen. Als Anfang Juni 2002 die Beschwerde an den Bürgerbeauftragten eingereicht wurde, hatte der Beschwerdeführer noch keine Antwort auf dieses Schreiben erhalten.
Der Beschwerdeführer machte daher geltend, dass die Kommission auf seine Schreiben/Beschwerden weder innerhalb angemessener Frist noch in der von ihm verwendeten Sprache geantwortet habe.
DIE UNTERSUCHUNG
Stellungnahme der KommissionDie Kommission äußerte sich in ihrer Stellungnahme wie folgt:
Seit Beginn der Befassung mit der Angelegenheit sei die zuständige Dienststelle der Auffassung gewesen, dass die vom Beschwerdeführer auf der Grundlage von Artikel 90 Absatz 2 des Beamtenstatuts eingereichte Beschwerde aus rechtlichen Gründen keinen Erfolg haben könne. Nach den geltenden Bestimmungen(2) müssten nämlich für die Feststellung eines anderen Herkunftsorts die folgenden drei Voraussetzungen oder zumindest die erste davon erfüllt sein: Es muss sich um den Ort handeln, (a) zu dem der Beamte seine wichtigsten familiären Bindungen hat, (b) an dem er eigentumsrechtliche Bindungen zu Immobilien in Form von Gebäuden oder Teilen davon hat und (c) an dem er seine wesentlichen sowohl aktiven als auch passiven bürgerrechtlichen Interessen hat.
Im vorliegenden Fall sei nur die zweite Voraussetzung erfüllt gewesen, da der Beschwerdeführer ein Haus in Bergen besaß. Mit seinem Wechsel von den Niederlanden nach Ispra habe der Beschwerdeführer jedoch das Kommunalwahlrecht verloren, das er besessen habe, solange er in der Gemeinde Bergen wohnte. Dies sei dem Beschwerdeführer durch die Verwaltung von Ispra mündlich mitgeteilt worden.
Anstatt seine Beschwerde von vornherein zurückzuweisen, habe die zuständige Dienststelle mit dem Beschwerdeführer Verbindung aufgenommen, um zu prüfen, ob ein anderer Ort als Bergen als sein Herkunftsort festgestellt werden könnte. Aachen, der Wohnort seiner Eltern, sei eine mögliche Alternative gewesen. Am 1. März 2002 habe der Beschwerdeführer in einem ergänzenden Schreiben darum gebeten, Aachen als seinen Herkunftsort festzustellen. Diesem Antrag sei stattgegeben worden. Der Beschwerdeführer habe die Antwort am 30. April 2002 erhalten, d. h. innerhalb von weniger als acht Wochen, einschließlich der Osterferien, und damit innerhalb einer angemessenen Frist.
Die Kommission bedauerte die Tatsache, dass dem Beschwerdeführer keine deutsche Übersetzung der Antwort vom 24. April 2002 zur Verfügung gestellt worden war. Allerdings sei die Antwort nur zehn Zeilen lang gewesen. Außerdem habe der Beschwerdeführer in einem im Jahre 2001 ausgefüllten Bewerbungsbogen bei der geforderten Einstufung seines Verständnisses von Sprachen zwischen 0 und 3 für das Französische das Niveau 2 angegeben. Der Beschwerdeführer habe zudem während der gesamten Prüfung seiner Beschwerde mit dem für den Fall zuständigen Beamten in Deutsch kommunizieren können.
Die Kommission legte eine deutsche Übersetzung ihres Schreibens vom 24. April 2002 vor.
Anmerkungen des BeschwerdeführersIn seinen Anmerkungen verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er nach seiner Beschwerde vom 20. November 2001 und einer Kontaktaufnahme seitens der Kommission Ende Februar 2002 am 1. März 2002 in einer E-Mail weitere Informationen an die Kommission gesendet habe. In dieser E-Mail habe er seinen ursprünglichen Antrag (Bergen) aufrechterhalten. Für den Fall einer ablehnenden Entscheidung habe er Aachen als einen möglichen Herkunftsort vorgeschlagen.
