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Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten an das Europäische Parlament im Anschluss an den Empfehlungsentwurf an das Europäische Betrugsbekämpfungsamt in der Beschwerde 2485/2004/GG

 

(vorgelegt gemäß Artikel 3 Absatz 7 des Europäischen Bürgerbeauftragten[1])

Einleitung

Der Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass der vorliegende Fall eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, die Auswirkungen auf das Vertrauen hat, das die Bürger den Organen und Institutionen der EU entgegenbringen. Die Bürger sollten Vertrauen in die Genauigkeit und Vollständigkeit der Untersuchungen des Bürgerbeauftragten haben können. Wenn ein Organ oder eine Institution dem Bürgerbeauftragten gegenüber unrichtige und irreführende Angaben macht, sollte das Organ oder die Institution daher bereit sein, diese Tatsache öffentlich einzuräumen, um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Im vorliegenden Fall hat OLAF einen Empfehlungsentwurf des Bürgerbeauftragten, es solle einräumen, dass es in seinen Einlassungen gegenüber dem Bürgerbeauftragten unrichtige und irreführende Angaben gemacht hat, zurückgewiesen. Der Bürgerbeauftragte ist daher der Ansicht, dass die Angelegenheit dem Europäischen Parlament vorgelegt werden sollte.

Die Beschwerde

Hintergrund

Bis 2004 arbeitete der Beschwerdeführer, ein deutscher Journalist, als Brüsseler Korrespondent der deutschen Wochenzeitschrift Stern. In zwei Artikeln, die am 28. Februar bzw. 7. März 2002 veröffentlicht wurden, befasste sich das Magazin mit mehreren Anschuldigungen zu mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten, die von dem EU-Beamten Paul van Buitenen in einem Bericht erhoben worden waren, und mit den vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) im Zusammenhang mit diesen Anschuldigungen durchgeführten Untersuchungen. Die Artikel beruhten auf dem Bericht von Herrn van Buitenen und vertraulichen OLAF-Dokumenten, die das Magazin beschafft hatte. Dem Beschwerdeführer zufolge verfügte zu diesem Zeitpunkt keine andere Zeitung über Kopien dieser Dokumente.

Am 27. März 2002 veröffentlichte OLAF eine Pressemitteilung, in der es darauf hinwies, dass „ein Journalist" sich eine Reihe von Dokumenten im Zusammenhang mit der Untersuchung des Amtes betreffend die von Herrn van Buitenen aufgeworfenen Punkte beschafft habe und OLAF daher beschlossen habe, in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999[2] eine Untersuchung zur mutmaßlichen Weitergabe vertraulicher Daten einzuleiten. In der Pressemitteilung hieß es, dass sich diese interne Untersuchung auch auf die Behauptung erstrecken werde, die einschlägigen Dokumente seien „durch die Bezahlung eines Beamten"[3] erworben worden. In ihrer Ausgabe vom 4. April 2002 zitierte die Zeitung European Voice einen OLAF-Sprecher, wonach OLAF „Prima-facie-Beweise erhalten hat, dass eine Zahlung erfolgt sein könnte".

Der Beschwerdeführer und seine Zeitschrift waren der Ansicht, dass in der Pressemitteilung von OLAF zwar kein Name erwähnt worden, der darin enthaltene Bestechungsvorwurf jedoch als gegen sie gerichtet zu verstehen sei. Der Beschwerdeführer bezeichnete diesen Vorwurf als unbegründet und vertrat darüber hinaus die Auffassung, dass OLAF seine Untersuchung nur auf Gerüchte stütze.

In diesem Zusammenhang berief sich der Beschwerdeführer auf eine interne E‑Mail, die am 11. April 2002 von Herrn B. (dem OLAF-Sprecher) innerhalb von OLAF verbreitet worden war. In dieser E-Mail wies Herr B. darauf hin, dass die einzigen zu diesem Zeitpunkt gesicherten Tatsachen die waren, dass ein vertrauliches OLAF-Dokument der Presse zugespielt worden sei und dass es Gerüchte gebe, wonach für dieses Dokument sogar bezahlt worden sei, wobei sogar der gezahlte Preis angegeben werde: „qu'il y avait des 'rumeurs' qui circulaient autour de l'OLAF et autour de la Commission européenne selon lesquelles ces documents auraient même été 'payés' (avec même l'indication d'un montant...)".

In einem Schreiben vom 29. Juli 2002 forderte der Beschwerdeführer OLAF auf, die Pressemitteilung vom 27. März 2002 zurückzuziehen oder die Öffentlichkeit davon in Kenntnis zu setzen, dass es gegen ihn und das Magazin keine Verdachtsgründe gebe. Darüber hinaus wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass aus einer Antwort der Kommission auf eine schriftliche Anfrage eines Abgeordneten des Europäischen Parlaments abgeleitet werden könne, dass OLAF die E‑Mails und die Telefongespräche von OLAF-Mitarbeitern überwacht habe bzw. habe überwachen lassen, um die möglichen Quellen des Magazins herauszufinden. Daher fordere er OLAF auf zu bekräftigen, dass das Amt zu keiner Zeit seine E-Mail-Verbindungen oder Telefongespräche mit OLAF-Mitarbeitern überwacht habe. Für den Fall, dass eine solche Überwachung stattgefunden habe, stellte der Beschwerdeführer schließlich die Frage, welche ihn betreffenden personenbezogenen Daten OLAF dabei erlangt habe.

In seinem Antwortschreiben vom 22. August 2002 wies OLAF darauf hin, dass es in seiner Pressemitteilung weder den Beschwerdeführer noch seine Zeitschrift erwähnt habe und dass zurzeit keine weitere Pressemitteilung in dieser Angelegenheit geplant sei. Ferner wurde betont, dass OLAF stets Sorge dafür trage, dass seine Untersuchungsmethoden mit dem Recht in Einklang stehen, und hinzugefügt

"dass unser Amt über keinerlei Sie betreffenden personenbezogenen Daten, außer Ihrer beruflichen Adresse, Telefonnummer usw. verfügt."

Beschwerde 1840/2002/GG

Am 22. Oktober 2002 wandte sich der Beschwerdeführer an den Bürgerbeauftragten (Beschwerde 1840/2002/GG). In seiner Beschwerde erhob er im Wesentlichen die folgenden Anschuldigungen:

(1) OLAF habe falsch gehandelt, als es in seiner Pressemitteilung vom 27. März 2002 und gegenüber der European Voice öffentlich Bestechungsvorwürfe erhob, die als gegen den Beschwerdeführer und seine Zeitschrift gerichtet verstanden werden mussten.

(2) OLAF habe es unterlassen, alle in dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 29. Juli 2002 gestellten Fragen zu beantworten.

Der Beschwerdeführer forderte, dass OLAF die Bestechungsvorwürfe zurückziehen sollte, und zwar vorzugsweise in der gleichen Form, in der diese Vorwürfe erhoben worden waren, also mittels einer Presseerklärung und einer gesonderten Mitteilung an die European Voice. Er forderte weiter, dass OLAF die Fragen in seinem Schreiben vom 29. Juli 2002 vollständig beantworten sollte.

Die Stellungnahme von OLAF

In seiner am 10. Dezember 2002 eingesandten Stellungnahme wies OLAF die Anschuldigungen des Beschwerdeführers zurück und brachte unter anderem die folgenden Anmerkungen vor:

„Das OLAF hat zu keinem Zeitpunkt Spekulationen über die Frage angestellt, welche(r) Journalist(en) oder welche Medienorganisation(en) möglicherweise OLAF- oder EU-Beamte für vertrauliche Dokumente bezahlt haben. [Der Beschwerdeführer] erbringt keinen stichhaltigen Nachweis für seine Behauptung, die betreffenden Dokumente hätten, als die Untersuchung des OLAF eingeleitet wurde, ausschließlich ihm und keinem anderen Medium vorgelegen. Es gibt jedoch Beweise dafür, dass dieselben Dokumente auch anderen Medien zugegangen waren. Das Amt weist zudem die Behauptung [des Beschwerdeführers] zurück, die Andeutung der Möglichkeit, dass eine Zahlung erfolgt war, sei als gegen ihn und seine Arbeitgeber gerichtet zu verstehen gewesen. Nach Wissen des Amtes gingen die einzigen Spekulationen, die in der Presse in Bezug auf diese Aussage angestellt wurden, auf die Aussagen zurück, die der Stern selbst zu diesem Thema getroffen hatte.

