Sie möchten Beschwerde gegen ein EU-Organ oder eine EU-Einrichtung einlegen?

Über das Europäische Netzwerk der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse

Das Europäische Netzwerk der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse (ENO) wurde 1996 ins Leben gerufen. Es handelt sich um ein informelles Netzwerk von Ombudsstellen und ähnlichen Einrichtungen, das dem Austausch von Informationen über EU-Recht und EU-Politikbereiche sowie von bewährten Verfahren dient. Die Europäische Ombudsstelle koordiniert das Netzwerk.

Das Netzwerk besteht aus nationalen und regionalen Ombudsstellen und Petitionsausschüssen der EU-Mitgliedstaaten, EU-Kandidatenländer und Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums, sowie der Europäischen Ombudsstelle und dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments.

Um die Rechte der Bürger*innen nach EU-Recht zu schützen, fördert das Netzwerk die Zusammenarbeit der Mitglieder in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse. Die Europäische Ombudsstelle und die Netzwerkmitglieder arbeiten im Rahmen paralleler Untersuchungen zusammen und untersuchen Fragen, die die EU-Verwaltung und nationale oder regionale Verwaltungen betreffen.

Beispielsweise bat die Europäische Ombudsstelle bei einer Untersuchung, wie Frontex mit mutmaßlichen Grundrechtsverletzungen im Rahmen seines „Beschwerde-Mechanismus“ umgeht, die Netzwerkmitglieder um eine Stellungnahme. Und während die Europäische Ombudsstelle untersuchte, wie die Europäische Kommission die Verwendung der Struktur- und Investitionsfonds der EU zur Förderung des Rechts von Menschen mit Behinderung auf ein unabhängiges Leben überwacht, befassten sich einige Netzwerkmitglieder gleichzeitig mit der Verwendung dieser Mittel in ihren Ländern oder Regionen.

Netzwerkmitglieder können auch Anfragen zum EU-Recht stellen, die sich bei ihren Untersuchungen ergeben. Zur Beantwortung dieser Anfragen tauscht sich die Europäische Ombudsstelle mit Sachverständigen der EU-Institutionen aus, vor allem mit der Europäischen Kommission.

Die Europäische Ombudsstelle veranstaltet regelmäßig Veranstaltungen und Seminare für Netzwerkmitglieder.

Das Europäische Netzwerk der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse - Erklärung

Erklärung angenommen beim Sechsten Seminar der Nationalen Ombudsstellen aus den EU-Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern in Straßburg, 14.-16. Oktober 2007.

Das  Europäische Netzwerk der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse hat diese Erklärung vorbereitet, um die EU-Dimension der Arbeit der Ombudsstellen bekannter zu machen und über die Dienstleistungen aufzuklären, die sie Menschen gegenüber erbringen, die sich über Angelegenheiten beschweren, die in den Anwendungsbereich von EU-Recht fallen.

Nationale und regionale Ombudsstellen leisten einen unverzichtbaren Beitrag dazu, dass Bürger*innen und Gebietsansässige der EU ihre Rechte kennen und in Anspruch nehmen können. Gemeinsam mit der Europäischen Ombudsstelle bilden sie das Europäische Netzwerk der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse.

Das  Europäische Netzwerk der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse versammelt, auf freiwilliger Basis, die nationalen und regionalen Ombudsstellen und ähnliche Einrichtungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nationalen Ombudsstellen der Beitrittsländer sowie Islands und Norwegens, die Europäische Ombudsstelle und den Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments. In Deutschland nehmen Petitionsausschüsse auf nationaler und regionaler Ebene eine ähnliche Funktion wahr wie die Ombudsstellen. Sie sind ebenfalls Teil des Netzwerks.

