- Export to PDF
- Get the short link of this page
- Share this page onTwitterFacebookLinkedin
Entscheidung des Europäischen Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1125/98/VK gegen das Europäische Parlament
Decision
Case 1125/98/VK - Opened on Monday | 14 December 1998 - Decision on Friday | 03 September 1999
Straßburg, 3. September 1999
Sehr geehrter Herr K.,
am 21. Februar 1998 reichten Sie beim Europäischen Bürgerbeauftragten eine Beschwerde gegen das Europäische Parlament ein. Sie behaupteten darin, das Parlament hätte Ihre Bewerbung um Teilnahme an einem Auswahlverfahren des Parlaments nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, daß Sie kein Hochschuldiplom in Informationstechnologie vorgelegt haben, da Sie einen gleichwertigen Abschluß einer technischen Hochschule (Fachhochschule) besitzen.
Am 14. Dezember 1998 leitete ich die Beschwerde an den Präsidenten des Europäischen Parla-ments weiter. Das Parlament übermittelte seine Stellungnahme am 25. März 1999. Diese habe ich an Sie mit der Aufforderung, gegebenenfalls Bemerkungen dazu zu machen, weitergeleitet. Ich habe keine Bemerkungen von Ihnen erhalten.
Nun möchte ich Sie über die Ergebnisse der von mir durchgeführten Untersuchungen informieren.
BESCHWERDE
Laut der Beschwerde gestaltete sich der Sachverhalt wie folgt:
Der Beschwerdeführer bewarb sich um die Teilnahme am Auswahlverfahren EUR/A/127 (1) des Europäischen Parlaments für A7- und A6-Stellen im Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, daß seine Bewerbung vom Prüfungs- ausschuß abgelehnt wurde, weil er nicht über das geforderte abgeschlossene Hochschulstudium im Bereich Informatik und/oder Elektronik und/oder (wie die Untertitel III.B.2.1 der Ausschreibungsunterlagen erwähnt) verfüge.
Der Beschwerdeführer war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Er machte geltend, daß gemäß dem deutschen Hochschulrahmengesetz sein Abschluß der Fachhochschule als gleichwertig mit einem Hochschuldiplom in Deutschland betrachtet werde und daher seine Bewerbung nicht hätte abgelehnt werden dürfen.
In seiner Antwort erklärte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses, daß für das Auswahlverfahren EUR/A/127 ein Fachhochschulabschluß nicht als gleichwertig mit einem Hochschuldiplom, das für die Zulassung zu einer A-Stelle bei den europäischen Institutionen erforderlich sei, betrachtet werde.
Daraufhin reichte der Beschwerdeführer eine Beschwerde beim Bürgerbeauftragten ein. Er erklärte, seine Bewerbung hätte nicht abgelehnt werden dürfen, daß die Begründung unklar geblieben sei und das Parlament sich diskriminierend verhalten habe.
UNTERSUCHUNG
Die Stellungnahme des Parlaments
Das Parlament erklärte, der Beschwerdeführer sei nicht zu den schriftlichen Prüfungen zugelassen worden, weil er eine konkrete Anforderung, das heißt ein Hochschulabschluß in Informationstechnologie, nicht erfüllte.
Ferner erklärte es, daß der Prüfungsausschuß einstimmig beschlossen habe, daß ein Fach-hoch-schulabschluß nicht als einem Universitätsabschluß in Informationstechnologie gleichwertig anerkannt werden würde, der in Titel IIIB.2.1 der Ausschreibung verlangt wurde. Dieser Beschluß sei für alle Bewerber mit dieser Qualifikation im voraus gefaßt worden und sei daher keineswegs diskriminierend.
ENTSCHEIDUNG
1 Nichtanerkennung des Abschlusses des Beschwerdeführers
1.1 Der Beschwerdeführer behauptete, daß sein Diplom der Fachhochschule gemäß einem deutschen Hochschulgesetz als einem Hochschuldiplom gleichwertig betrachtet werde. Er machte geltend, daß seine Bewerbung um Teilnahme an einem Auswahlverfahren daher vom Parlament nicht hätte abgelehnt werden dürfen und es daher eine Diskriminierung darstelle.