Zu dem Schreiben vom 29. Juli 2002 vertrat das OLAF die Auffassung, es stehe dem Amt nicht frei, die bei einer laufenden Untersuchung verwendeten Untersuchungsmethoden zu erörtern, insbesondere die etwaige Verwendung von Techniken zur Überwachung von E-Mails und Telefongesprächen. Darüber hinaus erklärte es:

„Wie [der Beschwerdeführer] selbst mitteilt, hat das OLAF seine Frage bezüglich der dem Amt zu seiner Person vorliegenden personenbezogenen Daten beantwortet."

Antwort von OLAF auf das Ersuchen um weitere Informationen

Nach Eingang und Prüfung der Anmerkungen des Beschwerdeführers forderte der Bürgerbeauftragte OLAF auf, (1) insbesondere im Lichte der vom Beschwerdeführer in seinen Anmerkungen vorgelegten Beweismittel zu erklären, weshalb es der Auffassung sei, dass mit dem Hinweis auf „einen" Journalisten in seiner Pressemitteilung vom 27. März 2002 andere Personen gemeint waren oder gemeint sein könnten, und (2) zu dem Argument des Beschwerdeführers Stellung zu nehmen, dass das OLAF seine Untersuchung nur auf Gerüchte stütze.

In seiner Antwort vom 24. März 2003 gab OLAF die folgende Stellungnahme ab:

„Die Bezeichnung ‚ein' Journalist ist deshalb neutral und auf keine bestimmte Person bezogen, weil bereits vor der OLAF-Pressemitteilung vom 27. März 2002 andere Journalisten Artikel veröffentlicht hatten, die sich auf dasselbe interne Dokument stützten, auf das sich der Beschwerdeführer in seinem Artikel vom 28. Februar 2002 bezog. So war bereits am 3. März 2002 in Le Monde ein Artikel mit dem Titel ‚Vier Untersuchungen wegen Unregelmäßigkeiten in der Brüsseler Kommission eingeleitet' erschienen, in dem auf interne Dokumente des OLAF, darunter auch das in Frage stehende Dokument, Bezug genommen wurde. Berichtet wurde darin über eine gegen drei frühere UCLAF/OLAF-Bedienstete eingeleitete Untersuchung. Am 22. März 2002 hatte die Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf OLAF-interne Dokumente, darunter auch das fragliche Dokument berichtet, dass das Amt Untersuchungen im Zusammenhang mit der Gebäudepolitik der Kommission eingeleitet habe. Am 26. März 2002 war es wieder Belga, die die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments (COCOBU), Frau Diemut Theato, mit den Worten zitierte, es sei nicht hinnehmbar, dass Pressevertreter (Kursivschrift von uns) im Besitz eines vertraulichen OLAF-Berichts über die jüngsten Enthüllungen von Paul Van Buitenen seien, das Parlament jedoch nicht. Bezieht man sich nur auf diese Veröffentlichungen, könnte die Formulierung ‚ein Journalist' sich somit entweder auf den Beschwerdeführer, die Journalisten, die diese Artikel verfasst haben, oder andere von Frau Theato angeführte Journalisten beziehen. Es hätte aber auch irgendein Journalist gemeint sein können, denn das OLAF hat nicht behauptet, dass die Untersuchung mit bestimmten, bereits veröffentlichten Dokumenten in Zusammenhang steht."

OLAF erklärte darüber hinaus:

„In der an das OLAF-Personal gerichteten E-Mail von Herrn [B.] vom 11. April 2002 wurde Folgendes festgestellt:

* Journalisten waren im Besitz von internen Informationen des OLAF, die sie nicht über amtliche Kanäle erhalten hatten, und

*nach 'Gerüchten', die im Amt und in der Kommission generell kursierten, wurde für Dokumente gezahlt (sogar der Betrag wurde genannt).

(...) Zur zweiten Feststellung: Aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatte das OLAF erfahren, dass für die Dokumente möglicherweise gezahlt worden sei. Es wurde weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person mit einer solchen Zahlung in Zusammenhang gebracht. Auf der Grundlage dieser Fakten hat das OLAF eine interne Untersuchung eingeleitet, um die Stichhaltigkeit dieser Information zu überprüfen; die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen."

Die Entscheidung des Bürgerbeauftragten zu Beschwerde 1840/2002/GG

Auf der Grundlage der in seinem Besitz befindlichen Beweismittel kam der Bürgerbeauftragte zu dem Schluss, dass die betreffende Pressemitteilung so verstanden worden sein durfte, als beziehe sie sich auf den Beschwerdeführer, und dass OLAF keinerlei Beweise zur Untermauerung des darin geäußerten Vorwurfs vorgelegt hatte. Daher richtete der Bürgerbeauftragte einen Empfehlungsentwurf an OLAF, wonach dem Amt nahegelegt wurde, in Erwägung zu ziehen, die Bestechungsvorwürfe zurückzuziehen, die veröffentlicht wurden und als gegen den Beschwerdeführer gerichtet verstanden worden sein dürften.

In seiner begründeten Stellungnahme teilte OLAF dem Bürgerbeauftragten mit, dass es den Empfehlungsentwurf annehme und dass dieser durch die Veröffentlichung einer neuerlichen Pressemitteilung am 30. September 2003 umgesetzt worden sei. Diese Pressemitteilung enthielt jedoch die folgende Formulierung: „Die Untersuchungen von OLAF sind noch nicht abgeschlossen, doch bisher liegen keine Beweise vor, dass eine Geldzahlung getätigt wurde."

Der Bürgerbeauftragte vertrat die Auffassung, OLAF habe dadurch seinen Empfehlungsentwurf nicht angemessen umgesetzt. In seiner Entscheidung vom 20. November 2003, mit der er den Fall abschloss, machte er die folgende kritische Anmerkung: „OLAF hat, indem es Bestechungsvorwürfe ohne faktische Grundlage, die sowohl ausreichend wäre als auch öffentlich überprüft werden könnte, veröffentlicht hat, die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf das mit seiner Maßnahme angestrebte Ziel nicht gewahrt. Dies stellt einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit dar."

Nachfolgende Entwicklungen

Am 19. März 2004 ließ die belgische Staatsanwaltschaft das Büro und die Wohnung des Beschwerdeführers in Brüssel durchsuchen und beschlagnahmte zahlreiche Unterlagen. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass diese Untersuchungsmaßnahmen sich auf Informationen stützten, die OLAF den belgischen und den deutschen Behörden am 11. Februar 2004 hatte zukommen lassen.[4]

Die vorliegende Beschwerde

In seiner vorliegenden Beschwerde an den Bürgerbeauftragten erklärte der Beschwerdeführer, ihm seien Kopien der von OLAF am 11. Februar 2004 an die belgische und die Hamburger Staatsanwaltschaft übermittelten Dossiers zugänglich gemacht worden.

Dem Beschwerdeführer zufolge ging aus den einschlägigen Unterlagen hervor, dass sich die Untersuchung, die OLAF 2002 eingeleitet hatte, auf Beschuldigungen stützte, die ein Journalist, Herr G., im März 2002 erhoben hatte. Daher vertrete er die Auffassung, dass die Behauptung von OLAF gegenüber dem Bürgerbeauftragten in der Beschwerdesache 1840/2002/GG, wonach „weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person mit einer solchen Zahlung in Zusammenhang gebracht" worden sei, eine eindeutige Falschaussage gewesen sei und dass OLAF mit diesen Angaben versucht habe, den Bürgerbeauftragten irrezuführen. Darüber hinaus führte er aus, es sei klar, dass OLAF bereits im März 2002 im Besitz (falscher) ihn betreffender personenbezogener Daten gewesen sei. Der Beschwerdeführer schloss daraus, dass die anders lautende Erklärung von OLAF in dessen Schreiben vom 22. August 2002, auf die das Amt in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde 1840/2002/GG verwiesen hatte, demnach falsch gewesen sei. Ferner stellt er fest, OLAF habe in den an die belgische und die deutsche Justiz gerichteten Dossiers vom 11. Februar 2004 argumentiert, der Beschwerdeführer sei der einzige Journalist gewesen, der im Besitz der vertraulichen OLAF-Unterlagen war. Der Beschwerdeführer machte geltend, damit vertrete OLAF eben die Auffassung, die es in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde 1840/2002/GG so vehement bestritten habe; somit seien die Angaben von OLAF in dieser Beschwerdesache irreführend gewesen. Zu der von OLAF in seinem Schreiben an den Bürgerbeauftragten vom 24. März 2003 aufgestellten Behauptung: „Aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatte das OLAF erfahren, dass für die Dokumente möglicherweise gezahlt worden sei", verweist der Beschwerdeführer auf eine Äußerung von Herrn B.[5], einem OLAF-Beamten, im Ausschuss für Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments am 7. April 2004. Dieser Äußerung zufolge hatte Herr B. „keine Ahnung", wo die Behauptung, die Information sei von Europaabgeordneten gekommen, herrühre; Herr B. habe die Möglichkeit erwähnt, dass es sich um „Gerüchte" handeln könnte. Nach Auffassung des Beschwerdeführers schien die Annahme des Herrn B nicht unbegründet. OLAF habe also den Bürgerbeauftragten irregeführt, als es Gerüchte als Tatsachen ausgegeben habe.