Die Rechtsvorschriften und die Politik der EU haben zunehmend Auswirkungen auf den Alltag der Bürger*innen und Gebietsansässigen der Mitgliedstaaten. Zumeist werden sie von den Behörden der Mitgliedstaaten umgesetzt. Die nationalen und regionalen Ombudsstellen behandeln Beschwerden über Behörden der Mitgliedstaaten, auch wenn die Beschwerden Tätigkeiten betreffen, die in den Anwendungsbereich von EU-Recht fallen. Die Europäische Ombudsstelle überwacht die EU-Organe, wie z.B. die Europäische Kommission.

Die jeweilige nationale oder regionale Ombudsstelle ist zuständig für die Bearbeitung von Beschwerden über Behörden eines Mitgliedstaats, einschließlich Beschwerden über Angelegenheiten, die in den Anwendungsbereich von EU-Recht fallen. Die Europäische Ombudsstelle untersucht Beschwerden über die Organe und Institutionen der Europäischen Union.

Obwohl die Zuständigkeiten und Befugnisse der verschiedenen Ombudsstellen im Netzwerk sehr unterschiedlich sind, sind alle darum bemüht, der Öffentlichkeit eine Dienstleistung anzubieten, die unparteiisch, wirksam und gerecht ist. Innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeiten unterstützen sie die Grundsätze, auf denen die Europäische Union beruht.

„Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam." (Artikel 6 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union).

Eine der wichtigsten Tätigkeiten des Netzwerks ist die gegenseitige Unterrichtung über EU-Recht und bewährte Verfahren, um der Öffentlichkeit die bestmöglichen Dienstleistungen anbieten zu können. Die nationalen und regionalen Ombudsstellen des Netzwerks können die Europäischen Ombudsstelle um schriftliche Antworten auf Fragen zu EU-Recht und dessen Auslegung ersuchen, einschließlich Fragen, die sich bei ihrer Bearbeitung konkreter Fälle ergeben.

Die Rolle und Bestimmung der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse

Die Ombudsstellen und Petitionsausschüsse des Netzwerks sind per Verfassung oder Gesetz eingesetzte unabhängige und unparteiische Stellen, die sich mit Beschwerden über Behörden befassen.

Sie bemühen sich um Erzielung eines angemessenen Ergebnisses für jede Beschwerde. Nachdem  eine Beschwerde untersucht und für berechtigt befunden wurde, kann eine Ombudsstelle das, was sich abgespielt hat, kritisieren und darlegen, wie ihrer Meinung nach der Fall ordnungsgemäß hätte behandelt werden sollen. In vielen Ländern kann die Ombudsstelle auch Abhilfemöglichkeiten vorschlagen, zu denen zum Beispiel die Überprüfung einer Entscheidung, das Aussprechen einer Entschuldigung oder die Gewährung einer finanziellen Entschädigung gehören. Einige Ombudsstellen können versuchen, zu einer Beschwerde eine einvernehmliche Lösung zu erzielen.

In manchen Fällen mag der/die Beschwerdeführer*in die Wahl haben, sich entweder an eine Ombudsstelle oder an ein Gericht zu wenden. In der Regel jedoch kann sicheine Ombudsstelle nicht mit einer Beschwerde befassen, wenn sich bereits ein Gericht mit der Angelegenheit befasst oder befasst hat. Anders als ein Gericht trifft eine Ombudsstelle keine rechtsverbindlichen Entscheidungen, sondern die Behörden folgen in der Regel den Empfehlungen des Ombudsstelle. Falls sie dies nicht tun, kann die Ombudsstelle politische und öffentliche Aufmerksamkeit auf den Fall lenken, etwa indem sie das Parlament in Kenntnis setzt.

Neben der Bearbeitung von Beschwerden setzen sich die Ombudsstellen ferner aktiv für die Verbesserung der Qualität der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Dienstleistungen ein. Sie fördern eine gute Verwaltungspraxis und die Einhaltung von Rechten, schlagen angemessene Lösungen für immer wieder auftretende Probleme vor, sorgen für die Verbreitung bewährter Verfahren und fördern eine Kultur der Dienstleistungsorientiertheit.