1.2 Das Parlament erklärte, daß in der Ausschreibung eindeutig ein abgeschlossenes Hoch-schulstudium gefordert wurde. Der Prüfungsausschuß habe einstimmig beschlossen, einen Fachhochschulabschluß nicht als einem Universitätsabschluß in Informationstechnologie gleichwertig anzuerkennen. Dieser Beschluß sei auf alle Kandidaten mit dieser Qualifikation einheitlich angewandt worden und diese Entscheidung daher keineswegs diskriminierend.
1.3 Die Ausschreibung für das Auswahlverfahren EUR/A/127 verlangt unter Titel III.B.2.1 als Qualifikation einen Hochschulabschluß. Die Anstellungsbehörde beschloß, einen Fachhochschulabschluß nicht als gleichwertigen Abschluß anzuerkennen. Die Anstellungs-behörde hätte hier einen allgemeineren Ansatz wählen können, aber es obliegt ihr, die Kriterien für die Zulassung zu einem bestimmten Auswahlverfahren festzulegen. Die fragliche Entscheidung wurde im voraus getroffen und galt für alle Bewerber. Daher war das Parlament offenbar befugt, dieses Kriterium anzuwenden.
2 Der Wortlaut der Ausschreibung
2.1 Die Ausschreibung EUR/A/127 verlangt in der deutschen Fassung unter Titel III.B.2.1 ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Die deutsche Fassung der Ausschreibung ist natürlich an Deutschsprachige gerichtet, von denen die meisten eine Hochschul-ausbildung in Deutschland abgeschlossen haben. Gemäß Artikel 1 des Hochschulrahmengesetzes vom 26. Januar 1976 sind Hochschulen im Sinne dieses Gesetzes die Universitäten, die pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen und die Fach-hoch-schulen. Daraus folgt, daß ein deutscher Bewerber, der die Ausschreibung für das Auswahlverfahren des Parlaments liest, nicht automatisch davon ausgehen kann, daß sein Fachhochschuldiplom von der Anstellungsbehörde nicht als einem Hochschuldiplom gleichwertig betrachtet wird.
2.2 Es ist gute Verwaltungspraxis, dafür zu sorgen, daß die Bewerber für ein Auswahlverfahren über die Anforderungen korrekt unterrichtet werden. Aus der deutschen Fassung der Ausschreibung ging nicht eindeutig hervor, daß ein Fachhochschuldiplom für dieses bestimmte Auswahlverfahren als nicht ausreichend betrachtet würde. Dem Parlament hätte bekannt sein müssen, daß in Deutschland diese Fachhochschuldiplome bestehen und welchen Rang sie haben. Es hätte daher Schritte ergreifen müssen um zu gewährleisten, daß die deutsche Fassung der Ausschreibung klare Angaben im Hinblick auf das geforderte Hochschuldiplom enthält.
3 Schlußfolgerung
Ausgehend von den Untersuchungen des Europäischen Bürgerbeauftragten zu dieser Beschwerde erscheint die folgende kritische Bemerkung erforderlich:
- Es ist gute Verwaltungspraxis, dafür zu sorgen, daß die Bewerber für ein Auswahlverfahren über die Anforderungen korrekt unterrichtet werden. Aus der deutschen Fassung der Ausschreibung ging nicht eindeutig hervor, daß ein Fachhochschuldiplom für dieses bestimmte Auswahlverfahren als nicht ausreichend betrachtet würde. Dem Parlament hätte bekannt sein müssen, daß in Deutschland diese Fachhochschuldiplome bestehen und welchen Rang sie haben. Es hätte daher Schritte ergreifen müssen um zu gewährleisten, daß die deutsche Fassung der Ausschreibung klare Angaben im Hinblick auf das geforderte Hochschuldiplom enthält.
Da dieser Aspekt des Falls Verfahren betrifft, die im Zusammenhang mit konkreten Ereignissen in der Vergangenheit standen, ist es nicht zweckmäßig, eine gütliche Lösung der Angelegenheit anzustreben. Der Bürgerbeauftragte hat daher beschlossen, den Fall abzuschließen.
Dem Präsidenten des Europäischen Parlaments wird diese Entscheidung ebenfalls zur Kenntnis gebracht.
Mit freundlichen Grüßen
Jacob SÖDERMAN
(1) ABl. C 125 A/10
- Export to PDF
- Get the short link of this page
- Share this page onTwitterFacebookLinkedin