Der Beschwerdeführer behauptete somit, OLAF habe im Rahmen des Beschwerdeverfahrens 1840/2002/GG falsche Angaben gemacht, die geeignet gewesen seien, den Europäischen Bürgerbeauftragten irrezuführen und das Verfahren zu manipulieren. Er bat daher den Bürgerbeauftragten, seine Untersuchung wieder aufzunehmen und gegebenenfalls einen Sonderbericht an das Europäische Parlament zu richten.

Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 9. September 2004

Am 9. September 2004 legte der Beschwerdeführer dem Bürgerbeauftragten Kopien der Dossiers vor, die das OLAF am 11. Februar 2004 an die Staatsanwälte in Belgien und Deutschland übermittelt hatte.[6]

In diesen Dossiers stellte das OLAF die folgenden für den vorliegenden Fall relevanten Behauptungen auf:

- Es bestehe kein berechtigter Zweifel, dass der Beschwerdeführer im Besitz der einschlägigen Unterlagen gewesen sei, als er die beiden Artikel geschrieben habe, die am 28. Februar und am 7. März 2002 im Stern veröffentlicht wurden.

- Am 22. März 2002 habe Herr I., ein Direktor von OLAF, Informationen erhalten, wonach der Beschwerdeführer an eine Person innerhalb von OLAF EUR 8 000 für eine Reihe von Unterlagen gezahlt haben sollte, die mit der Van-Buitenen-Affäre in Zusammenhang standen. Herr I. habe darüber noch am selben Tag eine entsprechende Aktennotiz angefertigt. Die Informationsquelle sei ein Herr G. gewesen, ein deutscher Journalist.

- Ebenfalls am 22. März 2002 habe sich Herr B., der Pressesprecher von OLAF, mit Herrn G. getroffen. Der Aktennotiz über dieses Gespräch, die von Herrn B. noch am selben Tage angefertigt wurde, sei zu entnehmen, dass Herr G. ihm gegenüber geäußert habe, er habe von einem Freund und Kollegen beim Stern erfahren, dass der Beschwerdeführer an jemanden bei OLAF Geld für einige Unterlagen bezahlt hätte.

- Die auf diese Weise gewonnenen Informationen seien in anonymisierter Form Gegenstand der Pressemitteilung vom 27. März 2002 gewesen.

Die Untersuchung

Die Stellungnahme von OLAF

In seiner Stellungnahme äußerte sich OLAF wie folgt:

Zu den Angaben von OLAF bezüglich der Pressemitteilung vom 27. März 2002

Zu den Ausführungen bezüglich der Pressemitteilung vom 27. März 2002, die von OLAF in seinen Antwortschreiben zur Beschwerde 1840/2002/GG gemacht worden waren, sei festzustellen, dass darin genau erläutert werde, warum mit der Angabe „ein Journalist" jeder der Journalisten hätte gemeint sein können, die Artikel veröffentlicht hatten, aus denen sich habe schließen lassen, dass sie im Besitz der fraglichen vertraulichen Unterlagen waren. Im Gegensatz dazu seien in den Schreiben vom 11. Februar 2004 an die nationalen Staatsanwaltschaften diesen alle in der internen Untersuchung von OLAF über das Informationsleck gesammelten Informationen „über gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen" mitgeteilt worden, wie es Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung 1073/99 vorschreibe. Diese Informationen enthielten verschiedene Anhaltspunkte, die darauf hätten schließen lassen, dass der Beschwerdeführer eine Kopie des Berichts erhalten hatte und dass der Stern möglicherweise einen bestimmten Geldbetrag an Bedienstete europäischer Einrichtungen gezahlt hatte. In den Schreiben sei jedoch keineswegs mitgeteilt worden, dass es klar sei, dass der Beschwerdeführer als einziger im Besitz dieser Unterlagen gewesen sei.

Dass den nationalen Staatsanwaltschaften in den Schreiben vom 11. Februar 2004 detaillierte Informationen über die Erkenntnisse aus der Untersuchung mitgeteilt worden seien, ändere nichts daran, dass die von OLAF gegenüber dem Bürgerbeauftragten gemachten Angaben bezüglich der Pressemitteilung vom 27. März 2002 zutreffend gewesen seien. OLAF habe die Informationen, die es den nationalen Staatsanwaltschaften in den besagten Schreiben mitgeteilt habe, nie publik gemacht. Daher seien die oben genannten Angaben, die OLAF gegenüber dem Bürgerbeauftragen bezüglich der Pressemitteilung gemacht habe, auch in keiner Weise irreführend gewesen.

Zum Schreiben OLAFs vom 22. August 2002

Der Beschwerdeführer habe in seinem Schreiben vom 29. Juli 2002 um Antwort auf die Frage gebeten, ob OLAF jemals Überwachungstechniken eingesetzt hätte, um Telefongespräche zwischen dem Beschwerdeführer und OLAF-Bediensteten abzuhören oder zwischen diesen ausgetauschte E-Mails zu lesen. Für den Fall, dass dem so gewesen sei, habe er um Mitteilung gebeten, welche personenbezogenen Daten mittels derartiger Techniken über seine Person gesammelt worden seien. Herr I., der die Antwort von OLAF vom 22. August 2002 verfasst hatte, habe es abgelehnt, dem Beschwerdeführer bezüglich der Untersuchungstechniken weitere Details zu nennen als die Angaben, die OLAF diesbezüglich bereits in seiner Antwort auf die schriftliche Anfrage E1504/02 eines Mitglieds des Europäischen Parlaments gemacht hatte, da dies der Wirksamkeit der laufenden Untersuchung hätte abträglich sein können. Dass OLAF die in dem Schreiben vom 11. Februar 2004 genannten Vorwürfe, die gegen den Beschwerdeführer erhoben worden waren, bekannt gewesen seien, habe Herr I. nicht als personenbezogene Daten betrachtet, da er davon überzeugt sei, dass diese Informationen von OLAF (1) nicht zum Zwecke der Verarbeitung aufbewahrt worden und (2) auch nicht zusammengetragen worden seien, um eine Akte über den Beschwerdeführer anzulegen und dass sie daher auch nicht gemäß Artikel 3 der Verordnung 45/2001 „in einer Datei gespeichert" worden seien (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1). Außerdem seien die Informationen über die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe auch nicht mit Hilfe der in der Anfrage des Beschwerdeführers angesprochenen Überwachungstechniken zusammengetragen worden.

In der Stellungnahme von OLAF zur Beschwerde 1840/2002/GG hieß es lediglich, dass das „OLAF seine [des Beschwerdeführers] Frage bezüglich der dem Amt zu seiner Person vorliegenden personenbezogenen Daten beantwortet" habe. Dies sei die einzige Angabe gewesen, die OLAF zu diesem Thema gemacht habe. Diese Bezugnahme sei im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptung erfolgt, OLAF habe nicht alle Fragen aus seinem Schreiben vom 29. Juli 2002 beantwortet, und sie habe sich daher auch ganz auf das Thema des Einsatzes von Überwachungstechniken konzentriert.

Zu der Angabe von OLAF bezüglich der E-Mail von Herrn B. vom 11. April 2002

Die Angabe von OLAF, es sei „weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person mit einer solchen Zahlung in Zusammenhang gebracht" worden, sei als Antwort auf die Aufforderung des Bürgerbeauftragten erfolgt, zum Inhalt der E‑Mail von Herrn B. vom 11. April 2002 Stellung zu nehmen. OLAF habe in seiner Antwort zunächst die gesamte E-Mail zitiert und dann in einem ganzen Absatz die beiden in der E-Mail gemachten Aussagen erläutert. In der E-Mail seien keine Namen in Zusammenhang mit einer möglichen Zahlung genannt worden. Die Angabe von OLAF gegenüber dem Bürgerbeauftragten habe somit nur das Offensichtliche ausgesagt, nämlich dass in der E-Mail keine Namen in Zusammenhang mit einer möglichen Zahlung genannt worden seien. Folglich handele es sich nicht um eine irreführende Angabe.