Der Beschwerdeführer legte dar, dass es ihm trotz seiner Grundkenntnisse der französischen Sprache nicht möglich gewesen sei, aus dem in französischer Sprache abgefassten Schreiben vom 24. April 2002 zu verstehen, mit welcher Begründung sein ursprünglicher Antrag abgelehnt worden war. Er fügte hinzu, dass er nun, da die Übersetzung vorliege, feststellen müsse, dass über seinen ursprünglicher Antrag offenbar nicht schriftlich entschieden worden sei. Der Beschwerdeführer fand dies befremdlich.
Die Feststellung der Kommission, dass Voraussetzung c) nicht erfüllt gewesen wäre, sei nicht korrekt, da er nachgewiesen habe, dass er zum Zeitpunkt seines ursprünglichen Antrags im Wählerverzeichnis der Gemeinde Bergen eingetragen war. Der Beschwerdeführer merkte an, er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Entscheidung der Kommission willkürlich getroffen worden sei.
Der Beschwerdeführer legte eine Kopie seines E-Mail-Schreibens an die Kommission vom 1. März 2002 vor. Darin bezog er sich auf ein Schreiben vom 27. November 2001, in dem ihm die Kommission angeboten hatte, weitere Informationen einzureichen.
DIE ENTSCHEIDUNG
1 Nichtbeantwortung von Schreiben/Beschwerden innerhalb eines angemessenen Zeitraums und in der vom Beschwerdeführer verwendeten Sprache1.1 Der Beschwerdeführer, ein deutscher Staatsangehöriger, ist als Bediensteter auf Zeit für die Europäische Kommission tätig. Am 2. Mai 2001 reichte der Beschwerdeführer einen in deutscher Sprache abgefassten Antrag ein, in dem er darum bat, seinen Herkunftsort von Stuttgart (Deutschland) in Bergen (Niederlande) umzuändern. Nachdem er darauf keine Antwort erhalten hatte, reichte der Beschwerdeführer am 20. November 2001 eine Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts der Beamten ein. In einem in Französisch abgefassten Schreiben vom 24. April 2002 stellte die Kommission fest, dass der Beschwerdeführer am 1. März 2002 hilfsweise darum gebeten hatte, seinen Herkunftsort in Aachen (Deutschland) umzuändern, und sie informierte ihn darüber, dass diesem letzten Antrag stattgegeben worden sei. Am 2. Mai 2002 richtete der Beschwerdeführer ein Schreiben an die Generaldirektion Personal und Verwaltung und bat um eine Übersetzung des Briefes ins Deutsche, was er damit begründete, dass es ihm seine eingeschränkte Kenntnis der französischen Sprache nicht erlaube, den Text zu verstehen. In seiner Anfang Juni 2002 an den Bürgerbeauftragten eingereichten Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Kommission auf seine Schreiben/Beschwerden weder innerhalb angemessener Frist noch in der von ihm verwendeten Sprache geantwortet habe.
1.2 Die Kommission weist darauf hin, dass der Beschwerdeführer am 1. März 2002 hilfsweise darum gebeten habe, Aachen als seinen Herkunftsort festzustellen. In Anbetracht der Tatsache, dass diesem Antrag stattgegeben wurde und der Beschwerdeführer die Antwort am 30. April 2002 erhielt, d. h. innerhalb von weniger als acht Wochen, einschließlich der Osterferien, ist die Kommission der Ansicht, dass sie die Antwort innerhalb einer angemessenen Frist erteilt habe. Die Kommission bedauert, dass keine deutsche Übersetzung des Schreibens versandt wurde, verweist jedoch darauf, dass sie berechtigterweise annehmen konnte, dass der Beschwerdeführer dieses kurze Schreiben auf Französisch verstehen würde. Eine Übersetzung ins Deutsche wurde dem Beschwerdeführer nachträglich zur Verfügung gestellt.
1.3 Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass der Beschwerdeführer die Kommission am 2. Mai 2001 um eine Änderung seines Herkunftsortes ersuchte und bis zu dem Zeitpunkt im November 2001, als er eine förmliche Beschwerde bei der Kommission einreichte, keine schriftliche Antwort auf seinen Antrag erhalten hatte. Es gehört zur guten Verwaltungspraxis, auf Anträge innerhalb einer angemessenen Frist zu reagieren. Die Kommission hat keinerlei Erklärung dafür gegeben, warum der Beschwerdeführer mehr als ein halbes Jahr nach Einreichung des besagten Antrages noch keine schriftliche Antwort erhalten hatte. Dies stellt einen Missstand in der Verwaltung dar, wozu es eine kritische Bemerkung geben wird.