Die Ombudsstellen bestärken die Behörden darin, Beschwerden als Gelegenheit zu betrachten, konstruktiv mit dem/der Beschwerdeführer*in zu kommunizieren und Mängel in ihren Dienstleistungen zu beheben. Dementsprechend untersuchen die meisten Ombudsstellen eine Beschwerde nur dann, wenn der Verwaltung, gegen die sich die Beschwerde richtet, zunächst eine faire Chance eingeräumt wurde, sich mit der Angelegenheit zu befassen.

Die konkreten Beschwerdegründe, bei denen eine Ombudsstelle tätig werden kann, sind innerhalb des Netzwerks unterschiedlich, beziehen sich jedoch in der Regel auf die Verletzung von Rechten, einschließlich von Menschen- und Grundrechten, sonstiges gesetzwidriges Verhalten, einschließlich der Nichtbeachtung allgemeiner Rechtsgrundsätze, sowie der Nichtbeachtung der Grundsätze einer guten Verwaltungspraxis. Beispiele für Missstände in der Verwaltungstätigkeit, zu deren Klärung eine Ombudsstelle beitragen kann, sind unverhältnismäßig lange Bearbeitungsfristen, Nichtbeachtung von festgelegten Politikmaßnahmen oder Verfahren, mangelnde Unparteilichkeit, Ungerechtigkeit, Erteilung unzutreffender Auskünfte oder Ratschläge, Uneinheitlichkeit von Verwaltungsentscheidungen und Unhöflichkeit.

Im Dienste der Öffentlichkeit

Die Ombudsstellen und Petitionsausschüsse des Netzwerks sind bestrebt, der gesamten Öffentlichkeit mit Höflichkeit und Respekt zu begegnen. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, zugänglich, dienstleistungsorientiert, fair, unparteiisch, verlässlich und effizient sein.

Innerhalb der Grenzen, die durch die Rechtsvorschriften und die erforderliche Wahrung der Privatsphäre und durch berechtigte Gründe der Vertraulichkeit gesetzt sind, zielen die Ombudsstellen und Petitionsausschüsse des Netzwerks auf Transparenz bei ihren Tätigkeiten und Entscheidungen ab. Sie veröffentlichen die Kriterien, die sie bei der Bearbeitung von Beschwerden anwenden, nennen die Gründe für ihre Entscheidungen und erstatten öffentlich Bericht über ihre Tätigkeiten.

Die Ombudsstellen und Petitionsausschüsse des Netzwerks sind bestrebt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Gründlichkeit und der Geschwindigkeit ihrer Untersuchungen zu wahren und dabei den Interessen der Beschwerdeführer*innen und der Notwendigkeit, die Ressourcen effizient zu nutzen, Rechnung zu tragen.

Zugänglichkeit

Die Ombudsstellen und Petitionsausschüsse des Netzwerks sind bestrebt, den freien und gleichberechtigten Zugang für jeden, der zur Inanspruchnahme ihrer Dienstleistungen befugt ist, zu ermöglichen.

Beschwerden können in der Regel direkt an eine Ombudsstelle gerichtet werden.

Die Dienste einer Ombudsstelle sind in der Regel kostenlos.

Wo gesetzesbedingte Ausnahmeregelungen gelten, sind Ombudsstellen bestrebt, deren nachteilige Auswirkungen für die Beschwerdeführer*innen so gering wie nur möglich zu halten.

Bearbeitung von Beschwerden

Die Mitglieder des Netzwerks sind bestrebt, Beschwerden rasch und wirksam zu bearbeiten. Sie berücksichtigen die einschlägigen Bestimmungen des EU-Rechts, einschließlich allgemeiner Rechtsgrundsätze, wie z.B. die Beachtung der Grundrechte. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union könnte diesbezüglich einen hilfreichen Bezugsrahmen bilden.

Jede eingehende Beschwerde wird sorgfältig analysiert, um ein angemessenes Ergebnis zu gewährleisten.