Zu der Angabe von OLAF, es hätte aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Informationen erhalten

Auch diese Angabe sei zur Erläuterung der in der internen E-Mail von Herrn B. vom 11. April 2002 gemachten Mitteilung, „nach Gerüchten, die im Amt und in der Kommission generell kursierten, wurde für Dokumente gezahlt". OLAF habe in seinem Schreiben an den Bürgerbeauftragten vom 24. März 2003 ausgeführt: „Aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatte das OLAF erfahren, dass für die Dokumente möglicherweise gezahlt worden sei." OLAF könne nur wiederholen, dass dies tatsächlich der Fall gewesen sei.

Schlussfolgerung

Die obigen Ausführungen machen nach Dafürhalten von OLAF deutlich, dass die Angaben, die das Amt in der Beschwerdesache 1840/2002/GG dem Bürgerbeauftragten gegenüber gemacht habe, völlig zutreffend und keineswegs irreführend gewesen seien.

Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen erhielt der Beschwerdeführer seine Beschwerde aufrecht und machte folgende weitere Anmerkungen:

Er sei von Herrn I. falsch informiert worden. Dies sei nur indirekt Gegenstand seiner Beschwerde beim Bürgerbeauftragten. OLAF habe nicht bestritten, dass Herr I. in seinem Schreiben vom 22. August 2002 objektive Falschangaben gemacht hätte. In diesem Schreiben habe Herr I. sich auf seine (des Beschwerdeführers) offizielle Adresse und Telefonnummer bezogen. Letztere hätte OLAF sicherlich nicht durch Überwachungstechniken erlangt. Insofern habe die Aussage von Herrn I. eindeutig so verstanden werden müssen, dass das Amt keinerlei weitere Informationen über ihn gespeichert hätte, ganz gleich aus welcher Quelle. Diese Aussage sei somit objektiv wie subjektiv die Unwahrheit gewesen. Indem sich OLAF in seiner Stellungnahme an den Bürgerbeauftragten auf das Schreiben von Herrn I. vom 22. August 2002 berief, habe das Amt den Bürgerbeauftragten in die Irre geführt und offenkundig versucht, den falschen Eindruck zu bestärken, dass OLAF keine ihn betreffenden Ermittlungen führe.

Die Aussage von OLAF, dass „weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person mit einer solchen Zahlung in Zusammenhang gebracht" worden sei, habe eindeutig in dem Kontext der „verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments", gestanden, auf die sich OLAF in seinem Schreiben vom 24. März 2003 bezogen habe. Mit dieser Passage könne nur gemeint gewesen sein, dass OLAF die Untersuchung auf der Basis der Aussagen von Zeugen eröffnet hatte, die ihrerseits keine bestimmte Person als Verdächtigen genannt hätten.

OLAF habe keinen einzigen Beleg für seine Behauptung geliefert, dass ihm tatsächlich Aussagen von Europaabgeordneten vorgelegen hätten, wonach Journalisten für die betreffenden Dokumente gezahlt haben könnten. Das Amt habe keinen Versuch unternommen zu erklären, weshalb Herr B., der für den Fall zuständige OLAF-Beamte, im Ausschuss für Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments gesagt habe, dass er solche Aussagen von Europaabgeordneten nicht kenne. OLAF habe auch keine Erklärung geliefert, warum diese Aussagen nirgends in den Strafanzeigen an die nationalen Staatsanwaltschaften erwähnt sind. Mangels anders lautender Belege bleibe es also dabei, dass OLAF Gerüchte als Fakten präsentiert und dadurch den Bürgerbeauftragten in die Irre geführt habe.

Der Beschwerdeführer übermittelte eine Kopie der Mitteilung vom 22. März 2002, die von Herrn I. zur Kenntnisnahme durch den Direktor von OLAF verfasst worden war.

Der empfehlungsentwurf des Bürgerbeauftragten

Der Empfehlungsentwurf

Am 2. Februar 2005 unterbreitete der Bürgerbeauftragte OLAF gemäß Artikel 3 Absatz 6 des Statuts des Europäischen Bürgerbeauftragten folgenden Empfehlungsentwurf:

OLAF sollte einräumen, dass es in seinen Einlassungen gegenüber dem Bürgerbeauftragten im Zusammenhang mit dessen Untersuchungen zur Beschwerde 1840/2002/GG unrichtige und irreführende Angaben gemacht hat.

Der Europäische Bürgerbeauftragte gab die folgende Begründung für diesen Empfehlungsentwurf:

1.1 Der Beschwerdeführer, ein für den Stern arbeitender deutscher Journalist, hatte sich Kopien vertraulicher Unterlagen des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) beschafft und diese Unterlagen in zwei Artikeln verwendet, die am 28. Februar bzw. 7. März 2002 veröffentlicht wurden. Am 27. März 2002 veröffentlichte OLAF eine Pressemitteilung, in der es darauf hinwies, dass „ein Journalist" sich eine Reihe vertraulicher OLAF-Dokumente beschafft habe und OLAF daher beschlossen habe, eine interne Untersuchung betreffend die mutmaßliche Weitergabe vertraulicher Daten einzuleiten. In der Pressemitteilung hieß es, dass sich diese interne Untersuchung auch auf die Behauptung erstrecken werde, die einschlägigen Dokumente seien „durch die Bezahlung eines Beamten"[7] erlangt worden. Der Beschwerdeführer und seine Zeitschrift waren der Ansicht, dass in der Pressemitteilung von OLAF zwar kein Name erwähnt worden, der darin enthaltene Bestechungsvorwurf jedoch als gegen sie zu verstehen sei. Der Beschwerdeführer bezeichnete diesen Vorwurf als unbegründet.

Da OLAF sich weigerte, die genannte Pressemitteilung zurückzuziehen, legte der Beschwerdeführer Beschwerde beim Bürgerbeauftragten ein (Beschwerde 1840/2002/GG). Am 10. Dezember 2002 sandte OLAF seine Stellungnahme zu der Beschwerde an den Bürgerbeauftragten. Am 24. März 2003 kam es einer Bitte des Bürgerbeauftragten um weitere Informationen nach.

Auf der Grundlage der in seinem Besitz befindlichen Beweismittel kam der Bürgerbeauftragte zu dem Ergebnis, dass die betreffende Pressemitteilung so verstanden worden sein dürfte, als beziehe sie sich auf den Beschwerdeführer, und dass OLAF keinerlei Beweise zur Untermauerung des darin geäußerten Vorwurfs vorgelegt habe. Daher richtete der Bürgerbeauftragte einen Empfehlungsentwurf an OLAF, worin dem Amt nahegelegt wurde, in Erwägung zu ziehen, die von ihm erhobenen Bestechungsvorwürfe zurückzuziehen.

Der Bürgerbeauftragte vertrat die Auffassung, OLAF habe seinen Empfehlungsentwurf nicht angemessen umgesetzt, und machte in seiner Entscheidung vom 20. November 2003, mit der er den Fall abschloss, die folgende kritische Anmerkung: „OLAF hat, indem es Bestechungsvorwürfe ohne faktische Grundlage, die sowohl ausreichend wäre als auch öffentlich überprüft werden könnte, veröffentlicht hat, die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf das mit seiner Maßnahme angestrebte Ziel nicht gewahrt. Dies stellt einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit dar."

Am 19. März 2004 ließ die belgische Staatsanwaltschaft das Büro und die Wohnung des Beschwerdeführers in Brüssel durchsuchen und beschlagnahmte zahlreiche Unterlagen. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass diese Ermittlungsmaßnahmen sich auf Informationen stützten, die OLAF den belgischen und den deutschen Behörden am 11. Februar 2004 hatte zukommen lassen.[8]

1.2 Im August 2004 wandte sich der Beschwerdeführer erneut an den Bürgerbeauftragten und legte die vorliegende Beschwerde ein. Darin erklärt er, ihm seien Kopien der von OLAF am 11. Februar 2004 an die belgischen und die deutschen Behörden übermittelten Dossiers zugänglich gemacht worden. Unter Berufung auf die in diesen Dossiers enthaltenen Informationen erklärte der Beschwerdeführer, OLAF habe im Rahmen des Verfahrens 1840/2002/GG falsche Angaben gemacht, mit denen versucht worden sei, den Europäischen Bürgerbeauftragten irrezuführen und die Untersuchung zu manipulieren.

1.3 In seiner Stellungnahme zur vorliegenden Beschwerde erklärte OLAF, seine Angaben gegenüber dem Bürgerbeauftragten in der Beschwerdesache 1840/2002/GG seien völlig zutreffend und keineswegs irreführend gewesen.