1.4 Was die am 20. November 2001 eingereichte Beschwerde anbetrifft, so stellt der Bürgerbeauftragte fest, dass sich der Beschwerdeführer in seiner E-Mail vom 1. März 2002 auf ein Schreiben der Kommission vom 27. November 2001 bezog, in dem sie ihm angeboten hatte, weitere Informationen zu erteilen. Der Bürgerbeauftragte stellt weiterhin fest, dass die Kommission dem vom Beschwerdeführer am 1. März 2002 vorgebrachten Hilfsantrag mit ihrem Schreiben vom 24. April 2002 entsprochen hat, d. h. innerhalb von weniger als zwei Monaten. In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls vertritt der Bürgerbeauftragte daher die Ansicht, dass der Beschwerdeführer keinen Nachweis für seine Behauptung erbracht hat, die Kommission habe seine Beschwerde nicht in angemessener Frist beantwortet.
1.5 Bezüglich der Tatsache, dass das Schreiben der Kommission vom 24. April 2002 in französischer Sprache abgefasst war, ist der Bürgerbeauftragte der Meinung, dass es besser gewesen wäre, wenn die Kommission in der vom Beschwerdeführer verwendeten Sprache geantwortet hätte. Der Bürgerbeauftragte stellt jedoch fest, dass das Schreiben der Kommission sehr kurz war und der Beschwerdeführer offenbar Auskünfte erteilt hatte, die bei der Kommission den Eindruck erwecken konnten, er würde ein in Französisch abgefasstes Schreiben verstehen. Es sollte auch festgestellt werden, dass die Kommission dem Beschwerdeführer mittlerweile eine deutsche Übersetzung bereitgestellt hat. Unter diesen Umständen ist der Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass es nicht geboten erscheint, zu diesem Aspekt der Beschwerde weitere Untersuchungen anzustellen.
1.6 In seinen Anmerkungen zur Stellungnahme der Kommission kritisiert der Beschwerdeführer die Entscheidung der Kommission, seinen ursprünglichen Antrag abzulehnen, wonach Bergen als sein Herkunftsort festgestellt werden sollte. Der Beschwerdeführer hält diese Entscheidung offenbar für eine Willkürentscheidung, für die keine schriftliche Begründung gegeben worden sei. Sofern diese Kommentare als weitere Vorwürfe verstanden werden können, vertritt der Bürgerbeauftragte die Auffassung, dass es nicht angemessen wäre, sich mit diesen Vorwürfen im Rahmen der gegenwärtigen Untersuchung zu befassen. In diesem Zusammenhang sollte festgestellt werden, dass die Kommission in ihrer Stellungnahme die Gründe für die Ablehnung des ursprünglichen Antrags des Beschwerdeführers dargelegt hat und er ihrer Meinung nach zwei der erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllte.
2 SchlussfolgerungAuf der Grundlage der Untersuchungen des Bürgerbeauftragten betreffend diese Beschwerde macht sich die folgende kritische Bemerkung erforderlich:
Es gehört zur guten Verwaltungspraxis, innerhalb einer angemessenen Frist auf Anträge zu reagieren. Die Kommission hat keine Erklärung dazu abgegeben, warum der Beschwerdeführer mehr als ein halbes Jahr nach Einreichung des Antrags vom 2. Mai 2001 noch keine schriftliche Antwort erhalten hatte. Dies stellt einen Missstand in der Verwaltung dar.
Angesichts dessen, dass sich dieser Aspekt des Falls auf Verfahren in Bezug auf spezifische, in der Vergangenheit liegende Tatsachen bezieht, besteht kein Anlass, eine gütliche Lösung zu suchen. Daher schließt der Bürgerbeauftragte den Fall ab.
Der Präsident der Kommission wird ebenfalls über diese Entscheidung in Kenntnis gesetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Jacob SÖDERMAN
(1) Gemäß Artikel 22 und 26 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften ist diese Regelung auch auf den Beschwerdeführer anwendbar.
(2) Beschluss der Kommission vom 15. Juli 1980 zur Annahme allgemeiner Durchführungsbestimmungen für die Anwendung von Artikel 7 Absatz 3 des Anhangs VII des Beamtenstatuts (Verwaltungsmitteilung Nr. 291 vom 5. September 1980 mit späteren Änderungen).
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