Ist eine Beschwerde unzulässig, unterrichtet die Ombudsstelleden/die Beschwerdeführer*in rasch unter unmissverständlicher Angabe des Grundes oder der Gründe. Soweit möglich verweist die Ombudsstelle den/die Beschwerdeführer*in an eine andere Stelle, die behilflich sein könnte.

Einige Ombudsstellen wenden ein vereinfachtes Verfahren an, wenn eine erste Analyse vermuten lässt, dass das Problem rasch gelöst werden könnte, zum Beispiel durch ein Telefongespräch.

Wenn eine umfassende Untersuchung der Beschwerde erfolgt, unterrichtet die Ombudsstelle den/die Beschwerdeführer*in über diese Untersuchung oder stellt sicher, dass die entsprechenden Informationen leicht erhältlich sind. Relevante Informationen könnten zum Beispiel die folgenden Punkte betreffen:

  • das zur Anwendung kommende Verfahren;
  • den Umfang der Untersuchung, einschließlich der zu untersuchenden Aspekte, und
  • den Fortgang der Untersuchung.

Nach Abschluss der Untersuchung verfasst die Ombudsstelle einen Bericht oder eine Entscheidung, in denen in der Regel folgendes erläutert wird:

  • die Erkenntnisse der Ombudsstelle
  • den Standpunkt der Ombudsstelle; ob die Beschwerde insgesamt oder teilweise gerechtfertigt ist, und die Gründe für diese Auffassung, und
  • gegebenenfalls die Empfehlungen der Ombudsstelle an die betroffene Behörde.

Veröffentlichung von Informationen

Die Ombudsstellen und Petitionsausschüsse des Netzwerks veröffentlichen leicht verständliche Informationen in für die Allgemeinheit zugänglichen Formen. Diese Informationen umfassen zum Beispiel:

  • die Beschwerdeberechtigten,
  • die Behörden, über die Beschwerde geführt werden kann,
  • die Arten der Tätigkeiten, die Gegenstand einer Beschwerde sein können, einschließlich der Tätigkeiten im Anwendungsbereich von EU-Recht,
  • die Bedingungen für die Zulässigkeit von Beschwerden,
  • das Beschwerdeverfahren,
  • die Sprache oder Sprachen, die für die Beschwerde verwendet werden kann/können,
  • (gegebenenfalls) die Bedingungen, unter denen die Ombudsstelle auf ein vereinfachtes Verfahren zurückgreift,
  • individuelle Beratungsmöglichkeiten über das Beschwerdeverfahren (z.B. Telefon-Hotline), und
  • die möglichen Ergebnisse und Abhilfemaßnahmen, falls die Beschwerde als berechtigt betrachtet wird.

Die Europäische Ombudsstelle hat sich verpflichtet, einen umfassenden Zugang zu den Informationen, die die nationalen und regionalen Mitglieder des Netzwerks veröffentlichen, zu erleichtern.

Die Website der Europäischen Ombudsstelle (http://www.ombudsman.europa.eu) enthält Informationen über das Netzwerk und Links zu den Websites der Mitglieder. Die Website umfasst auch einen interaktiven Leitfaden, der benutzt werden kann, um herauszufinden, welche Ombudsstelle oder welche sonstige Einrichtung am besten geeignet ist, sich mit einer Beschwerde zu befassen oder ein Auskunftsersuchen zu beantworten. Auf Wunsch können die Informationen auch telefonisch vom Büro der Europäischen Ombudsstelle erteilt werden (Tel. +33 3 88 17 23 13).

Ein immer besserer Service im Dienste der Öffentlichkeit

Die Ombudsstellen und Petitionsausschüsse des Netzwerks sind bestrebt, die Dienstleistungen, die sie der Öffentlichkeit anbieten, ständig zu verbessern. Im Hinblick darauf wird diese Erklärung nach Bedarf überprüft, um sicherzustellen, dass sie den sich entwickelnden bewährten Verfahren entspricht.