1.4 Artikel 195 EU-Vertrag überträgt dem Europäischen Bürgerbeauftragten die Aufgabe, Untersuchungen zu möglichen Missständen bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft durchzuführen. Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses 94/262 des Europäischen Parlaments vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten[9] (das „Statut des Bürgerbeauftragten") verpflichtet den Bürgerbeauftragten, das betroffene Organ oder die betroffene Institution zu unterrichten, wenn eine Beschwerde bei ihm eingegangen ist. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 des Statuts des Bürgerbeauftragten kann das Organ oder die Institution „ihm zweckdienliche Bemerkungen übermitteln". In Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 des Statuts des Bürgerbeauftragten heißt es: „Die Organe und Institutionen der Gemeinschaft sind verpflichtet, dem Bürgerbeauftragten die von ihm erbetenen Auskünfte zu erteilen, und gewähren ihm Zugang zu den betreffenden Unterlagen. Sie können dies nur aus berechtigten Gründen der Geheimhaltung verweigern."[10] angesehen werden muss. In Artikel 2 Absatz a der Verordnung werden personenbezogene Daten als „alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person" definiert. Die Erklärung des Herrn G., in der dieser dem Beschwerdeführer Bestechlichkeit vorwarf, erfüllt diese Bedingung. OLAF machte in diesem Zusammenhang geltend, dass Herr I., der Verfasser des OLAF-Schreibens vom 22. August 2002, OLAFs Kenntnis von den Vorwürfen gegen den Beschwerdeführer nicht als personenbezogene Daten betrachtet habe, da er davon überzeugt gewesen sei, dass diese Informationen (1) von OLAF nicht zum Zwecke der Verarbeitung aufbewahrt worden und (2) auch nicht zusammengetragen worden seien, um eine Akte über den Beschwerdeführer anzulegen und dass sie daher auch nicht im Sinne von Artikel 3 der Verordnung 45/2001 „in einer Datei gespeichert" worden seien. Für den Bürgerbeauftragten ist diese Beweisführung nicht überzeugend. Selbst wenn die betreffenden Informationen nicht zum Zwecke der Verarbeitung aufbewahrt wurden bzw. nicht in einer Akte gespeichert wurden (was durch den Beschwerdeführer nicht ohne Grund angezweifelt wird), würde das nichts an der Tatsache ändern, dass die Informationen personenbezogene Daten zur Person des Beschwerdeführers darstellten. Nach Auffassung des Bürgerbeauftragten spielt unter diesen Umständen auch keine Rolle, dass Herr I. möglicherweise die betreffenden Informationen subjektiv nicht als personenbezogene Daten angesehen hat. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass OLAF zu dem Zeitpunkt, als es in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde 1840/2002/GG die genannte Angabe vorlegte, ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden hatte, um sämtliche Sachverhalte und rechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang zu überprüfen.

1.5 In Anbetracht dieser Bestimmungen vertritt der Bürgerbeauftragte die Auffassung, dass falsche oder irreführende Angaben eines Organs oder einer Institution der Gemeinschaften gegenüber dem Bürgerbeauftragten im Rahmen einer Untersuchung sich nicht mit der in Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 1 des Statuts des Bürgerbeauftragten auferlegten Verpflichtung vereinbaren lassen.

1.6 Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass OLAF der Auffassung ist, der Beschwerdeführer beziehe sich auf vier Angaben bzw. Angabenkomplexe, die er als falsch bzw. irreführend bezeichnet. Diese Auslegung der Beschwerde erscheint sinnvoll, und der Bürgerbeauftragte wird daher die vier vom OLAF genannten Angaben bzw. Angabengruppen zum Gegenstand seiner Untersuchung machen.

1.7 Die erste Gruppe von Angaben, die durch OLAF in Rahmen der Untersuchung des Bürgerbeauftragten in der Beschwerdesache 1840/2002/GG gemacht wurden und an denen der Beschwerdeführer Anstoß nahm, betrifft die Pressemitteilung vom 27. März 2002. In dieser Pressemitteilung wurde „ein Journalist" erwähnt, ohne irgendwelche Namen zu nennen. In seiner Stellungnahme vom 10. Dezember 2002 zur Beschwerde 1840/2002/GG und in seiner Antwort vom 24. März 2003 auf das Ersuchen des Bürgerbeauftragten um weitere Informationen unterbreitete OLAF eine Reihe von Argumenten, mit denen gezeigt werden sollte, dass die Aussage „ein Journalist" sich auf einen von mehreren Journalisten hätte beziehen können, die Artikel veröffentlicht hatten, aus denen hervorging, dass sie im Besitz der fraglichen vertraulichen Dokumente waren. In seinem Schreiben vom 24. März 2003 führte das Amt weiter aus: „Es hätte aber auch irgendein Journalist gemeint sein können, denn das OLAF hat nicht behauptet, dass die Untersuchung mit bestimmten, bereits veröffentlichten Dokumenten in Zusammenhang steht."

Der Bürgerbeauftragte akzeptiert, dass die Auslegungen, die durch OLAF in seinen Schreiben vom 10. Dezember 2002 und vom 24. März 2003 vorgelegt wurden, zu dem Wortlaut der Pressemitteilung vom 27. März 2002 passen. Wie er jedoch feststellt, geht aus den Schreiben von OLAF an die Staatsanwälte in Belgien und Deutschland vom 11. Februar 2004 klar hervor, dass OLAF (1) aus den beiden am 28. Februar und am 7. März 2002 im Stern veröffentlichten Artikeln geschlossen hatte, dass der Beschwerdeführer im Besitz der betreffenden Dokumente war, dass OLAF (2) am 22. März 2002 zur Kenntnis gelangte, dass der Beschwerdeführer (der in den an diesem Tag angefertigten Vermerken namentlich genannt wird) für mehrere vertrauliche Dokumente an eine Person innerhalb von OLAF 8 000 EUR gezahlt habe und dass (3) die auf diese Weise gewonnenen Informationen in anonymisierter Form in der Pressemitteilung vom 27. März 2002 verwendet wurden. Nach Auffassung des Bürgerbeauftragten ist damit klar, dass das OLAF den Beschwerdeführer und nur diesen im Sinn hatte, als es seine Pressemitteilung vom 27. März 2002 mit dem Hinweis auf „einen Journalisten" veröffentlichte. Der Bürgerbeauftragte hält es zwar für legitim, dass OLAF seine Sicht der objektiven Bedeutung der Pressemitteilung darstellte. Gleichwohl hält er es für irreführend, dass das Amt dem Bürgerbeauftragten gegenüber dabei nicht einräumte, dass es sich bei dem Journalisten, der gemeint war, in der Tat um den Beschwerdeführer handelte.

1.8 Die zweite Angabe, die vom Beschwerdeführer kritisiert wurde, betrifft die Aussage von OLAF in dessen Stellungnahme zur Beschwerde 1840/2002/GG, es habe die „Frage [des Beschwerdeführers] bezüglich der dem Amt zu seiner Person vorliegenden personenbezogenen Daten beantwortet". Wie OLAF in seiner Stellungnahme zu der aktuellen Beschwerde bekräftigt hat, ist diese Aussage so zu verstehen, dass OLAF die Fragen des Beschwerdeführers in seinem Schreiben an diesen vom 22. August 2002 beantwortet habe. In diesem Schreiben hatte OLAF betont, dass das Amt über keinerlei den Beschwerdeführer betreffenden personenbezogenen Daten außer seiner beruflichen Adresse, Telefonnummer usw. verfüge. In seinen Anmerkungen zur Stellungnahme von OLAF hat der Beschwerdeführer klargestellt, dass er diese letztgenannte Aussage für eine Falschaussage hält. Es trifft zu, dass die Aussage vom 22. August 2002 als solche nicht im Rahmen der Untersuchungen des Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1840/2002/GG (die erst anschließend eingeleitet wurde) erfolgt ist. Jedoch ist festzustellen, dass OLAF auf diese Aussage in seiner Stellungnahme zur Beschwerde 1840/2002/GG als Antwort auf die diesbezügliche Frage des Beschwerdeführers verwiesen hat. Unter diesen Umständen kommt der Bürgerbeauftragte zu dem Ergebnis, dass die Stellungnahme von OLAF vom 10. Dezember 2002 so zu verstehen ist, dass sie besagte, dass (1) die Frage des Beschwerdeführers nach personenbezogenen Daten, die sich im Besitz von OLAF befanden, in dem Schreiben vom 22. August 2002 beantwortet wurde und dass (2) diese Antwort richtig sei. Daher ist der Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass die Frage, ob die Stellungnahme von OLAF zu der Beschwerde 1840/2002/GG unrichtig oder irreführend war, in diesem Punkt davon abhängt, ob das Schreiben vom 22. August 2002 selbst unrichtig oder irreführend war.

Das Schreiben vom 22. August 2002 erfolgte als Antwort auf das Schreiben des Beschwerdeführers vom 29. Juli 2002, in dem dieser OLAF um Auskunft ersucht hatte, ob das Amt jemals Überwachungstechniken eingesetzt hätte, um Telefongespräche abzuhören oder E-Mails zu lesen, und welche personenbezogenen Daten von OLAF auf diese Weise über seine Person gesammelt worden seien. Nach Auffassung des Bürgerbeauftragten hätte OLAF sich in seiner Antwort auf die Erklärung beschränken können, es verfüge über keinerlei derartige personenbezogene Daten, die mittels spezieller Überwachungstechniken gewonnen worden seien (natürlich vorausgesetzt, dass dies zuträfe). OLAF machte jedoch in seiner Antwort vom 22. August 2002 keine derartigen Einschränkungen. Stattdessen wurde einfach festgestellt, OLAF achte stets darauf, dass seine Untersuchungsmethoden mit den Vorschriften im Einklang ständen und dass das Amt über keinerlei den Beschwerdeführer betreffenden personenbezogenen Daten außer seiner beruflichen Adresse, Telefonnummer usw. verfüge.

Dieser letzte Teil der Erklärung war jedoch eindeutig unrichtig. Aus den Schreiben, die OLAF am 11. Februar 2004 an die Staatsanwälte in Belgien und Deutschland schickte, geht eindeutig hervor, dass dem Amt in der Tat am 22. März 2002 Informationen über den Beschwerdeführer zugingen, die diesen mit der Offenlegung der einschlägigen OLAF-Dokumente in Zusammenhang brachten. Diesen Schreiben zufolge hatte Herr G., ein deutscher Journalist, behauptet, der Beschwerdeführer habe einen bestimmten Geldbetrag für vertrauliche OLAF-Dokumente gezahlt. Nach Auffassung des Bürgerbeauftragten ist klar, dass diese Information (unabhängig von der Frage, ob sie zutreffend ist) als personenbezogene Daten im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr

Daher kommt der Bürgerbeauftragte zu dem Ergebnis, dass die Angabe von OLAF in dessen Schreiben vom 22. August 2002, auf die es in seiner Stellungnahme zu der Beschwerde 1840/2002/GG verwies, wonach es über keine den Beschwerdeführer betreffende personenbezogene Daten (außer seiner beruflichen Adresse, Telefonnummer usw.) verfügte, unrichtig war.

1.9 Die dritte Angabe, an der der Beschwerdeführer Anstoß nahm, betrifft das Schreiben von OLAF an den Bürgerbeauftragten vom 24. März 2003. OLAF hatte in diesem Schreiben erklärt, dass „weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person mit einer solchen Zahlung in Zusammenhang gebracht" worden sei. In seiner Stellungnahme zur vorliegenden Beschwerde stellte OLAF klar, diese Angabe sei als Antwort auf die Aufforderung des Bürgerbeauftragten erfolgt, sich zum Inhalt der E-Mail von Herrn B. vom 11. April 2002 zu äußern. In dieser E-Mail seien keine Namen in Zusammenhang mit einer möglichen Zahlung genannt worden. Nach Auffassung von OLAF habe die fragliche Äußerung somit nur das Offensichtliche ausgesagt, nämlich dass in der E-Mail keine Namen in Zusammenhang mit einer möglichen Zahlung genannt worden seien. Folglich handele es sich nicht um eine irreführende Angabe.

Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass unmittelbar vor der betreffenden Angabe der Satz stand: „Aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatte das OLAF erfahren, dass für die Dokumente möglicherweise gezahlt worden sei." Daher ist er der Auffassung, dass jeder intelligente Leser die Aussage, dass „weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person mit einer solchen Zahlung in Zusammenhang gebracht" worden sei, so verstehen musste, dass von diesen „verlässlichen Quellen" weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person genannt worden war. Wie bereits dargelegt, hatte die Quelle von OLAF (Herr G.) jedoch den Beschwerdeführer als die Person genannt, die der Bestechung verdächtig sei. Unter diesen Umständen war die Angabe von OLAF zumindest irreführend, wenn nicht gänzlich unrichtig.

1.10 Die vierte Angabe, an der der Beschwerdeführer Anstoß nahm, ist die Behauptung des OLAF in dessen Schreiben vom 24. März 2003: „Aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatte das OLAF erfahren, dass für die Dokumente möglicherweise gezahlt worden sei." In seiner Beschwerde verweist der Beschwerdeführer auf eine Äußerung von Herrn B.[11], einem OLAF-Beamten, im Ausschuss für Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments am 7. April 2004. Dieser Äußerung zufolge habe Herr B. „keine Ahnung" gehabt (Zitat des Beschwerdeführers), wo die Behauptung, die Information sei von Europaabgeordneten gekommen, herrühre; Herr B. habe die Möglichkeit erwähnt, dass es sich um „Gerüchte" handeln könnte. Nach Auffassung des Beschwerdeführers habe OLAF demnach den Bürgerbeauftragten irregeführt, als es Gerüchte als Tatsachen ausgegeben habe. In seiner Stellungnahme zur vorliegenden Beschwerde hat OLAF geltend gemacht, diese Angabe sei zur Erläuterung der in der internen E-Mail von Herrn B. vom 11. April 2002 gemachten Äußerung erfolgt, „nach Gerüchten, die im Amt und in der Kommission generell kursierten, wurde für Dokumente gezahlt". OLAF habe in seinem Schreiben an den Bürgerbeauftragten vom 24. März 2003 ausgeführt: „Aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatte das OLAF erfahren, dass für die Dokumente möglicherweise gezahlt worden sei." OLAF könne nur wiederholen, dass dies tatsächlich der Fall gewesen sei.

Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass in der E-Mail von Herrn B. vom 11. April 2002 kein Hinweis auf Abgeordnete des Europäischen Parlaments als Quelle der darin angesprochenen Gerüchte zu finden ist. Der Wortlaut dieser E-Mail, wonach diese Gerüchte „im Amt und in der Kommission generell" kursierten, scheine darüber hinaus auszuschließen, dass irgendein Hinweis auf MdEP beabsichtigt gewesen sei. Ferner merkt der Bürgerbeauftragte an, dass OLAF die Einlassung des Beschwerdeführers unbeantwortet ließ, Herr B. habe im Ausschuss für Haushaltskontrolle des Parlaments am 7. April 2004 geäußert, ihm seien derartige Aussagen nicht bekannt. Diesem Umstand entnimmt der Bürgerbeauftragte, dass OLAF die Wiedergabe der Aussagen des Herrn B. vor dem Ausschuss durch den Beschwerdeführer als zutreffend akzeptiert. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Herr B. offenbar zu den höchstrangigen OLAF-Mitarbeitern gehört, die mit der Angelegenheit befasst waren[12]. Daher geht der Bürgerbeauftragte davon aus, dass Herr B. gründliche Aktenkenntnis hatte. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass Herr B. im Ausschuss für Haushaltskontrolle des Europäischen Parlaments unrichtige Angaben gemacht hat, lautet die wahrscheinlichste Schlussfolgerung aus den Äußerungen des Herrn B., dass OLAF in der Tat keine derartigen Informationen von Parlamentsabgeordneten vorlagen. Diese Auslegung wird darüber hinaus durch die Tatsache gestützt, dass in den Schreiben an die nationalen Staatsanwaltschaften vom 11. Februar 2004 keinerlei Informationen, die von MdEP eingegangen wären, erwähnt werden. Der Bürgerbeauftragte stellt fest, dass OLAF in seiner Stellungnahme zur aktuellen Beschwerde selbst betont hat, dass die Schreiben vom 11. Februar 2004 an die nationalen Staatsanwälte alle Informationen enthalten haben, die OLAF bei seiner internen Ermittlung zur Kenntnis gelangt waren.

Im Lichte der oben genannten Umstände kommt der Bürgerbeauftragte zu dem Ergebnis, dass die von OLAF in seinem Schreiben vom 24. März 2003 abgegebene Erklärung: „Aus verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hatte das OLAF erfahren, dass für die Dokumente möglicherweise gezahlt worden sei", offenbar unrichtig war.

1.11 Ausgehend von seinen Untersuchungen zur vorliegenden Beschwerde kommt der Bürgerbeauftragte zu dem Schluss, dass OLAF in der Tat, wie vom Beschwerdeführer behauptet, im Rahmen der Beschwerdesache 1840/2002/GG unrichtige oder irreführende Angaben gemacht hat.

OLAFs begründete Stellungnahme

Nachdem es den Empfehlungsentwurf erhalten hatte, übermittelte OLAF am 8. März 2005 gemäß Artikel 3 Absatz 6 des Statuts des Europäischen Bürgerbeauftragten seine begründete Stellungnahme.

In dieser begründeten Stellungnahme machte OLAF folgende Anmerkungen:

Bezüglich der ersten Gruppe von Angaben habe der Beschwerdeführer die Anschuldigung erhoben, "OLAF habe falsch gehandelt, als es in seiner Pressemitteilung vom 27. März 2002 und gegenüber der European Voice öffentlich Bestechungsvorwürfe erhob, die als gegen den Beschwerdeführer und seine Zeitschrift gerichtet verstanden werden mussten". Die Erklärungen von OLAF in seinen Einlassungen gegenüber dem Bürgerbeauftragten vom 10. Dezember 2002 und 24. März 2003 seien Reaktionen auf diese Anschuldigung gewesen. Es sei in erster Linie darum gegangen, wie die Angabe in der Pressemitteilung ausgelegt werden konnte und ob es stimmte, dass die Bestechungsvorwürfe nur als gegen den Beschwerdeführer und seine Zeitschrift gerichtet verstanden werden konnten. Die Tatsache, dass OLAF am 22. März 2002 eine Information erhalten habe, aus der hervorgegangen sei, dass der Beschwerdeführer ein Bestechungsgeld gezahlt habe, sei für die Frage, ob die Angabe von OLAF zur Pressemitteilung irreführend war, nicht relevant. OLAF sei nicht gefragt worden, über welche Informationen es tatsächlich zu diesem Zeitpunkt verfügt habe.

Was die zweite Angabe betrifft, habe OLAF dem Bürgerbeauftragten keine irreführenden oder unrichtigen Informationen geben wollen. Sein Schreiben vom 22. August 2002 habe sich auf die Auslegung von Artikel 2 Buchstabe a der Verordnung 45/2001 gestützt, von der OLAF zu diesem Zeitpunkt (August 2002) ausgegangen sei. Der Europäische Gerichtshof habe zur Auslegung dieses Artikels bisher noch nicht Stellung genommen; diese Frage sei derzeit Gegenstand einer anhängigen Klage. OLAF räume jedoch ein, dass der Bürgerbeauftragte mit seiner weiteren Auslegung der Rechtsvorschriften eine vorsichtigere Haltung eingenommen habe. Es werde daher in Zukunft in Bezug auf diesen Artikel der Auslegung des Bürgerbeauftragten folgen, solange das Urteil des Gerichtshofs nicht ergangen sei und sofern dieser nicht in einem anderen Sinne urteile. OLAF werde außerdem in Kürze dem Europäischen Datenschutzbeauftragten seine Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Untersuchung mutmaßlicher Verstöße melden und um eine Vorabkontrolle gemäß Artikel 27 und 46 Buchstabe j der Verordnung ersuchen.

Bezüglich der dritten Angabe sei die Frage, die der Bürgerbeauftragte OLAF gestellt hatte, als auf Herrn B.s E-Mail vom 11. April 2002 bezogen verstanden worden. OLAF könne nur wiederholen, dass seine Angabe, "weder ein bestimmter Journalist noch eine bestimmte Person [sei] mit einer solchen Zahlung in Zusammenhang gebracht worden", eine Erklärung des Inhalts der E-Mail gewesen sei. OLAF habe nicht die Absicht gehabt, den Bürgerbeauftragten irrezuführen.

Was die vierte Angabe betrifft, habe OLAFs Generaldirektor am 11. März 2002 dem Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments in Straßburg zu dem Problem des Informationslecks Rede und Antwort gestanden. In diesem Zusammenhang hätten mehrere Mitglieder des Ausschusses darauf hingewiesen, dass sie gehört hätten, für das zugespielte Dokument sei gezahlt worden. Obwohl hierbei keine konkreten Angaben gemacht worden seien, habe OLAFs Generaldirektor diesen Hinweisen ein gewisses Gewicht beigemessen, weil sie von Abgeordneten des Parlaments gekommen seien. Da diese Informationen auf Hörensagen beruhten, habe er jedoch keinen Vermerk darüber erstellt, so dass sich in der offiziellen Fallakte kein Hinweis darauf finde. Aus dem gleichen Grund finde sich diese Information nicht in der an die nationalen Justizbehörden übergebenen Akte.

Herr B.[13] habe seine Tätigkeit bei OLAF erst am 1. November 2002 aufgenommen und sei erst für diesen Fall zuständig geworden, als er am 1. November 2003 zum stellvertretenden Berater für interne Untersuchungen ernannt worden sei. Zu dem Zeitpunkt, als der Generaldirektor diese Informationen erhalten habe, habe Herr B. also noch nicht einmal bei OLAF gearbeitet. Da die fraglichen Angaben nie in die Fallakte aufgenommen worden seien, sei es nicht erstaunlich, dass Herr B. nicht aus erster Hand davon erfahren habe. Somit gebe es keinen Widerspruch zwischen der Angabe im Schreiben vom 24. März 2002 und der Angabe von Herrn B. in seiner Aussage vor dem Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments.

OLAF kam zu dem Schluss, es könne aus den vorgenannten Gründen die Schlussfolgerung des Bürgerbeauftragten, es habe ihm gegenüber irreführende Angaben gemacht, nicht akzeptieren.

Die Anmerkungen des Beschwerdeführers

In seinen Anmerkungen machte der Beschwerdeführer folgende Angaben:

OLAF habe keine der Feststellungen des Bürgerbeauftragten mit neuen stichhaltigen Argumenten ausgeräumt. Führende OLAF-Mitarbeiter hätten daher wissentlich falsche Angaben gemacht, um die Untersuchung des Bürgerbeauftragten zum Fall 1840/2002/GG zu manipulieren. Angesichts eines solch gravierenden Vorgangs solle dem Europäischen Parlament ein Sonderbericht vorgelegt werden.

Die erste Gruppe von Angaben betreffend habe OLAF in seinem Schreiben an die belgischen Behörden vom 11. Februar 2004 selbst eindeutig eingeräumt, dass sich die Vorwürfe in der Pressemitteilung vom 27. März 2002 und gegenüber der European Voice gegen ihn allein gerichtet hätten.

Zur zweiten Angabe habe OLAF erneut die Behauptung wiederholt, Herr I. habe geglaubt, dass die Anschuldigungen des Herrn G. gegen ihn (den Beschwerdeführer) nicht für weitere Bearbeitung gedacht und nicht Teil einer Akte gewesen seien. Dies sei jedoch eine offenkundige Falschbehauptung. Herr I. habe selbst in seiner Note vom 22. März 2002 erwähnt, dass die Untersuchung weitergehe ("we continue our investigation") und dass die Kommission ihn wohl exemplarisch bestrafen werden wolle ("will presumably want to make an example of the journalist if evidence can be found"). Wie OLAF in seinem Schreiben an die belgischen Behörden angegeben habe, seien die Aussagen des Herrn G. bereits für die Pressemitteilung vom 27. März 2002 verwendet worden. Es sei nicht vorstellbar, dass Herrn I. diese Pressemitteilung entgangen sei. Genauso wenig könne diese Art der Bearbeitung der Aussagen des Herrn G. dem Generaldirektor entgangen sein. Dies gelte umso mehr, als OLAF Herrn G. am 9. Dezember 2002 in aller Form vernommen habe, einen Tag bevor OLAF seine Stellungnahme zum Fall 1840/2002/GG an den Bürgerbeauftragten gesandt habe.[14] Es sei unvorstellbar, dass der Generaldirektor sich vor Abschicken seines Briefes an den Bürgerbeauftragten nicht über den Verfahrensstand kundig gemacht habe. OLAFs Generaldirektor habe den Bürgerbeauftragten daher offenkundig und wissentlich in die Irre geführt, indem er darauf verzichtet habe, die Aussage des Herrn I. vom 22. August 2002 zu korrigieren.

Was die dritte Angabe betrifft, würden OLAFs Erklärungen bedeuten, dass seine Untersuchung auf der Basis von Aussagen des OLAF-Pressesprechers eröffnet worden sei. Dies wäre offenkundiger Unsinn.

Bezüglich der vierten Angabe erhärteten die neuen Darlegungen OLAFs nur die Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten. Es spreche alles dafür, dass die Aussagen der Europaabgeordneten überhaupt nicht gemacht worden seien. Angesichts der Bedeutung, die OLAF den von Herrn G. kolportierten Gerüchten zugemessen habe, wäre es unerklärlich, wenn OLAFs Generaldirektor auf die Chance verzichtet haben sollte, die von ihm zitierten Europaabgeordneten nach den möglichen Quellen ihrer Informationen zu befragen. OLAFs Generaldirektor habe noch nicht einmal erklärt, warum er Herrn B. nicht über diese angeblichen Aussagen der Abgeordneten informiert habe. OLAF sei am 5. April 2004 von Frau Dr. Gabriele Stauner MdEP schriftlich informiert worden, dass es in der Sitzung des Haushaltskontrollausschuss am 7. April 2004 zu den angeblichen Aussagen der Abgeordneten befragt werden würde. Es sei kaum vorstellbar, dass sich Herr B. nicht intern nach dem Sachstand in dieser Angelegenheit erkundigt haben sollte, bevor er vor dem Ausschuss erschien. Um seiner Aussage Glaubwürdigkeit zu verleihen, hätte OLAFs Generaldirektor zumindest die Namen der betreffenden MdEPs nennen müssen. Darauf habe er jedoch verzichtet.

Beurteilung der begründeten Stellungnahme OLAFs durch den Bürgerbeauftragten

Der Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass OLAF sich im Ergebnis geweigert hat, seinen Empfehlungsentwurf in vollem Umfang zu akzeptieren. Zwar hat OLAF in Bezug auf die zweite Angabe, auf die sich der Empfehlungsentwurf bezog, angekündigt, in Zukunft der Auslegung des Bürgerbeauftragten zu Artikel 2 Buchstabe a der Verordnung 45/2001 zu folgen, wenn und solange der Gerichtshof nicht zu einem anderen Ergebnis komme. Der Bürgerbeauftragte stellt jedoch fest, dass OLAF dennoch seine Schlussfolgerungen auch in Bezug auf diese Aussage zurückgewiesen hat.

Nach sorgfältiger Analyse von OLAFs begründeter Stellungnahme vertritt der Bürgerbeauftragte die Ansicht, dass OLAF keine stichhaltigen und neuen Argumente zu den ersten drei im Empfehlungsentwurf diskutierten Angaben (oder Gruppen von Angaben) vorgebracht hat. Der Bürgerbeauftragte kann daher nur die Schlussfolgerungen bestätigen, zu denen er in Bezug auf diese Angaben gekommen ist.

Was die vierte Angabe betrifft, stellt der Bürgerbeauftragte fest, dass OLAF sich auf Informationen vom Hörensagen bezieht, von denen sein Generaldirektor behauptet, er habe sie von Abgeordneten des Parlaments bei einer Sitzung des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments am 11. März 2002 in Straßburg erhalten. Der Bürgerbeauftragte stellt jedoch zugleich fest, dass OLAFs Generaldirektor darauf verzichtete, zu diesen Informationen einen Vermerk für die Akte zu erstellen, obwohl er den betreffenden Aussagen "ein gewisses Gewicht" beimaß.

Dem Bürgerbeauftragten fällt es schwer nachzuvollziehen, warum OLAF es für angemessen hielt, sich in seinem Schreiben an den Bürgerbeauftragten vom 24. März 2003 auf Informationen "[a]us verlässlichen Quellen, einschließlich Abgeordnete des Europäischen Parlaments" berief, wenn man bedenkt, dass OLAF selbst (1) einräumt, dass die angeblichen Äußerungen keine konkreten Angaben enthielten und auf Hörensagen beruhten, (2) der Auffassung ist, dass die Informationen nicht wichtig genug waren, einen Vermerk für die Akte zu rechtfertigen und (3) einräumt, dass die betreffenden Informationen nicht in den Schreiben an die nationalen Behörden benannt wurden, ungeachtet der Tatsache, dass OLAF erklärte, diese Schreiben enthielten alle Informationen, die es erhalten habe. Darüber hinaus ist der Bürgerbeauftragte nach wie vor nicht überzeugt, wie sich die Aussagen des Herrn B. vor dem Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments am 7. April 2004 mit OLAFs oben angeführter Angabe vom 24. März 2003 vereinbaren lassen könnten. Wie der Beschwerdeführer richtig bemerkt, sandte Frau Dr. Gabriele Stauner MdEP OLAFs Generaldirektor vor der besagten Sitzung des Haushaltskontrollausschusses eine Reihe von Fragen. Kopien dieses Schreibens wurden den Mitgliedern des Ausschusses und dem Europäischen Bürgerbeauftragten zugeleitet. Eine von Frau Dr. Stauners Fragen betraf die oben genannte Angabe OLAFs in seinem Schreiben an den Bürgerbeauftragten vom 24. März 2003 (die Frau Dr. Stauner in ihrem Schreiben zitierte). Wenn man nicht davon ausgehen möchte, dass Herr B. (der OLAF vor dem Ausschuss vertrat) nicht angemessen instruiert worden war oder nicht über ausreichende Kenntnis der Akte verfügte, können die Äußerungen des Herrn B. vor dem Ausschuss kaum anders interpretiert werden, als dass OLAF sich solcher Aussagen von Abgeordneten des Europäischen Parlaments nicht bewusst war.

Jedenfalls hat sich OLAF, wie der Beschwerdeführer richtig anmerkt, immer noch nicht bemüht, seine Vorwürfe zu untermauern, indem es die Namen der Parlamentsabgeordneten nennt, von denen es die betreffenden Informationen erhalten haben will.

Unter diesen Umständen ist der Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass seine Schlussfolgerungen zur vierten Angabe ebenfalls gültig bleiben.

Der empfehlungsentwurf des Bürgerbeauftragten

In Anbetracht des Vorstehenden richtet der Bürgerbeauftragte seinen Empfehlungsentwurf nunmehr wie folgt als Empfehlung an OLAF:

OLAF sollte einräumen, dass es in seinen Einlassungen gegenüber dem Bürgerbeauftragten im Zusammenhang mit dessen Untersuchungen zur Beschwerde 1840/2002/GG unrichtige und irreführende Angaben gemacht hat.

Das Europäische Parlament könnte die Annahme der Empfehlung als Entschließung in Erwägung ziehen.

 

Strassburg, den 12. Mai 2005

 

Professor Dr. P. Nikiforos DIAMANDOUROS

 


[1] Beschluss 94/262 des Europäischen Parlaments vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten, ABl. 1994 L 113, S. 15.

[2] Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF), ABl. 1999 L 136, S. 1.

[3] So der deutsche Wortlaut der Pressemitteilung. Der englische Text, der der auf der Website des OLAF abgerufen werden kann, enthält eine etwas andere Formulierung: „According to information received by the Office, a journalist has received a number of documents relating to the so-called ‚Van Buitenen affair'. It is not excluded that payment may have been made to somebody within OLAF (or possibly another EU institution) for these documents". (Nach den dem Amt vorliegenden Informationen hat ein Journalist eine Reihe von Dokumenten im Zusammenhang mit der so genannten 'Van Buitenen Affäre' erhalten. Es ist nicht auszuschließen, dass jemand innerhalb des OLAF (oder möglicherweise innerhalb eines anderen EU-Organs) eine Zahlung für diese Dokumente erhalten hat.)

[4] Der deutsche Staatsanwalt leitete ebenfalls eine Untersuchung ein, ordnete jedoch keine Durchsuchung der Wohnung oder des Büros des Beschwerdeführers an.

[5] Nicht identisch mit dem bereits erwähnten OLAF-Sprecher.

[6] Kopien dieser Dossiers wurden dem Bürgerbeauftragten auch während der nachstehend geschilderten Untersuchung durch das OLAF vorgelegt.

[7] Der englische Text dieser Pressemitteilung, der der auf der Website des OLAF abgerufen werden kann, enthält eine etwas andere Formulierung: „According to information received by the Office, a journalist has received a number of documents relating to the so-called ‚Van Buitenen affair'. It is not excluded that payment may have been made to somebody within OLAF (or possibly another EU institution) for these documents". (Nach den dem Amt vorliegenden Informationen hat ein Journalist eine Reihe von Dokumenten im Zusammenhang mit der so genannten ,Van-Buitenen-Affäre' erhalten. Es ist nicht auszuschließen, dass jemand innerhalb von OLAF (oder möglicherweise innerhalb eines anderen EU-Organs) eine Zahlung für diese Dokumente erhalten hat.)

[8] Der deutsche Staatsanwalt leitete ebenfalls eine Untersuchung ein, ordnete jedoch keine Durchsuchung der Wohnung oder des Büros des Beschwerdeführers an.

[9] ABL. 1994 L 113, S. 15.

[10] ABl. 2001 L 8, S. 1.

[11] Nicht identisch mit dem bereits erwähnten OLAF-Sprecher.

[12] Sein Name taucht in dem Bericht auf, der am 11. Februar 2004 dem belgischen Staatsanwalt zugeleitet wurde.

[13] Nicht identisch mit dem bereits erwähnten OLAF-Sprecher.

[14] Der Beschwerdeführer legte dem Bürgerbeauftragten eine Kopie des Vernehmungsprotokolls vor.